Papers by Till van Rahden
5plus: Das Magazin der Buchhandlungen 16 (2024), no. 2, pp. 34–36., 2024
Machen Sie gern mehr aus uns. Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft des besonderen Buchs gestalten... more Machen Sie gern mehr aus uns. Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft des besonderen Buchs gestalten. Werden Sie Teil der Büchergilde Gutenberg Verlagsgenossenschaft eG. Gemeinsam schaffen wir, was der Einzelne nicht vermag: Mit einem Genossenschaftsanteil gehört Ihnen ein Stück Büchergilde. Jede Genossin und jeder Genosse kann Ideen einbringen. Und je mehr Gleichgesinnte die Genossenschaft tragen, umso besser kann die Büchergilde den Herausforderungen der Buchbranche begegnen. Wer Bücher liebt, ist bei uns zu Haus'. buechergilde.de/geno Die Satzung und weitere Informationen zur Genossenschaft finden Sie unter buechergilde.de/geno. Wir beantworten Ihre Fragen gerne telefonisch unter (069) 273908-56, oder Sie schreiben eine E-Mail an
Christiane Liermann Traniello et al. (eds.), Una Scuola di umanità: I procuratori tedeschi e italiani raccontano i processi ai crimini nazisti (Loveno di Menaggio: Villa Vigoni Editore), pp. 49-54, 2024
Christiane Liermann Traniello et al. (eds.), Eine Schule der Menschlichkeit: Deutsche und italienische Staatsanwälte zur Verfolgung von NS-Gewaltverbrechen (Loveno di Menaggio: Villa Vigoni Press), pp. 43–48., 2024
Demokratischer Salon, 2024
Till van Rahden and Johannes Völz eds., Horizonte der Demokratie: Offene Lebensformen nach Walt Whitman (Bielefeld: transcript), 2024
Demokratie ist mehr als eine Regierungsform. Mit dem US-amerikanischen Dichter Walt Whitman lässt... more Demokratie ist mehr als eine Regierungsform. Mit dem US-amerikanischen Dichter Walt Whitman lässt sie sich als eine offene Lebensform begreifen: vielfältig, unvorhersehbar und angewiesen auf Impulse aus den Künsten.
Christiane Liermann Traniello/Axel Wintermeyer Hg., La nostra democrazia – La tua libertà! I Goethe-Vigoni Discorsi per commemorare l’eredità della Paulskirche (Vachendorf: Nova MD,), pp. 92–94, 2023
Unsere Demokratie – Deine Freiheit! Die Goethe-Vigoni Discorsi zur Erinnerung an das Erbe der Paulskirche (Vachendorf: Nova MD), pp. 89-91, 2023

Frankfurter Allgemeine Zeitung, no. 154 (July 6, 2023), p. 14., 2023
Kaum hatte Bundespräsident Gustav Heinemann dafür plädiert, die Erinnerung an die Geschichte der ... more Kaum hatte Bundespräsident Gustav Heinemann dafür plädiert, die Erinnerung an die Geschichte der Freiheitsbewegung zu pflegen, warnte Theodor Schieder im Februar 1970, wer die „revolutionäre Tradition“ beschwöre, gefährde „leicht den demokratischen Staat“. Die Erinnerung an die Revolution, so einer der einflussreichsten Historiker seiner Zeit, schwäche die parlamentarische Demokratie. Heute stellt sich die Situation genau andersherum dar: Im Schloss Philippsruhe in Hanau präsentiert die hessische Landesregierung ein Playmobil-Diorama zu „175 Jahre Paulskirche“. Die „Familienausstellung“ ist eine von vielen Veranstaltungen, die an die Revolution erinnern.
Die Rede vom Niedergang der Demokratie ist allgegenwärtig. Woche für Woche erscheinen Bücher, die fragen, wie Demokratien degenerieren und sterben. Auf 1848 blicken wir zurück, weil wir nach Antworten auf die Krise der Demokratie suchen. Dass die Vergangenheit Lehren für unsere Gegenwart bereithält, ist ein Irrglaube, dem gerade Historiker und Bundespräsidenten gerne erliegen. Doch wenn wir die gegenwärtige Schwäche der Demokratie vor allem als Krise ihrer sozialen und kulturellen Voraussetzungen begreifen, rückt das „tolle Jahr“ der Revolution näher, als es uns lange war.

