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Deutsche Biographie - Cremer, Erika

Cremer, Erika

Lebensdaten
1900 – 1996
Geburtsort
München
Sterbeort
Innsbruck
Beruf/Funktion
Physikochemikerin ; Chemikerin
Konfession
unbekannt
Normdaten
GND: 119552574 | OGND | VIAF: 45114619
Namensvarianten

  • Cremer, Erika
  • Cremer, E.

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Zitierweise

Cremer, Erika, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119552574.html [24.01.2025].

CC0

  • Cremer, Erika

    1900 – 1996

    Physikochemikerin

    Erika Cremer konstruierte in den 1940er Jahren mit ihrem Studenten, dem späteren österreichischem Politiker Fritz Prior (1921–1996), den ersten funktionsfähigen Gaschromatografen und legte den Grundstein für die Theorie der Gaschromatografie. Als erste ordentliche Professorin der Universität Innsbruck trug sie darüber hinaus zu Grundlagenuntersuchungen in Physikalischer Chemie, Katalyse und Adsorption bei.

    Lebensdaten

    Geboren am 20. Mai 1900 in München
    Gestorben am 21. September 1996 in Innsbruck
    Konfession römisch-katholisch
    Erika Cremer, Österreichische Nationalbibliothek (InC)
    Erika Cremer, Österreichische Nationalbibliothek (InC)
  • 20. Mai 1900 - München

    - bis 1909 - München

    Schulbesuch

    Grundschule

    1909 - 1911 - Köln

    Übersiedlung; Schulbesuch

    Höhere Schulen

    1911 - 1921 - Berlin

    Übersiedlung; Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Höhere Schulen, u. a. Elisabeth-Schule (Oberrealschule)

    1921 - 1927 - Berlin

    Studium der Chemie (1924 Abschluss: Verbandsexamen)

    Universität

    1927 - Berlin

    Promotion (Dr. phil.)

    Universität

    1927 - 1933 - Berlin-Dahlem; Freiburg im Breisgau

    Stipendiatin; Gastwissenschaftlerin

    Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie; Institut für Physikalische Chemie

    1933 - 1937 - München; Berlin; Kiel

    Gastaufenthalte

    Physikalisch-Chemisches Institut; Physikalisch-Technische Reichsanstalt; Universität

    1937 - 1938 - Berlin

    Stipendiatin

    Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie

    1938 - Berlin

    Habilitation für Physikalische Chemie

    Universität

    1939 - 1940 - Berlin

    Mitglied des „Uranvereins“

    Kaiser-Wilhelm Institut für Physik

    1940 - 1951 - Innsbruck

    Dozentin für Physikalische Chemie, seit 1945 kommissarische Leiterin

    Physikalisch-Chemisches Institut der Universität

    1941 - 1945

    Mitglied

    NSDAP

    1951

    österreichische Staatsbürgerin

    1951 - 1970 - Innsbruck

    außerordentliche Universitätsprofessorin und Direktorin des Instituts für Physikalische Chemie; seit 1959 ordentliche Professorin

    Universität

    21. September 1996 - Innsbruck

    Cremer zog 1909 mit ihrer Familie nach Köln und 1911 nach Berlin, wo sie 1921 ihr Abitur an der Elisabeth-Schule erhielt. Anschließend studierte sie Chemie an der Universität Berlin und wurde 1927 bei Max Bodenstein (1871–1942) mit einer Untersuchung der explosiven Natur von Kettenreaktionen zur Dr. phil. promoviert. Bis 1941 fand sie keine reguläre Anstellung und forschte unbezahlt oder mit Stipendien in chemischen Instituten. So arbeitete sie kurzzeitig unter Karl F. Bonhoeffer (1899–1957), Assistent bei Fritz Haber (1868–1934), am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem, seit 1928 unter Georg von Hevesy (1885–1966) am Institut für Physikalische Chemie in Freiburg im Breisgau und seit 1930 in der Gruppe Michael Polanyis (1891–1976), bis 1933 Abteilungsleiter am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem und Professor an der TH Berlin-Charlottenburg. Trotz schlechter Karriereaussichten schlug Cremer 1932 das Angebot Nikolaj Semenovs (1896–1986) aus, eine Anstellung an der Universität in Leningrad (Sowjetunion, heute St. Petersburg, Russland) zu erhalten. Nach Stationen an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin, dem Physikalisch-Chemischen Institut der Universität München und einer kurzfristigen Leitungsstelle 1936 an der Universität Kiel vermittelte ihr Otto Hahn (1879–1968) 1937 ein Forschungsstipendium am von ihm geleiteten Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie. 1939/40 war Cremer Mitarbeiterin des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik bei Peter Debye (1884–1966), wo sie ihre Erfahrungen mit Trenntechniken auf die Trennung von Isotopen anwandte, was 1939 zu ihrer Mitarbeit im „Uranverein“ führte.

