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DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft - Pecha Café zur zweiten Förderphase der NFDI-Konsortien (im Rahmen der CoRDI 2023)

Pecha Café zur zweiten Förderphase der NFDI-Konsortien (im Rahmen der CoRDI 2023)

Ziele & Ablauf

Im Rahmen der 1st Conference on Research Data Infrastructure (CoRDI) veranstaltete das NFDI-Expertengremium am 12. September 2023 ein Pecha Café zur zweiten Förderphase der NFDI-Konsortien. Im Zentrum der zweiten Förderphase steht gemäß den vom NFDI-Expertengremium am 21. August 2023 veröffentlichten Eckpunkten die Konsolidierung der NFDI-Konsortien, um langfristig sowohl den fortlaufenden Betrieb als auch die bedarfsorientierte Weiterentwicklung sicherzustellen und dadurch die Fähigkeit der Konsortien zur Innovation zu wahren.

Ziel des Pecha Cafés war, mit den an der NFDI mitwirkenden Akteuren Ansätze zur Konsolidierung der NFDI zu diskutieren und Anregungen aus der Diskussion gegebenenfalls auch bei der Überarbeitung der Antragsunterlagen zur zweiten Förderphase der Konsortien verwenden zu können. Zu diesem Zweck kombinierte die Veranstaltung das Kurzpräsentationsformat „Pecha Cucha“ mit dem Gruppendiskussionsformat „World Café“: Nach einer kurzen Begrüßung führten die Mitglieder des NFDI-Expertengremiums die Teilnehmenden durch Impulsvorträge in fünf für die Konsolidierung von NFDI-Konsortien relevante Themenfelder ein, die anschließend an fünf von den Vortragenden moderierten Thementischen diskutiert wurden, wozu alle Teilnehmenden in fünf Gruppen eingeteilt wurden. Nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums wechselten alle Gruppen ihre jeweiligen Thementische, bis sich jede Gruppe einmal zu jedem Thema ausgetauscht hatte. Zum Abschluss fassten die Mitglieder des Expertengremiums die Ergebnisse des jeweiligen Thementischs im Plenum zusammen.

Ergebnisse der Thementische

An Thementisch A erörterten die Teilnehmenden notwendige Bausteine (Hardware, Software, Personen) von Informationsinfrastrukturen sowie wichtige Arbeitsfelder (Daten- und Softwarekuration), technische Komponenten (Wissensgraphen, Laufzeitumgebungen) und Leitprinzipien (FAIR, CARE und Diversität) des Forschungsdatenmanagements. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die freie Zugänglichkeit ausnahmslos aller Daten des Forschungsprozesses nicht in jedem Fall sinnvoll sei. Vielmehr sollten der konkrete Mehrwert von Forschungsdaten und eine adäquate Aufbereitung im Fokus stehen. Als wichtigen Beitrag sowohl zur NFDI als auch zum Forschungsdatenmanagement generell betrachteten die Teilnehmenden das Basisdienstkonsortium Base4NFDI, das wichtige Komponenten für eine gemeinsame technische Infrastruktur erarbeite. 

In der Diskussion wurden vier langfristige Kernaufgaben des Forschungsdatenmanagements identifiziert:

  1. langfristiger Betrieb von Infrastrukturen mit tragfähigem Betriebsmodell: Erforderlich hierfür ist neben einem klaren Bekenntnis geeigneter Institutionen auch eine stabile Finanzierung. Die entstehenden Aufwände können durch gezielte Maßnahmen wie die ortsübergreifende Bündelung von Ressourcen und die Ermächtigung von Communities durch Kompetenzbildung im Bereich des digitalen wissenschaftlichen Arbeitens reduziert werden.
  2. Helpdesk (Support) & Training, Aus- und Fortbildung: Wichtige Kriterien für alle Dienste sind eine einfache, niedrigschwellige Bedienbarkeit und eine gute Erreichbarkeit. Ferner können Helpdesks mit verlässlichem First-Level-Support und gezielte Beratungsangebote die Nutzung von Diensten erleichtern. Um die verschiedenen Bedarfe der unterschiedlichen Nutzenden mit ihren jeweiligen Kenntnisständen und fachlichen Hintergründen bedienen zu können, ist Personal mit differenzierten Kompetenzprofilen erforderlich, das im Idealfall von den Einrichtungen selbst finanziert werden sollte.
  3. Entwicklung von Standards, Archivierung von Daten, Vernetzung: Für die Entwicklung der NFDI zu einem vernetzten Gesamtsystem ist ein langfristiger und kontinuierlicher Austausch aller mitwirkenden Akteure notwendig, nicht zuletzt zur Organisation und Vernetzung der Ströme von Daten und Metadaten. Der Dialog zwischen den Stakeholdern kann durch kontinuierliche Strukturen wie etwa Gremien, aber auch durch die Setzung (wirtschaftlicher) Anreize für die oft aufwändigen Abstimmungs- und Vernetzungsprozesse stimuliert werden.
  4. Notfall- bzw. Exitstrategie: Notfall- bzw. Exitstrategien leisten einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung sowie Sicherung von Daten und Infrastrukturen. Dem dafür erforderlichen und stetig hohen Ressourcenaufwand kann durch ein klares Commitment der betreibenden Akteure wie auch durch ein tragfähiges Betriebsmodell begegnet werden.

