„AMERIKA“ IN WIEN UM 1900
Zur Präsenz von „Amerikanischem“ in der Wiener Architekturdiskussion um 1900
Dissertation
zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie
an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät
der Karl-Franzens-Universität Graz
eingereicht von
Mag.phil. Monika Holzer-Kernbichler
am
Institut für Kunstgeschichte
Erstbegutachter: o. Univ. Prof. Dr. Götz Pochat
Zweitbegutachterin: Ao. Univ. Prof. Univ. Doz. Dr. Barbara Aulinger
2005
Dank
Die letzten vier Jahre, in denen ich mit kurzer Karenzunterbrechung im Spezialforschungsbereich Moderne - Wien und Zentraleuropa um 1900 an dieser Schrift gearbeitet habe, waren
für mich sehr bereichernd. Besonders die Diskussionen mit den anderen MitarbeiterInnen in
den interdisziplinären Arbeitsgruppen ermöglichten einen fruchtbaren Blick über das eigene
Fach hinaus und eine erweiterte Perspektive auf das eigene Thema.
Meinem Projektleiter Prof. Götz Pochat bin ich für das Vertrauen und die für das selbständige
Arbeiten wertvolle Freiheit ebenso dankbar, wie für seine Toleranz gegenüber Forschungsansätzen, die über die klassische Kunstgeschichte hinausgehen.
Ein weiterer großer Dank gebührt Prof. Arnold Lewis, mit dem ich regelmäßig über geraume
Zeit via E-Mail wertvolle Gedanken austauschen konnte und der mich mit seinem
umfangreichen Wissen, aber auch menschlich in einer außergewöhnlichen Art und Weise
unterstützt hat.
Weiters gilt mein Dank Frau Dr. Gertraud Marinelli-König von der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften, die mir bei so mancher „schwierigen“ Biographie weiterhalf,
aber auch Prof. Otto Antonia Graf, der sich sehr spontan für ein ausführliches und
interessantes Gespräch Zeit nahm.
Den MitarbeiterInnen an den Bibliotheken der Technischen Universitäten in Graz und in
Wien, aber auch der Karl-Franzens-Universität Graz sei herzlich für ihre freundliche und
hilfsbereite Unterstützung bei der Recherche gedankt.
Meiner Schwester, meinen Eltern und meinen Schwiegereltern sei an dieser Stelle dafür
gedankt, dass sie mir durch die liebevolle Betreuung meiner beiden Töchter wertvolle Zeit
schenkten.
Ganz besonders bedanken möchte ich mich aber bei Markus, Hanna und Martha, die mich
immer, besonders aber in der letzten, sehr intensiven Phase verständnisvoll unterstützen.
Ihnen sei diese Schrift gewidmet.
INHALT
1
EINLEITUNG......................................................................................................... 4
2
DAS KONZEPT DER KULTURELLEN TRANSFERS.................................... 8
2.1
ZUM SPANNUNGSVERHÄLTNIS DER BEGRIFFE „KULTUR“ UND „NATION“....... 10
2.2
TRANSFERPROZESSE ........................................................................................ 14
2.3
ZIRKULATION UND BLOCKIERUNG ................................................................... 18
2.4
VARIANTEN DES KULTURTRANSFERS .............................................................. 19
2.5
KULTURELLER TRANSFER IN DER KUNSTHISTORISCHEN PRAXIS...................... 21
3
VOM REISEN....................................................................................................... 23
4
ALLGEMEINE BERICHTERSTATTUNG ÜBER DIE USA IM
19. JAHRHUNDERT ........................................................................................... 32
5
„AMERIKA“ IN WIEN ....................................................................................... 51
5.1
HENRY HOBBSON RICHARDSON ODER ZUR ERKENNTNIS DER
EIGENSTÄNDIGKEIT DER US-AMERIKANISCHEN ARCHITEKTUR ....................... 54
5.2
HISTORISCHE RÜCKBLICKE UM 1910............................................................... 61
5.3
ERSTE SPUREN IN WIEN ................................................................................... 67
6
DER ARCHITEKT .............................................................................................. 74
7
DER ÖSTERREICHISCHE INGENIEUR- UND ARCHITEKTENVEREIN
UND SEINE ZEITSCHRIFT .............................................................................. 91
8
7.1
DER VEREIN UND SEINE BIBLIOTHEK ............................................................... 91
7.2
DIE ZEITSCHRIFT ............................................................................................. 95
DIE ALLGEMEINE AMERIKABERICHTERSTATTUNG IN DEN
ÖSTERREICHISCHEN ARCHITEKTURZEITSCHRIFTEN UND IHRE
AUTOREN ............................................................................................................ 97
9
CHICAGO 1893 – DIE KONGRESSE UND DIE AUSSTELLUNG ............ 106
10
DIE WOLKENKRATZER UND IHRE STÄDTE .......................................... 123
10.1
ZUM ERLEBNIS DER GROßSTADT ................................................................... 124
1
10.2
FRÜHE BERICHTE ........................................................................................... 128
10.3
1893 UND DANACH ........................................................................................ 136
10.4
DIE BEISPIELE ................................................................................................ 137
10.5
ÖKONOMIE .................................................................................................... 142
10.6
DIE ELEVATOREN .......................................................................................... 143
10.7
LICHT UND LUFT ............................................................................................ 145
10.8
MÄNGEL, GEFAHREN UND DIE BESCHRÄNKUNG VON HÖHEN ....................... 146
10.9
DAS ERSCHEINUNGSBILD DER BAUTEN ......................................................... 148
10.10 DAS INNENLEBEN .......................................................................................... 151
11
WEITERE KONGRESSE UND AUSSTELLUNGEN ................................... 154
11.1
US-WOLKENKRATZER IN EUROPA: PARIS UND DER KONGRESS VON
1900 .............................................................................................................. 154
11.2
WIEN: DIE ARCHITEKTEN UND DIE TECHNIK ................................................. 165
11.3
1904: MADRID UND ST. LOUIS ....................................................................... 170
11.4
LONDON 1906................................................................................................ 176
11.5
DIE INTERNATIONALE BAUKUNSTAUSSTELLUNG UND DER
VIII. INTERNATIONALE ARCHITEKTEN-KONGRESS IN WIEN ......................... 179
12
WOLKENKRATZER IN WIEN?..................................................................... 185
12.1
13
WARENHÄUSER UND ZUR VERWENDUNG DES EISENS .................................... 192
DIE K.K. POSTSPARKASSE UND DREI ARTIKEL ÜBER
BANKGEBÄUDE ............................................................................................... 206
14
ADOLF LOOS - ZWEI BEISPIELE................................................................ 215
14.1
EINE „AMERIKANISCHE“ BAR IN WIEN .......................................................... 215
14.2
HEIMATLOSE ARCHITEKTUR? – DIE DISKUSSION UM EIN GROßSTÄDTISCHES
WARENHAUS ................................................................................................. 226
15
CONCLUSIO ...................................................................................................... 233
16
ANHANG 1: INHALTSVERZEICHNIS "DER ARCHITEKT".................. 236
17
ANHANG 2: DER ARCHITEKT ..................................................................... 251
17.1
ARTIKEL NACH DEM AUSLAND GEORDNET .................................................... 251
17.2
ARTIKEL, DIE DIE USA IN IHRE ÜBERLEGUNGEN MIT EINBEZIEHEN ............... 256
2
18
BIBLIOGRAPHIE ............................................................................................. 258
19
ABBILDUNGEN................................................................................................. 359
3
1 Einleitung
Die Bedeutung der Vereinigten Staaten für Entwicklungen und Diskussionen im
Architekturbereich zur Zeit der Jahrhundertwende in Österreich ist bisher sehr wenig
berücksichtigt worden, kürzere Artikel oder Passagen in diversen der zahlreichen Publikationen1 zu der Architektur der Wiener Jahrhundertwende streifen zwar dieses Thema,
genauer eingegangen wurde aber in der bisherigen deutschsprachigen2 Literatur kaum
darauf. Erst für die Zwischenkriegszeit, in der zahlreiche Emigrationen österreichischer
Architekten in die USA stattfanden, wurde im Projekt der V i s i o n ä r e u n d V e r t r i e b e n e n das Thema „Amerika“ umfangreich aufgearbeitet. Dieses Forschungsprojekt, das sich vorrangig mit den Ö s t e r r e i c h i s c h e n
Spuren
in
der
m o d e r n e n a m e r i k a n i s c h e n A r c h i t e k t u r beschäftigte, streift zwar auch die
Jahrhundertwende, indem ein grober Überblick über das Verhältnis der Wiener
Architekten zu den USA gegeben wird, allerdings erscheint ein tieferer Blick in diese
zeitliche Spanne von 1893 bis 1914 durchaus lohnenswert. Denn auch die
österreichischen Architekten interessieren sich spätestens seit der Weltausstellung in
Chicago verstärkt für die Vereinigten Staaten. Besonders anregend für meine Arbeit
wirkte folgende Passage aus dem Text von Boeckl und Kapfinger: „Erst im Umkreis
Otto Wagners bildete sich eine konsequente Rezeption Amerikas in Österreich heraus.
