Im Sommersemester 2015 am Institut für Romanistik der Universität Bamberg eine Reihe von acht Vor... more Im Sommersemester 2015 am Institut für Romanistik der Universität Bamberg eine Reihe von acht Vorträgen zum (Opern- und Operetten)Libretto und zum Musiktheater statt. Behandelt wurden die Unterschiede zwischen deutscher und französischer Operette; Exotismus im (italienischen und frnazösischen) Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts; Offenbach und sein Werk in der zeitgenössischen Karikatur; neue Formen des Erzählens im Musiktheater der Gegenwart; die Künstleroper; Probleme bei der Übersetzung von Barocklibretti; Mozarts Librettisten; das Verhältnis von Text, Musik und Inszenierung in Musiktheater und Chanson. Am Ende steht die Abschiedsvorlesung ders Herausgebers zu den Sirenen in Literatur und Musiktheater.
7 (1958), S. 1-60: 10 ("two bewitching virgins"); bildliche Darstellungen von Sirenen als Mischwe... more 7 (1958), S. 1-60: 10 ("two bewitching virgins"); bildliche Darstellungen von Sirenen als Mischwesen aus Vogel und Mensch (Frau wie Mann) gibt es seit dem 2. Viertel des 7. Jhs (Balbina Bäbler, Sirenen II. Ikonographie, in: DNP, Altertum Bd 11, Sp. 593f.). MARÓT nimmt Einfluß von "diverse hybrid monsters […] imported from Asia Minor" und von den ägyptischen Seelenvögeln an, vgl. The Sirens, S. 46 und passim.-Die Wirkung der Sirenen auf ihre Opfer beschreibt Homer (Od. XII, 40/44) mit dem Verb θέλγω, das "durch Zaubermittel oder Zaubertränke verstricken", auch "einschläfern, betäuben" bedeutet; Homer gebraucht es auch von Hermes und Kirke, vgl. FRANZ PASSOW, Handwörterbuch der griechischen Sprache. Neu bearb. von VAL.
Französische und deutsche Operette Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Textbücher Beim Stichwort... more Französische und deutsche Operette Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Textbücher Beim Stichwort "französische Operette" wird den meisten deutschsprachigen Theaterliebhabern nur der Name Jacques Offenbach einfallen. Das ist begreiflich-Offenbach ist auch in Frankreich bis heute der mit Abstand meistgespielte Operettenkomponist-, aber nicht ganz unproblematisch, denn Offenbach stellt in der Geschichte des französischen musikalischen Lachtheaters 8 einen Sonderfall dar: "Mit seinen wild-verrückten Bouffonnerien" sei er aus dem "eigentlichen Hauptstrang des französischen komischen Musiktheaters […] herausgeschnellt", schreibt Volker Klotz 9 , der eine Kontinuität vom Opéra comique Boieldieus, Aubers und Adams über die Operetten von Victor Massé, Charles Lecocq, Edmond Audran und Robert Planquette bis zu André Messager konstruiert 10-heute sind die Namen nur noch Spezialisten geläufig, aber mindestens bis zum Ersten Weltkrieg wurden ihre Werke auch auf deutschen Bühnen viel gespielt 11. Diese Komponisten und ihre Textdichter vermeiden grelle Effekte à la Offenbach, ihre Komik verbindet sich oft mit einer Art heiterer Gemütlichkeit, die durchaus Parallelen zur Wiener Operette seit Johann Strauß aufweist.