Sarah Panter, Johannes Paulmann, and Thomas Weller (eds.), Mobilität und Differenzierung: Zur Konstruktion von Unterschieden und Zugehörigkeiten in der europäischen Neuzeit, 2023
Till van Rahden Minderheit und Mehrheit Vom Traum demokratischer Gleichheit zum Phantasma nationa... more Till van Rahden Minderheit und Mehrheit Vom Traum demokratischer Gleichheit zum Phantasma nationaler Reinheit In wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten wird das Thema der Vielfalt oft mit der Frage nach Marginalität verbunden. Richtet sich der Blick auf Personen oder Gruppen, die versuchen, in einer neuen Heimat Fuß zu fassen, bildet der Begriff der Minderheit oft den selbstverständlichen Bezugsrahmen. Umgekehrt gelten Formen der Verschiedenheit und Kämpfe um Anerkennung meist als Folge von Zuwanderung oder Emanzipation ehemals entrechteter religiöser oder ethnischer Gruppen. Das Nachdenken über die Frage der Migration orientiert sich in der Regel am Paradigma der Minderheitenforschung. Dass das Konzept der Minderheit den Begriff der Mehrheit voraussetzt und dass sich in diesem asymmetrischen Begriffspaar vielfältige, teils widersprüchliche Bedeutungsschichten abgelagert haben, wird dabei selten zum Gegenstand der Reflexion. Der Befund überrascht. Viele Arbeiten zu Migration und Differenz berücksichtigen, dass die Begriffe, die wir verwenden, um die Spannung zwischen Gleichheit und Differenz zu beschreiben, umstritten sind. Das gilt für abstrakte Begriffe wie das Universelle und das Partikulare oder das Zentrum und die Peripherie. Es trifft für Ideen wie Rasse, Kultur und Volk zu und es gilt für wissenschaftliche Konzepte wie Kreolisierung, Hybridisierung, Assimilation, Multikulturalismus oder Transkulturalität. Damit ist das Bewusstsein dafür gewachsen, wie sehr historische Erfahrungen, ideologische Vo rannahmen und normative Erwartungen das Verständnis dieser Begriffe prägen. Sie werden häufig mit Bedacht gewählt. Dagegen werden die Begriffe Mehrheit und Minderheit meist selbstverständlich verwendet. Sie gelten als analytisch präzise und wissenschaftlich objektiv. Das Begriffspaar erfasst eine Beziehung, die eher numerisch als
Geschichtstheorie am Werk (KOMPOSITA/Theory of History (Re)read/Koselleck 100), 2023
To this day, the conceptual couple of majority and minority is often viewed as a harmless way of ... more To this day, the conceptual couple of majority and minority is often viewed as a harmless way of identifying an arithmetic relationship to make sense of cultural diversity. A conceptual history suggests, however, that the juxtaposition between a majority and one or several minorities is both a recent neologism and an essentially contested conceptual couple.
Zeitschrift für Ideengeschichte 17 (2023), no. 1, pp. 120-123, 2023
Sein und Streit, Deutschlandfunk Kultur 5. Februar 2023., 2023
Verschiedenheit wurde im 19. Jahrhundert nicht als Minderheitenproblem diskutiert, sondern als Fr... more Verschiedenheit wurde im 19. Jahrhundert nicht als Minderheitenproblem diskutiert, sondern als Frage individueller Freiheitsrechte, sagt Historiker Till van Rahden. © Getty Images / iStockphoto / valeo5 Till van Rahden im Gespräch mit Catherine Newmark • 05.02.2023 Bei kultureller Verschiedenheit denken wir meist an "Minderheiten"-der Historiker Till van Rahden zeigt in seinem Buch über jüdisches Denken, warum Verschiedenheit im Zentrum liberaler Gesellschaften steht. Aus der Sendung Sein und Streit Wenn es um die Rechte oder die Diskriminierung gesellschaftlicher Gruppen geht-ob Migrantinnen, Juden oder Frauen-dann sprechen wir Audio herunterladen Podcast abonnieren
Frankfurter Allgemeine Zeitung, February 1, 2023, no. 27, p. 11, 2023
allem universalhistorische Studien, die zwar daran erinnerten, dass »auch die Väter eine Geschich... more allem universalhistorische Studien, die zwar daran erinnerten, dass »auch die Väter eine Geschichte haben«, sich jedoch auf die Analyse von literarischen und normativen Texten beschränkten und über grobe Skizzen des Themas nicht hinaus kamen.
