Notation (Musik)
Als Notation bezeichnet man in der Musik das graphische Festhalten von Tonhöhen, -dauern und -lautstärken in einer dazu entwickelten Notenschrift. Sie dient dazu, musikalische Einfälle schriftlich festzuhalten und für andere zugänglich und ausführbar zu machen. Abgesehen von der Überlieferung auswendig gespielter oder gesungener Melodien war die Notenschrift vor der Erfindung der Schallplatte die einzige Möglichkeit, Musik reproduzierbar zu machen.
Die moderne Notenschrift
Elemente der Notation
Die graphischen Elemente der modernen Notenschrift sind zunächst das Notensystem aus fünf Linien, auf dem neben Informationen über Tempo, Taktart, Tonstärke und Instrumentation die zu spielenden Töne in Form von Noten abgebildet sind, die von links nach rechts gelesen werden. Die verschiedenen Tondauern werden dabei durch verschiedene Notenformen (Notenwerte) dargestellt, die Tonhöhen werden durch die vertikale Position definiert. Zwei Notenlinien repräsentieren hier den Abstand einer Terz, der Abstand einer zwischen den Linien liegenden Note zu einer, die auf einer der Nachbarlinien liegt, beträgt eine Sekund. Der Notenschlüssel am Beginn jeder Zeile legt einen Referenzton für eine bestimmte Notenlinie fest, aus der sich die anderen Tonhöhen ableiten lassen: hier den Ton g¹ auf der zweiten Linie von unten. Im Bild kann man also nicht nur die relativen Notenabstände (Terz und Sekund) ablesen, sondern auch aus dem Violinschlüssel schließen, dass die Töne a-c und a-h gemeint sind. Für Töne, die zu hoch oder tief sind, um auf den Linien Platz zu finden, werden Hilfslinien verwendet.
In mehrstimmigen Musikstücken ist es üblich, mehrere Notenzeilen untereinander zu setzen, die jeweils eine Stimme enthalten, sodass die gleichzeitigen musikalischen Ereignisse übereinander angeordnet sind. Man spricht dann von einer Partitur. Dabei erhalten Liniensysteme für tiefere Töne meist einen Bassschlüssel, der im Unterschied zum Violinschlüssel das kleine f als Referenzton auf der zweitoberen Linie markiert.
Ein praktisches Beispiel
Am folgenden Beispiel einer vereinfachten Darstellung des Anfangs von Johann Strauß' Klassiker „An der schönen blauen Donau“ ( Ausschnitt anhören) können die Grundlagen der modernen Notenschrift gut erklärt werden.
- Links oben findet sich meistens die Tempo-Bezeichnung, oft in italienischer Sprache, hier in der Bedeutung „Walzertempo“. Darunter oder daneben kann die konkretere Metronom-Angabe in BPM ("beats per minute") stehen, hier 142 Viertelschläge pro Minute.
- Die Angabe der Taktart legt die Viertel als Grundschlag der Melodie fest: Der Drei-Viertel-Takt hat seinen Schwerpunkt am Taktbeginn, auf den Hauptschlag folgen jeweils zwei weitere Schläge, bevor ein neuer
- Taktstrich den Beginn des nächsten Taktes anzeigt.
- Ganz links im System befindet sich der Notenschlüssel, in diesem Fall der Violinschlüssel, der anzeigt, dass die zweitunterste Linie das eingestrichene g (circa 418 Hz) repräsentiert. Rechts daneben stehen die
- Generalvorzeichen: Die beiden Kreuze auf den Linien des c und f zeigen an, dass diese beiden Töne (in sämtlichen Oktaven) um einen Halbton erhöht, also als cis und fis gespielt werden sollen, woraus sich D-dur oder h-moll als Tonart des Walzers ergibt. Diese Versetzungszeichen gelten für das ganze Stück, solange sie nicht (zumeist in Verbindung mit einem doppeltem Taktstrich) durch andere Generalvorzeichen abgelöst werden.