Das Thema der Kreuzzüge gerät im frühneuzeitlichen Europa vor allem über die Rezeption der beiden... more Das Thema der Kreuzzüge gerät im frühneuzeitlichen Europa vor allem über die Rezeption der beiden großen Ritterromanzi aus Ferrara, von Ludovico Ariostos Orlando furioso (1516/1532) und Torquato Tassos Gerusalemme liberata (1581), ins Blickfeld-wobei die Geschichte vom Spanienfeldzug Karls des Großen, die dem Orlando furioso zugrunde liegt, die Thematik in zeitliche Ferne rückt und sagenhaft überhöht: Um 1100, also zur Zeit des Ersten Kreuzzugs, entstand die älteste, in der Handschrift der Bodleiana in Oxford überlieferte Fassung des altfranzösischen Rolandlieds. 1 In der Auseinandersetzung zwischen christlichen Franken und ‚Heiden', das heißt Muslimen, ergreift der anonyme Autor (wie kaum anders zu erwarten) dezidiert und einseitig Partei für die christliche Seite: "Païen unt tort e chrestïen unt dreit" 2. Von dieser holzschnittartigen Sichtweise mag Torquato Tasso nicht allzu weit entfernt gewesen sein: Seine Gerusalemme liberata ist durchaus als Kreuzzugspropaganda, als Appell an die Zeitgenossen zu verstehen, es Gottfried von Bouillon und seinen Mitstreitern gleichzutun (zur Zeit der osmanischen Expansion im östlichen Mittelmeerraum unter Soliman II. [1520-1566] hatte das Thema neue Aktualität gewonnen). Ariost dagegen hat die versunkene Welt der Ritter aus ironischer Distanz behandelt. Die kriegerische Auseinandersetzung zwischen Christentum und Islam, Orient und Okzident (konkret: die Belagerung von Paris durch den nordafrikanischen Herrscher Agramante) bildet im Orlando furioso lediglich den Hintergrund einer bunten Reihe von Episoden um prominente (christliche wie muslimische) Kämpfer, die sich persönlichen Ruhm, und vor allem die Liebe einer Dame zu erwerben suchen. 3 Dabei richtet sich das Begehren der meisten Ritter auf Angelica, die wunderschöne Tochter des Königs von Catai (in China), die Matteo Maria Boiardo als Störfaktor und Unruhestifterin in seinen Orlando innamorato (1486) eingeführt hat, an den Ariost anschließt.
Wie Dantes Divina Commedia wird Giovanni Boccaccios Novellenbuch in der frühen Neuzeit zwar viel ... more Wie Dantes Divina Commedia wird Giovanni Boccaccios Novellenbuch in der frühen Neuzeit zwar viel gelesen, aber ihrer beider Geschichten finden, anders als die Episoden aus den Ritterepen Ariosts und Tassos, eher selten den Weg auf die Schauspiel-und Opernbühne, 1 allerdings mit je einer spektakulären Ausnahme: Boccaccios Griselda (Dec. X 10 2) und vor allem Dantes unglückliches Liebespaar Paolo und Francesca 3 sind bis ins 20. Jahrhundert auf vielen Theatern präsent. Am Beispiel der Griselda-Geschichte lassen sich auch exemplarisch die Schwierigkeiten einer Dramatisierung der Novellen des Decameron aufzeigen: Der unbedingte Gehorsam Griseldas ist nicht nur deshalb problematisch, weil er einem schlechterdings skandalösen Ideal weiblichen Verhaltens zu entspringen scheint. 4 Der Markgraf Gualtieri, der vorgibt, die gemeinsamen Kinder töten zu lassen, und seine Frau zuletzt scheinbar verstößt, um ihre Geduld auf die Probe zu stellen, bringt sie damit um Eheglück, Mutterfreuden und um zwölf Jahre, die die schönsten ihres Lebens hätten werden können. 5 Das ist nur dann (allenfalls) akzeptabel, wenn man Griselda nicht als Person, sondern als fiktionale Figur, als Demonstrationsobjekt, sieht: Boccaccio lässt Gualtieri in der letzten Novelle der Sammlung, also an herausgehobener Stelle, eine * So die Reaktion Fiamettas, als sie in ihrem Liebhaber den Autor des Decameron erkennt, in: Zell / Genée (o.J.), S. 86. 1 Zum geringen Interesse der Librettisten am Decameron schon Muraro (1969), S. 265. 2 Zitiert wird nach der Ausgabe Boccaccio (1965); angegeben sind jeweils Tag (röm. Ziffer) und Novelle (arab. Ziffer), nur bei wörtlichen Zitaten wird zusätzlich die Seitenzahl angegeben.