Vielheit: Jüdische Geschichte und die Ambivalenzen des Universalismus (Hamburg: Hamburger Edition), 2022

Im Juli 1959 erklärte das Bundesverfassungsgericht den so genannten "väterlichen Stichentsch... more Im Juli 1959 erklärte das Bundesverfassungsgericht den so genannten "väterlichen Stichentscheid" für verfassungswidrig. Mit dieser Entscheidung verwarf es zwei Paragraphen des Gleichberechtigungsgesetzes von 1957, in denen sich ein patriarchalisches Verständnis elterlicher Autorität niedergeschlagen hatte. Diese Entscheidung des Gerichts lässt sich als ein Durchbruch einer emanzipatorischen Geschlechterpolitik interpretieren. Die Argumentation der Richter entsprach einem in der westdeutschen Öffentlichkeit verbreiteten Bedürfnis, väterliche Autorität nicht mehr als ein natürliches Entscheidungsrecht des Mannes und ein hierarchisches Verhältnis von Befehl und Gehorsam zu interpretieren. Die Suche nach neuen Formen der Vaterschaft war in der frühen Bundesrepublik ein zentrales Thema der allgemeineren Selbstverständigung über Autorität und Demokratie. In der Debatte um den "demokratischen Vater" experimentierten die Westdeutschen mit einem Lebensgefühl, das es ihnen...
Demokratie. Eine gefährdete Lebensform, Frankfurt/Main, S. 9-23, 2019
ISBN 978-3-593-44279-2 E-Book (PDF) ISBN 978-3-593-44280-8 E-Book (EPUB) Das Werk einschließlich ... more ISBN 978-3-593-44279-2 E-Book (PDF) ISBN 978-3-593-44280-8 E-Book (EPUB) Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.

with Michael Stolleis, “Einleitung,” in Till van Rahden and Michael Stolleis eds., Emanzipation und Recht: Zur Geschichte der Rechtswissenschaften und der jüdischen Gleichberechtigung (Frankfurt/M.: Klostermann, 2021), pp. 1-17., 2021
Im Verlauf der jüdischen Emanzipation in Deutschland vom 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg... more Im Verlauf der jüdischen Emanzipation in Deutschland vom 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg entschieden sich viele jüdische Studenten für Rechtswissenschaft. Das Fach bot Zugänge zu diversen Tätigkeitsfeldern, und es enthielt ein freiheitliches Versprechen auf Gleichberechtigung. Allerdings erfüllte sich dieses Versprechen bis 1914 nur langsam und wurde vom nationalsozialistischen Deutschland gebrochen. Solange aber die Aussicht auf Emanzipation noch realistisch erschien, erwiesen sich einige Teilgebiete der Rechtswissenschaft als besonders attraktiv, etwa Römische Rechtsgeschichte, Rechtstheorie und Rechtsvergleichung, Handels- und internationales Wirtschaftsrecht, nicht zuletzt auch das neue Arbeits- und Sozialrecht.

IWMpost [Vienna], 2021
Die Frage, was eine demokratische Gesellschaft zusammenhält, steht heute wieder im Raum. In fast ... more Die Frage, was eine demokratische Gesellschaft zusammenhält, steht heute wieder im Raum. In fast allen deutschen Parteien gilt der gesellschaftliche Zusammenhalt als „Herzensthema“, und so fördert das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 40 Millionen Euro an gleich elf Standorten ein Forschungsinstitut gleichen Namens.
Wer sich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgt, bangt auch um die liberale Demokratie. Es geht nicht allein darum, was unsere pluralistische Gesellschaft zusammenhält, sondern auch um ihre normativen Voraussetzungen. Daher bietet es sich an, nach der Geschichte des Begriffs zu fragen. Schnell zeigt sich, dass es in einer liberalen Demokratie mit dem Zusammenhalt nicht so weit her ist. „Zusammenhalten“, heißt es 1811 in Campes Wörterbuch der deutschen Sprache, bedeutet „fest verbunden sein und bleiben“. Und weiter: „Freunde, Eheleute halten fest und treu zusammen.“ Wir können ergänzen: das gilt auch für Seilschaften im Hochgebirge, in der Wissenschaft und in der Mafia.
Das Zusammenleben in der pluralistischen Demokratie dagegen kennzeichnet eine stachelige Zwietracht. Wir sehnen uns nach „gegenseitiger Wärme“, heißt es in Schopenhauers Parabel von der Gesellschaft der Stachelschweine in einer kalten Winternacht, und empfinden zugleich die „gegenseitigen Stacheln“. Der Streit um den Klimawandel und die Migration, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Kopftuch und das Kruzifix, um die Religion und Moral, die Nation und Europa ist unvermeidlich. Doch können wir überlegen, was zu tun ist, damit er nicht in wechselseitiger Verhetzung endet.