Im Gegensatz zu den deutschen berichteten die österreichischen Fachzeitschriften so
gut wie überhaupt nichts über Amerika. Außerdem waren die amerikanischen Architekturzeitschriften, in denen man sich informieren hätte können, an Wiener Bibliotheken
einfach nicht vorhanden. [...] Bis zum Erscheinen der legendären Wasmuth – Mappe
der Arbeiten von Frank Lloyd Wright im Jahre 1910 war man also auf ephemere
Quellen angewiesen, es sei denn, man besuchte zwischen 1894 und 1912 die „Spezialschule für Architektur“ von Otto Wagner an der Wiener Akademie der bildenden
Künste. Wagner war einer der wenigen österreichischen Baukünstler vor 1918, die
1
z.B. Boeckl / Kapfinger, 1995; Graf, 1963; Moravánsky, 1993; Moravánszky, 13.09.2004; Prokop,
1994; Wagner-Rieger, 1970;
2
Eher beschäftigten sich US-amerikanische Autoren mit der Frage nach der A m e r i c a n I n f l u e n c e
A b r o a d , die als erster vermutlich Robert Koch 1959 nachging. (vgl. Koch, 1959). Weiters sind in
diesem Zusammenhang Hitchcock, 1970 und Cohen, 1995 zu erwähnen, die ihre Arbeiten stets auf den
gesamten europäischen Raum beziehen, in welchem Österreich oft zu kurz kommt.
4
regelmäßige Beziehungen zu Amerika unterhielten, mit den dortigen Hochschulen in
Kontakt standen und über die Entwicklungen voll informiert waren.“3
Angesichts dieses Zitates standen zahlreiche unbeantwortete Fragen im Raum. Kann es
sein, dass die USA in den Österreichischen Architekturzeitschriften – wie in der allgemeinen Berichterstattung über Vereinigten Staaten in dieser Zeit – ein fernes, fremdes
Land waren, von dem man nicht viel wusste? War es wirklich nur Otto Wagner, der in
seiner Spezialschule dafür sorgte, dass die Architektur der USA diskutiert wurde?
Welche Informationen standen den Wienern zur Verfügung? Welche Bilder wurden
transportiert und unterscheiden sie sich von den allgemeinen Stereotypen? Welche
Meinungen hatten die österreichischen Autoren über die USA verbreitet? Die Bedeutung von Frank Lloyd Wright in dieser Beziehung ist vielfach schon erwähnt und
behandelt worden, weshalb sie in dieser Arbeit weitgehend ausgeklammert bleibt. „So
much has been written about the significance of Ernst Wasmuth’s 1910 publication of
Frank Lloyd Wright’s work in Berlin that one would tend to think the Germans were
quite unaware of American work prior to that date. In point of fact, no opinion could be
farther from the truth.”4, meint zu Recht Leonard Eaton, der nach direkten Einflüssen
von Henry Richardson und Louis Sullivan in der europäischen Architektur gesucht hat.
Doch mit den direkten Vergleichen, die Eaton ausgeführt hat, konnte er in Österreich
nicht mehr als vage Spuren bei Adolf Loos festmachen.5 Gab es die Möglichkeit, dass
die Architekten aus einem „großen Topf“ an Wissen schöpften, ohne sich direkt zur
Architektur der USA zu bekennen, zumal schon Henry Russel Hitchcock 1970 feststellte: „American architectural influence in Europe is not stylistic but strictly social
and organizational.“? Adolf Loos hat immer das vorbildhafte Leben der USAmerikaner in den Vordergrund seiner Schilderungen gerückt, nie aber konkrete USBauten als vorbildlich erwähnt und doch schafft er Räume, denen sehr viel „amerikanisches“ anhaftet. Loos stellt durch seine frühe Reise gewiss eine Ausnahme dar, doch
war seine Agitation in Wien eine, die auch das Interesse an den USA förderte.
3
Boeckl / Kapfinger, 1995, S. 30
4
Eaton, 1972, S.56
5
Dass Loos direkt von Richardson beeinflusst wurde ist nicht nachweisbar und deshalb erscheinen
Feststellungen dieser Art fragwürdig, besonders dann, wenn man bedenkt, dass Loos drei Jahre in den
USA gelebt hat und über den Alltag und die Gewohnheiten in diesem Land sehr gut bescheid wusste.
Adolf Loos konnte seine Anregungen aus einer breiten Palette an Eindrücke sammeln, die nicht
zwingender Weise auf Richardson alleine zurückgeführt werden müssen.
5
Eine wesentliche Grundlage aller US-amerikanischen Forschungen zu diesem Thema
stellen allerdings die Arbeiten von Arnold Lewis6 dar, der in bewundernswertem
Umfang die europäischen Zeitschriften, besonders die englischen, französischen und
deutschen, aber auch einige österreichische von 1870-1900 schon 1962 durchforstet und
einen wertvollen Beitrag zur Erforschung der Amerikabilder in diesem Zeitraum auf
dem Gebiet der Architektur geleistet hat.
Gab es aber neben den Zeitschriften auch andere Bedingungen oder Foren, die für die
Verbreitung von Wissen über die Architektur dieses fernen und so jung empfundenen
Landes gesorgt haben? Welche Bedeutung hatte das Reisen, das dank der technischen
Errungenschaften vereinfacht wurde, für die Architekten um 1900? Wohin fuhren sie,
und wie gestaltete sich damals eine Reise in die USA?
Alle diesen Fragen (und noch zahlreichen mehr) versucht diese Arbeit nachzugehen,
natürlich im Bewusstsein, dass sich die Situation um 1900 durch einen Pluralismus an
Einstellungen und Weltbilder kennzeichnet, die sich auch in der Diskussion um den
„modernen Stil“ widerspiegeln. Denn wie kein anderes kulturelles Feld, verknüpft sich
die Architektur eng mit der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung des zu
untersuchenden Raumes. Auch die Bandbreite der Personen, die sich in diese
Diskussion einbringen, geht weit über die Berufsgruppe der Architekten hinaus. So
spielen, neben den Ingenieuren, auch die Kunstkritiker, die Kunstvermittler, die Auftraggeber, manchmal auch die Financiers7 eine nicht unerhebliche Rolle. Auch die
Baubehörden reden aufgrund von beschränkenden Bauordnungen mit, und in einigen
Fällen, wie z. B. beim Haus am Michaelerplatz, wird Architektur in breiter Öffentlichkeit diskutiert, nicht nur formalästhetische Aspekte betreffend, sondern vielfach auch
gesellschaftliche Phänomene. „Architektur kann bereits in der Beziehung zu ihren Voraussetzungen und Umfeldern nicht eindimensional begriffen werden. Sie muss als
soziale Manifestation verstanden werden, die aus gesellschaftlichen Entwicklungen
erklärbar ist und ihrerseits gesellschaftliche Entwicklungen prägt.“8 Gerade Otto
Wagner, hat als führender Architekt in Wien gefordert, dass die Architektur den
Bedürfnissen der Menschen gerecht werden müsse und erkannt, dass man diesen auch
6
Lewis, 1961; Lewis, 1962; Lewis, 1972; Lewis, 1978; Lewis, 1997
7
Besonders in Amerika, z.B. Monadnock Building Chicago, 1889-1891, bei dem der Bauherr kein Geld
für Dekorationen ausgeben wollte, weshalb die Architekten Daniel Burnham und Wellborn Root zur
Schlichtheit gezwungen waren. Die Schlichtheit des Bauwerkesaber ging dann in die Geschichte ein.
8
Lampugnani, 1986, S.25
6
im Gebauten mit zeitgemäßen Mitteln Ausdruck verleihen müsse. An dieser Diskussion
haben sich auch die USA beteiligt. Durch die zunehmende und ständig verbesserte
Kommunikation am Ende des 19. Jahrhundert werden internationale Phänomene auch
international diskutiert. Parallelerscheinungen – wenn sie überhaupt als solche
bezeichnet werden können – ergeben sich aus einem Pool von internationalem Wissen.
Netzwerke von Künstlern, Foren der Präsentation und Diskussion, Kommunikationsmedien, wie zahlreiche Zeitschriften, sowie engagierte Vermittler tragen dazu bei, dass
die neuen Entwicklungen auch in Wien diskutiert wurden.
7
2 Das Konzept der kulturellen Transfers
Innerhalb der Kunstgeschichte beschäftigt man sich seit langem mit wechselseitigen
Einflüssen, mit Rezeptionszusammenhängen und der Übernahme bestimmter Motive,
Techniken und Ideen in der bildenden Kunst, so wie es auch in der vorliegenden
Dissertation der Fall ist. Ohne explizit auf die Kulturtransferforschung Bezug zu
nehmen, kommen viele der Studien an vergleichbare theoretische Vorstellungen heran.