An Thementisch B) wurden vier maßgebliche Dimensionen von Anschlussfähigkeit herausgearbeitet:

  1. Internationale Anschlussfähigkeit: Für den weiteren Ausbau der European Open Science Cloud (EOSC) wird ein stärkeres finanzielles Commitment des Bundes als nötig betrachtet. Eine wichtige Grundlage für die Vernetzung zwischen EOSC und NFDI stellt dabei Base4NFDI dar. Problematisch für die internationale Anschlussfähigkeit sind der Umstand, dass häufig unklar ist, welche Leistungen kostenfrei bzw. zu welchen Konditionen beziehbar sind und ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Mittel auch an nicht deutsche Infrastrukturen transferiert werden können.
  2. Nationale Anschlussfähigkeit: Um die Interaktion der unterschiedlichen Akteure auf nationaler Ebene zu organisieren, wird ein abgestuftes „System von Systemen“ vorgeschlagen: Als erste Anlaufstelle fungieren darin die Hochschulen und Leibniz-Einrichtungen, während Landesinitiativen die regionale Bereitstellung einzelner Dienste und NFDI-Konsortien die fachspezifische Beratung übernehmen. Vermerkt wird zudem die Notwendigkeit einer Harmonisierung von Forschungsdaten mit Daten der öffentlichen Hand, der stärkeren Einbindung von Fachhochschulen und der spezifischeren Definition von Zielgruppen. Damit auch kleinere nicht akademische Institutionen eingebunden werden können, sind niederschwellige Identifikationsdienste über das Deutsche Forschungsnetz (DFN) hinaus erforderlich.
  3. Soziale Aspekte von Anschlussfähigkeit: In Bezug auf die soziale Anschlussfähigkeit wird darüber diskutiert, inwiefern eine Arbeitsteilung bei Informationsinfrastrukturen, beispielsweise bei Training, Aus- und Fortbildung möglich sei. Dabei geht es vor allem um die Frage welche allgemeinen Elemente zentral angeboten werden können und welche spezifischen Aspekte von einem bestimmten Konsortium bzw. Akteur vermittelt werden müssen.
  4. Technische und strukturelle Aspekte von Anschlussfähigkeit: Als wichtige Voraussetzung für technische Anschlussfähigkeit werden Standards genannt, deren Entwicklung jedoch langwierig und aufwändig ist, da nicht zuletzt die Frage nach dem Mandat bzw. der Sprechfähigkeit für (nationale) Communities zu klären ist. Als relevante Stakeholder für die Etablierung von Standards und damit wichtige Gesprächspartner werden insbesondere Verlage und Fachgesellschaften genannt.

Bezogen auf die NFDI wird der Wunsch nach einem stärkeren Fokus auf Dienste bzw. Dienste-Entwicklung formuliert, weil Governance-Fragen bislang einen breiten Raum einnehmen. Als Herausforderung werden die unklare Rolle des NFDI-Vereins und das Spannungsverhältnis verschiedener nationaler und internationaler Rechtsformen betrachtet. Da es ferner schwierig erscheint, Dienste zu identifizieren, deren Skalierung und Anschluss auf breiter Basis einen fachübergreifenden Mehrwert für die gesamte NFDI bieten, wird eine stärkere Schwerpunktsetzung auf die Dienste für größere Zusammenhänge (etwa die vier Wissenschaftsbereiche) vorgeschlagen.