Contemporanea: Rivista di storia dell'800 e del '900, vol. 10 , 2007
La Germania federale negli anni Cinquanta e Sessanta Till van Rahden Tra i «temi scottanti» dell'... more La Germania federale negli anni Cinquanta e Sessanta Till van Rahden Tra i «temi scottanti» dell'anno 1964 erano da annoverarsi, secondo il mensile catto lico «Der Männer-Seelsorger» [«Il curatore di anime. Per gli uomini»], non solo quelli del tipo «Il nazionalsocialismo. Nessuna domanda» oppure «Gli Ebrei: indesiderati», ma anche temi come «I padri indeboliti»1. Palesemente, questa terza formulazione si contrapponeva alla nota immagine della «gioventù bruciata». Al di là di questo, però, essa faceva riferimento ad una delle ossessioni dei primi due decenni della storia della Repubblica federale, vale a dire la questione di quale forma di autorità paterna fosse possibile ed auspicabile, dopo la catastrofe del nazionalsocialismo e della guerra di sterminio. In realtà, nel dibattito sulla «società senza padri» si riversò anche la preoccupazione per un assetto dei rapporti di genere ormai entrato in movi mento2. Soprattutto, però, l'anelito verso nuove forme di paternità costituì un aspetto assai significativo della ricerca di democrazia in Germania occidentale tra i primi anni Cinquanta e i tardi anni Sessanta. La storia della Germania nel ventesimo secolo si muove tra i due estremi del l'abisso della guerra e del genocidio, da un lato, e del ritorno alla pace e alla demo lì presente saggio rientra nell'ambito del mio progetto di ricerca «Come papà ha imparato la democrazia. Sulla questione dell'autorità nella cultura politica dei primi due decenni della Repubblica federale tedesca». Ringrazio per il sostegno finanziario la Alexander Humboldt-Stiftung e il governo regionale del Nord-Reno Vestfalia, del cui concorso di eccellenza «Geisteswissenschaften gestalten Zukunftsperspektiven» ho potuto avvalermi.
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Papers by Till van Rahden
Die Rede vom Niedergang der Demokratie ist allgegenwärtig. Woche für Woche erscheinen Bücher, die fragen, wie Demokratien degenerieren und sterben. Auf 1848 blicken wir zurück, weil wir nach Antworten auf die Krise der Demokratie suchen. Dass die Vergangenheit Lehren für unsere Gegenwart bereithält, ist ein Irrglaube, dem gerade Historiker und Bundespräsidenten gerne erliegen. Doch wenn wir die gegenwärtige Schwäche der Demokratie vor allem als Krise ihrer sozialen und kulturellen Voraussetzungen begreifen, rückt das „tolle Jahr“ der Revolution näher, als es uns lange war.
Wer sich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgt, bangt auch um die liberale Demokratie. Es geht nicht allein darum, was unsere pluralistische Gesellschaft zusammenhält, sondern auch um ihre normativen Voraussetzungen. Daher bietet es sich an, nach der Geschichte des Begriffs zu fragen. Schnell zeigt sich, dass es in einer liberalen Demokratie mit dem Zusammenhalt nicht so weit her ist. „Zusammenhalten“, heißt es 1811 in Campes Wörterbuch der deutschen Sprache, bedeutet „fest verbunden sein und bleiben“. Und weiter: „Freunde, Eheleute halten fest und treu zusammen.“ Wir können ergänzen: das gilt auch für Seilschaften im Hochgebirge, in der Wissenschaft und in der Mafia.
Das Zusammenleben in der pluralistischen Demokratie dagegen kennzeichnet eine stachelige Zwietracht. Wir sehnen uns nach „gegenseitiger Wärme“, heißt es in Schopenhauers Parabel von der Gesellschaft der Stachelschweine in einer kalten Winternacht, und empfinden zugleich die „gegenseitigen Stacheln“. Der Streit um den Klimawandel und die Migration, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Kopftuch und das Kruzifix, um die Religion und Moral, die Nation und Europa ist unvermeidlich. Doch können wir überlegen, was zu tun ist, damit er nicht in wechselseitiger Verhetzung endet.
Die Rede vom Niedergang der Demokratie ist allgegenwärtig. Woche für Woche erscheinen Bücher, die fragen, wie Demokratien degenerieren und sterben. Auf 1848 blicken wir zurück, weil wir nach Antworten auf die Krise der Demokratie suchen. Dass die Vergangenheit Lehren für unsere Gegenwart bereithält, ist ein Irrglaube, dem gerade Historiker und Bundespräsidenten gerne erliegen. Doch wenn wir die gegenwärtige Schwäche der Demokratie vor allem als Krise ihrer sozialen und kulturellen Voraussetzungen begreifen, rückt das „tolle Jahr“ der Revolution näher, als es uns lange war.