- Alle bisher aufgezählten Faktoren sollten vom Musiker zunächst gelesen und verarbeitet werden, bevor er die erste Note spielt: Eine Viertelnote auf dem Ton d1, deren Dynamik (Lautstärke) durch das darunterstehende mf (ital. mezzo forte = mittellaut, normale Lautstärke) angezeigt wird. - Auffällig ist, dass gleich nach der ersten Note ein Taktstrich folgt, noch bevor ein voller Takt aus drei Viertelschlägen beendet ist. Das Stück beginnt also nicht mit dem ersten betonten, sondern mit dem unbetonten dritten Taktteil, einem Auftakt.
- Die nächste Viertelnote (wieder d1) klingt nun auf dem ersten Schlag des nächsten Taktes. Sie ist durch einen
- Legato- oder Bindebogen mit den folgenden Noten fis1 und a1 verbunden, die nicht neu artikuliert, sondern mit der vorherigen verbunden gespielt werden sollen.
- Im nächsten Takt findet sich eine halbe Note a1, die die ersten zwei Schläge andauert und von einer
- Viertelnote gefolgt wird. An dieser Stelle finden sich zwei Notenköpfe übereinander auf den Positionen fis2 und a2, was bedeutet, dass diese beiden Töne zugleich erklingen sollen. Außerdem gibt es darüber noch einen Staccatopunkt, der eine besonders kurze Artikulation anzeigt. Nach erneutem Anspielen dieses Zweiklangs am nächsten Taktbeginn folgt eine
- Pause in der Länge eines Viertelschlages. Mit dem folgenden Auftakt werden die vorigen Töne eine Terz tiefer wiederholt.
- Unter den letzten drei Takten ist eine Decrescendo-Gabel, die ein Abnehmen der Lautstärke verlangt; ebensogut könnte man decresc. oder dim. (diminuendo) schreiben. In der Regel werden unter der Notenzeile in kursiver Schrift jene Anweisungen geschrieben, die sich auf die Tonstärke und den Vortrags-Charakter beziehen, über den Noten finden sich in fetteren Lettern die Informationen über das Tempo, wie accel. (accelerando) oder a tempo.
Geschichte
Antike und außereuropäische Notenschrift
Vieles deutet darauf hin, dass im alten Ägypten seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. eine Art Notenschrift existierte und auch andere Völker versuchten, Musik schriftlich festzuhalten.
Die erste voll entwickelte und heute vollständig entzifferte Notation ist die griechische, deren erstes Auftreten unterschiedlichen Quellen zufolge schon im 7. Jahrhundert v. Chr. oder erst um 250 v. Chr. zu datieren ist. Diese Notenschrift verwendete Buchstaben, die möglicherweise nach den Saiten der Kithara benannt waren, für die Tonhöhe und markierte mit darüber geschriebenen Symbolen die Tondauer. Sie ist auf vielen Fragmenten überliefert, allerdings gibt es nur eine einzige Komposition, die auf diese Art vollständig erhalten ist, das Seikilos-Epitaph, das im 2. Jahrhundert v. Chr. in einen Grabstein in der Nähe von Ephesos gemeißelt wurde.
In Europa ging die griechische Notation mit dem Fall des römischen Reiches verloren, ihre spätere Entzifferung war nur mit Hilfe römischer musiktheoretischer Schriften aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten möglich. Wie schnell diese Tradition aber vergessen wurde, zeigt folgendes Zitat des Kirchenvaters und Bischofs Isidor von Sevilla aus seinen Etymologiae (um 625), in dem er behauptet, es sei unmöglich, Musik zu notieren:
- Nisi enim ab homine memoria teneantur, soni pereunt, quia scribi non possunt (Etym. III, cap. 15)
- (Wenn sie nämlich nicht von den Menschen im Gedächtnis behalten werden, vergehen die Töne, weil sie sich ja nicht aufschreiben lassen.)