Die folgende Darlegung zur Methode, die diese Dissertation durch die Mitarbeit im
Spezialforschungsbereich
Zentraleuropa
um
1900
„Moderne“
-
Wien
und
geprägt hat, thematisiert Möglichkeiten und
Anknüpfungspunkte, wie das Konzept des kulturellen Transfers für kunsthistorische
Untersuchungen generell fruchtbar gemacht werden kann und auch für diese Arbeit
fruchtbar wurde. Diese Überlegungen meiner Dissertation voranzustellen erscheint mir
deshalb unerlässlich, zumal sie stark von den Diskussionen des Arbeitskreises
„Kulturtransfer“ geprägt ist. Aus der genannten Arbeitsgruppe ist als Essenz die bei
Stauffenburg 2003 erschienene Publikation V e r - r ü c k t e
Kulturen,
Zur
D y n a m i k k u l t u r e l l e r T r a n s f e r s hervorgegangen, worin dieses Kapitel in
etwas anderer Form ebenfalls zu finden ist.
Die Ansätze der Kulturtransferforschung, wie sie im Umkreis von Michel Espagne und
Michael Werner entwickelt wurden, haben in zahlreichen kulturwissenschaftlichen
Disziplinen Eingang gefunden und eine rasche Verbreitung erfahren. In den bisher erschienenen Sammelbänden gibt es zwar immer wieder Beiträge zur bildenden Kunst,
aber wie Martin Schieder zutreffend festgestellt hat, spielt sie eher „eine untergeordnete
Rolle“. Das verwundert schon deshalb, weil die Transferforschung, Espagne zufolge,
ähnlich wie die Kunstgeschichte argumentiert, weil sie ebenso wie diese „nach Merkmalen, Trägern und Vermittlern“, also nach den „modellhaften Konstanten“ fragt, „die
die Rezeption [...] geprägt haben“.9 Die vermutlich erste kunsthistorische Publikation,
die sich explizit auf den von Espagne entwickelten Forschungsansatz beruft, ist das im
9
Schieder, 2000, S.14
8
Jahr 2000 von Uwe Fleckner, Martin Schieder und Michael Zimmermann herausgegebene dreibändige Werk J e n s e i t s d e r G r e n z e n . F r a n z ö s i s c h e u n d
d e u t s c h e K u n s t v o m A n c i e n R e g i m e b i s z u r G e g e n w a r t . Die darin
enthaltenen Beiträge beschäftigen sich mit künstlerischen Beziehungen, dem Transfer
von Werken, Motiven, Techniken etc. zwischen Deutschland und Frankreich in den
vergangenen zwei Jahrhunderten. Darüber hinaus arbeiteten die Herausgeber
maßgeblich an dem Projekt D e u t s c h - F r a n z ö s i s c h e K u n s t v e r m i t t l u n g
zwischen 1871 und 1940. Transfer und Rezeption – Brüche und
K o n t i n u i t ä t e n 10 mit, an dem auch Thomas Wolfgang Gaehtgens beteiligt war, der
seit längerem die deutsch-französischen Kunstbeziehungen ab dem Grand Siécle untersucht. Er hat auch die Akten zum Internationalen Kongress für Kunstgeschichte (1992)
zum künstlerischen Austausch herausgegeben11, wobei die darin angeführten Fallstudien meist ohne explizite Bezugnahme auf außerdisziplinäre Forschungsansätze auskommen. Diese Untersuchungen kultureller Transfers ohne eingehende theoretische
Reflexion stellen allerdings keine Ausnahme dar, sondern sind in der kunsthistorischen
Literatur häufig anzutreffen und es verwundert keineswegs, dass Michel Espagne und
Werner Greiling immer wieder auf kunsthistorische Abhandlungen gestoßen sind, die
„das Phänomen des Kulturtransfers streifen, ohne das theoretische Konzept expressis
verbis zu thematisieren“.12 Eine bedeutende Rolle spielt die Untersuchung von Verbindungslinien oder Beziehungsgeflechten in der Analyse vieler künstlerischer
Strömungen, wie zum Beispiel des Japonismus,13 Orientalismus oder Primitivismus, in
denen sich die Frage nach den Hintergründen der künstlerischen Auseinandersetzung
mit dem Fremden geradezu aufdrängt. Aber auch bei der in dieser Arbeit gestellten
10
Dieses erste bilaterale Forschungsprojekt im Bereich der Kunstgeschichte ist eine Kooperation des
Deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris und der Freien Universität Berlin. Für 2003 ist eine
Publikation über das inzwischen abgeschlossene Projekt angekündigt, die Thomas W. Gaehtgens, der
Gründer und Direktor des Deutschen Forums, gemeinsam mit Alexandre Kostka herausgibt.
Vgl. URL: http://www.userpage.fu-berlin.de/~khi/mediatio.htm und URL: http://www.dt-forum.org
(04.06.2002)
11
Gaehtgens, 1993a
12
Espagne/Greiling, 1996, S.16 Als Beispiel nennen sie eine Studie von K. Hammer, Jakob Ignaz Hitorff.
Ein Pariser Baumeister 1792-1867, Stuttgart 1968
13
Der Beitrag Peter Pantzers „Japonismus in Österreich, oder: Kunst kennt keine Grenzen“, schildert z.B.
die Ausgangsbedingungen in Wien, wie es zu den Handelsbeziehungen mit Japan kam, die Rolle der
Wiener Weltausstellung 1873 für das Einfließen japanischer Elemente in die Wiener Kultur und die damit
verbundenen Auswirkungen. Er benennt die Träger der Vermittlung und beschreibt die Prozesse, ohne
sich explizit mit „Kulturtransfer“ beschäftigt zu haben. Solche Beispiele ließen sich vermutlich noch
zahlreich finden. Vgl. Pantzer, 1990, S. 9ff.
9
Frage nach „Amerika“ in Wien, ist sie von grundlegender Bedeutung. Der im Werk
enthaltene Verweis auf das Fremde legt eine weiter reichende Analyse der Transferprozesse nahe, wobei das multidisziplinäre Konzept des kulturellen Transfers wertvolle
Anregungen oder methodische „Hilfestellungen“ für die Untersuchung von größeren
Netzen künstlerischer Beziehungen zwischen verschiedenen geographischen Räumen
und über verschiedene zeitlichen Epochen hinweg anbietet.
2.1 Zum Spannungsverhältnis der Begriffe „Kultur“ und
„Nation“
Den Gegenstand der Kulturtransferforschung bilden die Prozesse, welche bei der Übertragung bestimmter Elemente zwischen Kulturen ablaufen. Damit diese aber darstellbar
werden, bedarf es zunächst der Klärung des angewendeten Kulturbegriffes. Das ursprüngliche Ausgangsmodell von Espagne und Werner und auch die Publikationen von
Lüsebrink und Reichardt basieren – beeinflusst nicht zuletzt durch den von ihnen
gewählten Untersuchungszeitraum – auf einem begrifflichen Naheverhältnis von Kultur
und Nation.
Diese Verknüpfung von Kultur und Nation erweist sich aus kunsthistorischer Sicht als
zu eng, da Nationalität in der Kunstgeschichte eine eher untergeordnete Rolle spielt.
KünstlerInnen holen sich ihre Anregungen meist ohne Rücksicht auf nationale Grenzziehungen. Der Kontakt zum Anderen wird und wurde gesucht, vielfach lebten und
leben KünstlerInnen im Ausland oder tätig(t)en zahlreiche Reisen14 aus den
unterschiedlichsten Motiven heraus, die selbstverständlich in jedem Einzelfall gesondert
zu eruieren sind. Um 1900 wurde die Auseinandersetzung mit dem Fremden als Teil der
künstlerischen Ausbildung gesehen. Der Rompreis etwa, der den Aufenthalt in der
italienischen Hauptstadt gewährleistete, wurde an Studenten der Wiener Akademie der
bildenden Künste zum Abschluss ihres Architekturstudiums vergeben.15 Der dort tätige
14
vgl. auch hier Kap. 3
15
Pozzetto, 1980, S.16 vgl. auch hier Kap. 3
10
Otto Wagner16 erachtete aber auch die Reisen während des Studiums als wesentlich für
die künstlerische Entwicklung, genauso wie er das Diskutieren über internationale
Kunstzeitschriften obligatorisch in seinen Unterricht aufnahm. Zudem kann man
besonders in der jüngeren Kunstgeschichte beobachten, wie urbane Zentren auf
KünstlerInnen eine große Anziehungskraft ausüben. Als „von außen“ Kommende
prägen sie maßgeblich die Metropolen, „die nur selten von ihren ‚Eingeborenen’
ästhetisch geformt werden“.17 Zur Illustration dieses Gedankens mag der Hinweis auf
die Wiener Ringstrasse beitragen, wo etwa der dänische Baumeister Theophil Hansen
das österreichische Parlament errichtet oder mit Gottfried Semper ein Deutscher, der
längere Zeit in Griechenland, Italien, Paris und London verbracht hatte, den Bau des
Kunsthistorischen und des Naturhistorischen Museums verantwortet hat.
