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Die mehreren Wehmüller und ungarischen Nationalgesichter
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Die mehreren Wehmüller und ungarischen Nationalgesichter
eBook70 Seiten1 Stunde

Die mehreren Wehmüller und ungarischen Nationalgesichter

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Über dieses E-Book

In "Die mehreren Wehmüller und ungarischen Nationalgesichter" präsentiert Clemens Brentano eine vielschichtige Erzählung, die tief in die ungarische Folklore und die Schicksale ihrer Menschen eintaucht. Brentanos literarischer Stil verbindet Romantik mit realistischen Elementen, was es ihm ermöglicht, die vielschichtigen psychologischen und kulturellen Dimensionen der ungarischen Identität zu erforschen. Durch prägnante Beschreibungen und eine nuancierte Charakterentwicklung vermittelt er ein Bild, das sowohl die Sorgen der Vergangenheit als auch die Herausforderungen der damaligen Zeit widerspiegelt und somit in den literarischen Kontext des 19. Jahrhunderts passt, in dem Nationalbewusstsein und kulturelle Selbstbestimmung von zentraler Bedeutung waren. Clemens Brentano, ein zentraler Vertreter der deutschen Romantik, wurde 1778 in einem wohlhabenden, kunstaffinen Umfeld geboren. Sein tiefes Interesse an Volksliteratur, Kultur und den politischen Strömungen seiner Zeit motivierte ihn zu dieser Schrift. Brentano war nicht nur ein bedeutender Dichter, sondern auch ein leidenschaftlicher Sammler von Märchen und Sagen, was seinen Fokus auf die Darstellung ungarischer Lebensrealitäten und deren emotionale Tiefe erklärt. Dieses Buch ist eine wertvolle Lektüre für alle, die sich mit den Wurzeln des Nationalgefühls und der kulturellen Identität auseinandersetzen möchten. Brentanos eindringliche Erzählweise und die ergreifenden Porträts ungarischer Figuren laden den Leser ein, sich auf eine Reise durch die ungarische Seele zu begeben. Dieses Werk bietet nicht nur eine literarische Bereicherung, sondern auch tiefere Einsichten in die universellen menschlichen Erfahrungen von Leid und Hoffnung.
SpracheDeutsch
HerausgeberSharp Ink
Erscheinungsdatum30. Jan. 2023
ISBN9788028276249
Die mehreren Wehmüller und ungarischen Nationalgesichter
Autor

Clemens Brentano

Clemens Wenzeslaus Brentano de La Roche war ein deutscher Schriftsteller und neben Achim von Arnim der Hauptvertreter der sogenannten Heidelberger Romantik. Er wurde geboren am 9. September 1778 in Ehrenbreitstein (heute Koblenz und verstarb am 28. Juli 1842 in Aschaffenburg.

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    Buchvorschau

    Die mehreren Wehmüller und ungarischen Nationalgesichter - Clemens Brentano

    Clemens Brentano

    Die mehreren Wehmüller und ungarischen Nationalgesichter

    Sharp Ink Publishing

    2024

    Contact: info@sharpinkbooks.com

    ISBN 978-80-282-7624-9

    Inhaltsverzeichnis

    Cover

    Titelblatt

    Text

    "