Wer sich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgt, bangt auch um die liberale Demokratie. Es geht nicht allein darum, was unsere pluralistische Gesellschaft zusammenhält, sondern auch um ihre normativen Voraussetzungen. Daher bietet es sich an, nach der Geschichte des Begriffs zu fragen. Schnell zeigt sich, dass es in einer liberalen Demokratie mit dem Zusammenhalt nicht so weit her ist. „Zusammenhalten“, heißt es 1811 in Campes Wörterbuch der deutschen Sprache, bedeutet „fest verbunden sein und bleiben“. Und weiter: „Freunde, Eheleute halten fest und treu zusammen.“ Wir können ergänzen: das gilt auch für Seilschaften im Hochgebirge, in der Wissenschaft und in der Mafia.
Das Zusammenleben in der pluralistischen Demokratie dagegen kennzeichnet eine stachelige Zwietracht. Wir sehnen uns nach „gegenseitiger Wärme“, heißt es in Schopenhauers Parabel von der Gesellschaft der Stachelschweine in einer kalten Winternacht, und empfinden zugleich die „gegenseitigen Stacheln“. Der Streit um den Klimawandel und die Migration, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Kopftuch und das Kruzifix, um die Religion und Moral, die Nation und Europa ist unvermeidlich. Doch können wir überlegen, was zu tun ist, damit er nicht in wechselseitiger Verhetzung endet.
verbunden werden? Dieses Leitthema der europäischen Moderne greift Till van Rahden am Beispiel der jüdischen Geschichte auf. Je mehr das Ideal der
Gleichheit an Bedeutung gewann, desto heftiger wurde der Streit über kulturelle und religiöse Differenz. Davon zeugen die Auseinandersetzungen über die Judenemanzipation und die jüdischen Erfahrungen von
Gleichberechtigung und Diskriminierung seit dem späten
18. Jahrhundert.
Anhand der Geschichte strittiger Begriffe wie Assimilation, Minderheit oder Mehrheit, Ethnizität und Stamm erzählt dieses Buch eine Geschichte der Pluralität, die bis in unsere Gegenwart reicht. Es beschreibt eine Wirklichkeit voller Widersprüche, in der es gilt, die Spannung zwischen Gleichheit und Freiheit auszuhalten.
Statt den Niedergang der Demokratie zu beklagen, gilt es, unser Bewusstsein für sie zu schärfen. Denn Demokratie ist nichts weniger als eine Lebensform.
In dieser Folge sprechen wir mit Till van Rahden, Historiker an der Université de Montréal und ehemaliger Mercatorfellow bei uns in Mainz über Vielheit, Demokratie und Antisemitismus. Die Demokratie gibt uns ein Recht auf Verschiedenheit, aber die individuelle Freiheit anders zu sein hat Grenzen – etwa da, wo sie die Freiheit anderer einschränkt. Damit sind Streit und Debatten darüber, wo die individuellen Freiheiten beginnen und enden, ein elementarer Teil einer pluralistischer Demokratie.
In dieser Folge sprechen wir mit Till van Rahden, Historiker an der Université de Montréal und ehemaliger Mercatorfellow bei uns in Mainz, über Vielheit, Demokratie und Antisemitismus.
Die Demokratie gibt uns ein Recht auf Verschiedenheit, aber die individuelle Freiheit anders zu sein hat Grenzen – etwa da, wo sie die Freiheit anderer einschränkt. Damit sind Streit und Debatten darüber, wo die individuellen Freiheiten beginnen und enden, ein elementarer Teil einer pluralistischer Demokratie.
Übrigens: Im 19. Jahrhundert prägten jüdische Intellektuelle die Debatten rund um Pluralismus und Demokratie besonders. Wir sprechen daher auch über Verhältnis von Judentum und Christentum sowie über Antisemitismus.
Im Anschluss an das Gespräch besteht die Möglichkeit, Fragen an den Autor zu stellen und sich die Publikation signieren zu lassen. Vor und nach der Veranstaltung sind alle Gäste herzlich eingeladen, sich im Treffpunkt HLZ umzuschauen und das gesamte Publikationsangebot der HLZ zu entdecken.
The more the ideal of equality gained in importance, the fiercer the dispute over cultural and religious difference became. This is illustrated by the debates about the emancipation of the Jews and the Jewish experiences of equal rights and discrimination since the late 18th century. Through the history of contentious concepts such as assimilation, minority or majority, ethnicity, and tribal roots, this book tells a story of plurality that extends to the present day. It describes a reality full of contradictions, in which it is necessary to endure the tension between equality and freedom.