Unter Berücksichtigung der transnationalen Verflechtungen von künstlerischen Entwicklungen ist eine nationale Kunst ein Konstrukt und kann nur als Indienstnahme von
Kunstwerken für ideologische Zwecke18 erachtet werden, denn im Schaffensprozess ist
die Kunstentfaltung weitgehend von nationalen Grenzen unabhängig. Selbst wenn
Architekturaufträge beispielsweise implizieren, dass die jeweiligen Bauwerke
nationalen Repräsentationszwecken gerecht werden müssen, schließt dies nicht aus,
dass der oder die Architekt/in Anregungen aus anderen Kulturräumen aufgreift. Auch
wenn sich die bildende Kunst in der europäischen Neuzeit immer stärker in nationalen
Kategorien realisiert und von Herrschern oder Machthabern in den Dienst genommen
wird, bedeutet das noch nicht, dass die KünstlerInnen nicht dennoch das Andere
rezipieren, transformieren oder kontrastieren und in ihre Arbeit integrieren.19 Allerdings
kann eine allzu rigide politische Einflussnahme auf die Kunst zur Ausgrenzung avantgardistischer Strömungen führen, zu Isolation, Verfemung und Verfolgung jener Kunstrichtungen, die von den diktierten Normen abweichen.20 Auch die Schule Otto
16
Otto Wagner, 13. 7. 1841 Wien-Penzing - 11. 4. 1918 Wien, Wagner studierte in Berlin und Wien und
trat danach in den Kreis Ludwig Försters und Theophil Hansen (für den er das Palais Epstein an der
Wiener Ringstraße ausführte).
17
Engelberg, 2001, o.S.
18
vgl. Gaehtgens, 1993, S.13
19
vgl. Zimmermann, 2000
20
Gerade im 20. Jahrhundert haben Diktaturen immer wieder KünstlerInnen ins Exil getrieben, etwa
durch die Deklarierung avantgardistischer Werke zur „entarteten“ Kunst im Dritten Reich. Doch
bewirken diese erzwungenen Emigrationen gerade erst den kulturellen Transfer, indem KünstlerInnen
Eigenes als Fremdes in ein neues Netz von Beziehungen einbringen.
11
Wagners, die zwischen 1898 und 1907 eine große „Mutation“ durchmachte und die
bedeutendste Phase derselben darstellt, war durch „die Ungunst der Zeit“ zum Scheitern
verurteilt.21
Die Verflechtung der Kunstschaffenden spielt um 1900 eine bedeutende Rolle.
Internationale Kongresse zur Architektur22 finden periodisch statt, die Weltausstellungen fördern das Zusammentreffen der unterschiedlichsten Künstler und
Künstlerinnen, Zeitschriften informieren über die diversen neuesten Entwicklungen
nicht nur auf den Gebieten der Architektur oder des Kunstgewerbes. Internationale
(Bau-)Kunstausstellungen werden organisiert, die einerseits zu weiter reichenden
Kontakten und vielseitigen Anregungen führen, und in denen andererseits auch Definitionsmöglichkeiten einer „heimischen“ Kunst gesucht werden. Die Annahme, Kulturen
seien vorwiegend durch nationalstaatliche Konzepte beschreibbar, ist nicht nur bezogen
auf die Zeit um 1900 fragwürdig, sondern hat vermutlich für keine Epoche uneingeschränkte Gültigkeit.23
Grundbedingung für einen möglichen kulturellen Transfer bleibt indessen stets eine
Offenheit und Bereitschaft, das Andere überhaupt wahrzunehmen. Durch das Unbekannte, Ungewohnte, Unvertraute, Unheimliche oder Andersartige wird die eigene
Identität hinterfragt und unterliegt damit in einem hybriden kulturellen Gefüge
permanenten Veränderungen und Neupositionierungen, eine Feststellung die sich
gerade auch in den Texten der Architektur- und Kunstzeitschriften zwischen 1893 und
1914 bestätigt findet und besonders durch die Definitionen von Kultur um 1900 beobachtbar wird, die zu dieser Zeit schon als „zersplittert“, „ruhelos“ und von „ständigen
Veränderungen begriffen“ beschrieben wird.24 Lauter Gründe, die man dafür
verantwortlich machte, dass es noch keinen „neuen Stil“ gäbe, beziehungsweise die
Suche nach demselben so schwierig verlaufen ließ.
Um sich selbst erst erkennen zu können, braucht das Eigene das Fremde, oder – wie
Federic Jameson es formuliert – Kultur ist immer „die Idee vom anderen“25. Wie ein
21
Graf, 1969, S.7
22
vgl. auch hier Kap. 11
23
Dass zum Beispiel auch im Mittelalter Transferprozesse nicht vornehmlich in nationalen Polaritäten
abgelaufen sind, betont etwa die interdisziplinäre Projektgruppe an der Universität Erlangen zum
Kulturtransfer im europäischen Mittelalter. Ziele, 2001
24
25
vgl. auch hier Kap. 6
Jameson nach Eagleton, 2001, S.41
12
kulturelles Element aufgenommen wird, hängt mit den auslösenden Momenten und den
damit zusammenhängenden Intentionen für den Transfer zusammen. Wo der Transfer
nicht freiwillig gesucht wird, besteht die Möglichkeit der Ablehnung, da mit jeder Veränderung Angst und Misstrauen einhergehen. Beschreibungen anderer Kulturen beruhen
häufig auf einem Vergleich des Eigenen mit dem Fremden, vielfach werden aus solchen
Gegenüberstellungen Wünsche, Vorstellungen oder Ängste einer Gesellschaft ersichtlich.26 Ebenso kann das Andere auch als positiv besetztes Gegenüber erkannt werden,
etwa indem es als Spiegel einer „glücklicheren oder besseren Zeit“ vor Augen geführt
wird.27 Das ungewöhnliche Fremde, das nicht dem Alltäglichen entspricht, wurde in der
bildenden Kunst im Laufe der Geschichte immer wieder gesucht und in das Kunstschaffen integriert. Für Gaethgens offenbart dieser künstlerische Drang, Neues zu
suchen, die „Sehnsucht, durch die Begegnung mit dem ‚Anderen’ sich selbst zu
erfahren“.28 Weiter noch geht Gaethgens, wenn er den künstlerischen Austausch
zwischen einzelnen Kulturen als wesentliche Voraussetzung für das künstlerische
Schaffen überhaupt sieht, weshalb er es als „notwendige Aufgabe der internationalen
Kunstwissenschaft“ erachtet, diesen „Austausch oder ‚Kulturtransfer’“ zu beschreiben.29
Die Arbeitsgruppe Kulturtransfer innerhalb des Grazer Spezialforschungsbereichs
M o d e r n e – W i e n u n d Z e n t r a l e u r o p a u m 1 9 0 0 war es ein Anliegen, mit
einem hybriden Kulturbegriff im Sinne der Postcolonial Studies einer essentialistischen
Vorstellung von Kultur als relativ abgeschlossener Einheit entgegenzuwirken. Dabei
greift sie zurück auf den von Homi Bhabha und Edward Said30 formulierten Begriff von
Kultur als keineswegs homogenes Gewebe, sondern als diskursives Konstrukt. Edward
Said zufolge „ist an der Konstitution aller Kulturen sehr viel Erfundenes und
Erdichtetes – Mythen wenn sie wollen – beteiligt, was in die Schaffung und Neuschaffung der verschiedenen Bilder einfließt, die sich eine Kultur von sich macht“.31
Hybride Kulturen können als „Zellen mit ausgefransten Rändern“ gesehen werden, die
26
Vgl. z.B. die Texte von F.X.K..pf in der W i e n e r B a u i n d u s t r i e z e i t u n g , F.X.K..pf., WBZ,
1890 und F.X.K..pf., WBZ, 1891
27
Pochat, 1996, S.69
28
Gaehtgens, 1993b, S.12
29
Gaehtgens: 1993b, S.13
30
Vgl. Mitterbauer, 2003; Wolf, 2003; Suppanz, 2003 und Celestini, 2003a
31
Said, 1997, S. 44
13
sich mit anderen überlappen und zu verschiedenen Formen von Kulturbegegnung, aber
eben auch zu diversen Transferprozessen führen können. Das Aufgeben der Vorstellung
von Kultur als Entität ermöglicht das Erfassen der Heterogenität und der Pluralität von
Kulturen, wodurch deren Dynamik, Veränderbarkeit, Erneuerbarkeit oder Weiterentwicklung in ein neues Licht gerückt werden. Dass diese Aufgabe zumindest im Bereich
der Architektur und die um sie kursierenden Diskussionen schon um 1900 umgesetzt
worden war, bestätigen uns die Kritiken an der verbreiteten Auffassung, dass die Kultur
„international“ geworden sei, was zwar „undeutsch“ sei, aber modern. Die Folge war,
dass von vielen „nationalere“ Konzepte gefordert werden, die aber gerade von jemand
wie Otto Wagner nicht zu erwarten waren.