    Gegen Ende des Sommers, während der Pest in Kroatien, hatte Herr Wehmüller, ein reisender Maler, von Wien aus einen Freund besucht, der in dieser östreichischen Provinz als Erzieher auf dem Schlosse eines Grafen Giulowitsch lebte. Die Zeit, welche ihm seine Geschäfte zu dem Besuche erlaubten, war vorüber. Er hatte von seiner jungen Frau, welche ihm nach Siebenbürgen vorausgereist war, einen Brief aus Stuhlweißenburg erhalten, daß er sie nicht mehr länger allein lassen möge; es erwarte ihn das Offizierkorps des dort liegenden hochlöblichen ungarischen Grenadier—und Husarenregiments sehnsüchtig, um, von seiner Meisterhand gemalt, sich in dem Andenken mannigfaltiger schöner Freundinnen zu erhalten, da ein naher Garnisonswechsel manches engverknüpfte Liebes—und Freundschaftsband zu zerreißen drohte. Dieser Brief brachte den Herrn Wehmüller in große Unruhe, denn er war viermal so lange unterwegs geblieben als gewöhnlich und dermaßen durch die Quarantäne zerstochen und durchräuchert worden, daß er die ohnedies nicht allzu leserliche Hand seiner guten Frau, die mit oft gewässerter Dinte geschrieben hatte, nur mit Mühe lesen konnte. Er eilte in die Stube seines Freundes Lury und sagte zu ihm: Ich muß gleich auf der Stelle fort nach Stuhlweißenburg, denn die hochlöblichen Grenadier—und Husarenregimenter sind im Begriff, von dort abzuziehen; lesen Sie, der Brief ist an fünf Wochen alt. Der Freund verstand ihn nicht, nahm aber den Brief und las. Wehmüller lief sogleich zur Stube hinaus und die Treppe hinab in die Hauskapelle, um zu sehen, ob er die 39 Nationalgesichter, welche er in öl gemalt und dort zum Trocknen aufgehängt hatte, schon ohne große Gefahr des Verwischens zusammenrollen könne. Ihre Trockenheit übertraf alle seine Erwartung, denn er malte mit Terpentinfirnis, welcher trocken wird, ehe man sich umsieht. Was übrigens diese 39 Nationalgesichter betrifft, hatte es mit ihnen folgende Bewandtnis: Sie waren nichts mehr und nichts weniger als 39 Porträts von Ungaren, welche Herr Wehmüller gemalt hatte, ehe er sie gesehen. Er pflegte solcher Nationalgesichter immer ein halb Hundert fertig bei sich zu führen. Kam er in einer Stadt an, wo er Gewinn durch seine Kunst erwartete, so pflegte er öffentlich ausschellen oder austrommeln zu lassen: der bekannte Künstler, Herr Wehmüller, sei mit einem reichassortierten Lager wohlgetroffener Nationalgesichter angelangt und lade diejenigen unter einem hochedlen Publikum, welche ihr Porträt wünschten, untertänigst ein, sich dasselbe, Stück vor Stück zu einem Dukaten in Gold, selbst auszusuchen. Er fügte sodann noch, durch wenige Meisterstriche, einige persönliche Züge und Ehrennarben oder die Individualität des Schnurrbartes des Käufers unentgeltlich bei; für die Uniform aber, welche er immer ausgelassen hatte, mußte nach Maßgabe ihres Reichtums nachgezahlt werden. Er hatte diese Verfahrungsart auf seinen Kunstreisen als die befriedigendste für sich und die Käufer gefunden. Er malte die Leute nach Belieben im Winter mit aller Bequemlichkeit zu Haus und brachte sie in der schönen Jahreszeit zu Markte. So genoß er des großen Trostes, daß keiner über Unähnlichkeit oder langes Sitzen klagen konnte, weil sich jeder sein Bildnis fertig nach bestimmtem Preise, wie einen Weck auf dem Laden, selbst aussuchte. Wehmüller hatte seine Gattin vorausgeschickt, um seine Ankunft in Stuhlweißenburg vorzubereiten, während er seinen Vorrat von Porträts bei seinem Freunde Lury zu der gehörigen Menge brachte; er mußte diesmal in vollem Glanze auftreten, weil er in einer Zeitung gelesen. Ein Maler Froschauer aus Klagenfurt habe dieselbe Kunstreise vor. Dieser aber war bisher sein Antagonist und Nebenbuhler gewesen, wenn sie sich gleich nicht kannten, denn Froschauer war von der entgegengesetzten Schule; er hatte nämlich immer alle Uniformen voraus fertig und ließ sich für die Gesichter extra bezahlen.

    Schon hatte Wehmüller die 39 Nationalgesichter zusammengerollt in eine große, weite Blechbüchse gesteckt, in welcher auch seine Farben und Pinsel, ein paar Hemden, ein Paar gelbe Stiefelstulpen und eine Haarlocke seiner Frau Platz fanden; schon schnallte er sich diese Büchse mit zwei Riemen wie einen Tornister auf den Rücken, als sein Freund Lury hereintrat und ihm den Brief mit den Worten zurückgab: Du kannst nicht reisen; soeben hat ein Bauer hier auf dem Hofe erzählt, daß er vor einigen Tagen einen Fußreisenden begleitet habe, und daß dieser der letzte Mensch gewesen sei, der über die Grenze gekommen, denn auf seinem Rückwege hierher habe er, der Bote, schon alle Wege vom Pestkordon besetzt gefunden. Wehmüller aber ließ sich nicht mehr zurückhalten, er schob seine Palette unter den Wachstuchüberzug auf seinen runden Hut, wie die Bäcker in den Zipfel ihrer gestrickten spitzen Mützen eine Semmel zu stecken pflegen, und begann seinen Reisestab zusammenzurichten, der ein wahres Wunder der Mechanik, wenn ich mich nicht irre, von der Erfindung des Mechanikus Eckler in Berlin, war; denn er enthielt erstens: sich selbst, nämlich einen Reisestock; zweitens: nochmals sich selbst, einen Malerstock; drittens: nochmals sich selbst, einen Meßstock; viertens: nochmals sich selbst, ein Richtscheit; fünftens: nochmals sich selbst, ein Blaserohr; sechstens: nochmals sich selbst, ein Tabakspfeifenrohr; siebentens: nochmals sich selbst, einen Angelstock; darin aber waren noch ein Stiefelknecht, ein Barometer, ein Thermometer, ein Perspektiv, ein Zeichenstuhl, ein chemisches Feuerzeug, ein Reißzeug, ein Bleistift und das Brauchbarste von allem, eine approbierte hölzerne Hühneraugenfeile, angebracht; das Ganze aber war so eingerichtet, daß man die Masse des Inhalts durch den Druck einer Feder aus diesem Stocke, wie aus einer Windbüchse, seinem Feind auf den Leib schießen konnte. Während Wehmüller diesen Stock zusammenrichtete, machte Lury ihm die lebhaftesten Vorstellungen wegen der Gefahr seiner Reise, aber

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