Erweiterung Der Brics

Als docx, pdf oder txt herunterladen
Als docx, pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 3

Erweiterung der Brics-Gruppe:Eine Ansage an den Westen

Die Brics-Gruppe vergrößert sich. Ihr Gipfel zeigt, dass die Länder dem
Takt der westlichen Welt nicht mehr länger folgen wollen. Weder
wirtschaftlich noch ideologisch
Ein Kommentar von Rieke Havertz, Johannesburg
24. August 2023, 15:18 Uhr

Am Ende kann Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa doch noch


einen Erfolg verkünden. Aus fünf wird elf. Aus der Brics-Gruppe
wird Brics+. Brasilien, Russland, China, Indien und Südafrika
haben sich nach einigem Hin und Her in Johannesburg
entschlossen, ihren Kreis zu erweitern. Argentinien, Ägypten,
Äthiopien, der Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen
Emirate werden ab 2024 Teil derer, die, so betonen sie es hier in
Südafrika immer wieder, dem Globalen Süden eine starke Stimme
geben wollen. Um die Weltordnung gerechter zu gestalten.
Dass es nicht ganz so einfach ist mit der gemeinsamen Linie, wie
die stets harmonischen Abschlusspressekonferenzen solcher
Gipfel glauben machen wollen, lässt Ramaphosa durchscheinen.
Sie seien eine diverse Gruppe von Ländern mit unterschiedlichen
Ansichten, sagt er, doch mit einer gemeinsamen Vision. Es ist eine
Vision, die den Industrienationen des Westens nicht unbedingt
gefallen wird, mit der sie sich aber werden arrangieren müssen.
Schon jetzt übertrifft die Kaufkraft der Brics-Länder die der G7-
Nationen. Mit der Erweiterung werden die Brics+ einen
erheblichen Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt haben und
die G7 auch in diesem Punkt übertreffen. Ihre Forderung, dass sie
gehört werden, ist schon lange mehr als berechtigt.
Im vergangenen Jahr lud Bundeskanzler Olaf Scholz als Gastgeber der G7
in Elmau Länder des Globalen Südens ein, am Rande mit dabei zu sein.
Auch beim diesjährigen Treffen in Japan waren unter anderem Indien
und Brasilien mit vertreten. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die
Ukraine reisen nicht nur Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und
Wirtschaftsminister Robert Habeck fast permanent um die Welt, auf der
Suche nach wirtschaftlichen Möglichkeiten und demokratischen
Verbündeten. US-Präsident Joe Biden ehrt Indiens Präsident Narendra
Modi mit einem Staatsbankett in Washington, empfängt die Präsidenten
Japans und Südkoreas und organisiert Demokratiegipfel. Das neue
globale Wettrennen um Allianzen hat längst begonnen, der Westen ist
womöglich zu spät.
Die Brics-Länder haben in Johannesburg deutlich gemacht, dass
sie nicht einfach nur einen Platz am Tisch der Entscheider
einfordern, sondern dass sie ihre Rolle selbst definieren werden.
Es ist eine Ansage an den Westen – wirtschaftlich wie ideologisch.
Neben ihrer Erweiterung haben die Fünf beschlossen, die von
ihnen gegründete New Development Bank und alternative
Zahlungsmethoden zum US-Dollar weiter zu prüfen. Es ist ein
Vorhaben, das sie schon lange verfolgen. Den internationalen
Handel und seine Gepflogenheiten auszuhebeln und eine
gemeinsame Währung einzuführen, ist ein komplexes
Langzeitprojekt. Noch muss der US-Dollar als Leitwährung keine
Konkurrenz fürchten. Aufgeben werden die Brics ihre Idee aber nicht,
Dilma Rousseff, Chefin der Brics-Bank, ist in Johannesburg auf allen
wichtigen wirtschaftlichen Foren vertreten.

