Tukkel
Von Lutz Lümmel
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Buchvorschau
Tukkel - Lutz Lümmel
1 – Das eigene Auto
In Hamburg wohnte der Frank.
Den machte ein Wunsch ganz schön krank.
‚Ein Auto muss her!‘
‚Das will ich so sehr!‘
Von Geld keine Spur auf der Bank.
Hallo, liebe Freunde. Mir ist gerade eine Geschichte eingefallen, die vor langer Zeit passiert ist. Ich muss wohl 19 Jahre alt gewesen sein. ‚Boh, das ist ja ganz schön alt‘, denkt ihr jetzt. Denn bei euch dauert es noch viele Jahre, bis ihr so alt seid. Bei mir hatte es auch ganz schön lange gedauert, bis ich endlich erwachsen war. Aber so richtig erwachsen war ich noch gar nicht. Das merkt ihr selber, wenn ihr die Geschichte hört.
Damals lief bei mir so Einiges. Meine Eltern waren kurz zuvor mit mir nach Hamburg gezogen. Ich hatte einen Studienplatz an der Uni im Fach Promenadologie. ‚Hä? Was ist das denn?‘ werdet ihr jetzt fragen. Das ist die Wissenschaft vom Spazierengehen. ‚Wie bist du denn auf diesen Quatsch gekommen?‘ wollt ihr natürlich wissen. Wenn ich es euch verrate, dann glaubt ihr auch nicht, dass ich damals schon erwachsen war. Ihr seid viel schlauer und würdet etwas Vernünftiges studieren. Mein Problem war, dass mich fast alles interessierte. Da ist es schwer, sich zu entscheiden. Mir ist es aber zu peinlich zu verraten, wie ich zur Promenadologie kam. Es reicht, wenn ihr wisst, dass mein Abitur nicht besonders gut war und ich ganz sicher sein wollte, einen Studienplatz zu bekommen. Das klappte bei den Spaziergängern sofort. Wenn man, so wie ich, keinen guten Notendurchschnitt im Abitur hatte, dann brauchte man sich gar nicht erst für beliebte Fächer zu bewerben. Vom Arzt oder Architekt bis zum Zoologen konnte ich alles vergessen.
Studieren war sowieso gar nicht so richtig mein Ding. Ich wollte lieber jobben und Geld verdienen. Aber ich hatte sehr liebe Eltern, die ich nicht enttäuschen wollte. Also ging ich in Hamburg spazieren, denn das gehörte ganz einfach zu meinem Studium.
Aber Hamburg ist sehr groß. Als Spaziergänger konnte ich die Stadt nicht richtig kennen. Das hätte viel zu lange gedauert. Fahrrad fahren war damals auch so eine Sache. Es gab noch nicht viele sichere Fahrradwege. Die Radelei war nicht nur anstrengend, sondern sogar ein bisschen gefährlich. Deshalb wurde ich scharf auf ein eigenes Auto.
Wie gesagt hatte ich sehr liebe Eltern, die sich darüber freuten, dass ich an der Uni Hamburg studierte, ganz egal was. Wenn ich Musik oder Kunst gewählt hätte, dann hätte es zuhause Ärger gegeben. ‚Brotloser Schnickschnack‘ hätte mein Vater gesagt. Und meine Mutter hätte vielsagend mit dem Kopf geschüttelt. Promenadologie klang ganz gut und war also OK. Darum traute ich mich, Mutti und Vati von meinem Wunsch zu erzählen, ein eigenes Auto zu haben. Ich wollte mir das Geld dafür selber verdienen. Aber wie kriegte ich einen Job? Meine Eltern versuchten, mir das eigene Auto ausreden. ‚Du kannst doch unser Auto haben, wenn du es brauchst‘ sagten sie. Das stimmte. Wenn ich am Wochenende oder abends noch wegwollte, dann konnte ich mit unserem Auto los. Ich fuhr dann besonders vorsichtig und trank höchstens zwei Bier. Das glaubt ihr nicht? Also gut, manchmal auch drei. ‚Du hast doch gar keine Zeit zum Geld verdienen‘ warfen sie ein. ‚Die Prommilogie ist bestimmt ein schweres Fach‘. ‚Promenadologie‘ korrigierte ich. ‚Außerdem kostet so ein Auto ununterbrochen Geld. Es bleibt ja nicht beim Benzin. Dazu kommen Steuern, Versicherung, Reparaturen‘ gab mein Vater zu bedenken. ‚Ich kann dir meine Rechnungen zeigen‘. Ja so war er, mein Vater. Er hob alles auf. Ich musste mich geschlagen geben.
