„Ammoniumperchlorat“ – Versionsunterschied
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| Strukturformel = [[Datei:Ammonium.svg|70px|Ammoniumion]] [[Datei:Perchlorat-Ion.svg|80px|Perchloration]]
| Name = Ammoniumperchlorat
| Suchfunktion =
| Andere Namen = Überchlorsaures Ammonium
| Summenformel = NH<sub>4</sub>ClO<sub>4</sub>
| CAS = {{CASRN|7790-98-9}}
| EG-Nummer = 232-235-1
| ECHA-ID = 100.029.305
| PubChem = 24639
| ChemSpider =
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| Molare Masse = 117,49 g·[[mol]]<sup>−1</sup>
| Aggregat = fest
| Dichte = 1,95 g·cm<sup>−3</sup> (20 °C)<ref name="GESTIS">{{GESTIS|Name=Ammoniumperchlorat|ZVG=500057|CAS=7790-98-9|
| Schmelzpunkt = 210–240 [[Grad Celsius|°C]] (Zersetzung)<ref name="GESTIS"/>
| Siedepunkt =
| Dampfdruck =
| Löslichkeit = gut in Wasser (205,9 g·l<sup>−1</sup> bei 20 °C)<ref name="GESTIS"/>
| CLH = {{CLH-ECHA|ID=100.029.305
| Quelle GHS-Kz = <ref name="GESTIS"/>
| GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|01|08|07}}
| GHS-Signalwort = Gefahr
| H = {{H-Sätze|201|271|319|373}}
| EUH = {{EUH-Sätze|-}}
| P = {{P-Sätze|
| Quelle P = <ref name="GESTIS"/>
| MAK =
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== Eigenschaften ==
[[Datei:Ammonium perchlorate 100g.jpg|
Ammoniumperchlorat ([[Summenformel]] NH<sub>4</sub>ClO<sub>4</sub>) bildet farb- und geruchlose, leicht wasserlösliche [[Kristall]]e, die bei Reibung, Hitze und in Gegenwart starker [[Säure]]n explodieren können. Feuergefahr besteht bei Berührung mit brennbaren Stoffen oder [[Reduktionsmittel]]n wie [[Schwefel]], [[Phosphor]], Metallpulver und organischen Stoffen. In stabilisiertem Zustand (z. B. mit 10 % Wasser) ist der Stoff nicht explosionsgefährlich, aber brandfördernd. Bei Kontakt treten starke Reizungen an den [[Schleimhaut|Schleimhäuten]] auf.
Der Umgang mit Ammoniumperchlorat ist im Sprengstoffgesetz geregelt und in Deutschland ohne entsprechende Erlaubnis verboten
Ammoniumperchlorat kristallisiert [[orthorhombisches Kristallsystem|orthorhombisch]], {{Raumgruppe|Pnma|lang}} mit den [[Gitterparameter]]n ''a'' = 9,202 [[Ångström (Einheit)|Å]], ''b'' = 5,816 Å und ''c'' = 7,449 Å.<ref>C. Gottfried, C. Schusterius: ''Die Struktur von Kalium- und Ammoniumperchlorat''. In: ''Zeitschrift für Kristallographie, Kristallgeometrie, Kristallphysik, Kristallchemie'', 84, 1932, S. 65–73, {{doi|10.1524/zkri.1933.84.1.65}}.</ref>
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Ammoniumperchlorat ist in Wasser gut und polaren organischen Lösungsmitteln eher schlecht löslich.<ref name="Long"/>
|-
| class="hintergrundfarbe6" colspan="13" | '''Löslichkeit in verschiedenen Lösungsmitteln bei 25 °C'''<ref name="Long">Long, J.R.: ''Perchlorate safety: Reconciling inorganic and organic guidelines'' in Chem. Health Safety 9 (2002) 12–18, {{DOI|10.1016/S1074-9098(02)00294-0}}.</ref><ref name="Willard">Willard, H.H.; Smith, G.F.: ''The Perchlorates of the Alkali and Alkaline Earth Metals and Ammonium. Their Solubility in Water and Other Solvents'' in [[J. Am. Chem. Soc.]] 45 (1923) 286–297, {{DOI|10.1021/ja01655a004}}.</ref>
|-
| class="hintergrundfarbe5" align="left" | [[Lösungsmittel]]
| || [[Wasser]] || [[Methanol]] || [[Ethanol]] || [[n-Propanol|''n''-Propanol]] || [[Aceton]] || [[Ethylacetat]]
|-
| class="hintergrundfarbe5" align="left" | [[Löslichkeit]]
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Ammoniumperchlorat eignet sich, mit einem Bindemittel versetzt, als [[Raketentreibstoff]] für [[Feststoffrakete]]n, [[Feuerwerksrakete]]n, [[Modellrakete]]n oder als [[Sprengstoff]]. Der Grund dafür ist, dass sich Ammoniumperchlorat bei [[Initialzündung]] oder Erhitzung über 200 °C nach folgender Gleichung zersetzt:
Es entstehen nur gasförmige Reaktionsprodukte, die sich wegen der
