Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci
Von Sigmund Freud
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Sigmund Freud
Sigmund Freud (Born Sigismund Schlomo Freud; 6 May 1856 23 September 1939) was an Austrian neurologist who became known as the founding father of psychoanalysis.Freud qualified as a doctor of medicine at the University of Vienna in 1881, and then carried out research into cerebral palsy, aphasia and microscopic neuroanatomy at the Vienna General Hospital. He was appointed a university lecturer in neuropathology in 1885 and became a professor in 1902.In creating psychoanalysis, a clinical method for treating psychopathology through dialogue between a patient and a psychoanalyst, Freud developed therapeutic techniques such as the use of free association (in which patients report their thoughts without reservation and in whichever order they spontaneously occur) and discovered transference (the process in which patients displace on to their analysts feelings derived from their childhood attachments), establishing its central role in the analytic process. Freuds redefinition of sexuality to include its infantile forms led him to formulate the Oedipus complex as the central tenet of psychoanalytical theory. His analysis of his own and his patients' dreams as wish-fulfillments provided him with models for the clinical analysis of symptom formation and the mechanisms of repression as well as for elaboration of his theory of the unconscious as an agency disruptive of conscious states of mind.Ideas:Early Works:Freud began his study of medicine at the University of Vienna in 1873. He took almost nine years to complete his studies, due to his interest in neurophysiological research, specifically investigation of the sexual anatomy of eels..Seduction Theory:In the early 1890s, Freud used a form of treatment based on the one that Breuer had described to him, modified by what he called his "pressure technique" and his newly developed analytic technique of interpretation and reconstruction. According to Freud's later accounts of this period, as a result of his use of this procedure most of his patients in the mid-1890s reported early childhood sexual abuse. He believed these stories, which he used as the basis for his seduction theory, but then he came to believe that they were fantasies. He explained these at first as having the function of "fending off" memories of infantile masturbation, but in later years he wrote that they represented Oedipal fantasies, stemming from innate drives that are sexual and destructive in nature.
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Buchvorschau
Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci - Sigmund Freud
Anmerkungen
1
Wenn die seelenärztliche Forschung, die sich sonst mit schwächlichem Menschenmaterial begnügt, an einen der Großen des Menschengeschlechts herantritt, so folgt sie dabei nicht den Motiven, die ihr von den Laien so häufig zugeschoben werden. Sie strebt nicht danach, »das Strahlende zu schwärzen und das Erhabene in den Staub zu ziehen«; es bereitet ihr keine Befriedigung, den Abstand zwischen jener Vollkommenheit und der Unzulänglichkeit ihrer gewöhnlichen Objekte zu verringern. Sondern sie kann nicht anders, als alles des Verständnisses wert finden, was sich an jenen Vorbildern erkennen läßt, und sie meint, es sei niemand so groß, daß es für ihn eine Schande wäre, den Gesetzen zu unterliegen, die normales und krankhaftes Tun mit gleicher Strenge beherrschen.
Als einer der größten Männer der italienischen Renaissance ist Leonardo da Vinci (1452–1519) schon von den Zeitgenossen bewundert worden und doch bereits ihnen rätselhaft erschienen, wie auch jetzt noch uns. Ein allseitiges Genie, »dessen Umrisse man nur ahnen kann – nie ergründen«, ¹ übte er den maßgebendsten Einfluß auf seine Zeit als Maler aus; erst uns blieb es vorbehalten, die Größe des Naturforschers (und Technikers) zu erkennen, der sich in ihm mit dem Künstler verband. Wenngleich er Meisterwerke der Malerei hinterlassen, während seine wissenschaftlichen Entdeckungen unveröffentlicht und unverwertet blieben, hat doch in seiner Entwicklung der Forscher den Künstler nie ganz freigelassen, ihn oftmals schwer beeinträchtigt und ihn vielleicht am Ende unterdrückt. Vasari legt ihm in seiner letzten Lebensstunde den Selbstvorwurf in den Mund, daß er Gott und die Menschen beleidigt, indem er in seiner Kunst nicht seine Pflicht getan». ² Und wenn auch diese Erzählung Vasaris weder die äußere noch viel innere Wahrscheinlichkeit für sich hat, sondern der Legende angehört, die sich um den geheimnisvollen Meister schon zu seinen Lebzeiten zu bilden begann, so verbleibt ihr doch als Zeugnis für das Urteil jener Menschen und jener Zeiten ein unbestreitbarer Wert.