An Thementisch C) wurden zunächst allgemeine Feststellungen zur qualitätsgesicherten Bewertung von Diensten formuliert. Grundsätzlich gilt diesbezüglich, dass Dienste einerseits so generisch wie möglich und anderseits so spezifisch wie nötig sein sollten. Im Hinblick auf die Erhebung quantitativer Daten ist zwischen in der Regel besser messbaren technischen Diensten und eher schwierig messbaren organisatorisch-sozialen Angeboten (beispielsweise Beratungs- oder Fortbildungsangeboten) zu unterscheiden. Offen diskutiert wird die Frage nach dem Wert nicht genutzter Daten und Dienste. Als mögliche Merkmale für eine Zertifizierung von Diensten im Rahmen der NFDI werden ein Code of conduct, verbindliche Mindestanforderungen und die Bereitstellung eines „NFDI-Siegels“ für Externe genannt.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wurden erste Schritte zur Bewertung eines Dienstportfolios und potentielle Merkmale der Qualität von Diensten erörtert.

  • Erste Schritte zur Bewertung eines Dienstportfolios: Ausgangspunkt für die Bewertung eines Dienstportfolios ist zuerst dessen Festlegung durch das jeweilige Konsortium. Hilfreich für die dazu erforderlichen internen Bewertungsprozesse ist neben einschlägigen Kriterien wie Dokumentation oder Nutzerfreundlichkeit auch die Frage nach dem Reifegrad der Dienste.
  • Merkmale von Qualität / Key Performance Indicators: Ausgehend von einer differenzierten Diskussion über die verschiedenen Arten von Diensten (allgemein, technisch, Software, Daten) und deren jeweilige Standards bzw. Key Performance Indicators werden einige Merkmale von Qualität eruiert:
    • Reifegrad (Nutzbarkeit, Dokumentation, Zuverlässigkeit, Nachhaltigkeit)
    • Bekanntheitsgrad
    • Anzahl der Nutzenden (relativer Wert im Verhältnis zur Größe der Community)
    • Intensität der Nutzung
    • Aufwand pro Nutzer*in bei der Erbringung bzw. Bereitstellung
    • Beitrag zur Ertüchtigung von Diensten bzw. Partnern
    • erkennbare Anschlussfähigkeit bzw. Konvergenz von Diensten
    • Beitrag zur FAIRness (im Einzelnen schwierig zu messen und zu beschreiben)

Als konsortienübergreifend bedeutender Indikator wird außerdem die Zufriedenheit der Nutzenden herausgestellt. Dabei wird allerdings die Frage aufgeworfen, wie jene methodisch fundiert erfasst werden kann. Vorgeschlagen werden eine eigene Task Force innerhalb der NFDI und eine einschlägige Begleitforschung, gegebenenfalls durch unbeteiligte Akteure.

Die Gespräche an Thementisch D) konzentrierten sich insbesondere auf drei Schwerpunkte:

  1. Relevante Kompetenzen des übergreifenden Forschungsdatenmanagements: Wichtig für ein übergreifendes Forschungsdatenmanagement sind kulturelle Kompetenzen, technische Kompetenzen, Erfahrung bei der Erhebung von Daten und Wissen aus der Perspektive von Datennutzenden. Hierbei ist zu bedenken, dass eine generische Ausbildung von Data Stewards kaum möglich ist, weil letztere Kompetenz in spezifischen Domänen besitzen müssen.
  2. Sicherung von relevantem Wissen und Personal: Als große Herausforderung wird die Sicherung von relevantem Wissen und Personal mit entsprechenden Kompetenzen betrachtet. Mögliche Lösungsvorschläge dafür sind unter anderem die frühzeitige Einbindung des Forschungsdatenmanagements in die Lehre, etwa durch Systemakkreditierung, aber auch die Entsendung von sogenannten „fliegenden“ Data Stewards, die bei einem Konsortium angesiedelt sind und zur Unterstützung an andere Institutionen entsendet werden. Für den wissenschaftlichen Nachwuchs besteht Bedarf an systematischen Ansätzen. Einen Beitrag dazu können beispielsweise die Etablierung von Zertifikatskursen und Schulungen am Beispiel konkreter Probleme leisten. Gleiches gilt für Anreize, die jedoch bereits a priori bedacht werden sollten, da Forschungsdatenmanagement in der Regel Ressourcen auf unterschiedlicher Ebene bindet. Zur Überwindung des zuletzt genannten Problems ist eine höhere Wertschätzung von Forschungsdatenmanagement als wissenschaftlich relevante Leistung auf breiter Basis notwendig.
  3. Wünsche für die Zukunft der NFDI: Wünschenswert aus Sicht der Teilnehmenden sind die nachhaltige Unterstützung für Nutzende beispielsweise durch Data Stewards auf Fakultätsebene, die Ausbildung von Multiplikator*innen im Rahmen der NFDI zur Verbreitung relevanten Wissens und der Aufbau eines Curriculums von Kompetenzen in den jeweiligen Communities selbst. Offen diskutiert wird schließlich die Frage, inwiefern Forschungsförderorganisationen die Einbindung bzw. Sicherung von Datensätzen in etablierten Strukturen von NFDI-Konsortien einfordern sollten. Hierfür bedarf es allerdings Sanktionen, Anreizen und Prüfmechanismen.