▲Es entstehen nur gasförmige Reaktionsprodukte, die sich wegen der entstehenden Reaktionswärme explosionsartig ausdehnen. Das Ammonium-[[Kation]] wirkt als [[Reduktionsmittel]], das Perchlorat-[[Anion]] als [[Oxidationsmittel]]. Der freigesetzte [[Sauerstoff]] und das [[Chlor]] können noch weiter oxidierend wirken. Daher wird noch bis zu 30 % ([[Massenanteil]]) [[Aluminium]] zugesetzt, das dann als eigentlicher Treibstoff dient und mit seiner hohen Reaktionstemperatur die Reaktion zwischen den Bestandteilen des Ammoniumperchlorats in Gang hält. Der [[spezifischer Impuls|spezifische Impuls]] ist aber trotzdem geringer als bei den meisten [[Flüssigtreibstoff]]en. Trotzdem wird und wurde Ammoniumperchlorat in Gemisch mit anderen brennbaren Substanzen (besonders Aluminiumpulver) als [[Ammonium Perchlorate Composite Propellant|APCP]] für [[Booster (Raketenantrieb)|Raketenbooster]] eingesetzt, da diese einfach und billig in der Konstruktion sind, beispielsweise für [[Ariane 5]], [[Space Shuttle Solid Rocket Booster|Space Shuttle]], [[Titan (Trägerrakete)|Titan IIIC-IVB]], [[H-II]],- und [[Delta (Rakete)|Delta]]-[[Rakete]]n. Eine weitere Verwendung findet es in Blinksternen (Strobestars), die gelegentlich auf Großfeuerwerken eingebaut und dort in Feuerwerksbomben verschossen werden.
== Herstellung ==
Die industrielle Herstellung erfolgt elektrolytisch in der sogenannten [[Perchloratzelle]]. Dabei wird zunächst [[Natriumchlorid]] NaCl in einer wässrigen Lösung zum Natriumperchlorat NaClO<sub>4</sub> oxidiert. Anschließend wird das Natriumperchlorat mit einem Ammoniumsalz (zum Beispiel Ammoniumchlorid NH<sub>4</sub>Cl) in einer [[Ionentauschreaktion]] umgesetzt. Dabei entsteht das Endprodukt:
Durch die verschiedenen Löslichkeiten der Salze lassen sich diese leicht trennen. Das entstandene Natriumchlorid NaCl lässt sich wiederum als Ausgangsprodukt für die Perchloratzelle verwenden.
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Der Absturz von [[South-African-Airways-Flug 295]] am 28. November 1987 wurde laut einer Untersuchungskommission durch ein Feuer im Frachtraum verursacht; geladen war unter anderem auch das brandfördernde Ammoniumperchlorat, welches jedoch nicht in den offiziellen Ladepapieren verzeichnet war.
Am 4. Mai 1988 ereignete sich bei dem [[Chemieunfall bei PEPCON]] in Henderson, Nevada, ein verheerender Brand in einer Fabrik, die das Ammoniumperchlorat für den Raketentreibstoff der [[NASA]] herstellte und lagerte. Hierbei gab es eine Explosion, die mehr als 25 Meilen weit zu spüren war.<ref>[https://www.interfire.org/res_file/pdf/Tr-021.pdf Unfallbericht der Henderson-Katastrophe] (PDF, englisch; 1,62 MB)</ref>
Ammoniumperchlorat wurde 2015 von der EU gemäß der [[Verordnung (EG) Nr. 1907/2006]] (REACH) im Rahmen der [[Stoffbewertung]] in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft ([[CoRAP]]) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des [[Chemischer Stoff#Definitionen des Gesetzgebers|Stoffs]] auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Ammoniumperchlorat waren die Besorgnisse bezüglich Exposition von [[Arbeitnehmer]]n, hohes Risikoverhältnis (''[[Risk Characterisation Ratio]]'', RCR), anderer gefahrenbezogener Bedenken und weit verbreiteter Verwendung sowie der möglichen Gefahr durch krebsauslösende Eigenschaften sowie als potentieller [[endokriner Disruptor]]. Die Neubewertung fand ab 2015 statt und wurde von [[Deutschland]] durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.<ref>[[Europäische Chemikalienagentur]] (ECHA): [https://echa.europa.eu/documents/10162/5603e00f-eba2-f77e-d407-f09352f60c6c ''Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report''].</ref><ref>{{CoRAP-Status |ID=100.029.305 |Name=ammonium perchlorate |Evaluationsjahr=2015 |Status=Concluded |Abruf=2019-03-26}}</ref> Dabei wurde Ammoniumperchlorat als endokriner Disruptor eingestuft.<ref>{{Internetquelle |url=https://echa.europa.eu/ed-assessment/-/dislist/details/0b0236e180de5404 |titel=Ammonium perchlorate - Endocrine disruptor assessment - ECHA |zugriff=2019-02-21 |sprache=en-GB}}</ref>
In den Bereichen rund um [[Zone rouge]] in Frankreich finden sich aus Munitionsrückständen aus dem Ersten Weltkrieg bedenkliche Mengen von Ammoniumperchlorat im Grundwasser.
== Einzelnachweise ==
<references/>
[[Kategorie:Ammoniumverbindung]]
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