Metronidazol

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Strukturformel
Strukturformel von Metronidazol
Allgemeines
Freiname Metronidazol
Andere Namen
  • 2-Methyl-5-nitroimidazol-1-ethanol
  • 2-(2-Methyl-5-nitroimidazol-1-yl)ethanol (IUPAC)
  • Metronidazolum (Latein)
Summenformel C6H9N3O3
Kurzbeschreibung

weißes oder schwach gelbes, kristallines Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 443-48-1
EG-Nummer 207-136-1
ECHA-InfoCard 100.006.489
PubChem 4173
ChemSpider 4029
DrugBank DB00916
Wikidata Q169569
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Antibiotikum

Wirkmechanismus

DNA-Strangbrüche

Eigenschaften
Molare Masse 171,15 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

159–163 °C[1]

pKS-Wert

2,5[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Achtung

H- und P-Sätze H: 351
P: 201​‐​308+313[3]
Toxikologische Daten

3000 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Metronidazol ist der Hauptvertreter der Nitroimidazole. Diese Gruppe von Antibiotika eignet sich zur Therapie von bakteriellen Infektionen durch Anaerobier (Lebewesen, die durch Sauerstoff gehemmt oder abgetötet werden) oder von Protozoeninfektionen. Der Wirkstoff wurde 1960 von Rhône-Poulenc patentiert.[2]

Wirkungsweise und -spektrum

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Metronidazol kann nach Elektronenübertragung auf seine Nitrogruppe die Nukleinsäuresynthese durch Strangbrüche hemmen und wirkt mutagen. Die hierfür nötige reduzierende Reaktion läuft nur unter sauerstoffarmen Verhältnissen ab und entfaltet so einen antimikrobiellen Effekt auf anaerobe Mikroben.

Metronidazol wirkt bakterizid gegen (obligate) Anaerobier wie Helicobacter, Gardnerella und Campylobacter sowie schädigend auf einige Protozoen wie Trichomonas, Entamoeba histolytica und Giardia. Es wird in deren Zellmilieu unter bestimmten Bedingungen (anaerobes Wachstum) durch Reduktion in hochreaktive Zwischenprodukte wie Acetamid und N-(2-Hydroxyethyl)-oxamidsäure umgewandelt,[4] die durch Komplexbildung bzw. Verursachen von Strangbrüchen die DNA der Erreger schädigen.

Bei der Behandlung der Hauterkrankungen Rosazea und periorale Dermatitis sind nicht nur die direkte antibiotische Wirkung bedeutsam, sondern auch unspezifische, entzündungshemmende Effekte.

Pharmakokinetik

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Die Plasmahalbwertszeit beträgt etwa sieben bis acht Stunden. Metronidazol verteilt sich gut im gesamten Körpergewebe und ist gut liquorgängig. Als Antiprotozoikum (z. B. gegen Trichomonas) wird in der Regel mit einer hohen Einmaldosis von 2000 Milligramm behandelt. Unkomplizierte bakterielle Infektionen werden mit einer niedrigeren Dosierung von 400 Milligramm oder weniger für einen längeren Zeitraum von fünf bis sechs Tagen behandelt. Bei höherer Dosierung (1000 bis 2000 mg täglich) verkürzt sich die Therapiedauer auf ein bis drei Tage. Nitroimidazole dürfen allgemein nicht länger als zehn Tage angewendet werden, da etwaige Risiken einer längerfristigen Therapie nicht erforscht sind.

Metronidazol kann oral, intravenös, rektal, intravaginal oder lokal bei Trichomonaden-Infektionen, welche vor allem die Vagina und die männliche Harnröhre betreffen, angewendet werden. Der Wirkstoff schmeckt bitter, weshalb Tabletten vor der oralen Eingabe nicht zerdrückt werden sollten. Darüber hinaus ist Metronidazol seit vielen Jahren in der Dermatologie (Hautheilkunde) zur Behandlung der Rosazea und gegen Periorale Dermatitis etabliert und zugelassen.

Es findet Anwendung in der unterstützenden Antibiosetherapie bei Parodontitis mit Anaerobierbefall (z. B. Porphyromonas gingivalis).

Der Wirkstoff wird im Darm nahezu vollständig resorbiert, über die Leber abgebaut und über die Niere ausgeschieden. Die Plasmahalbwertszeit beträgt ungefähr sieben Stunden. Er erreicht bei nicht-lokaler Anwendung auch die Hirnflüssigkeit und Abszesse in antibiotisch wirksamen Konzentrationen. Aufgrund seines immunsuppressiven Effekts wird es bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt. Bei der Behandlung von Fisteln beim Morbus Crohn spielt dieser Effekt mit der antibiotischen Wirkung zusammen.