Außerhalb von Europa entwickelten sich vor allem in China, Japan und Indien Notationssysteme, die häufig neben oder über dem gesungenen Text die Melodie in kleineren Schriftzeichen notierten, rhythmisch aber viele Freiheiten ließen. Abgesehen davon wurden aber auch Tabulatur-Schriften für instrumentale Kompositionen verwendet. Die arabische Notenschrift, die ab dem 13. Jahrhundert in Gebrauch war, wurzelt vor allem in der dort noch überlieferten griechischen Tradition, entwickelte sich aber kaum weiter, da der improvisatorische Charakter der Musik überwog.
Überhaupt lässt sich feststellen, dass abgesehen von den Griechen bei den meisten Völkern die Notenschrift eher als eine Erinnerungsstütze für größtenteils improvisierte Musik diente und weniger dazu, Melodien für die Nachwelt zu konservieren. Das genauere Notensystem entwickelte sich in Europa auch deshalb, weil die freiere, improvisierte Musik zugunsten der kirchlichen Tradition der komponierten und rituell wiederholbaren Psalmodien und Choräle in den Hintergrund geriet.
Neumen
In der Mitte des 9. Jahrhunderts entwickelte sich in europäischen Klöstern eine neue Art der Musikschrift für die gregorianischen Choräle, die Neumen als Symbole benutzte, mit denen ein Melodieverlauf über dem Text notiert werden konnte. Eine einzelne Neume stand dabei für eine bestimmte melodische Floskel. In verschiedenen Ländern und Klöstern wurden allerdings leicht unterschiedliche graphische Zeichen verwendet. Die älteste Quelle dieser Notation findet sich in der Musica disciplina von Aurelian von Réôme um 850. Früher datierende Fragmente visigotischer Neumen von der Iberischen Halbinsel konnten noch nicht entziffert werden. Aus dem Ende des 12. Jahrhunderts stammt die links abgebildete Lambacher Messe, deren Original im Stift Melk liegt.
Guido von Arezzo
Die Notation auf Notenlinien, die heute verwendet wird, geht auf Guido von Arezzo, den Erfinder der Solmisation, zurück. Er setzte die Neumen zu Beginn des 11. Jahrhunderts in ein System aus ursprünglich vier Linien im Terzabstand, von denen eine mit einem Tonbuchstaben markiert war. Mit dieser clavis (Schlüssel) konnte erstmals die genaue Tonhöhe der Musik festgelegt werden: Der Notenschlüssel war erfunden. Guido verwendete vor allem ein kleines c, mit dem das c1 gesetzt wurde, und hatte zudem die Gewohnheit, die Linien gewisser Töne in einer bestimmten Farbe zu ziehen, was auch damit zusammenhing, dass er seinen Schülern das neue System didaktisch aufbereiten wollte. Auf der Abbildung rechts sieht man eine Seite der Jenaer Liederhandschrift.
Das vierlinige Neumensystem mit C-Schlüssel ist in Verbindung mit den Neumen der Quadratnotation in der Kirchenmusik bis heute in Gebrauch, für unterschiedliche Instrumente und Zwecke wurden aber bald auch Systeme mit mehr oder weniger Linien verwendet. Außerdem entwickelten sich der Bass- und der Violinschlüssel. Das moderne System mit fünf Linien entstand im Frankreich des 16. Jahrhunderts, doch waren bis ins 17. Jahrhundert hinein noch andere Schreibweisen üblich.
Mensuralnotation
Da die Neumenschrift aus dem Festhalten von Gesängen entstand, die in ihrem Rhythmus dem lateinischen Sprachfluss folgten, war die exakte Notation von Tondauern noch kein wichtiges Anliegen. Vor allem für die Niederschrift rein instrumentaler Musik ergab sich aber bald die Notwendigkeit einer Reform. Mit der Einführung der (schwarzen) Mensuralnotation im 13. Jahrhundert wurde durch die Verwendung verschiedener Notenwerte auch der Rhythmus notierbar. Die damaligen Notenwerte hießen Maxima, Longa, Brevis, Semibrevis, Minima und Semiminima, ihr genaues metrisches Verhältnis hing von der verwendeten Mensur und dem Wert der Nachbarnote(n) ab.
