Juristische Übungsfälle zur Geschäftsfähigkeit
Von Roy Dörnhofer
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Über dieses E-Book
Diese Fallsammlung beschäftigt sich mit den Problemen der Geschäftsfähigkeit beim Handeln im Rechtsverkehr. Dabei stehen die Fallgestaltungen im Vordergrund, in denen ein Minderjähriger als beschränkt Geschäftsfähiger auftritt. Beim Durcharbeiten der Lösungen wird deutlich, wie hoch der Gesetzgeber den Stellenwert des Schutzes von Minderjährigen eingeordnet hat. Probleme beim Auftreten von nicht voll Geschäftsfähigen lassen sich leicht in Klausuren einbauen und sind auch ein sehr beliebtes Thema in den Universitätsprüfungen. Deshalb sind solide Kenntnisse der Materie schon in den Anfangssemstern unabdingbar.
Das Buch soll den Studierenden die Möglichkeit geben, das erlernte Wissen an Hand von Übungsfällen zu testen und gegebenenfalls zu vertiefen. Erfahrungsgemäß reicht es oft nicht aus, die Materie abstrakt in einer Vorlesung gehört oder in einem Lehrbuch gelesen zu haben, ohne die Anwendung in einem konkreten Fall demonstriert zu bekommen. Der beste Weg, juristische Probleme und deren Lösungen zu verstehen und sich dauerhaft einprägen zu können, scheint das Lösen von Klausuren zu sein.
Die Bearbeitung von Fällen erfordert eine bestimmte Technik, die es zu erlernen gilt. Nachdem alle Lösungen im Stil des Gutachtens gehalten sind, bekommt der Leser oder die Leserin einen Eindruck davon, wie die jeweiligen Gliederungspunkte ausformuliert werden müssen. Wie es in der Rechtswissenschaft so üblich ist, kann man an vielen Punkten, die umstritten sind, anderer Auffassung sein. Dabei ist es weniger bedeutend, welcher Meinung man folgt. Vielmehr muss ein logischer Aufbau der Lösung erfolgen, der sich an der Systematik des Gesetzes orientiert.
Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern sind zahlreiche Nachweise von Gerichtsentscheidungen und Literaturangaben aufgeführt, sodass eine Nacharbeit unschwer möglich ist. Die Quellenangaben beziehen sich auf gut bekannte Lehrbücher und leicht auffindbare Gerichtsentscheidungen, sodass man die entsprechenden Werke in der Bibliothek ausfindig machen kann. Jeder Lösung ist des Weiteren eine Gliederung vorangestellt, um den "roten Faden" des Aufbaus zu verdeutlichen. Zum besseren Verständnis der Erörterung der jeweiligen Probleme im Gutachten habe ich am Ende des Buchs in einem Anhang ein Schema zur Prüfung der Probleme der Geschäftsfähigkeit mit vielen Einzelproblemen erstellt, das die Einordung der Materie erleichtern soll. Es empfiehlt sich, diese grundsätzliche Darstellung noch vor dem Durcharbeiten der Fälle zuerst zu lesen.
Soweit ersichtlich, werden die Probleme der Geschäftsfähigkeit in vielen Fallsammlungen zum Allgemeinen Teil des BGB nur relativ kurz und isoliert behandelt. Das steht in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Materie. Deshalb soll in diesem Buch eine verstärkte Auseinandersetzung erfolgen, was zu einem tieferen Verständnis führt. Eine intensive Beschäftigung mit diesen Problembereichen erfordert, dass auch andere Teile des BGB - wie etwa das Schuldrecht und das Sachenrecht - mit in die Lösungen einbezogen werden müssen.
Roy Dörnhofer
Roy Dörnhofer hat in Bayern beide Staatsexamina abgelegt und war dann in den neuen Bundesländern als Richter und Staatsanwalt tätig. Er war unter anderem als Richter am Landgericht im Rahmen einer Abordnung in einem Zivilsenat bei einem Oberlandesgericht beschäftigt.
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Buchvorschau
Juristische Übungsfälle zur Geschäftsfähigkeit - Roy Dörnhofer
Allgemeine Vorbemerkungen
Diese Fallsammlung beschäftigt sich mit den Problemen der Geschäftsfähigkeit beim Handeln im Rechtsverkehr. Dabei stehen die Fallgestaltungen im Vordergrund, in denen ein Minderjähriger als beschränkt Geschäftsfähiger auftritt. Beim Durcharbeiten der Lösungen wird deutlich, wie hoch der Gesetzgeber den Stellenwert des Schutzes von Minderjährigen eingeordnet hat. Probleme beim Auftreten von nicht voll Geschäftsfähigen lassen sich leicht in Klausuren einbauen und sind auch ein sehr beliebtes Thema in den Universitätsprüfungen. Deshalb sind solide Kenntnisse der Materie schon in den Anfangssemstern unabdingbar.