Metronidazol wird bei antibiotikaassoziierter pseudomembranöser Enterocolitis durch Clostridioides difficile eingesetzt und war bis vor kurzem Mittel der ersten Wahl.[5][6][7] Das Antibiotikum wird zu diesem Zweck normalerweise oral und nur in Ausnahmefällen intravenös verabreicht.[8]

In der Tiermedizin wird es gegen verschiedene Trichomonaden- und Flagellateninfektionen eingesetzt. Giardien tötet das Medikament nicht ab, mindert aber die Vermehrung dieses Erregers. Darüber hinaus wird Metronidazol bei Hunden auch bei einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms (Small Intestinal Bacterial Overgrowth, SIBO) eingesetzt.

Neben seinen antibiotischen Eigenschaften wurde auch versucht, eine mögliche Strahlen-sensibilisierende Wirkung von Metronidazol im Rahmen einer Strahlentherapie bei hypoxischen Tumoren auszunutzen.[9] Jedoch haben die bei den erforderlichen Dosierungen auftretenden neurotoxischen Nebenwirkungen eine breite Anwendung von Metronidazol als adjuvanten Wirkstoff bei der Strahlentherapie verhindert.[10] Andere, von Metronidazol abgeleitete Nitroimidazole wie Nimorazol mit verringerter Elektronenaffinität zeigten aber weniger gravierende neuronale Nebenwirkungen und haben in einigen Ländern Einzug in die radio-onkologische Praxis bei Kopf- und Halstumoren gefunden.[11]

Kontraindikationen und Nebenwirkungen

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Metronidazol darf nicht bei organischen ZNS-Erkrankungen, Bluterkrankungen, Überempfindlichkeit, in der Stillperiode und bei schweren Leberschäden angewendet werden. Auf Alkohol muss während einer Metronidazolbehandlung verzichtet werden, da sonst besonders heftige Nebenwirkungen (Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwindel oder Hautrötungen am Kopf und im Nackenbereich) zu erwarten sind (Acetaldehydsyndrom). In der Schwangerschaft bzw. Trächtigkeit darf Metronidazol wegen der potenziell teratogenen Wirkung nur bei strenger Indikationsstellung (lebensgefährliche Infektionen) eingesetzt werden, da der Wirkstoff die Plazentaschranke überwindet. Insbesondere zur Sicherheit in der Frühschwangerschaft gibt es widersprüchliche Berichte.[12] Bei Vögeln sollte das Mittel nicht in der Paarungs- und Brutzeit angewendet werden.

Die Anwendung bei Tieren, die zur Lebensmittelgewinnung dienen, ist gemäß der EU-Rückstandshöchstmengen-Verordnung für Lebensmittel tierischen Ursprungs in der Europäischen Union generell verboten.

Nebenwirkungen können sich in Form von Kopfschmerz, Schwindel, Parästhesien, allergischer Reaktionen, Störungen der Funktion des Magen-Darm-Kanals (Erbrechen, Durchfall, Übelkeit) und Neuropathien bemerkbar machen. Zudem können ein metallischer Geschmack und eine Verfärbung des Urins auftreten. Gelegentlich ist eine Verminderung der peripheren Leukozyten (Leukopenie und Granulozytopenie) – in sehr seltenen Fällen wurde eine Verminderung der Blutplättchen (Thrombozytopenie) und das Fehlen bestimmter weißer Blutkörperchen (Agranulozytose) beobachtet, in diesen Fällen muss rasch eine Blutbildkontrolle durchgeführt werden. Bei lokaler Anwendung im Bereich der Genitalschleimhäute kann es zu schmerzhaften Reaktionen (Brennen) beim Wasserlassen (Dysurie), Blasenentzündung (Cystitis) und Harninkontinenz kommen.

Bekanntermaßen sind die Hauterkrankungen, die mit Metronidazol behandelt werden, von einer allgemeinen, unspezifischen Überempfindlichkeit begleitet. Bei lokaler Anwendung von Metronidazol an der Gesichtshaut sind deshalb unspezifische Reaktionen wie Brennen, Jucken oder Hautrötungen möglich, die aber nicht sicher dem Wirkstoff zugerechnet werden können. Bei länger dauernder Anwendung, die in besonderen Fällen von Hauterkrankungen erforderlich sein kann, sind keine Langzeitschäden am Hautorgan zu erwarten.