Im 15. Jahrhundert wurde durch die Vergrößerung der Handschriften das Ausfüllen der Notenköpfe zu aufwendig, außerdem war das verwendete Papier dünner und konnte leichter reißen, wenn es zu feucht war: Es entstand die so genannte weiße Mensuralnotation. Die Schwärzung erfolgte nur noch zur Kennzeichnung besonders kleiner Notenwerte. Der abgebildete Beginn der Missa Papae Marcelli von Giovanni Pierluigi da Palestrina ist hierfür ein schönes Beispiel.
Das moderne Taktmaß
Im 15. Jahrhundert begann man auch damit, Notenzeilen mit Hilfe vertikaler Linien in Abschnitte zu teilen. Diese Teile waren aber keine Takte im modernen Sinn, da ja auch die Musik jener Zeit sehr unregelmäßige Muster innehatte, sondern wurden zu Hilfe genommen, um in Partituren anzuzeigen, an welchen Stellen die verschiedenen Stimmen zugleich zu spielen oder singen hatten.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde das moderne rhythmische System mit Taktarten und Taktstrichen eingeführt, das als Notenzeichen die kleineren Werte der weißen Mensuralnotation mitnahm.
Aus der Geschichte der modernen Notation lässt sich ersehen, dass ihre Entwicklung hauptsächlich aus den Anforderungen für gesungene Musik entstand, und tatsächlich hört man oft, dass sie für die Niederschrift von Instrumentalmusik ungeeignet wäre. Die zahlreichen Versuche in den letzten beiden Jahrhunderten, das System der Notenschrift zu reformieren, schlugen aber sämtlich fehl, sei es aufgrund der konservativen Einstellung der Musiker oder weil die neu entworfenen Systeme doch schlechter geeignet waren als das alte. Für gewisse Spezialgebiete gibt es aber auch alternative Notenschriften, die zum Teil auf uralten Traditionen beruhen.
Von der Handschrift zum Computerdruck
Kopisten
Die Entwicklung des Notensatzes verlief ähnlich wie die Geschichte des geschriebenen Wortes. Nach in Stein gemeißelten oder in Ton geritzten Notentexten entwickelten sich bald Tinte und Papier zum idealen Medium.
Die mehr oder weniger leserlichen Handschriften verschiedener Komponisten können viel über ihre Persönlichkeit aussagen, man vergleiche nur Johann Sebastian Bachs einheitliche und kontrollierte Handschrift (ganz oben abgebildet) mit nebenstehendem Ausschnitt von Ludwig van Beethovens Hammerklavier-Sonate. Bis heute ist die Entzifferung der Autographe eine schwierige Expertenarbeit, wenn es gilt zu unterscheiden, ob ein Staccato-Punkt oder nur ein Tintenfleck vorliegt, oder, wie häufig bei Franz Schubert der Fall, die graphischen Zwischenstufen von Akzent-Keil zu Diminuendo-Gabel in der Drucklegung adäquat wiedergegeben werden sollen.
Wenn der Komponist die Partitur eines neuen Orchesterwerks geschrieben hatte, war es die Aufgabe von Kopisten, die Stimmen der einzelnen Instrumente daraus abzuschreiben, was eine zeitraubende Arbeit gewesen sein muss. War das Stück erst im letzten Moment fertigkomponiert, musste es schnell gehen, und aus vielen Zeitzeugnissen kennen wir Schilderungen von „noch feuchten Notenblättern“, aus denen die Musiker eine Uraufführung spielten.
