Überprüft

Analogkamera

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Eine analoge Leica-Kamera ca. 1960

Analogkamera“ (auch: „analoge Kamera“) ist ein retronymer Begriff aus der Fotografie. Es handelt sich um eine Kamera, die statt eines digitalen Speichermediums (siehe: Digitalkamera) als Aufnahmemedium fotografischen Film oder Fotoplatten, bzw. bei Edeldruckverfahren beschichtetes Papier oder Metallplatten, bzw. Sofortbildmaterial benötigt.

Sie basiert auf der Technik der klassischen, chemischen „Analogfotografie“ (auch Silber-Fotografie) für Fotoapparate und Filmkameras.

Zur Abgrenzung gegenüber dem Begriff der Digitalkamera innerhalb der neuen fotografischen Verfahren der Digitalfotografie taucht zu Beginn des 21. Jahrhunderts[1] der Begriff „analoger Fotoapparat“ auf. Zuvor wurden Kameras für das klassische, chemische Verfahren nur als „Filmkamera“, „Fotokamera“, „Fotoapparat“ oder einfach als „Kamera“ bezeichnet.

Die umgangssprachliche Bezeichnung als „analog“ resultiert daraus, dass „analog“ in der Elektrotechnik das Gegenstück zu „digital“ ist. Diese Unterscheidung bezieht sich aber streng genommen nur auf die Signalverarbeitung innerhalb der Elektrotechnik, es ist nicht automatisch alles „analog“ was nicht „digital“ oder gar nur nicht elektronisch ist. Es gab auch elektronische Kameras, die Bilder analog verarbeiteten, als die Digitaltechnik noch nicht so weit fortgeschritten war. Die Bezeichnung „Analogkamera“ für chemische Fotoapparate ist daher faktisch falsch und irreführend.

Die erste „Digitalkamera“ von Steven J. Sasson 1975 war eigentlich ein Still-Video-Kamerasystem (SVC), bei dem das analoge Signal vom CCD-Sensor zwar intern digitalisiert auf einem Magnetband (außerhalb der Kamera) gespeichert wurde. Für die Betrachtung oder gar eine elektronische Bildverarbeitung (EBV) konnte die auf dem Band gespeicherte digitale Information mit der Technik, die dem Pionier Steven Sasson zu jener Zeit zur Verfügung stand, aber noch nicht genutzt werden. Lediglich als re-analogisiertes Signal konnte man die Bilder auf dem Bildschirm eines Fernsehgeräts betrachten.[2][3]

1981 entwickelte Sony mit der Mavica den Prototyp einer SVC, mit der man Bilder (noch analog) immerhin schon auf einer Diskette innerhalb der Kamera speichern konnte. Es folgten danach kommerziell nutzbare Kamerasysteme u. a. von Canon (Prototyp im August 1984, marktreif im Juli 1986 mit dem Modell RC-701) und Nikon (Prototyp SVC im Herbst 1985, marktreif 1988 mit dem Modell QV-1000c), die auf diesem analogen Speicherverfahren basierten.

All diese Systeme erlaubten noch keine EBV; die Bilder wurden auch hier nur auf einem Fernsehgerät präsentiert. Es handelte sich streng genommen noch nicht um Digitalfotografie. Immerhin konnten die Bilddaten der Kamera bereits mittels Telefon-Modem weitgehend verlustfrei elektronisch innerhalb von Minuten an die Bildredaktionen übertragen und dort für den Druck genutzt werden.

Erst 1990 präsentierte Kodak das erste voll-digitale Kamerasystem, bei dem die analoge Bildinformation vom CCD-Sensor (später auch CMOS-Sensor) sofort einem Analog-Digital-Wandler zugeführt, in digitaler Form gespeichert und nun anschließend mittels EBV weiter verarbeitet werden konnte (drehen, spiegeln, skalieren, verfremden etc.). Diese Kamera für Berufsfotografen, eine Kodak DCS (ab 1991 DCS-100 genannt), basiert auf einer Nikon F3 Spiegelreflexkamera, die um die elektronischen Aufnahme-Komponenten erweitert wurde. Die digitale Speichereinheit war aber noch nicht innerhalb der Kamera realisiert und befand sich in einem separaten Modul, das an der Schulter getragen wurde. Noch im selben Jahr entwickelte Logitech mit dem Fotoman (in den USA auch als Dycam vermarktet) die erste echte Digitalkamera für den Massenmarkt. Gleichzeitig erschien 1990 mit Adobe Photoshop das erste kommerzielle Programm zur digitalen Bildverarbeitung.