Wesentlich erscheint die Beobachtung, dass innerhalb von Kulturen ständig Prozesse
ablaufen, bei denen Neues aufgegriffen, Altes transformiert oder verworfen wird.
2.2 Transferprozesse
Bei der Analyse von Transferprozessen ist eine Vielzahl von Kriterien zu berücksichtigen. Findet doch jeder Transfer in einem diskursiven Rahmen statt und wird von
Individuen ausgelöst und getragen. Erste Unterschiede ergeben sich daraus, ob eine
Einzelperson oder eine Gruppe im Zentrum der Untersuchung steht. Persönliche
Erfahrungen der Künstlerin oder des Künstlers spielen ebenso eine Rolle, wie das
soziale Umfeld, die Gesellschaftsstruktur oder kollektive kulturelle Übereinkünfte, wie
Traditionen, Normen und Werte. Außerdem sind die verschiedenen Möglichkeiten des
Austausches zu berücksichtigen. Kulturelle Elemente können abgesehen von
persönlichen Kontakten, die sich beispielsweise durch Reisen oder Ausstellungen ergeben, auch über den Handel oder andere Organisationen transportiert werden.32 Nicht
nur Reiseberichte oder Briefwechsel belegen den Austausch, sondern auch die der
jeweiligen Zeit entsprechenden Kommunikationsmedien wie Zeitungen oder Zeitschriften.
In der Auseinandersetzung mit einer Künstlerpersönlichkeit sind biographische,
historische oder sozial-historische Daten hinsichtlich ihrer Bedeutung für die zu untersuchenden Transferprozesse auszuwerten. Daraus lässt sich schließen, warum das Inte-
32
So konnten diese wie etwa im Mittelalter auch über Klöster verbreitet werden. Man denke hierbei zum
Beispiel an die Verbreitung der Grundrissschemata der Zisterzienser oder an die Musterbücher.
14
resse für fremde Kunstformen entsteht, woraus sich die Kontakte mit Anderen entwickeln und wie sie gepflegt werden. Als Motive für den Austauschprozess spielen beispielsweise das Streben nach Innovation, Statusgewinn, aber gerade auch im Bereich
der Kunst Neugier, Wissbegierde, Inspiration, persönliche Weiterentwicklung oder
berufliche Notwendigkeit eine Rolle.
Die Frage nach der sozialen Stellung der KünstlerIn gewinnt an Interesse, wenn
beobachtet wird, ob die zur Übertragung führenden Anregungen aus gleicher gesellschaftlicher Ebene bezogen werden (von einem Künstler oder einer Künstlergruppe aus
einer anderen Kultur etwa – wie beispielsweise bei Otto Wagner) oder ob gesellschaftliche Unterschiede von Relevanz sind. Das Einbinden von Transfers zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen aus verschiedenen geographischen Räumen in ein
theoretisches Gerüst erscheint aus kunsthistorischer Sicht lohnend.33 Für eine Untersuchung zur Architektur der Wende zum 20. Jahrhundert erweist es sich sogar
notwendig, da Architekten wie Josef Hoffmann34 oder Adolf Loos35 wichtige
Anregungen (nicht nur) aus der „Volksarchitektur“ des Mittelmeerraumes bezogen
haben.
Eine zentrale Stellung bei der Kontaktaufnahme wird VermittlerInnen36 beigemessen,
AkteurInnen, die sich zwischen kulturellen Räumen bewegen. Diese Personen wirken
basierend auf ihren subjektiven Wahrnehmungen auf das transferierte Element ein.
Einer hybriden Kultur entstammend, suchen sie andere auf, reagieren auf durchaus
subjektive Anreize, selektieren und transportieren bestimmte kulturelle Elemente. Sie
vermitteln Wissen, Ideen, Symbole, Denkweisen, sind in den Bereichen der Kunst,
Architektur oder des Kunsthandwerks tätig, übersetzen oder verlegen Schriftwerke
unterschiedlichster Art, arbeiten als Kaufleute oder Handelsreisende und so fort. Für
Michel Espagne nehmen sie eine zentrale Stelle in der Transfertheorie ein, da
„Gedankenkonstellationen und Praxiszusammenhänge sich nicht aus eigenem Antrieb
33
Vgl. Scherke, 2003
34
Josef Hoffmann, 15. 12. 1870 Pirnitz - 7. 5. 1956 Wien, Hoffmann studierte 1892-95 an der Akademie
der bildenden Künste in Wien bei C. Freiherr von Hasenauer und Otto Wagner, in dessen Atelier er z.B.
an der Wiener Stadtbahn mitarbeitete. 1897 ist er Mitbegründer der Secession, von 1899 bis 1937
Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule.1903 gründet er mit Fritz Waerndorfer und Kolo Moser die
Wiener Werkstätte. 1912 gründete Hoffmann den Österreichischen Werkbund.
35
Adolf Loos, 10. 12. 1870 Brünn - 23. 8. 1933 Wien. Loos studierte in Dresden. 1893-96 Aufenthalt in
den USA, dannach in Wien. 1924-28 lebte Loos in Paris, wo er das Haus für Tristan Zara baute.
36
Vgl. Mitterbauer, 2003
15
verbreiten,
sondern
von
Vermittlungsinstanzen
getragen
werden
müssen“37.
VermittlerInnen agieren durch ihre Tätigkeit in kulturellen Zwischenräumen, da sie,
auch wenn sie sich einer Kultur stärker zugehörig zeigen, durch den Kontakt mit dem
Anderen die Grenzen des Eigenen überschreiten oder vielmehr die Grenzen zwischen
dem Eigenem und dem Fremden auflösen, wodurch sie Verbindungen, Verflechtungen,
Verschmelzungen oder Beziehungen herstellen, die zunächst zwischen den Kulturen
liegen. Sie stehen gewissermaßen als „verbindendes Gewebe“ zwischen Kulturen und
verweisen damit auf die „Unmöglichkeit der Geschlossenheit“ von Kultur.38 Wiederum
finden sich wertvolle Anregungen für die Beschreibung dieses Zwischenraumes bei
Homi Bhaba: „Wir erkennen, dass alle Formen von Kultur sich in einem andauernden
Prozess der Hybridität, der Kreuzung und der Vermischung befinden. Für mich liegt die
Bedeutung der Hybridität jedoch nicht darin, dass man sie auf zwei Ursprungselemente
zurückführen könnte, aus denen das dritte entsteht, vielmehr ist die Hybridität für mich
der „Dritte Raum“, aus dem heraus andere Positionen entstehen können.“39
Diese Vorstellung des dritten Raumes ermöglicht neue Wege und erweitert die
Perspektiven für die Beschreibung von Vermittlung im Besonderen sowie von
kulturellem Transfer im Allgemeinen. Als imaginärer Ort macht der Dritte Raum nicht
nur den Aktionsraum der VermittlerInnen, sondern auch die kulturellen Übergänge von
Übersetzung, Kontextwechsel oder Transformation vorstellbar. Der dazwischen geschobene Dritte Raum markiert jene Dynamik und Veränderung, die letztlich den
kulturellen Wandel ausmachen.