Buchdruck
Nach der Einführung des Buchdrucks begannen auch die Notenschreiber, mit dieser Technik zu experimentieren, und druckten nach gestochenen oder geschnittenen Vorlagen aus Holz und Metall. Später wurde auch das Prinzip der beweglichen Lettern auf den Notendruck übertragen, wie es in der obigen Abbildung von Palestrinas Messe zu sehen ist. Diese Praxis wurde aber nur angewendet, wenn ein Werk einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte. Der weitaus größere Teil der Musik wurde weiterhin aus handgeschriebenem Material gespielt. Außerdem funktionierte diese Setzmethode nur in Verbindung mit der rhythmisch relativ einfachen Musik jener Zeit, konnte aber mit der Entwicklung der Musiksprache und spätestens mit den graphisch komplizierteren Partituren der Romantik nicht mehr aufrechterhalten werden.
Metallplatten
Im 18. Jahrhundert wurde der Notenstich mit Kupferplatten in Frankreich immer verbreiteter, und durch seine überragende Qualität setzte er sich in den wichtigen Verlagshäusern Europas bald durch. Die heikle Aufgabe des Notenstechers besteht darin, die Aufteilung der Systeme und Takte mit all ihren zusätzlichen Beschriftungen und Symbolen am Blatt so anzuordnen, dass sich für den Spieler ein organisch zu lesendes Ganzes mit geeigneten Stellen zum Umblättern ergibt, und dieses Layout auf der Notenstichplatte (Blei-Zinn-Antimon-Legierung) spiegelverkehrt zu skizzieren. Der eigentliche Stechvorgang erfolgt dann mit einem Rastral (mit dem die fünf parallelen Notenlinien auf einmal gezogen werden), verschiedenen Stahlstempeln und anderen Ritz- und Stechwerkzeugen. Vor dem endgültigen Druck wird ein sogenannter Grünabzug zur Korrektur gemacht.
Computernotensatz
Die ersten Experimente, Computer für den Notendruck einzusetzen, fanden schon in den 1960er Jahren statt, ernstzunehmende Ergebnisse gibt es seit den 1990er Jahren. Neben professionellen Programmen wie Finale, Score und Sibelius, die handgestochene Noten auch bei renommierten Musikverlagen massiv verdrängen, findet man auch Open-Source-Lösungen wie GNU LilyPond oder Rosegarden. Im Bereich der populären Musik werden heute vor allem Programme wie Logic oder Cubase verwendet. Dies sind aufwändige Sequenzerprogramme, in die auch Notendruckfunktionen integriert worden sind, die allerdings keinen professionellen Ansprüchen genügen und dadurch ästhetisch überzeugende Ausgaben populärer Musik zur Seltenheit werden lassen.
Viele Musiker sind nach wie vor der Meinung, dass es angenehmer ist, aus Noten zu spielen, die von einem geübten Notensetzer von Hand geschrieben oder gesetzt sind. Als besonders negativer Trend wird empfunden, dass Verlage aus Kostengründen zunehmend auch Noten herausgeben, die nicht von professionellen Notensetzern, sondern von Laien gesetzt worden sind und daher nicht immer hohen Ansprüchen genügen. Dies ist häufig bei populärer oder pädagogischer Musik der Fall, wenn z. B. der Autor einer Schule sein Werk komplett gesetzt und gelayoutet zum Druck einreicht.
Alternative Notationssysteme
Tabulatur
Tabulaturen sind möglicherweise noch älter als Noten, da es naheliegender ist, die Griffe und Tasten niederzuschreiben, mit denen man zu einem musikalischen Ergebnis kommt, als das Ergebnis selbst zu abstrahieren. Vor allem für Zupf- und Tasteninstrumente wurden sie verwendet, seltener auch bei Streich- und Holzblasinstrumenten. Gitarrentabulaturen sind bis heute in Gebrauch, rechts ist der Beginn des Liedes Alle Vöglein sind schon da abgebildet.
Eine besondere Art der Tabulatur ist die Klavarskribo, eine Notation für Tasteninstrumente, die vom Niederländer Cornelis Pot entwickelt wurde.
Notennamen
In Texten über Musik oder in Ermangelung von Notenpapier werden Melodien oft anhand ihrer Notennamen beschrieben. Für den Donauwalzer im Beispiel oben könnte das so aussehen: „3/4: d¹ | d¹ fis¹ a¹ | a¹“ usw. Statt fis kann auch f# geschrieben werden, ebenso ab statt as. Zu beachten sind hier aber auch anderssprachige Tonbezeichnungen, deren Unkenntnis Missverständnisse hervorrufen kann.