Um der Öffentlichkeit diese neuartige digitale Speichertechnik zu erklären, verglich man sie in einigen Publikationen technisch mit der bis dahin verwendeten analogen Bildspeicherung der SVC. Durch Übersetzungsfehler und Fehlinterpretationen, sowie durch den bis dahin noch allgemein vorherrschenden Mangel an technischem Verständnis über die digitale Kameratechnik, bezeichneten einige Journalisten danach irrtümlich alle – auch die bisherigen klassischen filmbasierten Kamerasysteme – als Analogkameras.[4][5]

Der Begriff hat sich allgemein bis heute erhalten und bezeichnet nun nicht mehr die Still-Video-Kameras mit analoger Speichertechnik, sondern – fälschlich – nur noch die (im weiteren Verlauf dieses Artikels ausschließlich behandelten) Kameras für die filmbasierte (Silber-)Fotografie. Bei dieser wird aber das Bild weder digital noch analog „gespeichert“, sondern chemisch-physikalisch fixiert.

Zum Stand 2017 existierten weltweit nur noch wenige Hersteller, die Kameras für die Analogfotografie produzierten; der Anteil am Gesamtmarkt hatte sich auf sehr niedrigem Niveau stabilisiert. Der Markt für das notwendige Verbrauchsmaterial (Filme, Fotopapier, Entwicklerchemikalien) sowie für die Dienstleistung der Filmentwicklung war ebenfalls stark zurückgegangen, existierte aber nach wie vor.

Vor allem seit der Corona-Pandemie im Jahr 2020 ist jedoch wieder ein Anstieg in der Nachfrage zu verzeichnen. Zeitweilig führte dies sogar zu Lieferengpässen bei Verbrauchsmaterialien und rasanten Preisanstiegen bei Gebrauchtwaren, welche jedoch nicht alleinig durch die pandemiegeschwächten globalen Lieferketten und Produktionen, sowie die hohe Inflation erklärt werden können, sondern vor allem durch die niedrigen Bestände aufgrund der mangelnden Nachfrage zu begründen sind. Als Reaktion auf die hohe Nachfrage finden einige frühere Hersteller, die zum derzeitigen Punkt noch am Markt waren, wieder vermehrt an analoge Verbrauchsprodukte zu produzieren oder sogar neue analoge Kameras herzustellen.

Stand 2024 stieg die Nachfrage nach Verbrauchsmaterial damit so sehr an, dass größere Hersteller wie z. B. Pentax, zuletzt sogar vollständige Neuveröffentlichungen semi-professioneller analoger Kameras verkündeten. Auch einige kleinere Startups haben eigene Modelle angekündigt und ältere Hersteller wie Kodak, Polaroid und Ilford produzieren zunehmend Budet-Optionen für den Einsteigermarkt. Neue, zuvor noch nie gesehene analoge Filme wurden ebenfalls angekündigt, wie zum Beispiel eine Kodak Gold 200 Variante für den Gebrauch in Mediumformat Kameras. Der Gebrauchtmarkt hat sich unterdessen auf einem preislich leicht erhöhten Niveau eingependelt. Die Lagerbestände der meisten Filme hingegen haben sich wieder erholt, jedoch sind die Preise allgemein vergleichsweise hoch und Lieferzeiten können je nach Film weiterhin stark variieren. Vor allem Filme der Marke FujiFilm haben dabei starke Preissteigerungen erlitten.

Die Verwendung und Bedeutung der Analogkamera als bildgebendes Instrument im Alltag tritt in den Industriestaaten immer weiter zurück. Einige Amateure und Hobbyfotografen sind aber den Schritt zur Digitalfotografie nie gegangen und verwenden sie wie gewohnt auch weiterhin.

Unter einigen professionellen Fotografen und „Fine-Art“-Künstlern sowie beim Einsatz von Großformatkameras genießt die Fotografie mit Analogkameras bis hin zur klassischen Ausarbeitung der Bilder im Fotolabor durchaus ein Dasein. Für die archivfeste Einlagerung von Bildmaterial über lange Zeiträume hinweg werden zum Teil auch heute noch professionelle Reprokameras mit Filmmaterial verwendet.

