Mann, Golo
- Lebensdaten
- 1909 – 1994
- Geburtsort
- München
- Sterbeort
- Leverkusen
- Beruf/Funktion
- Historiker ; Publizist ; Schriftsteller
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 118577123 | OGND | VIAF: 95151826
- Namensvarianten
-
- Mann, Angelus Gottfried Thomas
- Mann, Golo
- Mann, Angelus Gottfried Thomas
- Man, Gkolo
- Mann, Gottfried
- Mann, Gottfried Angelo
- Mann, Gottfried Th.
Vernetzte Angebote
- * Kalliope-Verbund
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- Personendaten-Repositorium der BBAW [2007-2014]
- CDU - Bundesvorstands-Protokolle
- Briefwechsel zwischen Eduard Spranger und Käthe Hadlich
- Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte
- Diplomatische Dokumente der Schweiz 1848-1975 (via metagrid.ch) [2019]
- * Historisches Lexikon Bayerns
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- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
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Verknüpfungen
Personen in der NDB Genealogie
- Alfred Pringsheim
- Elisabeth Veronika Mann Borgese , geb. Mann
- Emmy Johanna (Nelly) Mann, geb. Westphal (1898–1944)
- Erika Julia Hedwig Mann
- Gertrude Hedwig Anna Pringsheim , geb. Dohm
- Giuseppe Antonio Borgese (1882–1952)
- Gret Mann, geb. Moser (1916–2007)
- Gustaf Gründgens (1899–1963)
- Jenő Lányi (1902–1940)
- Julia (Dodo) Mann , geb. da Silva-Bruhns
- Katharina Hedwig (Katia ) Mann , geb. Pringsheim
- Klaus Heinrich Thomas Mann
- Luiz Heinrich Mann
- Maria Mann, geb. Kanová (1886–1947)
- Michael Thomas Mann
- Monika Mann
- Thomas Johann Heinrich (Henry) Mann
- Thomas Mann
- Wystan Hugh Auden (1907–1973)
Personen im NDB Artikel
- Alfred Heuß (1909–1995)
- Alfried Krupp von Bohlen und Halbachs (1907–1967)
- August Nitschke (1926–2019)
- Felicitas Timpe (1923–2006)
- Franz-Josef Strauß (1915–1988)
- Karl Jaspers (1883–1969)
- Konrad Falke (1880–1942)
- Kurt Hahn (1886–1974)
- Max Horkheimers (1895–1973)
- Theodor W. Adornos (1903–1969)
- Willy Brandts (1913–1992)
Personen in der GND - familiäre Beziehungen
- NDB 16 (1990), S. 43*
- NDB 16 (1990), S. 42 (Mann, Heinrich)
- NDB 25 (2013), S. 470 in Artikel Stralendorff, Peter Heinrich Freiherr von (Stralendorff, Peter Heinrich Freiherr von)
- NDB 27 (2020), S. 322 (Albrecht Wenzeslaus Eusebius von Wallenstein)
- NDB 27 (2020), S. 479 ( Weber, Marianne, geborene Schnitger)
- NDB 27 (2020), S. 905 (Westphal, Gert)
Orte
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Mann, Golo (eigentlich Angelus Gottfried Thomas Mann)
1909 – 1994
Historiker, Publizist
Golo Mann erreichte insbesondere mit seiner „Deutschen Geschichte des XIX. und XX. Jahrhunderts“ (2 Bde., 1958) sowie der „Wallenstein“-Biografie (1971) eine große Leserschaft und verband hohe Lesbarkeit mit quellenbasierter Geschichtswissenschaft. Als unabhängiger Kommentator beeinflusste er wesentliche politische Debatten in der Bundesrepublik der 1950er bis 1980er Jahre, u. a. über die Ostpolitik Willy Brandts (1913–1992).