Bulletin des Archivs für Textmusikforschung, Jan 12, 2017
Voltaire wrote seven librettos, but only two minor texts were set to music by Rameau. -His traged... more Voltaire wrote seven librettos, but only two minor texts were set to music by Rameau. -His tragedies do not have tragic heroes (in the Aristotelian sense), they present paragons of virtue and vice. In some of his tragédies larmoyantes (Ridgway), the villains triumph at the end (cf. Mahomet); in others, virtue is rewarded and evil punished (cf. Sémiramis). Therefore, Voltaire's tragedies anticipate some features of the romantic melodrama. This may be the reason why they inspired librettists and composers of (Italian and French) opera mainly in the decades between 1780 and 1810 when French melodrama was created by Guilbert de Pixérécourt and others. -As examples for the technique of adaptation, the librettos of Tancredi (Rossini), Maometto (von Winter), and Semiramide (Rossini) are analysed in greater detail. L'opéra est un spectacle aussi bizarre que magnifique, où les yeux et les oreilles sont plus satisfaits que l'esprit, où l'asservissement à la musique rend nécessaires les fautes les plus ridicules, où il faut chanter des ariettes dans la destruction d'une ville et danser autour d'un tombeau, où l'on voit le palais de Pluton et celui du Soleil, des dieux, des démons, des magiciens, des monstres, des palais formés et détruits en un clin d'oeil. On tolère ces extravagances, on les aime même parce qu'on est là dans le pays des fées : et pourvu qu'il y ait du spectacle, des belles danses, une belle musique, quelques scènes intéressantes, on est content. (Voltaire 1829b, 59) Voici le jugement que Voltaire porta sur l'opéra, dans la préface qu'il ajouta en 1729 à la nouvelle édition de sa tragédie OEdipe. Tout compte fait, il ne semble guère enthousiasmé par le théâtre musical. Mais attention au contexte : l'auteur est en train de réfuter l'opinion d'un concurrent 1 , qui ne tient aucun compte des trois unités canoniques, prétendant que la tragédie peut s'en passer aussi bien que l'opéra. Voltaire a donc intérêt à établir une différence fondamentale entre l'opéra et la tragédie, à l'avantage de celle-ci, bien sûr. En réalité, il était beaucoup plus favorable à l'opéra que le passage cité semble l'indiquer. brought to you by CORE View metadata, citation and similar papers at core.ac.uk provided by OJS -Uni Innsbruck Albert GIER Voltaire et l'opéra : ses livrets, adaptations opératiques de ses tragédies
Ob es eher die Präsenz des Teufels oder jene Gottvaters war, die ihn störte, ist schwer zu sagen;... more Ob es eher die Präsenz des Teufels oder jene Gottvaters war, die ihn störte, ist schwer zu sagen; auf der Opernbühne hat der eine nicht viel mehr Glück gehabt als der andere. Im geistlichen Musiktheater des Barock scheinen Teufelsfi guren nicht vorzukommen, obwohl, oder besser gesagt: gerade weil sie im spätmittelalterlichen Mysteriendrama eine zentrale Rolle spielten: Die Mysterienteufel trieben im allgemeinen ausgelassene und recht derbe Späße, die mit dem hohen Stil des neuen Genres unvereinbar waren. In der ernsten Oper des 18. Jahrhunderts gibt es Chöre wenig individualisierter Dämonen, die die Unterwelt des antiken Mythos bevölkern wie die Furien in Glucks Orfeo ed Euridice oder Feinden der christlichen Religion zu Diensten sind, wie in Quinaults erstmals von Lully (1686) und dann noch einmal von Gluck (1777) vertontem Armide-Libretto; dagegen ist der christliche Teufel, speziell der in menschlicher Gestalt zum Seelenfang ausgeschickte Teufel, der in der höllischen Hierarchie eine eher unbedeutende Stellung einnimmt, eine wesentlich komische Figur, die allenfalls in den Gattungen niederen Stils, im Singspiel, in der Opéra comique oder später in der Operette, an ihrem Platz ist.
Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2014
A quienes la inspiraron pero no la leerán" "Denen, die sie inspiriert haben, sie aber nicht lesen... more A quienes la inspiraron pero no la leerán" "Denen, die sie inspiriert haben, sie aber nicht lesen werden." (Juan Goytisolo, Makbara) Wenn Geisteswissenschaftler sich mit Tieren beschäftigen, dann tun sie das im Namen und mittels einer Eigenschaft, die Tieren gemeinhin abgesprochen wird, den Menschen aber angeblich erst zu einem solchen macht: Geist. Ob Tiere tatsächlich über einen solchen nicht verfügen, entzieht sich aber unserem Wissensvermögen, denn bisher haben wir noch keine Kommunikationsform gefunden, die es uns erlauben würde, mit Tieren auf eine Art zu "sprechen", die es möglich machen würde, zu verstehen, was und wie sie "denken". Also sprechen wir über Tiere und geben vor, an ihrer Stelle zu denken. Das beliebte literarische Verfahren, Tiere reden zu lassen, als fiktive Gestalten in Fabeln oder gar als Erzähler ganzer Romane, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich immer um menschliche Phantasien handelt, auch wenn sich ein Autor noch so bemüht, die Spuren des unvermeidlichen Anthropomorphismus zu verbergen. Es gelingt uns nur ansatzweise, uns geistig ins Tier zu versetzen, und gleichzeitig fürchten wir das emotionale und instinktive Tier in uns. Denn der biologischen Animalität des Menschen als Säugetier wirkt sein ethischer Anspruch auf eine weit über dem Tier stehende, ja, von diesem grundsätzlich verschiedene Humanität entgegen, die sich auszeichnet durch alles, was Tieren fehlt (oder zu fehlen scheint): Geist, Moral, Religion, Kunst, Kultur, Sprache. Also beinahe alles, was das Forschungsgebiet der Geisteswissenschaften ausmacht. Dieses Dilemma soll uns aber nicht davon abhalten, das Tier in seiner ganzen Komplexität ins geisteswissenschaftliche Visier zu nehmen, denn das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist seit jeher von allerlei Wider-
Hannes Möhring Joseph und seine Brüder im Mittelalter. Sultan Saladin und der Aufstieg des Aiyubi... more Hannes Möhring Joseph und seine Brüder im Mittelalter. Sultan Saladin und der Aufstieg des Aiyubidengeschlechtes Patrick Franke Der Gedanke des Dschihad im mittelalterlichen Islam Jenny Rahel Oesterle Verfolgte Muslime und ihre Beschützer. Geschichten von Schutzgewähr in Mekka während der islamischen Frühzeit (610-622) Peter Bruns "Eines Tages brüllte der Jungleu wie ein Donner ...". Richard Löwenherz in der christlich-orientalischen Literatur des Mittelalters Ingrid Bennewitz "Karl und König Artus hat er übertroffen ...". Der Mythos von Richard Löwenherz in der Literatur des Mittelalters und seine Rezeption in der Neuzeit 8
Als ich nach Bamberg berufen wurde, bildeten das Libretto und die Oper einen von mehreren Schwerp... more Als ich nach Bamberg berufen wurde, bildeten das Libretto und die Oper einen von mehreren Schwerpunkten meiner Forschung 1. Dank des Auftrags der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (Darmstadt), ein grundlegendes Buch zum Opern-(und Operetten-)Libretto zu schreiben 2 , rückte dieser Bereich mehr und mehr ins Zentrum meiner Arbeit. 1994 gründete ich ein "Dokumentationszentrum für Librettoforschung"; die Absicht war zunächst, die im Zuge der Arbeit an diesem Buch gesammelten Materialien zu archivieren. Durch Buch-und Separata-Spenden von Kollegen, für spätere, kleinere Arbeiten zum Thema beschafftes Material, später auch durch Rezensionsexemplare wuchs die zunächst bescheidene Sammlung auf eine beträchtlichen Umfang: 1994-2014 schrieb ich (im wesentlichen allein) 25 Nummern der Mitteilungen des Dokumentationszentrums für Librettoforschung zusammen, die seit 1996 einen immer umfangreicher werdenden Besprechungsteil enthielten.-Von 2003 bis 2014 fanden insgesamt 65 teils von Kollegen anderer Fächer, teils von mir organisierte "Bamberger Vorträge zum (Musik-)Theater" statt (wobei das Sprechtheater nur eine relativ geringe Rolle spielte, die weitaus meisten Vorträge betrafen die Oper); unser erster Gast war der große Opernregisseur Joachim Herz aus Dresden.