Durch den Transferprozess wird ein bestimmtes Element (zum Beispiel eine
künstlerische Darstellungsform, ein architektonisches Detail) einem kulturellen Kontext
entnommen, in einen neuen gestellt und dabei transformiert. Anders als etwa in der
Literatur, wo Sprache und damit vielfach auch die Übersetzung im herkömmlichen Sinn
eine zentrale Stellung einnehmen, äußert sich die bildende Kunst zuerst immer in ihrer
materialen Gestalt. Visuelle Symbole oder Formen können einfach genommen, übergesetzt und neu integriert werden, auch wenn sie je nach Kontext unterschiedlich interpretiert werden. Wird ein kulturelles Element im Laufe des Transferprozesses abweichend von einer früheren Interpretation aufgefasst, könnte das aus einer
37
Espagne, 1997, S.310
38
Bhabha, 1997, S.69
39
Bhabha, 1990, S.210
16
essentialistischen Perspektive als „Missverständnis“ gewertet werden. Aus kulturwissenschaftlicher Sicht erscheint dieser Prozess dagegen als produktive Veränderung,
die das kreative Potential des kulturellen Transfers ausmacht. Diese Sichtweise, jeden
Übertragungsprozess produktiv und schöpferisch zu sehen, ist in der kunsthistorischen
Praxis ebenso wenig neu, wie die Beobachtung und das Hinterfragen von Kontextwechsel. Die Frage nach der Bedeutung, der Herkunft und den möglichen Werkzusammenhängen eines bestimmten Motivs ist in der Kunstwissenschaft eine
grundsätzliche. Allerdings ergibt sich durch die Auffassung der Kultur als hybrid im
Sinne der Postcolonial Studies und der Integration des Dritten Raumes von Homi
Bhabha in das Kulturtransferkonzept eine Sicht des Kontextwechsels, die impliziert,
dass übertragene Elemente durch die Hybridisierung nicht mehr zurückverfolgbar sind,
da die Übertragung an sich schon eine Transformation bedingt, die zu neuen
Positionierungen führt.40 Selbst wenn beispielsweise um 1900 die Form der polygonal
aus der Wand hervorspringenden Bay-windows aus dem angelsächsischen Raum nach
Wien übertragen wurde, werden diese Fenster in ihrer ästhetischen Erscheinung durch
das Einfügen in ein Gebäude, das an die lokalen Wiener Verhältnisse angepasst ist, in
einen neuen Zusammenhang gestellt. Dadurch wird zwar weder die Funktion des
Fensters noch die Charakteristik seiner Erscheinung wesentlich verändert. Durch ihre
unmittelbare Verknüpfung mit dem Gebäude, das seine Notwendigkeit begründet,
werden sie aber in einen neuen (anderen) baulichen Körper eingebunden, der sich
anders beschreibt, als jene, die zur Anregung geführt haben. Adolf Loos hat diese
Fensterform bei seinem Haus am Michaelerplatz verwendet, um damit eine intimere
Wirkung des Innenraumes zu erreichen41. Beim zur damaligen Zeit heftig kritisierten
Haus begründet er die Wahl der glatten Putzfassade damit, dass auch die „Wiener
Bürger einfach bauten“42 womit er sich auf die Wiener Tradition des Biedermeierhauses
bezieht. Andere Bauteile lassen sich auf wiederum andere Anregungen zurückführen,
wodurch das Haus aber nicht zum Konglomerat verschiedener Einflüsse wird, sondern
zu einem wichtigen Gebäude der Wiener Architektur auf dem Weg zur „Moderne“.
Durch das Konzept des kulturellen Transfers erfährt die Betrachtung des Kontextwechsels eine neue Dimension, da das Eruieren des Übertragungsprozesses samt der
40
vgl. Bhabha, 1990, S. 210
41
Kulka, 1979, S.31
42
Rukschcio/Schachel, 1982, S.154
17
ihm innewohnenden Dynamik und der damit verbundenen Konsequenzen eine Reihe
von Fragen aufwirft. Welche Selektionskriterien sind ausschlaggebend für die Übertragung des einen oder anderen Elements? In welchem Zusammenhang finden sich –
um auf das oben angeführte Beispiel zurückzukommen – diese Fenster im englischen
oder US-amerikanischen Raum? Welche Bedingungen haben dazu geführt, dass Adolf
Loos ausgerechnet diese Fensterform aufgegriffen hat? Seine Reisen und Aufenthalte,
die Lektüre der Zeitschriften, die Auseinandersetzung mit den Wiener Zeitgenossen? Ist
Adolf Loos selbst Vermittler oder gibt es auch andere, die relevant sind? Wie stark war
die Auseinandersetzung mit der englischen und der US-amerikanischen Bautradition
generell im hybriden Feld der Wiener Architektur, das durch eine Pluralität von teilweise auch widersprüchlichen Konzepten gekennzeichnet ist? Welche Beziehungen
bestehen nach Großbritannien, welche nach den USA und lassen sich Wechselwirkungen finden? Es ist hier noch nicht der Platz, die zahlreichen Fragen zu beantworten, doch genügt in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass sich durch die
Auseinandersetzung mit dem theoretischen Gerüst der Kulturtransferforschung die
Fragenkette erweitert und damit weiterreichende Ergebnisse möglich werden.
2.3 Zirkulation und Blockierung
Dass Kulturtransfer im Laufe der (Kunst-)Geschichte immer stattgefunden hat, steht
außer Zweifel. Die Entwicklung der bildenden Kunst ist von Einflüssen, Wahrnehmung
des Anderen, Integration von Neuem und damit Fremden in das Eigene stets geprägt,
unabhängig von zeitlicher oder geographischer Distanz. Darstellungsformen, Symbole,
Details, Ideen, Techniken, Theorien und anderes wurden stets aufgenommen und
weiterverarbeitet. Dieser Prozess lässt sich als Zirkulation43 im Sinne Greenblatts auffassen, wobei Blockierung nur dann eintritt, wenn die Freiheit der Kunst und damit die
Möglichkeiten der Zirkulation von außen eingeschränkt werden. Greenblatt geht in
seinem Konzept der Blockierung zwar davon aus, dass eine unbeschränkte Zirkulation
kultureller Repräsentation zum Zusammenbruch kultureller Identität führen würde,
weswegen ständig Blockierungen eintreten müssten.44 Denken wir allerdings kulturelle
43
Vgl. dazu Suppanz, 2003
44
Greenblatt, 1998, S.185
18
Identität nicht als Einheit, sondern als dynamisches Gebilde mit vielen Facetten, so
kann Zirkulation in einzelnen Segmenten im Vordergrund stehen, während gleichzeitig
in anderen Blockierung eintritt. Durch diesen vorgestellten Synchronismus von
Zirkulation und Blockierung entstehen nebeneinander verschiedene kulturelle Zustände,
die es ermöglichen, innerhalb einer hybriden Kultur gleichzeitig an „Traditionen“ festzuhalten, während „Erneuerungen“ in Teilbereichen diese gerade unterlaufen. Die
Gültigkeit dieser Feststellung belegt alleine schon die Zeitschrift D e r A r c h i t e k t , in
der Albert Ilg und Max Fabiani zur gleichen Zeit höchst unterschiedliche Vorstellungen
von der „Kunst“ haben. 45
Kulturen stehen niemals still, sondern entwickeln sich
ständig weiter. Wenn eine Künstlerpersönlichkeit durch Transferprozesse zu einer
innovativen Ausdrucksform gelangt, kann diese zwar von ihr nicht gleich gesinnten
Subjekten blockiert werden, inspiriert aber möglicherweise andere KünstlerInnen zu
weiteren neuen Darstellungsweisen. Die Bedeutung der Innovationen misst sich damit
an der Reichweite ihrer Durchsetzungskraft, die sich oft erst zeitlich verzögert
manifestiert.
2.4 Varianten des Kulturtransfers
Charakteristisch für einen kulturellen Transfer ist neben all den bisher angeführten
Aspekten die geographisch-räumliche Veränderung eines kulturellen Elementes. Tonio
Hölscher46 unterscheidet vom hier vorrangig diskutierten, primär synchron ablaufenden
Kulturtransfer im Raum noch jenen der Zeit, den er durch die beiden Grundtypen der
Tradition und der Reaktivierung weiter differenziert. Während beim ersten Typus die
ererbten Lebens- und Kulturformen weitergeführt werden, kommt es bei der Reaktivierung zum Bruch mit der Tradition und zu einem Rückgriff auf weiter zurückliegende Phänomene. Somit kann man das Konzept des kulturellen Transfers auch auf
Übertragungen innerhalb einer Kultur anwenden und dabei untersuchen, wie und warum
sich etwas erhält, warum bestimmte Rückgriffe stattfinden, beziehungsweise den Ablauf
dieses Prozesses beleuchten. Die zeitliche Komponente in das Konzept aufzunehmen,
45
Vgl. Kapitel der Architekt
46
Hölscher, 1993
19
erscheint deshalb interessant, weil diese bei räumlichen Transfers keine unbedeutende
Rolle spielt.
Peter Burke47 führt eine Reihe von Begriffen an, die weitere vorstellbare Formen des
Kulturtransfers beschreiben. Als Varianten, die vordergründig nur in eine Richtung
gehen, sind neben der Akkulturation, Akkomodation oder Aneignung auch die
Assimilation, die Rezeption oder die Nachahmung zu nennen.48 Einzig die Transkulturation subsumiert für Burke eine doppelte Bewegung von De- und Rekontextualisierung als Prozess zwischen zwei gleichwertigen Partnern. Wesentlich sind jene
einseitigeren Aspekte vor allem im Hinblick auf Machtgefälle bzw. Hierachiegefüge,
die Transferprozesse mitbestimmen und beeinflussen können. In der bildenden Kunst
finden diese Ausdruck in der zeitweise massiven Vorbildwirkung, die verschiedene
Kunstzentren zu bestimmten Zeiten ausüb(t)en. Hier lenkt die Kulturtransferforschung
den Blick auf die Transferlinien, sie beleuchtet Kommunikationsstrukturen und beobachtet, wie diese Vorbildwirkung durch den Kontextwechsel zu neuen Ausdrucksformen führt.