Was war es, was die Persönlichkeit Leonardos dem Verständnis seiner Zeitgenossen entrückte? Gewiß nicht die Vielseitigkeit seiner Anlagen und Kenntnisse, die ihm gestattete, sich am Hofe des Lodovico Sforza, zubenannt il Moro, Herzogs von Mailand, als Lautenspieler auf einem von ihm neugeformten Instrumente einzuführen, oder ihn jenen merkwürdigen Brief an eben denselben schreiben ließ, in dem er sich seiner Leistungen als Bau- und Kriegsingenieur berühmte. Denn an solche Vereinigung vielfältigen Könnens in einer Person waren die Zeiten der Renaissance wohl gewöhnt; allerdings war Leonardo selbst eines der glänzendsten Beispiele dafür. Auch gehörte er nicht jenem Typus genialer Menschen an, die, von der Natur äußerlich karg bedacht, ihrerseits keinen Wert auf die äußerlichen Formen des Lebens legen und in der schmerzlichen Verdüsterung ihrer Stimmung den Verkehr der Menschen fliehen. Er war vielmehr groß und ebenmäßig gewachsen, von vollendeter Schönheit des Gesichts und von ungewöhnlicher Körperkraft, bezaubernd in den Formen seines Umgangs, ein Meister der Rede, heiter und liebenswürdig gegen alle; er liebte die Schönheit auch an den Dingen, die ihn umgaben, trug gern prunkvolle Gewänder und schätzte jede Verfeinerung der Lebensführung. In einer für seine heitere Genußfähigkeit bedeutsamen Stelle des Traktats über Malerei ³ hat er die Malerei mit ihren Schwesterkünsten verglichen und die Beschwerden der Arbeit des Bildhauers geschildert: »Da hat er das Gesicht ganz beschmiert und mit Marmorstaub eingepudert, so daß er wie ein Bäcker ausschaut, und ist mit kleinen Marmorsplittern über und über bedeckt, daß es aussieht, als hätte es ihm auf den Buckel geschneit, und seine Behausung, die ist voll Steinsplitter und Staub. Ganz das Gegenteil von alle diesem ist beim Maler der Fall – ... denn der Maler sitzt mit großer Bequemlichkeit vor seinem Werke, wohlgekleidet, und regt den ganz leichten Pinsel mit den anmutigen Farben. Mit Kleidern ist er geschmückt, wie es ihm gefällt. Und seine Behausung, die ist voll heiterer Malereien und glänzend reinlich. Oft hat er Gesellschaft, von Musik, oder von Vorlesern verschiedener schöner Werke, und das wird ohne Hammergedröhn oder sonstigen Lärm mit großem Vergnügen angehört.«
Es ist ja sehr wohl möglich, daß die Vorstellung eines strahlend heiteren und genußfrohen Leonardo nur für die erste, längere Lebensperiode des Meisters recht hat. Von da an, als der Niedergang der Herrschaft des Lodovico Moro ihn zwang, Mailand, seinen Wirkungskreis und seine gesicherte Stellung zu verlassen, um ein unstetes, an äußeren Erfolgen wenig reiches Leben bis zum letzten Asyl in Frankreich zu führen, mag der Glanz seiner Stimmung verblichen und mancher befremdliche Zug seines Wesens stärker hervorgetreten sein. Auch die mit den Jahren zunehmende Wendung seiner Interessen von seiner Kunst zur Wissenschaft mußte dazu beitragen, die Kluft zwischen seiner Person und seinen Zeitgenossen zu erweitern. Alle die Versuche, mit denen er nach ihrer Meinung seine Zeit vertrödelte, anstatt emsig auf Bestellung zu malen und sich zu bereichern, wie etwa sein ehemaliger Mitschüler Perugino, erschienen ihnen als grillenhafte Spielereien oder brachten ihn selbst in den Verdacht, der »schwarzen Kunst« zu dienen. Wir verstehen ihn hierin besser, die wir aus seinen Aufzeichnungen wissen, welche Künste er übte. In einer Zeit, welche die Autorität der Kirche mit der der Antike zu vertauschen begann und voraussetzungslose Forschung noch nicht kannte, war er, der Vorläufer, ja ein nicht unwürdiger Mitbewerber von Bacon und Kopernikus, notwendig vereinsamt. Wenn er Pferde- und Menschenleichen zerlegte, Flugapparate baute, die Ernährung der Pflanzen und ihr Verhalten gegen Gifte studierte, rückte er allerdings weit ab von den Kommentatoren des Aristoteles und kam in die Nähe der verachteten Alchymisten, in deren Laboratorien die experimentelle Forschung wenigstens eine Zuflucht während dieser ungünstigen Zeiten gefunden hatte.
Für seine Malerei hatte dies die Folge, daß er ungern den Pinsel zur Hand nahm, immer weniger und seltener malte, das Angefangene meist unfertig stehenließ und sich um das weitere Schicksal seiner Werke wenig kümmerte. Das war es auch, was ihm seine Zeitgenossen zum Vorwurf machten, denen sein Verhältnis zur Kunst ein Rätsel blieb.
Mehrere der späteren Bewunderer Leonardos haben es versucht, den Makel der Unstetigkeit von seinem Charakter zu tilgen. Sie machen geltend, daß das, was man an Leonardo tadle, Eigentümlichkeit der großen Künstler überhaupt sei. Auch der tatkräftige, sich in die Arbeit verbeißende Michelangelo habe viele seiner Werke unvollendet gelassen, und es sei so wenig seine Schuld gewesen wie die Leonardos im gleichen Falle. Auch sei so manches Bild nicht so sehr unfertig geblieben, als von ihm dafür erklärt worden. Was dem Laien schon ein Meisterwerk scheine, das sei für den Schöpfer des Kunstwerks immer noch eine unbefriedigende Verkörperung seiner Absichten; ihm schwebe eine Vollkommenheit vor, die er im Abbild wiederzugeben jedesmal verzage. Am wenigsten ginge es aber an, den Künstler für das endliche Schicksal verantwortlich zu machen, das seine Werke träfe.
So stichhaltig manche dieser Entschuldigungen auch sein mögen, so decken sie doch nicht den ganzen Sachverhalt, der uns bei Leonardo begegnet. Das peinliche Ringen mit dem Werke, die endliche Flucht vor ihm und die Gleichgültigkeit gegen sein weiteres Schicksal mag bei vielen anderen Künstlern wiederkehren; gewiß aber zeigte Leonardo dies Benehmen im höchsten Grade. Edm. Solmi zitiert (1910, 12) die Äußerung eines seiner Schüler: »Pareva, che ad ogni ora tremasse, quando si poneva a dipingere, e però non diede mal fine ad alcuna cosa cominciata, considerando la grandezza dell' arte, tal che egli scorgeva errori in quelle cose, che ad altri