Im Sommersemester 2015 am Institut für Romanistik der Universität Bamberg eine Reihe von acht Vor... more Im Sommersemester 2015 am Institut für Romanistik der Universität Bamberg eine Reihe von acht Vorträgen zum (Opern- und Operetten)Libretto und zum Musiktheater statt. Behandelt wurden die Unterschiede zwischen deutscher und französischer Operette; Exotismus im (italienischen und frnazösischen) Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts; Offenbach und sein Werk in der zeitgenössischen Karikatur; neue Formen des Erzählens im Musiktheater der Gegenwart; die Künstleroper; Probleme bei der Übersetzung von Barocklibretti; Mozarts Librettisten; das Verhältnis von Text, Musik und Inszenierung in Musiktheater und Chanson. Am Ende steht die Abschiedsvorlesung ders Herausgebers zu den Sirenen in Literatur und Musiktheater.
7 (1958), S. 1-60: 10 ("two bewitching virgins"); bildliche Darstellungen von Sirenen als Mischwe... more 7 (1958), S. 1-60: 10 ("two bewitching virgins"); bildliche Darstellungen von Sirenen als Mischwesen aus Vogel und Mensch (Frau wie Mann) gibt es seit dem 2. Viertel des 7. Jhs (Balbina Bäbler, Sirenen II. Ikonographie, in: DNP, Altertum Bd 11, Sp. 593f.). MARÓT nimmt Einfluß von "diverse hybrid monsters […] imported from Asia Minor" und von den ägyptischen Seelenvögeln an, vgl. The Sirens, S. 46 und passim.-Die Wirkung der Sirenen auf ihre Opfer beschreibt Homer (Od. XII, 40/44) mit dem Verb θέλγω, das "durch Zaubermittel oder Zaubertränke verstricken", auch "einschläfern, betäuben" bedeutet; Homer gebraucht es auch von Hermes und Kirke, vgl. FRANZ PASSOW, Handwörterbuch der griechischen Sprache. Neu bearb. von VAL.
Französische und deutsche Operette Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Textbücher Beim Stichwort... more Französische und deutsche Operette Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Textbücher Beim Stichwort "französische Operette" wird den meisten deutschsprachigen Theaterliebhabern nur der Name Jacques Offenbach einfallen. Das ist begreiflich-Offenbach ist auch in Frankreich bis heute der mit Abstand meistgespielte Operettenkomponist-, aber nicht ganz unproblematisch, denn Offenbach stellt in der Geschichte des französischen musikalischen Lachtheaters 8 einen Sonderfall dar: "Mit seinen wild-verrückten Bouffonnerien" sei er aus dem "eigentlichen Hauptstrang des französischen komischen Musiktheaters […] herausgeschnellt", schreibt Volker Klotz 9 , der eine Kontinuität vom Opéra comique Boieldieus, Aubers und Adams über die Operetten von Victor Massé, Charles Lecocq, Edmond Audran und Robert Planquette bis zu André Messager konstruiert 10-heute sind die Namen nur noch Spezialisten geläufig, aber mindestens bis zum Ersten Weltkrieg wurden ihre Werke auch auf deutschen Bühnen viel gespielt 11. Diese Komponisten und ihre Textdichter vermeiden grelle Effekte à la Offenbach, ihre Komik verbindet sich oft mit einer Art heiterer Gemütlichkeit, die durchaus Parallelen zur Wiener Operette seit Johann Strauß aufweist.