Karzinogenität und Mutagenität

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Die Mutagenität von Metronidazol auf Bakterien ist Grundlage des Wirkprinzips und konnte mit Hilfe des Ames-Tests auch nachgewiesen werden. Bei Mäusen weist Metronidazol ebenfalls eine karzinogene Wirkung auf, doch konnten ähnliche Studien bei Hamstern und große epidemiologische Studien an Menschen keinen Beweis für ein erhöhtes karzinogenes Risiko beim Menschen feststellen. Auch konnten weder In-vitro-Studien mit Säugetierzellen noch In-vivo-Studien mit Nagetieren und Menschen einen Nachweis für eine mutagene Wirkung von Metronidazol bei diesen erbringen.

Monopräparate
Anaerobex (A), Arilin (D, CH), Ariline (A), Clont (D), Dumozol (CH), Elyzol (D, CH), Flagyl (D, CH), Metrosa (D), Nidazea (A, CH), Perilox (CH), Rosalox (CH), Rosiced (A, D), Rozex (CH), Trichex (A), Vagi-Metro (D), Vagimid (D), zahlreiche Generika (D, A, CH)

Kombinationspräparate

  • Humanmedizin (Kombination mit Tetracyclin) u. a.: Pylera (D, A)
  • Tiermedizin (Kombination mit Spiramycin): Stomorgyl (A), Suanatem (D, A)
  • H. Lüllmann, K. Mohr, M. Wehling: Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-368515-5.
  • W. Forth (Hrsg.), D. Henschler, W. Rummel, K. Starke: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 6. Auflage. BI-Wiss.-Verlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1992, S. 705, ISBN 3-411-15026-2.

Einzelnachweise

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  1. a b c d Eintrag METRONIDAZOLE CRS beim Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM), abgerufen am 12. Februar 2009.
  2. a b Eintrag zu Metronidazol. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 16. Juli 2019.
  3. a b c Eintrag zu Metronidazol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
  4. Manfred Schubert-Zsilavecz, Hermann J. Roth: Medizinische Chemie: Targets – Arzneistoffe – chemische Biologie. 2., völlig neu bearb. und erw. Auflage. Dt. Apotheker-Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-7692-5002-2 (191 Tabellen).
  5. C. Wenisch, B. Parschalk, M. Hasenhündl, A. M. Hirschl, W. Graninger: Comparison of vancomycin, teicoplanin, metronidazole, and fusidic acid for the treatment of Clostridium difficile-associated diarrhea. In: Clinical Infectious Diseases. Band 22, Nummer 5, Mai 1996, S. 813–818, PMID 8722937.
  6. Fred A. Zar et al.: A comparison of vancomycin and metronidazole for the treatment of Clostridium difficile–associated diarrhea, stratified by disease severity. In: Clinical Infectious Diseases 45.3, 2007, S. 302–307. PMID 1759930.
  7. Stuart Johnson et al.: Vancomycin, metronidazole, or tolevamer for Clostridium difficile infection: results from two multinational, randomized, controlled trials. In: Clinical Infectious Diseases, 59.3, 2014, S. 345–354. PMID 24799326.
  8. Clostridium-difficile-Infektion: Leitliniengerechte Diagnostik- und Behandlungsoptionen (Memento vom 14. November 2015 im Internet Archive).
  9. D. Nori, J. M. Cain, B. S. Hilaris, W. B. Jones, J. L. Lewis: Metronidazole as a radiosensitizer and high-dose radiation in advanced vulvovaginal malignancies, a pilot study. In: Gynecologic Oncology. Band 16, Nummer 1, August 1983, S. 117–128, PMID 6884824.
  10. J.R.Sarna, S.Furtado, A.K.Brownell: Neurologic complications of metronidazole. In: Can J Neurol Sci. Band 40, Nummer 6, November 2013, S. 768–776, PMID 24257215.
  11. J.Overgaard, H.S.Hansen, M.Overgaard, L.Bastholt, A.Berthelsen, L.Specht et al: A randomized double-blind phase III study of nimorazole as a hypoxic radiosensitizer of primary radiotherapy in supraglottic larynx and pharynx carcinoma. Results of the Danish Head and Neck Cancer Study (DAHANCA) In: Radiother Oncol Band 46, Nummer 2, Mai 1998, PMID 9510041.
  12. Rote Liste, 2015, S. 1633.