    1938 habilitierte sich Cremer an der Universität Berlin für Physikalische Chemie und erhielt 1941 eine Dozentenstelle an der Universität Innsbruck, mit der Möglichkeit die chromatografische Trennung von Gasen auszuloten. Während in ihrer Abteilung ein Forschungsprojekt zur Flüssigkeitschromatografie durchgeführt wurde, erarbeitete sie die Theorie eines solchen Prozesses mit Gasen. Aufgrund des Zweiten Weltkriegs verzögerte sich die Publikation. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs griff Fritz Prior (1921–1996), Chemielehrer an einer Mittelschule, ihre Idee des Gaschromatografen für seine Dissertationsforschung auf; der von ihm hauptsächlich im Schullabor konstruierte Gaschromatograf war das erste funktionsfähige Gerät dieser Art. Der Artikel „Anwendung der chromatographischen Methode zur Trennung von Gasen und zur Bestimmung von Adsorptionsenergien“ (Zeitschrift für Elektrochemie und angewandte physikalische Chemie 55 (1951), S. 66–70) beschreibt den Erfolg – ein Jahr vor der Veröffentlichung des Artikels von Archer John Porter Martin (1910–2002) und Anthony T. James (1922–2006) im „Biochemical Journal“ über Verteilungschromatografie, wofür beide 1952 den Nobelpreis für Chemie erhielten, während Cremers Arbeit unerwähnt blieb. Heute ist bekannt, dass die ähnlichen Entdeckungen unabhängig und ohne Kenntnis voneinander erfolgten.

    Seit 1945 kommissarische Leiterin des Physikalisch-Chemischen Instituts an der Universität Innsbruck, baute Cremer dieses nach den Beschädigungen des Zweiten Weltkriegs wieder auf, wurde 1951 außerordentliche Universitätsprofessorin und Direktorin des Instituts, 1959 ordentliche Professorin und 1970 emeritiert. Das Institut entwickelte fortschrittliche Detektoren für die chromatografische Analyse, z. B. Alkoholdetektoren und Stickstoffdetektoren, die zur Dopingbekämpfung eingesetzt wurden. Darüber hinaus leisteten Cremers Forschungsgruppen Pionierarbeit bei Analysetechniken sowie Techniken zur Interpretation und Verwertung der Analyseergebnisse. In ihren rund 200 Veröffentlichungen behandelte Cremer auch die Beschreibung der Chlorknallgas-Reaktion als Kettenreaktion, die Spaltung von Alkoholen mittels oxidischer Katalysatoren, die Beschreibung der Umwandlung von Wasserstoff und Orthowasserstoff in einem Spinzustand zu Parawasserstoff und die Entwicklung von Methoden zur Isotopentrennung.

    1958 Wilhelm-Exner-Medaille des Österreichischen Gewerbevereins
    1964 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien (1973 ordentliches Mitglied)
    1965 Johann Joseph Ritter von Prechtl-Medaille der TU Wien
    1966 Dr. rer. nat. h. c., Universität Innsbruck
    1967 und 1970 Vorschlagsrecht für den Nobelpreis für Chemie
    1968 nominiert für den Nobelpreis für Chemie
    1970 Erwin Schrödinger-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
    1978 M. S. Tswett Chromatography Medal der Akademie der Wissenschaften der UdSSR
    1979 Bunsen-Denkmünze der Deutschen Bunsen-Gesellschaft
    1989 Tiroler Landespreis für Wissenschaft
    1999 Erika-Cremer-Straße, München (weiterführende Informationen)
    2009 Erika-Cremer-Habilitationsprogramm der Universität Innsbruck

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Universitätsarchiv Innsbruck, Personalakte. (Onlineressource)

    Über die Reaktion zwischen Chlor, Wasserstoff und Sauerstoff im Licht, in: Zeitschrift für Physikalische Chemie 128 (1927), H. 1, S. 285–317. (Diss. phil.)

    Kinetik der heterogenen o-p-Wasserstoffumwandlung an festem Sauerstoff, in: Zeitschrift für Physikalische Chemie, Abt. B 28 (1935), S. 383–392.

    Bestimmung der Selbstdiffusion in festem Wasserstoff aus dem Reaktionsverlauf der ortho-para-Umwandlung, in: Zeitschrift für Physikalische Chemie 39 (1938), H. 1, S. 445–464.

    Erika Cremer/R. Müller, Trennung und quantitative Bestimmung kleiner Gasmengen durch Chromatographie, in: Mikrochimica Acta 36 (1951), H. 1, S. 553–560.

    Erika Cremer/Ludwig Roselius, Gaschromatographie, in: Angewandte Chemie 70 (1958), H. 2, S. 42–50.

    Erika Cremer/Maximilian Pahl, Kinetik der Gasreaktionen, 1961, Nachdr. 2018.