Das Thema der Kreuzzüge gerät im frühneuzeitlichen Europa vor allem über die Rezeption der beiden... more Das Thema der Kreuzzüge gerät im frühneuzeitlichen Europa vor allem über die Rezeption der beiden großen Ritterromanzi aus Ferrara, von Ludovico Ariostos Orlando furioso (1516/1532) und Torquato Tassos Gerusalemme liberata (1581), ins Blickfeld-wobei die Geschichte vom Spanienfeldzug Karls des Großen, die dem Orlando furioso zugrunde liegt, die Thematik in zeitliche Ferne rückt und sagenhaft überhöht: Um 1100, also zur Zeit des Ersten Kreuzzugs, entstand die älteste, in der Handschrift der Bodleiana in Oxford überlieferte Fassung des altfranzösischen Rolandlieds. 1 In der Auseinandersetzung zwischen christlichen Franken und ‚Heiden', das heißt Muslimen, ergreift der anonyme Autor (wie kaum anders zu erwarten) dezidiert und einseitig Partei für die christliche Seite: "Païen unt tort e chrestïen unt dreit" 2. Von dieser holzschnittartigen Sichtweise mag Torquato Tasso nicht allzu weit entfernt gewesen sein: Seine Gerusalemme liberata ist durchaus als Kreuzzugspropaganda, als Appell an die Zeitgenossen zu verstehen, es Gottfried von Bouillon und seinen Mitstreitern gleichzutun (zur Zeit der osmanischen Expansion im östlichen Mittelmeerraum unter Soliman II. [1520-1566] hatte das Thema neue Aktualität gewonnen). Ariost dagegen hat die versunkene Welt der Ritter aus ironischer Distanz behandelt. Die kriegerische Auseinandersetzung zwischen Christentum und Islam, Orient und Okzident (konkret: die Belagerung von Paris durch den nordafrikanischen Herrscher Agramante) bildet im Orlando furioso lediglich den Hintergrund einer bunten Reihe von Episoden um prominente (christliche wie muslimische) Kämpfer, die sich persönlichen Ruhm, und vor allem die Liebe einer Dame zu erwerben suchen. 3 Dabei richtet sich das Begehren der meisten Ritter auf Angelica, die wunderschöne Tochter des Königs von Catai (in China), die Matteo Maria Boiardo als Störfaktor und Unruhestifterin in seinen Orlando innamorato (1486) eingeführt hat, an den Ariost anschließt.
Wie Dantes Divina Commedia wird Giovanni Boccaccios Novellenbuch in der frühen Neuzeit zwar viel ... more Wie Dantes Divina Commedia wird Giovanni Boccaccios Novellenbuch in der frühen Neuzeit zwar viel gelesen, aber ihrer beider Geschichten finden, anders als die Episoden aus den Ritterepen Ariosts und Tassos, eher selten den Weg auf die Schauspiel-und Opernbühne, 1 allerdings mit je einer spektakulären Ausnahme: Boccaccios Griselda (Dec. X 10 2) und vor allem Dantes unglückliches Liebespaar Paolo und Francesca 3 sind bis ins 20. Jahrhundert auf vielen Theatern präsent. Am Beispiel der Griselda-Geschichte lassen sich auch exemplarisch die Schwierigkeiten einer Dramatisierung der Novellen des Decameron aufzeigen: Der unbedingte Gehorsam Griseldas ist nicht nur deshalb problematisch, weil er einem schlechterdings skandalösen Ideal weiblichen Verhaltens zu entspringen scheint. 4 Der Markgraf Gualtieri, der vorgibt, die gemeinsamen Kinder töten zu lassen, und seine Frau zuletzt scheinbar verstößt, um ihre Geduld auf die Probe zu stellen, bringt sie damit um Eheglück, Mutterfreuden und um zwölf Jahre, die die schönsten ihres Lebens hätten werden können. 5 Das ist nur dann (allenfalls) akzeptabel, wenn man Griselda nicht als Person, sondern als fiktionale Figur, als Demonstrationsobjekt, sieht: Boccaccio lässt Gualtieri in der letzten Novelle der Sammlung, also an herausgehobener Stelle, eine * So die Reaktion Fiamettas, als sie in ihrem Liebhaber den Autor des Decameron erkennt, in: Zell / Genée (o.J.), S. 86. 1 Zum geringen Interesse der Librettisten am Decameron schon Muraro (1969), S. 265. 2 Zitiert wird nach der Ausgabe Boccaccio (1965); angegeben sind jeweils Tag (röm. Ziffer) und Novelle (arab. Ziffer), nur bei wörtlichen Zitaten wird zusätzlich die Seitenzahl angegeben.