Lebensdaten
Geboren am 27. März 1909 in München Gestorben am 7. April 1994 in Leverkusen Grabstätte Friedhof Kilchberg in Kilchberg bei Zürich Konfession evangelisch-lutherisch -
Autor/in
→Lukas Weichert (Drochtersen, Niedersachsen)
-
Zitierweise
Weichert, Lukas, „Mann, Golo“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118577123.html#dbocontent
Mann besuchte von 1918 bis 1923 Gymnasien in München, bevor er an die Internatsschule in Salem am Bodensee wechselte, deren liberaler Schulleiter Kurt Hahn (1886–1974) sein Interesse an politischen und historischen Themen weckte. Im März 1927 erhielt Mann als Externer sein Abitur und nahm ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität München auf, das er nach einem Semester aufgab, um in Berlin, seit 1929 in Heidelberg Geschichte und Philosophie zu studieren. Hier wurde er im April 1932 mit der Dissertation „Das Einzelne und das Ich in Hegels Philosophie“ bei Karl Jaspers (1883–1969), der ihn an die Existenzphilosophie herangeführt hatte, zum Dr. phil. promoviert. Die Vorstellung, dass sich der Mensch in Grenzsituationen wie Kampf und Tod als einmaliges Individuum erfährt, prägte Manns Sicht auf den Menschen und die Geschichte im Allgemeinen dauerhaft.
1933 emigrierte Mann nach Frankreich und war als Lektor in St. Cloud (Département Hauts-de-Seine) und Rennes tätig. 1936/37 nahm er ein Lehramtsstudium an der Deutschen Universität Prag auf, ehe er von 1938 bis 1940 als Chefredakteur die von seinem Vater Thomas Mann (1875–1955) und Konrad Falke (1880–1942) herausgegebene Exilzeitschrift „Mass und Wert“ betreute. 1940 floh er in die USA und lebte bei seinen Eltern in Princeton (New Jersey), New York City und seit Juli 1941 in Pacific Palisades (Kalifornien). 1942/43 lehrte Mann als Dozent für Geschichte am Olivet College in Olivet (Michigan). 1943 meldete er sich zum Kriegsdienst, erhielt die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, wurde in Fort McClellan (Alabama) militärisch ausgebildet und war danach für den Nachrichtendienst Office of Strategic Services (OSS) in Washington, DC tätig. Im April 1944 wurde er vom OSS als Radiokommentator der American Broadcasting Station in Europe nach London abgeordnet.
Nach kurzer Tätigkeit bei Radio Frankfurt in Frankfurt am Main 1946/47 kehrte Mann in die USA zurück und wurde Assistant Professor für Geschichte am Claremont College in Claremont (Kalifornien). 1958 ging er als Gastdozent für Geschichte an die Universität Münster, 1960 als ordentlicher Professor für Politische Wissenschaft an die TU Stuttgart. Eine geplante Berufung als ordentlicher Professor für wissenschaftliche Politik an der Universität Frankfurt am Main scheiterte 1963 am Einspruch Theodor W. Adornos (1903–1969) und Max Horkheimers (1895–1973), die eine zu Mann konträre marxistisch geprägte Geschichtspolitik verfolgten. 1964 gab Mann die Professur auf (offizielles Dienstende 1965) und lebte seither – seit 1968 als schweizerischer Bürger – als freier Schriftsteller im Haus seiner Eltern in Kilchberg bei Zürich. Seinen Lebenspartner dieser Zeit, den Apotheker Hans Beck (1936–1986), adoptierte er 1972.