An Thementisch E) wurde anfangs die große Vielfalt an unterschiedlichen Typen von Diensten charakterisiert, wobei unter anderem technische Dienste, Beratungsdienste, aber auch Schulung bzw. Training und Workflows zur Sprache kamen. Für die Nachhaltigkeit jeglicher Art von Dienst wurden drei wesentliche Herausforderungen genannt: die zuverlässige Bereitstellung der Angebote selbst, die nachhaltige Aktivierung der jeweiligen Community und eine auf lange Sicht verlässliche Finanzierung.

Im Zuge der Gespräche kristallisierten sich zehn Eckpunkte für das nachhaltige Betreiben von Community-spezifischen Diensten heraus:

  1. Eine strukturierte, kontinuierliche Bedarfserhebung ist unerlässlich. Hierbei können Fachgesellschaften eine wichtige Rolle spielen.
  2. Eine stetige Finanzierung ist erforderlich, um die Zuverlässigkeit von Diensten sicherstellen zu können.
  3. Dienste müssen einfach und niedrigschwellig nutzbar sein, ohne dass die Qualität darunter leidet.
  4. Die zahlreichen unterschiedlichen Dienste müssen konsolidiert und ihr systemisches Zusammenwirken ermöglicht werden. Dabei dürfen jedoch die Bedarfe insbesondere kleinerer Communities nicht vernachlässigt werden.
  5. Die Resilienz von Diensten sollte durch zwei Maßnahmen gewährleistet werden: zum einen durch die Sicherstellung der Zugänglichkeit von Daten auch bei Wechseln der Betreiber oder Neuentwicklung von Standards; zum anderen durch die Entwicklung und Berücksichtigung von Exit-Strategien bereits in der Konzeptionsphase.
  6. Eine umfassende und gut gepflegte Dokumentation ist unverzichtbar.
  7. Die möglichst offene Zugänglichkeit von Daten, Formaten und Software ist anzustreben, weswegen auf profitorientierte Geschäftsmodelle verzichtet werden sollte.
  8. Erstrebenswert ist die Schaffung eines rechtlichen und organisatorischen Rahmens für die nationale und internationale Bereitstellung von Diensten. Dabei helfen könnte womöglich der NFDI-Verein.
  9. Die Skalierbarkeit von Diensten sollte von Anfang an berücksichtigt werden, nicht zuletzt durch die angemessene Planung von Personal und Infrastruktur.
  10. Training und Ausbildung sollten stärker in Studien- und Promotionsprogramme integriert werden.

Fazit

So wie die CoRDI 2023 insgesamt, war aus Sicht des NFDI-Expertengremiums auch das Pecha Café ein voller Erfolg. Die insgesamt über 100 Teilnehmenden zeugen von einem großen Interesse aus allen Bereichen der NFDI. Dies verdeutlicht auch die Zusammensetzung des Teilnehmerfelds, das Personen aus allen Fächergruppen, unterschiedlichen Hierarchieebenen, verschiedenen Konsortien und weiteren Organen der NFDI, aber auch von anderen wissenschaftlichen Infrastrukturen und aus der Politik beinhaltete. Während das NFDI-Expertengremium wertvolle Impulse für die zweite Förderphase der NFDI-Konsortien sammeln konnte, lobten die Teilnehmenden sowohl die Möglichkeit zum direkten Austausch mit Mitgliedern des NFDI-Expertengremium und der DFG-Geschäftsstelle als auch zur Mitwirkung an der Gestaltung der NFDI-Fortsetzungsphase allgemein.

In der Zusammenschau illustriert das Pecha Café, dass die NFDI nicht nur ein breites Spektrum an Perspektiven, Kompetenzen und Themen vereint, sondern darüber hinaus auch selbst ein kooperatives, lebendiges und lösungsorientiertes Netzwerk ist. Beides ist unverzichtbar, da die Zielsetzung der NFDI – eine vernetzte, übergreifende Informationsinfrastruktur für Forschungsdaten – nur im Dialog und als gemeinschaftliche Aufgabe erreicht werden kann. Das NFDI-Expertengremium und die DFG-Geschäftsstelle werden sich auch zukünftig dafür einsetzen, um diesen Dialog zu stimulieren und freuen sich bereits auf die nächste CoRDI im Jahr 2025.









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