Das Buch soll den Studierenden die Möglichkeit geben, das erlernte Wissen an Hand von Übungsfällen zu testen und gegebenenfalls zu vertiefen. Erfahrungsgemäß reicht es oft nicht aus, die Materie abstrakt in einer Vorlesung gehört oder in einem Lehrbuch gelesen zu haben, ohne die Anwendung in einem konkreten Fall demonstriert zu bekommen. Der beste Weg, juristische Probleme und deren Lösungen zu verstehen und sich dauerhaft einprägen zu können, scheint das Lösen von Klausuren zu sein.
Die Bearbeitung von Fällen erfordert eine bestimmte Technik, die es zu erlernen gilt. Nachdem alle Lösungen im Stil des Gutachtens gehalten sind, bekommt der Leser oder die Leserin einen Eindruck davon, wie die jeweiligen Gliederungspunkte ausformuliert werden müssen. Wie es in der Rechtswissenschaft so üblich ist, kann man an vielen Punkten, die umstritten sind, anderer Auffassung sein. Dabei ist es weniger bedeutend, welcher Meinung man folgt. Vielmehr muss ein logischer Aufbau der Lösung erfolgen, der sich an der Systematik des Gesetzes orientiert.
Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern sind zahlreiche Nachweise von Gerichtsentscheidungen und Literaturangaben aufgeführt, sodass eine Nacharbeit unschwer möglich ist. Die Quellenangaben beziehen sich auf gut bekannte Lehrbücher und leicht auffindbare Gerichtsentscheidungen, sodass man die entsprechenden Werke in der Bibliothek ausfindig machen kann. Jeder Lösung ist des Weiteren eine Gliederung vorangestellt, um den „roten Faden" des Aufbaus zu verdeutlichen. Zum besseren Verständnis der Erörterung der jeweiligen Probleme im Gutachten habe ich am Ende des Buchs in einem Anhang ein Schema zur Prüfung der Probleme der Geschäftsfähigkeit mit vielen Einzelproblemen erstellt, das die Einordung der Materie erleichtern soll. Es empfiehlt sich, diese grundsätzliche Darstellung noch vor dem Durcharbeiten der Fälle zuerst zu lesen.
Soweit ersichtlich, werden die Probleme der Geschäftsfähigkeit in vielen Fallsammlungen zum Allgemeinen Teil des BGB nur relativ kurz und isoliert behandelt. Das steht in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Materie. Deshalb soll in diesem Buch eine verstärkte Auseinandersetzung erfolgen, was zu einem tieferen Verständnis führt. Eine intensive Beschäftigung mit diesen Problembereichen erfordert, dass auch andere Teile des BGB - wie etwa das Schuldrecht und das Sachenrecht - mit in die Lösungen einbezogen werden müssen.
Für das Jurastudium ist es unabdingbar, dass man sich jedenfalls im fortgeschrittenen Stadium mit der Rechtsprechung auseinandersetzt. Dazu muss man wissen, wo sich überhaupt die Entscheidungen der Gerichte finden lassen. Deshalb soll hier ein kurzer Überblick gegeben werden.
Wichtig sind juristische Fachzeitschriften:
- Betriebs-Berater (BB)
- Der Betrieb (DB)
- Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ)
- Juristenzeitung (JZ)
- Monatsschrift für deutsches Recht (MDR)
- Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
- Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport (NJW-RR)
- Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV)
- Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (FamRZ)
- Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR)
- Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM)
Amtlichen Sammlungen der obersten Gerichte:
- BVerfGE: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
- BGHZ: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
- RGZ: Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen
- BGHSt: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen
- RGSt: Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen
Als Jurist muss man sich intensiv mit der juristischen Literatur auseinandersetzen. Wer einmal einen Blick in ein Gesetz geworfen hat oder gar eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs durchgelesen hat, wird schnell erkennen, dass die Materie recht unverständlich sein kann. Viele Probleme im Zivilrecht sind auch sehr umstritten und bedürfen der Erörterung dieser divergierenden Meinungen. Dazu muss sich der Rechtsanwender oft auf die rechtswissenschaftliche Literatur berufen, um sich Klarheit über die jeweilige Materie zu verschaffen. Im Folgenden sollen somit kurz die gängigsten Nachschlagewerke für den Juristen genannt werden:
Kommentare
Diese auf den ersten Blick enorm umfangreichen Bücher sind die wichtigsten Helfer beim Auffinden von Meinungen und Urteilen zu den einzelnen Normen. Auch finden sich Ausführungen zur Entstehungsgeschichte der jeweiligen Norm und zum gesetzgeberischen Ziel bei Schaffung der Vorschrift. Für das Zivilrecht ist der „Grüneberg" der wichtigste Kommentar, da er nicht wie die meisten anderen Kommentare in mehreren Bänden erscheint und somit handlicher ist. Des Weiteren ist dieser Kommentar sehr aktuell, da er jedes Jahr neu aufgelegt wird.