Einige Fotografen nutzen Analogkameras ausschließlich für die Sofortbildfotografie, um sowohl ein einmaliges Original als auch eine ungewöhnliche und besondere Bildwirkung zu erzielen. Teilweise werden analoge Sofortbildkameras auch in der Reproduktionsfotografie (Museen, Archive) eingesetzt.

Zu Beginn der 2010er-Jahre entwickelte sich ein Trend, vorhandene Analogkameras wieder für die Aufnahme auf Filmmaterial zu verwenden. Die entwickelten Negative werden dabei anschließend nicht mehr in der Dunkelkammer vergrößert, sondern eingescannt, um diese danach digital weiter zu verarbeiten. Diese Technik der Hybridfotografie ist ein Teilbereich der Analogfotografie. Inzwischen gibt es Hersteller für neue Kameras innerhalb dieses Nischenmarktes.

Ein Bild entsteht in einer Analogkamera durch Projektion des Aufnahmeobjekts mittels eines optischem Systems auf einer Einstellscheibe oder latent auf einem Film. Zunächst wird die Kamera mit unbelichtetem, nur einmal verwendbarem fotografischen Film (früher auch Glasplatten) geladen. Nun erfolgt die fotografische Aufnahme innerhalb der Grenzen der Sensibilisierung des verwendeten Materials. Der Film enthält Partikel aus lichtempfindlichen Silberhalogeniden, die bei Belichtung zersetzt werden. Elementare Silberkörnchen begünstigen die Reduktion durch ein Reduktionsmittel (Entwickler) weiteren Silberhalogenids in ihrer unmittelbaren Umgebung. Unveränderte Reste der Silberhalogenide werden mit einem Fixiermittel gelöst. Das fixierte fotografische Bild als Objekt entsteht also erst im Fotolabor bzw. in der Dunkelkammer. Der belichtete Film wird danach getrocknet; er zeigt nun – abhängig vom Entwicklungsverfahren – ein transparentes, sogenanntes Diapositiv oder ein im Tonwert invertiertes Negativ. Anschließend wird in einem zweiten Prozess-Schritt das entwickelte Dia oder Negativ im Vergrößerungsgerät auf ein lichtempfindliches, ebenfalls nur einmal verwendbares Fotopapier projiziert bzw. mittels Kontaktkopie direkt auf ein solches gelegt und belichtet. Auch dieses muss nun entwickelt, fixiert und getrocknet werden.

Etwas anders arbeiten Sofortbildkameras. Dabei wird der belichtete Film unmittelbar nach der Belichtung durch Quetschrollen gezogen, die eine Entwicklerpaste gleichmäßig auf dem Bild verteilen. Es wird dabei innerhalb von Sekunden entwickelt.

Bei einigen Edeldruckverfahren wurde auch direkt auf einer speziell behandelten Metallplatte belichtet. Das Ergebnis nach der Entwicklung ist ein metallisch schimmerndes Unikat.

Optisches System

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Analogkameras benötigen für die fotografische Aufnahme nicht in jedem Fall ein Objektiv. Es existieren sogenannte Lochkameras auf Basis der camera obscura, mit denen Bilder ohne optische Glaselemente projiziert werden können. Üblicherweise werden aber zur Projektion innerhalb der Kamera Objektive eingesetzt.

Bauformen einer Analogkamera

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fotografische Analogkamera

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Analogkameras können anhand zahlreicher Kriterien unterschieden werden, z. B. nach Aufnahmeformat, optischem System, verwendetem Aufnahmemedium oder Einsatzbereich. Aufgrund der unterschiedlichen Einteilungskriterien kann eine Kamera auch in mehreren Kategorien gleichzeitig erscheinen, beispielsweise kann eine Sucherkamera gleichzeitig eine Kleinbild- und eine Balgenkamera sein. Eingeteilt werden Kameras vor allem nach:

Ferner gibt es verschiedene Spezialkameras für spezifische technische Einsatzbereiche, z. B. Hochgeschwindigkeitskameras, Luftbildkamera, Messbildkameras, Panoramakameras, Stereokameras, Topografische Kameras, Überwachungskameras, Unterwasserkameras, Wärmebildkameras/Thermografiekameras/Infrarotkameras und Zweiraumkameras. Eine weitere Sonderbauart des Fotoapparats ist die Astrocam. Sie besteht aus einer Modellrakete mit einer Pocketkamera in der Spitze und ermöglicht das Anfertigen von Luftaufnahmen.