    Erika Cremer/Thaddäus Kraus/P. Stöver, Untersuchungen der gesamten und der aktiven Oberfläche von Ruß mit Hilfe der Desorptionskinetik, in: Zeitschrift für Physikalische Chemie N. F. 82 (1972), S. 11–20.

    Erika Cremer/Thaddäus Kraus, Thin Layer Chromatographic Method US 3669 881A, angemeldet 2.9.1969, veröffentlicht 13.6.1972.

    Ist die Bödenzahl zur Charakterisierung einer Dünnschichtplatte geeignet?, in: Chromatographia 3 (1970), S. 534 f.

    Erika Cremer/Reinhard Kramer, Simultan-Reaktionsgaschromatographie mit reversibler Reaktion erster Ordnung. II, in: Journal of Chromatography A 107 (1975), H. 2, S. 253–263.

    History and Special Austrian Contributions to Chromatography, in: Journal of Chromatography Library 32 (1985), S. 67–85.

    Monografien:

    Gerhard Oberkofler, Erika Cremer (1900–1996). Ein Leben für die Chemie, 1998.

    Apostolos Gerontas, Reforming Separation. Chromatography from Liquid to Gas to High Performance Liquid, 2013.

    Colin Poole, Gas Chromatography, 22021, S. 2.

    Artikel:

    Leslie S. Ettre/Albert Zlatkis, Erika Cremer, in: Journal of Chromatography Library 17 (1979), S. 21–30.

    Leslie S. Ettre, Professor Erika Cremer Ninety Years Old, in: Chromatographia 29 (1990), S. 413 f.

    Ortwin Bobleter, Professor Erika Cremer. A Pioneer in Gas Chromatography, in: Chromatographia 30 (1990), S. 471–476.

    Leslie S. Ettre, Dr. Erika Cremer 95 Years Old, in: Chromatographia 40 (1995), S. 499.

    Ortwin Bobleter, Exhibition of the First Gas Chromatographic Work of Erika Cremer and Fritz Prior, in: Chromatographia 43 (1996), S. 444–446.

    Ortwin Bobleter, In memoriam em. Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. rer. nat. h. c. Erika Cremer (1900–1996). 96 Jahre eines Forscherlebens, in: Berichte des naturwissenschaftlichen-medizinschen Vereins Innsbruck 84 (1997), S. 397–406. (P) (Onlineressource)

    Klaus Beneke, Erika Cremer (20.05.1900 München – 21.09.1996 Innsbruck). Pionierin der Gaschromatographie, in: ders., Biographien und wissenschaftliche Lebensläufe von Kolloidwissenschaftlern, deren Lebensdaten mit 1996 in Verbindung stehen, 1999, S. 311–334. (P)

    Keith D. Bartle/Peter Myers, History of Gas Chromatography, in: Trends in Analytical Chemistry 21 (2002), H. 9/10, S. 547–557.

    Leslie S. Ettre, The Beginnings of Gas Adsorption Chromatography 60 Years Ago, in: LCGC North America 26 (2008), H. 1, S. 48–60.

    Jeffrey Johnson, Erika Cremer and the Origins of Solid State Gas Chromatography, 1944–1947, in: Abstracts of Papers of the American Chemical Society 254 (2017), S. 1155.

    Jeffrey Alan Johnson, Erika Cremer and the Origins of Gas–Solid Adsorption Chromatography, 1944–1947, in: Vera V.Mainz/E. Thomas Strom (Hg.), The Posthumous Nobel Prize in Chemistry, Bd. 2, 2018, S. 183–198. (P)

    Apostolos Gerontas, Chromatography, in: Joseph D. Martin/Cyrus C. M. Mody (Hg.), Between Making and Knowing. Tools in the History of Materials Research, 2020, S. 315–326.

    Lexikonbeiträge:

    J. C. Poggendorffs biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 7a, 1956, S. 364 u. Bd. 8, 1999, S. 755 f.

    Brigitte Bischof, Art. „Cremer, Erika“, in: Brigitta Keintzel/Ilse Korotin (Hg.), Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben. Werk. Wirken, 2002, S. 121–124. (P)

    Hans Mikosch/Gerhard Oberkofler, Art. „Cremer, Erika“, in: Noretta Koertge (Hg.), New Dictionary of Scientific Biography, Bd. 2, 2008, S. 205 f.

    Annette B. Vogt, Art. „Erika Cremer”, in: dies., Wissenschaftlerinnen in Kaiser-Wilhelm-Instituten, 22008, S. 44–46. (P, Qu, L)

    Annette B. Vogt, Art. „Erika Cremer (1900–1996)“, in: Jan Apotheker/Livia Simon Sarkadi (Hg.), European Women in Chemistry, 2011, S. 135–137.

    Gemälde v. Letizia Mancino-Cremer (geb. 1951), ca. 1970.

  • Autor/in

    Apostolos Gerontas (Freiberg)

  • Zitierweise

    Gerontas, Apostolos, „Cremer, Erika“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119552574.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA









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