Content-Length: 128617 | pFad | https://www.academia.edu/101834092/Realismus_und_Materie_Schelling_Ludwig_und_die_Folgen_
2023, Umstülpen. Zur Praxis materialistischer Literaturinterpretation
https://doi.org/10.30965/9783846766910_003Der Artikel untersucht die Rolle der ‚Materie‘ im Realismus-Diskurs des 19. Jahrhunderts durch eine Rekonstruktion ihrer Ursprünge in der deutschen Naturphilosophie. Anhand einer Diskussion von Schellings Vortrag Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur (1807) sowie von Schillers Über Anmut und Würde (1793) wird herausgearbeitet, wie die Betrachtung der Natur als entweder lebendig oder tot – genauer, als entweder organisch-ganzheitlich oder anorganisch-zerlegt – zur ersten Bedingung ihrer Darstellung wurde. Diese naturphilosophische Verlebendigung der Sinneswelt als Voraussetzung ihrer Darstellung wird dann vom deutschen Realismus im 19. Jahrhundert sowohl aufgerufen als auch umgedeutet. In Otto Ludwigs Begriff des „poetischen Realismus“ wird Schellings Idee der holistischen Natur in die Totalität eines bürgerlichen Humanismus verwandelt, was vielleicht weniger ein Missverständnis des ersteren als seine logische Folge sein mag. Insofern wird auch gezeigt, wie sich der historische Materialismus auf die naturphilosophische Ästhetik zurückführen und als deren Fortsetzung und Umkehrung verstehen lässt.
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