Aber mein Traum vom Auto wurde immer stärker. Ich fing an Zeitungen durchzublättern. Damals gab es noch kein Internet. Alles was die Leute wollten stand in der Zeitung. Unzählige Autos wurde da angeboten. Und Jobs. ‚Wir suchen Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit‘ stand da zum Beispiel. Auch in der Uni hingen Angebote. Die waren bei uns an der Pinwand und hatten unten auf dem Blatt die Telefonnummer zum Abreißen. Zeitschriften austragen oder Lastwagen ein- und ausladen gab es für ungelernte Arbeiter wie mich. Ich rief an und konnte sofort mit dem Ein- und Ausladen anfangen. Das war ganz schön anstrengend. Und viel Geld bezahlten die nicht. Aber ich hielt durch. Und meine Eltern sahen, dass es mir mit dem Geldverdienen für ein Auto ernst war.
Da erzählte mir meine Mutter von ihrem Bekannten Otto Braun. Der hatte damals eine kleine Farbenfabrik in Hamburg-Altona. Sie hatte mit ihm über mich gesprochen und ihn gefragt, ob er nicht einen Job für mich hätte. ‚Wenn unser Fahrer Ferien macht, dann kann er bei uns einspringen‘ sagte er. ‚Einen Führerschein hat er ja wohl‘. Ich war begeistert und fuhr sofort hin, um mich bei Trichlogit, so hieß die Fabrik, vorzustellen. ‚Kuddel, wann wissu Urlaub machen?‘ fragte Herr Braun den Fahrer. ‚Im Sommer‘ gab der knapp zurück? ‚Sommer was?‘ erwiderte sein Chef etwas böse. ‚Im Juli Herr Braun‘ sagte Kuddel nun etwas freundlicher. ‚Drei Wochen gerne‘ fügte er noch hinzu. Ich musste mich also noch zwei Monate gedulden. ‚Naa, warum wissu denn bei uns aabeidn?‘ fragte mich Herr Braun. Ich erzählte ihm, dass ich gerne ein eigenes Auto hätte. Kuddel, der neben dem Lieferwagen stand hatte das auch gehört. ‚Ich kenn ein‘n. Der will seine alde Kiste loswern‘ rief er. ‚Soich ma frogn, wassӓ dafür noch ham will?‘. ‚Ja bitte‘ rief ich zurück. Ich bedankte mich bei Herrn Braun und erklärte, dass ich auf jeden Fall im Juli für Kuddel einspringen und seinen Lieferwagen fahren wollte. Kuddel gab mir seine Telefonnummer. Am Abend sollte ich ihn anrufen.
Ich fuhr mit dem Bus zur Uni, war aber viel zu aufgeregt, um in der Vorlesung gut aufzupassen. Was ist das für ein Auto? Wieviel wird es kosten? Was muss ich daran reparieren? fragte ich mich ununterbrochen. Ich konnte es kaum erwarten, bis es Zeit war, bei Kuddel anzurufen.
Als ich abends zuhause ankam, telefonierte meine Mutter gerade. Kaum hatte sie aufgelegt, da klingelte das Telefon schon wieder. Damals gab es nur ein