Lehrbuch
Jeder Einsteiger wird sich ein Lehrbuch zulegen müssen, um den Einstieg in ein Rechtsgebiet erfolgreich vornehmen zu können. Solche Werke stellen die Materie zusammenhängend und verständlich dar, sodass sie insbesondere für den Anfänger außerordentlich wichtig sind.
Aufsätze
In vielen juristischen Zeitschriften finden sich Aufsätze zu allen möglichen Themenbereichen. In diesen werden dann die Probleme sehr vertieft dargestellt. Nachfolgend seien die wichtigsten genannt:
http://rsw.beck.de/zeitschriften/ja
https://www.degruyter.com/view/j/jura
http://rsw.beck.de/zeitschriften/jus
http://www.zjs-online.com/
Zur ZJS ist noch kurz zu sagen, dass dies ein hervorragendes Projekt ist! Die Beiträge sind qualitativ ausgezeichnet und das Lesen ist kostenlos im Internet möglich. Was kann man eigentlich noch mehr verlangen?
https://www.iurratio.de/
http://www.zeitschrift-jse.de/
Auch diese Zeitschrift kann kostenlos im Internet gelesen werden.
http://www.juraexamen.info/
Zwar keine Zeitschrift im engeren Sinn, aber doch eine wunderbare Möglichkeit, sich in kürzesten Abständen grundlegendes und aktuelles Wissen kostenlos im Internet anzueignen.
Urteilsbesprechung
Eine solche findet sich oft zu neuen Entscheidungen der Gerichte, wobei sich der Autor kritisch mit der ergangenen Entscheidung auseinandersetzt.
Fallsammlungen
Letztlich sind auch noch die Fallsammlungen zu nennen. Das Ziel der juristischen Ausbildung ist das erfolgreiche Lösen von Lebenssachverhalten anhand des Gesetzes. Unabdingbar für den Erfolg sind daher Bücher, anhand derer man sein theoretisches Wissen praxisgerecht einsetzen kann. Ohne eine regelmäßige Übung wird man in der Ausbildung keine überzeugenden Leistungen erbringen können.
Viel Erfolg bei der Durcharbeit!
Literaturverzeichnis
Baumbach/Hopt, HGB, 39. Auflage, 2020
Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Auflage, 2009
Boecken, BGB AT, 3. Auflage, 2019
Brox/Walker, BGB AT, 44. Auflage, 2020
Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, 44. Auflage, 2020
Emmerich, BGB Schuldrecht BT, 15. Auflage, 2018
Esser/Weyers, Schuldrecht, Band II Besonderer Teil, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 8. Auflage, 2000
Flume, BGB AT, Band II, Das Rechtsgeschäft, 4. Auflage, 1992
Grunewald, Gesellschaftsrecht, 11. Auflage, 2020
HK-BGB, 10. Auflage, 2019
Jaensch, Grundzüge des bürgerlichen Rechts, 4. Auflage, 2018
Jauernig, BGB, 18. Auflage, 2020
Köhler, BGB AT, 45. Auflage, 2021
Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, 2. Auflage, 1988
Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Auflage, 2004
Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II/1, Besonderer Teil, 13. Auflage, 1986
Larenz/Canaris, Schuldrecht BT II/2, 13. Auflage, 1994
Leipold, BGB I, 10. Auflage, 2019
Looschelders, Schuldrecht AT, 19. Auflage, 2021
Medicus/Petersen, BGB AT, 11. Auflage, 2016
Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 27. Auflage, 2019
Musielak/Hau, Grundkurs BGB, 16. Auflage, 2019
Grüneberg, BGB, 82. Auflage, 2023
Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, 1983
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, 2002
Stadler, BGB AT, 20. Auflage, 2020
Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Auflage, 2020
Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, 6. Auflage, 2020
Fall 1: Nichtigkeit einer Willenserklärung nach § 105 II BGB, Vollrausch
Sachverhalt
Auf einer Silvesterparty lernte der mit 3,3 Promille volltrunkene A den nüchternen B kennen. Nachdem sich beide länger unterhalten hatten, bemerkte der A die Armbanduhr des B, die ihm sehr gefiel. Auf die Nachfrage, ob der B die Uhr gegen den iPod des A tauschen wolle, antwortete der B zustimmend und übergab ihm die Uhr, woraufhin der A ihm den iPod überreichte. Als der A am nächsten Nachmittag wieder halbwegs ausgenüchtert war, wurde ihm klar, dass es sich bei der Uhr um ein billiges Modell handelte und der Tausch kein gutes Geschäft war. Er verlangt deshalb sofort vom B die Rückgabe des iPods, da er betrunken gewesen sei und keine Erklärungen habe abgeben können. Der B will das Gerät nur gegen Rückgabe der Uhr übergeben.