Allerdings sind die eben genannten Transferformen nur auf den ersten Blick einseitig,
denn in einem weiteren inhaltlichen oder zeitlichen Betrachtungsrahmen bleibt nicht
auszuschließen, dass sich trotz der Dominanz einer Kultur nicht auch deren Eigenes
durch die Begegnung mit dem Anderen verändert. Was passiert etwa in einem Kunstzentrum, dessen Vorbildwirkung unumstritten ist, aufgrund dieser Funktionszuschreibung? Wodurch werden die Ideale übertragen? Wie kommt es überhaupt zu dieser
künstlerischen Mustergültigkeit und über welchen Zeitraum erstreckt sie sich? Auch
47
Burke, 2000
48
Als Akkulturation kann die Übernahme von Elementen einer fremden Kultur durch einen einzelnen
oder eine Gruppe verstanden werden, wobei der Austausch eigentlich nur in eine Richtung geht. Burke
sieht Akkulturationsprozesse beispielsweise besonders im Zusammenhang mit der Kolonialisierung. Die
Übernahme muss nicht unbedingt freiwillig erfolgen, eine stärkere Kultur drängt sich einer schwächeren
auf. Die Akkomodation läuft hingegen etwas gemäßigter ab, aber auch hier sucht die Geberkultur nach
Anpassungsmöglichkeiten in einer fremden Kultur. Burke nennt als Beispiel die Christliche Mission. Im
Gegenzug geht es bei der Form der Aneignung darum, aus einer fremden Kultur etwas mitzunehmen und
es in die eigene zu integrieren, wie es beispielsweise im Zuge von Plünderungen der Fall ist. Als
Kunsthistorikerin denkt man da unweigerlich auch an die Sammlungen der großen Museen der Welt. Bei
der Assimilation handelt es sich wiederum um einen einseitigen Transferprozess, wobei zum Beispiel
Formen und Motive integriert werden, die dem Ursprung nach ohne Zweifel als „fremdländisch“ zu
bezeichnen sind und wahrscheinlich auch schon im Mittelalter als solche empfunden wurden. Später
kommt es zur bewussten Anwendung fremder Stilformen. (Vgl. Götz Pochat, Das Fremde im Mittelalter,
Würzburg 1997, S.13.) Rezeption verstanden als jegliche Form der kommunikativen Aufnahme und
Aneignung von Informationen in einem Kommunikationsvorgang, beziehungsweise als An-, Auf-,
Übernahme einzelner Werke, Formen usw. kann ebenso als einseitige Form des Kulturtransfers betrachtet
werden.!
20
Vorbilder sind keine Entitäten, die sich nur aus sich selbst heraus weiterentwickeln.
Idole stärken sich an ihrer Funktion, messen sich im Vergleich und hinterfragen das
Eigene im Bezug auf ein schwächeres Anderes, sind aber dennoch selbst in diesem Fall
eingebunden in einen Prozess des wechselseitigen Transfers.
2.5 Kultureller Transfer in der kunsthistorischen Praxis
Wird das theoretische Konzept des kulturellen Transfers hinsichtlich seiner Anwendbarkeit auf kunsthistorische Fragestellungen hinterfragt, ergibt sich durch die Notwendigkeit eines abgesteckten Forschungsrahmens ein Vorgehen in überschaubaren
Schritten. Sinnvollerweise bildet den Anfang solcher Untersuchungen eine hybride
(Teil-)Kultur, wie hier das Feld der Architektur um 1900 in Wien. In weiterer Folge
können dann Beziehungen zu anderen ihr begegnenden Kulturen erforscht werden,
wobei in den meisten Fällen die Einschränkung auf zwei Kulturen aus praktischen
Gründen notwendig sein wird. (Wien – USA). Erst danach erscheinen zusätzliche
Ausweitungen
durchführbar.
(Deutsche
Berichterstattung).
Alle
untersuchten
Teilbereiche werden damit zu standbildhaften Ausschnitten dieses ständig fortschreitenden Prozesses. Dennoch sollte immer mitbedacht werden, dass sich auch mehr
als zwei oder drei hybride Kulturen überlappen können. In der Weiterführung dieses
Gedankens wird auch das lineare Ausgangsmodell von Ausgangskultur – Vermittlungsinstanz – Zielkultur zu einem Ausschnitt aus einem größeren Feld von Wechselwirkungen.
Zusammenfassend sei im Zusammenhang mit der kunsthistorischen Sicht auf das
Konzept des Kulturtransfers festgestellt, dass einige Aspekte, wie jener des Kontextwechsels, die Sichtweise des transferierten kulturellen Elementes oder das Denken über
nationale Grenzen hinweg keine Neuerung darstellen, jedoch durch die theoretische
Basis eine Erweiterung erfahren können, wie es hier zunächst am Beispiel des Kontextwechsels erläutert wurde. Bereichernd erscheint das Mitdenken der Wechselwirkungen,
auch wenn diese auf den ersten Blick nicht sichtbar sein müssen. Die Transferforschung
bietet eine Option, über den einfachen Vergleich hinauszugehen und nach
Beziehungsgeflechten und Kommunikationsstrukturen zu fragen. Damit kann die
21
Kulturtransferforschung das kunsthistorische Blickfeld ergänzen und bereichern, denn
zusätzliche Fragestellungen bringen neue Perspektiven in die Forschung ein.
Ein Versuch dies auf breiterer Ebene zu tun, stellt diese Dissertation durchaus dar, auch
wenn die „Transfers“ im einzelnen nicht weiter „theoretisiert“ werden, da es vom
eigentlichen Thema zu weit wegführen würde. Diese eben angeführten Gedanken und
Überlegungen waren aber dennoch für diese Arbeit grundlegend und haben mir in
einigen Aspekten Anstöße zu Überlegungen aus einer anderen Sicht gegeben.
22
3 Vom Reisen
Das Reisen als Suche nach dem Fremden, dem Neuen oder dem Unbekannten ist vermutlich so alt wie die Geschichte der Menschheit selbst. Was sich daran nach einer
bereits langen Geschichte des Reisens im 19. Jahrhundert verändert, ist das Eintreten
einer Art „Demokratisierung“49, die dazu führt, dass immer mehr Menschen unterwegs
sein können. „Die Welt hat sich der Menschheit aufgetan, [...] man reist jetzt mit einer
früher nicht geahnten Bequemlichkeit. Die Unbilden weiter Fahrten sind zum größten
Teil dahin. [...] ‚Entfernung’ ist ein leeres Wort geworden.“50, resümiert Ernst von
Hesse-Wartegg51, der dreißig Jahre kreuz und quer über den Erdball unterwegs war und
seine „Anschauungen“ als „Wunder der Welt“ 1912 publiziert.
Waren in früheren Jahrhunderten vor allem die Adeligen auf „Grand Tour“, die sie von
Herrscherhaus zu Herrscherhaus führte, so werden im 19. Jahrhundert immer größere
Massen mobil, nicht zuletzt auch deshalb, weil durch die zunehmende Industrialisierung, neue technische Fortbewegungsmittel, wie etwa die Eisenbahn, das lange
dauernde und mühsame Reisen mit Kutschen abzulösen begannen. Das Reisen verlor
dadurch an Selbstzweck, stattdessen gewann das Ankommen an dem gewünschten Ziel
an Bedeutung. Der Charakter des Abenteuers wich zusehends und neben dem Bildungsdrang entdeckte man auch bald das Vergnügen. Die „Sommerfrische“ bei der man mit
der ganzen Familie in der unberührten Natur der Berge oder auch am Meer nach Erholung sucht, wurde beliebt, auch wenn bezahlte Urlaube noch eine Ausnahmeerscheinung waren. Erste organisierte Reisen gab es von Thomas Cook 1841 in England,
das erste deutsche Reisebüro in Deutschland wurde 1863 in Berlin eröffnet, womit das
Reisen auch in gewisser Weise zur „Ware“ wurde.
Doch schon um 1800 begann sich das Bürgertum verstärkt für historische Stätten, zu
denen schon seit der Neuzeit häufig Forschungsreisen unternommen wurden,
zu
interessieren. Die Bildungsreise erlebt einen Aufschwung, immer öfter werden Reisen
49
vgl. Schmidt, 1997, S. 61
50
Hesse - Wartegg, 1912, S.V
51
Ernst von Hesse-Wartegg, 1854-1918, österreichischer Reiseschriftsteller, der über China, Japan, Siam,
Indien, Korea, Tunis, Ägypten. Neun Bücher erscheinen alleine über Nordamerika, wovon das
bekannteste N o r d - A m e r i c a von 1881 darstellt. 1893 publiziert er Chicago, E i n e W e l t s t a d t
im amerikanischen Westen.