Weitere Möglichkeiten, Noten zu benennen, sind die relative und die absolute Solmisation, die ihre Tonnamen auf Guido von Arezzo zurückführen, und die Tonwort-Methode von Carl Eitz.
Kurzschriften für Akkorde
In der Tradition des Generalbasses wird eine Bassstimme mit Ziffern versehen, aus denen sich der über dem Basston zu spielende Akkord ableiten lässt. Viele Komponisten benutzten die Bezifferung aber auch, um rasch den harmonischen Verlauf eines Werkes skizzieren zu können. So konnte sich Franz Xaver Süßmayr bei seiner Vollendung von Mozarts Requiem auf einige bezifferte Bässe stützen, die Mozart noch selbst notiert hatte. Die Abbildung rechts zeigt einen einfachen Generalbass, im oberen System ist eine mögliche Ausführung der Bezifferung ausgeschrieben.
Eine andere Richtung verfolgen die heute vor allem im Jazz und in der Popularmusik üblichen Akkordsymbole, die neben dem Notennamen des Akkord-Grundtons einen Code aus Buchstaben und Ziffern aufweisen, mit dem die Art der Harmonie beschrieben wird. Dieses System, das ganz ohne Notenlinien auskommt, wird in der Standard notation in Verbindung mit einer Melodie-Notenzeile eingesetzt, es gibt aber auch Sammlungen, in denen lediglich Text und Akkordsymbole eines Liedes abgedruckt sind, weil die Melodie als bekannt vorausgesetzt wird.
Braille-Notenschrift
Unter Verwendung der selben Zeichen wie in seiner Blindenschrift erfand Louis Braille eine musikalische Notation für Sehbehinderte, die heute weltweit verwendet wird. In seinem ausgeklügelten System von Noten-, Oktav-, Harmonie- und Zusatzsymbolen ist es möglich, auch die vertikalen Abläufe mehrstimmiger Musik in eine für Blinde lesbare lineare Zeichenfolge zu bringen. Die größte Sammlung von Noten in Brailleschrift besitzt die National Library for the Blind in Stockport (GB). Ein hervorragender Artikel über Braille music findet sich in der englischen Wikipedia. (Siehe Weblinks)
Graphische Notation
Im 20. Jahrhundert wollten sich viele Komponisten vom Notenbild lösen, das sie ungeeignet und zu konkret für ihre Musik fanden, und begannen, mit graphischer Notation zu experimentieren, um der eigenen Inspiration und der Kreativität des ausführenden Musikers mehr Platz zu geben. Wichtige Proponenten sind Karlheinz Stockhausen, John Cage, Morton Feldman oder Iannis Xenakis, besonders bekannt ist der Klavierzyklus Makrokosmos von George Crumb.
Literatur
- Albert C. Vinci: Die Notenschrift. Grundlagen der traditionellen Musiknotation, Bärenreiter, Kassel 1988, ISBN 3-7618-0900-X
- Thrasybulos Georgiades: Musik und Rhythmus bei den Griechen, Rowohlt, Hamburg 1958
- Willi Apel: Die Notation der polyphonen Musik. VEB Breitkopf & Härtel, Leipzig 1962, ISBN 3-7330-0031-5
- Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). dtv-Verlag, München/Kassel 1989, ISBN 3-423-05913-3
- Karlheinz Stockhausen: Musik und Graphik. In: Darmstädter Beiträge zur neuen Musik III, Schott Verlag, Mainz 1960
- Günter Brosche: Musikerhandschriften. Reclam, Ditzingen 2002 ISBN 3-150-10501-3
Weblinks
- Onlinekurs in Notenlesen und etwas Musiktheorie
- Prächtige Abbildungen aus der Musiksammlung des Vatikans (en)
- Braille music in der englischsprachigen Wikipedia