Kann der A vom B den iPod herausverlangen?
Gliederung
I. Herausgabe, § 985 BGB
1. Herausgabeanspruch entstanden
a) Besitzer
b) Eigentümer
aa) Übergabe
bb) Einigung
(1) Vertrag
(2) Nichtigkeit der Willenserklärung, § 105 I BGB
(3) Nichtigkeit der Willenserklärung, § 105 II BGB
cc) Zwischenergebnis
c) Kein Recht zum Besitz, § 986 I 1 1. Alt. BGB
aa) Tauschvertrag, §§ 480, 433 BGB
bb) Zwischenergebnis
d) Zwischenergebnis
2. Zurückbehaltungsrecht, § 273 I BGB
a) Gegenseitigkeit
aa) Besitzer
bb) Eigentümer
cc) Kein Recht zum Besitz
dd) Zwischenergebnis
b) Vollwirksamer, fälliger Gegenanspruch
c) Ungleichartigkeit der Forderungen
d) Konnexität
e) Einrede erhoben
3. Ergebnis
II. Herausgabe, § 812 I 1 1. Alt. BGB
1. Herausgabeanspruch entstanden
a) Etwas erlangt
b) Leistung
c) Ohne Rechtsgrund
d) Zwischenergebnis
2. Zurückbehaltungsrecht, § 273 I BGB
III. Herausgabe § 861 I BGB bzw. § 1007 I, II BGB
1. Voraussetzungen
2. Ergebnis
Lösung
I. Herausgabe, § 985 BGB
Der A könnte einen Anspruch auf Herausgabe des iPods gegen den B haben, § 985 BGB.
1. Herausgabeanspruch entstanden
Dazu müsste der A Eigentümer und der B Besitzer der Sache sein, wobei dem B kein Recht zum Besitz nach § 986 BGB zustehen dürfte.
a) Besitzer
Der B übt infolge der Übergabe des iPods seitens des A die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache aus und hat auch einen natürlichen Besitzwillen, sodass er unproblematisch unmittelbarer Besitzer ist, § 854 I BGB.
b) Eigentümer
Fraglich ist nur, ob der A noch Eigentümer des iPods ist. Dabei ist zu prüfen, wie sich die Eigentumsverhältnisse historisch entwickelt haben.
Da es sich laut Sachverhalt um den iPod des A handelte, ist davon auszugehen, dass dieser zunächst Eigentümer war.
Der A könnte das Eigentum aber durch eine rechtsgeschäftliche Übereignung nach § 929 S. 1 BGB an den B verloren haben. Dazu müssten sich die Parteien hinsichtlich der Übertragung des Eigentums geeinigt und der B Besitz an der Sache erlangt haben.
aa) Übergabe
Der A hat dem B am Silvesterabend den iPod übergeben und damit jeglichen Besitz verloren, während der B den unmittelbaren Besitz erwarb. Damit lag eine Übergabe vor.
Fraglich könnte sein, wie es sich auf eine solche Besitzverschaffung auswirkt, wenn der A infolge der Trunkenheit möglicherweise nicht voll geschäftsfähig gewesen ist. Bei der Übergabe handelt es sich aber um einen Realakt, weshalb die Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit nach §§ 104 ff. BGB nicht anwendbar sind (Jauernig/Chr. Berger, § 854 Rn. 10). Nachdem der A einen tatsächlichen Willen zur Übergabe hatte, ist diese auch wirksam erfolgt.
bb) Einigung
Des Weiteren müssten sich die Parteien über den Eigentumsübergang geeinigt haben.