Manns Wirken als Historiker und Kommentator des Zeitgeschehens fand v. a. von der zweiten Hälfte der 1950er Jahre bis in die 1980er Jahre im deutschsprachigen Raum großen Widerhall. Mann behandelte ein breites Themenspektrum fernab geschichtswissenschaftlicher Kategorien und Epocheneinteilungen, wobei er – häufig mit biografischem Zugriff – immer wieder empathisch für einzelne Persönlichkeiten Partei nahm. Nach seiner in englischer Sprache veröffentlichten Biografie „Friedrich von Gentz. Secretary of Europe“ (1946, dt. 1947) erschien 1958 Manns erstes Hauptwerk, „Deutsche Geschichte des XIX. und XX. Jahrhunderts“ (2 Bde., 1958). Der geistesgeschichtlich ausgerichtete Abriss der deutschen Geschichte von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart, der mit einem Plädoyer für die territoriale Nachkriegsordnung Europas nach 1945 schließt, fand rasch eine große Leserschaft und erfuhr zahlreiche Neuauflagen, die ihn auch zu einem finanziellen Erfolg machten. Ein Grund hierfür war Manns literarischer Schreibstil, der auf Unverständnis bei einigen akademischen Historikern stieß. Gleichwohl war Mann neben den Universitätshistorikern Alfred Heuß (1909–1995) und August Nitschke (1926–2019) Mitherausgeber der „Propyläen Weltgeschichte“ (12 Bde., 1960–1965). Zu einem Publikumserfolg wurde auch Manns „Wallenstein“-Biografie (1971), die wegen ihrer Konzentration auf das handelnde Individuum und die Vernachlässigung von Strukturen und gesellschaftlichen Prozessen scharfe Kritik aus den Reihen der sozialwissenschaftlich orientierten Geschichtswissenschaft hervorrief.
Seit den 1950er Jahren engagierte sich Mann auch als Publizist und trat für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze ein, was ihn später in die Nähe von Willy Brandts (1913–1992) Ostpolitik rücken ließ und ihm Kritik aus konservativen Kreisen einbrachte. Sein Engagement für die bundesdeutschen Sozialdemokraten endete in den 1970er Jahren unter dem Eindruck des RAF-Terrors und der Proteste der Studenten, denen er zurief „Hört auf Lenin zu spielen! Ein Wort an die unruhigen Studenten“ (in: Die Zeit Nr. 17 v. 26.4.1968). Im Bundestagswahlkampf 1980 unterstützte Mann Franz-Josef Strauß (1915–1988).
Im tagespolitischen wie geschichtswissenschaftlichen Metier zeigte sich Mann als Meister des Essays. Historisch bedeutende Orte („Die Napoleoniden auf Schloß Arenenberg“, 1964) waren ebenso Gegenstand seiner Publikationen wie Mitglieder der eigenen Familie („Erinnerungen an meinen Bruder Klaus“, 1975) und Persönlichkeiten der deutschen und europäischen Geschichte („Bismarck“, 1961). Nachdem 1981 eine geplante Biografie Alfried Krupp von Bohlen und Halbachs (1907–1967) an der Ablehnung des Manuskripts seitens des Krupp’schen Familienkuratoriums gescheitert war, zeigte Mann seinen Kenntnisreichtum, seine politische Wachsamkeit und stilistische Brillanz ein letztes Mal in seinen Memoiren „Erinnerungen und Gedanken. Eine Jugend in Deutschland“ (1986), in denen er sich auch mit seiner Familie kritisch auseinandersetzte.
Manns bis heute singuläre Position in der Wissenschafts- und Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts lässt sich an dem wiederkehrendem Leseinteresse des breiten Publikums und dem völligen Desinteresse der Wissenschaft an seinem Werk gut ablesen
1962 | Fontane-Preis der Stadt Berlin-West |
1965 | Schiller-Preis der Stadt Mannheim |
1967 | Ludwig-Thoma-Medaille der Stadt München |
1968 | Georg-Büchner-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt |
1969 | Gottfried-Keller-Preis der Stadt Zürich |
1972 | Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1973 | Dr. h. c., Universität Nantes |
1973 | Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste |
1977 | Mitglied der American Academy of Arts and Sciences |
1980 | Kultureller Ehrenpreis der Landeshauptstadt München |
1981 | Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst |
1982 | Jakob Fugger-Medaille des Verbands der Zeitschriftenverlage in Bayern |
1984 | Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik |
1985 | Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main |
1985 | Friedrich-Schiedel-Literaturpreis |
1988 | Dr. h. c., Universität Bath (Großbritannien) |
1988 | Hanns Martin Schleyer-Preis der Hanns Martin Schleyer-Stiftung |
1991 | Wolfskehl-Preis für Exilliteratur der Akademie der Wissenschaften, Göttingen |
2017 | Golo-Mann-Weg, München |
Nachlass:
Schweizerisches Literaturarchiv, Bern. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Monacensia. Literaturarchiv der Stadt München. (Nachlässe v. Erika, Klaus und Elisabeth Mann)
ETH Zürich, Thomas Mann Archiv. (Nachlässe v. Thomas und Katia Mann)
Universitätsarchiv Heidelberg. (Promotions- u. Studentenakte)
Universitätsarchiv Stuttgart. (Personalakte)
Gedruckte Quellen:
Klaus Mann, Kind dieser Zeit, 1932.