Wohlfühltage für Putin


Politisch haben die Brics sich in der momentan größten
geopolitischen Frage in äußerster Zurückhaltung geübt: Der Krieg
gegen die Ukraine findet drei Tage lang kaum Erwähnung. Putin
wird, zugeschaltet aus Moskau, als guter Freund und Partner
behandelt. Der russische Präsident kann unwidersprochen seine
Erzählung des guten russischen Führers gegen den bösen Westen
verbreiten. Auf der Abschlusspressekonferenz am Tag nach dem Absturz
des Privatjets der Wagner-Gruppe, bei dem mutmaßlich ihr Anführer
Jewgeni Prigoschin starb, sind keine Fragen zugelassen. Es sind
Wohlfühltage für Putin.
Zwar ging Südafrika im Vorfeld nicht so weit, den Haftbefehl des
Internationalen Strafgerichtshofs gegen Putin zu ignorieren, um ihn so in
Johannesburg empfangen zu können. Aber auch via Leinwand wird
deutlich, dass Putin international nicht so isoliert ist, wie es sich der
Westen erhoffen würde. In der Abschlusserklärung wird nur allgemein
die Besorgnis über Konflikte überall auf der Welt zum Ausdruck gebracht
und auf die Einhaltung der Charta der Vereinten Nationen verwiesen.
Dass Putin mit seinem Krieg gegen die Ukraine diese permanent verletzt,
wird ignoriert.
Die Erweiterung von Brics nutzt ideologisch so vor allem Putin
und Chinas Staatspräsident Xi Jinping. Sie waren es, die am
stärksten dafür geworben haben. Dass eine für den zweiten Gipfeltag
angesetzte Pressekonferenz auf den frühen Donnerstag verschoben wird,
zeigt, dass darüber nicht leicht Einigkeit zu erzielen war. Die
Einzelinteressen wiegen schwer, die Ausführungen der fünf Staatschefs
werden immer wieder zu Werbeblöcken für ihre Ziele. Indien und
Brasilien haben enge wirtschaftliche Bindungen zum Westen, vor allen
Dingen zu den USA, Südafrika als wirtschaftlich schwächstes Mitglied
setzt auf die Fortführung einer wichtigen Handelsvereinbarung mit den
USA, die bislang bis 2025 läuft.

Russlands Verbündete :Putins Freunde

Und auch ideologisch wollen sich diese drei nur ungern von China
und Russland in eine Blockbildung drängen lassen. Dass nun gleich
sechs neue Länder schon Anfang 2024 aufgenommen werden,
zeigt, wer sich bei den nicht öffentlichen Diskussionen
durchgesetzt hat. Für Brasilien, Indien und Südafrika, die sich alle
als Demokratien begreifen – Lula da Silva betont, er wolle die
Brics nicht als Counterpart gegenüber den G7, den G20 oder den
USA sehen – wird es ein zunehmender Balanceakt werden.
(syntaxe de la phrase, et en vocabulaire : focus sur Balanceakt et
Counterpart) Denn Xi prangert die Hegemonialmacht der USA
zwar nicht direkt, aber doch offensichtlich genug an. Er wird Brics
weiter in diese Richtung prägen wollen, mit der Erweiterung
stimmen dem alle zumindest indirekt zu. Was auch die Frage nach
der Zukunft der G20 stellt, deren Präsidentschaft Brasilien 2024
übernimmt. Eine Gruppe, der alle Brics-Länder angehören, die also Lager
vereint, zwischen denen die Welt gerade hin- und herpendelt.
Eine aktuelle Erhebung des Bennett Institute for Public Policy
Cambridge belegt diese Pendelbewegung zwischen Demokratien
und autokratischen Staaten. Nicht erst seit dem Krieg gegen die
Ukraine hat sich die ideologische Kluft auf der Welt verschärft. In
Entwicklungsländern sind China und Russland beliebter als die
Vereinigten Staaten. Es ist eine Spaltung, die der Brics-
Gipfel nicht nur manifestiert, sondern weiter forciert.

Das könnte Ihnen auch gefallen

pFad - Phonifier reborn

Pfad - The Proxy pFad of © 2024 Garber Painting. All rights reserved.

Note: This service is not intended for secure transactions such as banking, social media, email, or purchasing. Use at your own risk. We assume no liability whatsoever for broken pages.


Alternative Proxies:

Alternative Proxy

pFad Proxy

pFad v3 Proxy

pFad v4 Proxy