Bulletin des Archivs für Textmusikforschung, Jan 12, 2017
Voltaire wrote seven librettos, but only two minor texts were set to music by Rameau. -His traged... more Voltaire wrote seven librettos, but only two minor texts were set to music by Rameau. -His tragedies do not have tragic heroes (in the Aristotelian sense), they present paragons of virtue and vice. In some of his tragédies larmoyantes (Ridgway), the villains triumph at the end (cf. Mahomet); in others, virtue is rewarded and evil punished (cf. Sémiramis). Therefore, Voltaire's tragedies anticipate some features of the romantic melodrama. This may be the reason why they inspired librettists and composers of (Italian and French) opera mainly in the decades between 1780 and 1810 when French melodrama was created by Guilbert de Pixérécourt and others. -As examples for the technique of adaptation, the librettos of Tancredi (Rossini), Maometto (von Winter), and Semiramide (Rossini) are analysed in greater detail. L'opéra est un spectacle aussi bizarre que magnifique, où les yeux et les oreilles sont plus satisfaits que l'esprit, où l'asservissement à la musique rend nécessaires les fautes les plus ridicules, où il faut chanter des ariettes dans la destruction d'une ville et danser autour d'un tombeau, où l'on voit le palais de Pluton et celui du Soleil, des dieux, des démons, des magiciens, des monstres, des palais formés et détruits en un clin d'oeil. On tolère ces extravagances, on les aime même parce qu'on est là dans le pays des fées : et pourvu qu'il y ait du spectacle, des belles danses, une belle musique, quelques scènes intéressantes, on est content. (Voltaire 1829b, 59) Voici le jugement que Voltaire porta sur l'opéra, dans la préface qu'il ajouta en 1729 à la nouvelle édition de sa tragédie OEdipe. Tout compte fait, il ne semble guère enthousiasmé par le théâtre musical. Mais attention au contexte : l'auteur est en train de réfuter l'opinion d'un concurrent 1 , qui ne tient aucun compte des trois unités canoniques, prétendant que la tragédie peut s'en passer aussi bien que l'opéra. Voltaire a donc intérêt à établir une différence fondamentale entre l'opéra et la tragédie, à l'avantage de celle-ci, bien sûr. En réalité, il était beaucoup plus favorable à l'opéra que le passage cité semble l'indiquer. brought to you by CORE View metadata, citation and similar papers at core.ac.uk provided by OJS -Uni Innsbruck Albert GIER Voltaire et l'opéra : ses livrets, adaptations opératiques de ses tragédies
Ob es eher die Präsenz des Teufels oder jene Gottvaters war, die ihn störte, ist schwer zu sagen;... more Ob es eher die Präsenz des Teufels oder jene Gottvaters war, die ihn störte, ist schwer zu sagen; auf der Opernbühne hat der eine nicht viel mehr Glück gehabt als der andere. Im geistlichen Musiktheater des Barock scheinen Teufelsfi guren nicht vorzukommen, obwohl, oder besser gesagt: gerade weil sie im spätmittelalterlichen Mysteriendrama eine zentrale Rolle spielten: Die Mysterienteufel trieben im allgemeinen ausgelassene und recht derbe Späße, die mit dem hohen Stil des neuen Genres unvereinbar waren. In der ernsten Oper des 18. Jahrhunderts gibt es Chöre wenig individualisierter Dämonen, die die Unterwelt des antiken Mythos bevölkern wie die Furien in Glucks Orfeo ed Euridice oder Feinden der christlichen Religion zu Diensten sind, wie in Quinaults erstmals von Lully (1686) und dann noch einmal von Gluck (1777) vertontem Armide-Libretto; dagegen ist der christliche Teufel, speziell der in menschlicher Gestalt zum Seelenfang ausgeschickte Teufel, der in der höllischen Hierarchie eine eher unbedeutende Stellung einnimmt, eine wesentlich komische Figur, die allenfalls in den Gattungen niederen Stils, im Singspiel, in der Opéra comique oder später in der Operette, an ihrem Platz ist.
Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2014
A quienes la inspiraron pero no la leerán" "Denen, die sie inspiriert haben, sie aber nicht lesen... more A quienes la inspiraron pero no la leerán" "Denen, die sie inspiriert haben, sie aber nicht lesen werden." (Juan Goytisolo, Makbara) Wenn Geisteswissenschaftler sich mit Tieren beschäftigen, dann tun sie das im Namen und mittels einer Eigenschaft, die Tieren gemeinhin abgesprochen wird, den Menschen aber angeblich erst zu einem solchen macht: Geist. Ob Tiere tatsächlich über einen solchen nicht verfügen, entzieht sich aber unserem Wissensvermögen, denn bisher haben wir noch keine Kommunikationsform gefunden, die es uns erlauben würde, mit Tieren auf eine Art zu "sprechen", die es möglich machen würde, zu verstehen, was und wie sie "denken". Also sprechen wir über Tiere und geben vor, an ihrer Stelle zu denken. Das beliebte literarische Verfahren, Tiere reden zu lassen, als fiktive Gestalten in Fabeln oder gar als Erzähler ganzer Romane, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich immer um menschliche Phantasien handelt, auch wenn sich ein Autor noch so bemüht, die Spuren des unvermeidlichen Anthropomorphismus zu verbergen. Es gelingt uns nur ansatzweise, uns geistig ins Tier zu versetzen, und gleichzeitig fürchten wir das emotionale und instinktive Tier in uns. Denn der biologischen Animalität des Menschen als Säugetier wirkt sein ethischer Anspruch auf eine weit über dem Tier stehende, ja, von diesem grundsätzlich verschiedene Humanität entgegen, die sich auszeichnet durch alles, was Tieren fehlt (oder zu fehlen scheint): Geist, Moral, Religion, Kunst, Kultur, Sprache. Also beinahe alles, was das Forschungsgebiet der Geisteswissenschaften ausmacht. Dieses Dilemma soll uns aber nicht davon abhalten, das Tier in seiner ganzen Komplexität ins geisteswissenschaftliche Visier zu nehmen, denn das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist seit jeher von allerlei Wider-
Hannes Möhring Joseph und seine Brüder im Mittelalter. Sultan Saladin und der Aufstieg des Aiyubi... more Hannes Möhring Joseph und seine Brüder im Mittelalter. Sultan Saladin und der Aufstieg des Aiyubidengeschlechtes Patrick Franke Der Gedanke des Dschihad im mittelalterlichen Islam Jenny Rahel Oesterle Verfolgte Muslime und ihre Beschützer. Geschichten von Schutzgewähr in Mekka während der islamischen Frühzeit (610-622) Peter Bruns "Eines Tages brüllte der Jungleu wie ein Donner ...". Richard Löwenherz in der christlich-orientalischen Literatur des Mittelalters Ingrid Bennewitz "Karl und König Artus hat er übertroffen ...". Der Mythos von Richard Löwenherz in der Literatur des Mittelalters und seine Rezeption in der Neuzeit 8
Als ich nach Bamberg berufen wurde, bildeten das Libretto und die Oper einen von mehreren Schwerp... more Als ich nach Bamberg berufen wurde, bildeten das Libretto und die Oper einen von mehreren Schwerpunkten meiner Forschung 1. Dank des Auftrags der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (Darmstadt), ein grundlegendes Buch zum Opern-(und Operetten-)Libretto zu schreiben 2 , rückte dieser Bereich mehr und mehr ins Zentrum meiner Arbeit. 1994 gründete ich ein "Dokumentationszentrum für Librettoforschung"; die Absicht war zunächst, die im Zuge der Arbeit an diesem Buch gesammelten Materialien zu archivieren. Durch Buch-und Separata-Spenden von Kollegen, für spätere, kleinere Arbeiten zum Thema beschafftes Material, später auch durch Rezensionsexemplare wuchs die zunächst bescheidene Sammlung auf eine beträchtlichen Umfang: 1994-2014 schrieb ich (im wesentlichen allein) 25 Nummern der Mitteilungen des Dokumentationszentrums für Librettoforschung zusammen, die seit 1996 einen immer umfangreicher werdenden Besprechungsteil enthielten.-Von 2003 bis 2014 fanden insgesamt 65 teils von Kollegen anderer Fächer, teils von mir organisierte "Bamberger Vorträge zum (Musik-)Theater" statt (wobei das Sprechtheater nur eine relativ geringe Rolle spielte, die weitaus meisten Vorträge betrafen die Oper); unser erster Gast war der große Opernregisseur Joachim Herz aus Dresden.
Händels Opern (Das Händel-Handbuch, Band 2), hrsg. von Arnold Jacobshagen und Panja Mücke, Laaber... more Händels Opern (Das Händel-Handbuch, Band 2), hrsg. von Arnold Jacobshagen und Panja Mücke, Laaber (Laaber-Verlag) 2009, 2 Bände, XVI+483+498 S.
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