(1) Vertrag
Die dingliche Einigung kommt durch einen Vertrag zustande, sodass also zwei sich inhaltlich deckende Willenserklärungen in der Form von Angebot und Annahme erforderlich sind, §§ 145, 147 BGB. Ein solcher Vertrag muss nicht notwendigerweise ausdrücklich geschlossen werden, sondern kann auch durch konkludentes Verhalten erfolgen.
Hier haben sich die Parteien zwar nicht ausdrücklich hinsichtlich des Übergangs des Eigentums geeinigt, durch die Übergabe des iPods liegt jedoch eine wirksame konkludente Einigung vor.
(2) Nichtigkeit der Willenserklärung, § 105 I BGB
Die in der Angebotserklärung liegende Willenserklärung des A könnte nichtig sein, wenn dieser sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hätte, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender war, §§ 104 Nr. 2 BGB, 105 I BGB.
Die freie Willensbildung ist ausgeschlossen, wenn es einer Person wegen einer Krankheit nicht möglich ist, den Willen frei und unbeeinflusst zu bilden und nach zutreffend gewonnener Einsicht zu handeln (BGH NJW 1996, 919). Bei einer Alkoholisierung von 3,3 Promille liegt es nahe anzunehmen, dass eine freie Willensbildung nicht möglich und damit eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit gegeben ist, der zufolge der A keine wirksamen Erklärungen mehr abgegeben konnte. Letztlich kann dies aber offen bleiben.
Vorliegend war der A nämlich nur am Silvesterabend betrunken und am nächsten Nachmittag wieder nüchtern. Somit handelte es sich bei dem Rausch lediglich um einen vorübergehenden Zustand, der nicht zur Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB führte (HK-BGB/Dörner, § 104 Rn. 5).
(3) Nichtigkeit der Willenserklärung, § 105 II BGB
Der Einigungsvertrag könnte aber deshalb unwirksam sein, weil die Willenserklärung des A nach § 105 II BGB nichtig war. Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.
Hier kommt eine Bewusstlosigkeit des A in Betracht. Gemeint ist damit nicht das Koma, weil dann schon ein Handlungswille fehlen würde, sondern eine Bewusstseinstrübung (Jauernig/Mansel, § 105 Rn. 1). Für die Annahme der Bewusstlosigkeit reicht eine hochgradige Bewusstseinstrübung aus, die das Erkennen von Inhalt und Wesen einer Erklärung voll oder in einem bestimmten Bereich ausschließt, was bei einer Trunkenheit gegeben sein kann (BGH WM 1972, 972; Jauernig/Mansel, § 105 Rn. 1; Medicus/Petersen, BGB AT, Rn. 544). Ein solcher Rauschzustand ist in der Regel aber erst ab einem Wert über 3 Promille anzunehmen (BGH NJW 1991, 852; Grüneberg, § 105 Rn. 2).
Vorliegend hatte der A eine Blutalkoholkonzentration von 3,3 Promille, als er den iPod übergab, sodass er in seiner Willensbildung nicht mehr frei war und somit seine Willenserklärung wegen der hochgradigen Bewusstseinstrübung nach § 105 II BGB nichtig war.
cc) Zwischenergebnis
Mangels einer wirksamen Einigung hat der A das Eigentum am iPod nicht verloren.
c) Kein Recht zum Besitz, § 986 I 1 1. Alt. BGB
Des Weiteren dürfte dem B kein Recht zum Besitz an dem iPod zustehen. Es handelt sich bei dem Besitzrecht um eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung (BGH NJW 1999, 3716, 3717), weshalb sich der B hierauf nicht einmal berufen muss.
aa) Tauschvertrag, §§ 480, 433 BGB
Ein eigenes Besitzrecht des B könnte sich vorliegend aus einem mit dem A abgeschlossenen Tauschvertrag nach §§ 480, 433 BGB ergeben. Auf den Tauschvertrag sind die Vorschriften über den Kaufvertrag entsprechend anzuwenden, sodass ein solcher nur durch zwei sich inhaltlich deckende Willenserklärungen in der Form von Angebot und Annahme zustande kommt, §§ 145, 147 BGB.
Vorliegend hat der A ein Angebot zum Abschluss eines Tauschvertrags gemacht, indem er dem B anbot, dessen Uhr gegen Übergabe seines iPods zu erwerben. Auch diese Einigung ist jedoch unwirksam, da die Willenserklärung des A wegen der hochgradigen Bewusstseinstrübung nach § 105 II BGB nichtig ist, siehe oben.
bb) Zwischenergebnis
Da kein wirksamer Tauschvertrag vorliegt, steht dem B kein Recht zum Besitz an dem