Klassifizierung nach Aufnahmemedium

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fotografischer Film:

Sofortbildfilm:

Für verschiedene Kamerasysteme mit auswechselbaren Filmmagazinen für klassisches Filmmaterial (Rollfilmkameras und Fachkameras) existieren als Alternative Polaroid-Rückteile.

Fotoplatte:

Fotoplatten wurden und werden bis heute in höchst unterschiedlichen Formaten angefertigt und verwendet. In Frankreich existierten Kollodiumkameras für Glasplatten im Format bis zu 30 cm × 30 cm; für Spionage- und Revolverkameras wurden runde Glasplatten mit einem Durchmesser von 5,5 cm hergestellt, mit deren Hilfe sechs kreisrunde Aufnahmen im Format 12 mm angefertigt werden konnten.

Klassifizierung nach dem Aufnahmeformat

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klassifizierung nach der optischen Konstruktion

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Analogkamera

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch historische Kameras lassen sich nach Aufnahmeformat, optischer Konstruktion oder Filmtyp einteilen und benennen. Daneben haben sich jedoch noch weitere historische Begriffe eingebürgert:

Kameras mit bestimmten konstruktiven Eigenschaften

Historische Spezialkameras:

Kinematografische Analogkameras

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es existieren kinematografische Filmkameras für die verschiedensten Aufnahmeformate, abhängig vom verwendeten Filmformat. Durchgesetzt haben sich zuletzt die Filmformate 8 mm, 9,5 mm, 16 mm, 35 mm und 70 mm.

Dabei wurden die verschiedensten Bauformen realisiert: Kameraantriebe mittels Kurbel, Federwerk oder Elektromotor. Kameras mit Festbrennweiten oder Zoom-Objektiven und solche mit Wechsel-Objektiven mittels Einzel- oder Revolver-Fassung.

Fototechnik, Gestaltung und Fotopraxis:

Geschichte, Chronologie:

  • Reinhold Mißelbeck: Prestel-Lexikon der Fotografen: von den Anfängen 1839 bis zur Gegenwart; mit Glossar. Prestel, München u. a. 2002, ISBN 3-7913-2529-9.
  • Therese Mulligan, David Wooters, Geschichte der Photographie – Von 1839 bis heute. 25 Jahre Taschen. Jubiläumsausgabe, Taschen-Verlag, 2005, ISBN 3-8228-4775-5.
  • Beaumont Newhall: Geschichte der Photographie. Schirmer/Mosel, München 1998/2005, ISBN 3-88814-319-5.
  • Franz-Xaver Schlegel: Das Leben der toten Dinge – Studien zur modernen Sachfotografie in den USA 1914–1935. 2 Bände, Art in Life, Stuttgart 1999, ISBN 3-00-004407-8.
  • Wolfgang Kemp: Foto-Essays: Zur Geschichte und Theorie der Fotografie (Broschiert), Schirmer/Mosel 2006, ISBN 3-8296-0240-5.
  • Lynne Warren (Hrsg.): Encyclopedia of Twentieth-Century Photography. Routledge, New York, NY [u. a.] 2006.
  • Über den Wert der Fotografie. Wissenschaftliche Kriterien für die Bewahrung von Fotosammlungen. Internationale und interdisziplinäre Tagung Aarau (Schweiz), 23.–24. März 2012.

Sonstige:

  • (Franz-Xaver Schlegel) Das Werk. Technische Lichtbildstudien (1931). Vorbemerkung von Eugen Diesel (1931). Neudruck der Erstausgabe 1931 nebst Materialien zur Editionsgeschichte. Einführender Essay von Franz-Xaver Schlegel (2002). Hrsg. von der Albertina, Wien. Königstein i. Ts. 2002 (= Die Blauen Bücher). ISBN 3-7845-3560-7.
Commons: Photographic film cameras – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Analogkamera – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Artikel in Channel Partner vom 6. September 2001 (Memento vom 21. Mai 2013 im Internet Archive)
  2. Patent US4131919: Veröffentlicht am 26. Dezember 1978.
  3. Steven J. Sasson: 'We Had No Idea' - Artikel vom 16. Oktober 2007 über die erste Digitalkamera (englisch) (Memento vom 16. März 2012 im Internet Archive)
  4. Harvey W. Yurow Ph.D. Whither Analog Photography? (englisch)
  5. Artikel vom Januar 1987 in der schwedischen Zeitschrift 'aktuell fotografi' (schwedisch)