Frido Mann, Achterbahn. Ein Lebensweg, 2009.
Klaus Mann, Der Wendepunkt. Ein Lebensbericht, 1949.
Joachim Fest, Begegnungen, 2006.
Friedrich von Gentz, Secretary of Europe, 1946, dt. 1947, Neuausg. 1982.
Vom Geist Amerikas, 1954, 21955.
Deutsche Geschichte des XIX. und XX. Jahrhunderts, 1958, letzte Neuausg. 2009.
Wilhelm II. Archiv der Weltgeschichte, 1964.
Alfred Heuß/August Nitschke/Golo Mann (Hg.), Propyläen Weltgeschichte, 12 Bde., 1960–1965.
Von Weimar nach Bonn. Fünfzig Jahre deutsche Republik, 1970.
Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann, 1971, Neuausg. 1997, Adaption als Fernsehfilm, 4 T., ZDF 1978, Regie: Franz Peter Wirth.
Ruedi Bliggenstorfer/Golo Mann. Wallenstein. Bilder zu seinem Leben, 1973.
Erinnerungen und Gedanken. Eine Jugend in Deutschland, 1986, Neuausg. 1991.
Wir alle sind, was wir gelesen, 1989.
Ludwig I., König von Bayern, 1989, Neuausg. 2006.
Wissen und Trauer. Historische Portraits und Skizzen, 1992, überarb. Neuaufl. 1995.
Erinnerungen und Gedanken. Lehrjahre in Frankreich, 1999, Neuausg. 2000.
Briefe 1932–1992, hg. v. Tilmann Lahme/Kathrin Lüssi, 2006.
Man muss über sich selber schreiben. Erzählungen, Familienporträts, Essays, hg. v. Tilmann Lahme mit einem Nachw. v. Hans-Martin Gauger, 2009.
Interviews:
Ich hasse alles Extreme. Günter Gaus im Interview mit Golo Mann (4. März 1965), in: Günter Gaus, „Was bleibt, sind Fragen“. Die klassischen Interviews, 2001, S. 362–391. (Onlineressource)
Gero von Boehm, Golo Mann. 10. Dezember 1988. Interview, in: ders., Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten, 2012, S. 167–189.
Bibliografie:
Klaus W. Jonas/Holger Stunz, Golo Mann. Leben und Werk, Chronik und Bibliographie 1929–2003, 2004.
Jeroen Koch, Golo Mann und die deutsche Geschichte. Eine intellektuelle Biographie, 1998.
Urs Bitterli, Golo Mann, Instanz und Außenseiter. Eine Biographie, 2004, Neuausg. 2005.
Klaus W. Jonas/Holger Stunz, Golo Mann. Leben und Werk, Chronik und Bibliographie 1929–2003, 2004.
Michael Stübbe, Die Manns. Genealogie einer deutschen Schriftstellerfamilie, 2004.
Uwe Naumann, Die Kinder der Manns. Ein Familienalbum, 2005.
Tilmann Lahme, Golo Mann, 2009.
Tilmann Lahme, Die Manns. Geschichte einer Familie, 2015.
Günter Gaus, Zur Person. Golo Mann. Historiker von Weltformat, 4.3.1965, in: ZDF Mediathek.
Jacques Schuster, Golo Mann erklärte den Deutschen ihre Geschichte, in: Welt v. 27.3.2009. (P)
Thomas Feitknecht, Art. „Golo Mann“, in: Historisches Lexikon der Schweiz.
0,45 Euro-Briefmarke der Deutschen Post, 2009.