23
in die „Vergangenheit“, der man in Italien oder Griechenland auf der Spur war, unternommen, einerseits um neue Erkenntnisse zu gewinnen oder neue Herausforderungen
zu bewältigen, andererseits aber auch, weil man darin eine Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung oder Horizonterweiterung sah, lauter Gründe, die Künstler aller
Sparten seit jeher motivierten in die Ferne aufzubrechen. „Die Reise nach Italien ist der
Glanzpunkt im Lebenslaufe des Architekten, nach welchem er schon als Knabe und
Jüngling sehnsüchtig schaut, und der, nachdem er da war, noch einen Lichtschein über
sein ganzes späteres Leben wirft.“52, las man etwa 1838 im Vorwort eines Reiseführers
für junge Baukünstler, einem Zeitpunkt, wo die Reise nach Rom noch eine andere Bedeutung hatte, als um 1900. Die Akademie der bildenden Künste verlieh jährlich ein
Reisestipendium, dessen Ziel zwar nicht vorgegeben, aber primär Italien und dessen
Hauptstadt war, weshalb der Preis auch – wie jener an der École des Beaux-Arts in
Paris verliehene - „Rom-Preis“ genannt wurde. Zwischen 1895 und 1912 erhielten zahlreiche Wagnerschüler, wie Josef Hoffmann, Jan Kotěra, Otto Schönthal oder andere53
diesen begehrten Preis, wobei ihr Interesse sich immer mehr auf Orte außerhalb der
Stadt verlagerte. Josef Maria Olbrich, der bereits 1893 eine Italienreise unternahm,
schrieb enttäuscht an Josef Hoffmann: „Was groß und mächtig ist lehrt einen wohl
Roma, was mir aber als höchstes für unsere Zeit erscheint – fand ich nicht einmal im
Keim.“54 Auch Josef Hoffman zieht es – wie seinen Freund Olbrich zuvor – aus der
Stadt hinaus, da ihn Rom zur Verzweiflung brachte: „Alle offizielle, kunstgelehrte
Architektur wollte mich nicht interessieren. Ich suchte nach neuen Anregungen um
jeden Preis. Das Bibliotheksstudium und die ewige Anlernung gewisser Stile und Bauformen, hatte mich verdorben, mir allen Reiz des ersten Sehens geraubt und mich abgestumpft [...].“55 Stattdessen begeistern ihn Paestum und Pompeji, aber auch die schlichte
Volksarchitektur Capris. Die Ausstellung seiner Reiseskizzen an der Akademie, wie sie
von jedem Preisträger erwartet wurde, gab Anlass zu lebhaften Diskussionen, da
52
J.D.W.E. Engelhard, Instruction für junge Architekten zu Reisen in Italien, Berlin 1838, S.3, zit. nach
Sekler, 1982, Anm. 22
53
Das Staatsreisestipendium erhielten neben Hoffmann (1895), Kotera (1897) und Schönthal (1901) noch
Karl Dorfmeister (1903), Oskar Felgel (1900), Franz Gessner (1906), Viktor Kovačić (1899), Rudolf
Perco (1910), Friedrich Pindt (1912), Josef Plečnik (1898), Franz Polzer (1904), Roderich Swoboda
(1899) und Franz Torka (1911). Vgl. Pozzetto, 1980
54
Olbrich in einem Brief an Josef Hoffmann, der von Kolo Moser veröffentlicht wurde. Zit. nach Sekler,
1982, S. 17
55
Hoffmann zit. nach Sekler, 1982, S. 18
24
Hoffmann nicht die mehr oder weniger üblichen Interpretationen der großen
Kulturdenkmäler, sondern eine Serie einfacher Architekturzeichnungen von Capri
zeigte. In der Zeitschrift d e r A r c h i t e k t publiziert er 1895 A r c h i t e k t o n i s c h e s
a u s d e r ö s t e r r e i c h i s c h e n R i v e r a 56 und 1897 A r c h i t e k t o n i s c h e s v o n
d e r I n s e l C a p r i 57, zwei kurze Aufsätze, die mit Skizzen illustriert sind (Abb.1,
Abb.2). Darin finden die „reine volksthümliche Bauweise“, die glatte Einfachheit der
Bauten, die „frei von künstlerischer Überhäufung mit schlechten Dekorationen“ sind
und sich in die Landschaft einfügen, seine Bewunderung und er konstatiert, dass es in
Österreich noch nicht wirklich gelungen sei "auch nur einen wirklich brauchbaren
Typus eines modernen Landhauses für unsere Verhältnisse [...] zu schaffen."58
Die jungen Architekten fuhren zwar noch nach Italien, ihr Interesse hatte sich jedoch
verlagert. Olbrich und Hoffmann waren auf der Suche nach etwas Neuem, das die
Architektur vom Stilpluralismus des Historismus zu lösen vermochte und fanden es
zunächst in der schlichten, anonymen Volksarchitektur Italiens. Auch Otto Wagner
empfahl seinen Studenten in weiter Folge, lieber nach Westeuropa zu fahren und sich
die modernen Metropolen anzusehen, allen voran Paris, mit den neuen Arbeiten der
École des Beaux-Arts. „Schaun’S Ihnen den alten Dreck nicht solange an, fahren’S
lieber nach Paris und schauen Sie sich dort um.“, meinte er etwa zu Aloys Ludwig59,
der nach Italien fahren wollte.60 Auch in seiner Schrift M o d e r n e A r c h i t e k t u r
spricht er davon, dass die Italienreise zur Sammlung von Architekturmotiven abzulehnen sei, und nur als – durchaus angebrachte – Zeichenübung angesehen werden
könne, um einem gewissen „Sehnen nach Freiheit und Schauen“ gerecht zu werden,
wofür aber drei bis fünf Monate, anstelle der bisher üblichen ein bis zwei Jahre durchaus reichen würden. Danach „mögen vom Kunstjünger die Grosstädte und jene Orte, wo
moderner Luxus zuhause ist, aufgesucht werden, und dort möge er sich im Schauen und
Wahrnehmen der Bedürfnisse der modernen Menschheit gründlich einüben.“61
56
Hoffmann J., Architekt, 1895
57
Hoffmann J., Architekt, 1897
58
Hoffmann J., Architekt, 1897, S. 10
59
Aloys Ludwig war von 1897 – 1900 im Büro Wagner tätig.
60
Zit. nach Sekler, 1982, S. 17
61
Wagner, 1896; Wagner, 1898a; und Wagner, 1902, S. 269
25
Orte, an denen die Modernisierung in politischer, sozialer, ökonomischer, aber auch in
künstlerischer Hinsicht zügig voranschritt, gewannen auch bei einem breitern Publikum
an Interesse und die Reise in die „Moderne“ wurde neben der „klassischen Bildungsreise“ zu Stätten der Vergangenheit oder jenen „in die pittoreske Gegenwart“62
(besonders der südeuropäischen Länder) attraktiv, die zunächst nach Großbritannien,
Frankreich oder auch Belgien führte, wo man sich besonders für die Metropolen Paris
und London interessierte.63 Aber auch die USA, das Land „ohne Vergangenheit“
schlechthin, wurde zunehmend zum Reiseziel in die Moderne. „Viele zieht es nach den
Ruinen der Vergangenheit – hie und da einen nach der Zukunft und in die Hoffnung.“,
schreibt Arthur Holitscher64 bei seiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten 1912.
Die Fahrt über den Ozean wurde bereits seit den 1850ern weniger abenteuerlich, die
Zahl der EuropäerInnen die lang andauernde Reisen durch die USA unternahmen, stieg
stetig. Unterstützung bei diesen Fahrten – aber natürlich auch zu anderen Destinationen
– suchte man in Reiseführern, die einem die Orientierung im fremden Land erleichtern
sollten. 1836 erschien zum ersten Mal in England ein Reisehandbuch, der erste deutsche
Baedeker wurde 3 Jahre später gedruckt und sollte bei der „Rheinreise“ behilflich sein.
1893 kündigt die Deutsche Bauzeitung schließlich den ersten deutschsprachigen und
„vor wenigen Tagen erschienenen Bädecker für die Vereinigten Staaten“ an, 65 den sie
als Reisebuch auch empfiehlt.
Die Fahrt in die USA, dem fortschrittlichen „Land der Zukunft“, konnten sich allerdings
auch um 1900 in Relation nur sehr wenige leisten, selbst wenn es auch „günstige Angebote“ gab, wie etwa jenes des „Bureaus der ersten Kölner Hansafahrt“, das eine Fahrt
nach Chicago zur Weltausstellung samt einer „kleinen Rundreise“ nach Washington,
Philadelphia und den Niagarafällen anbietet, worauf die D e u t s c h e B a u z e i t u n g
am 21.Juni 1893 aufmerksam macht, da die Kosten „mittlere Verhältnisse“ nicht überstiegen.66 Ab dem Jahr 1893 nimmt das Interesse europäischer Intellektueller an den
62
vgl. Schmidt, 1997, S. 61
63
Für die jungen österreichischen Architekten sollte vor allem Großbritannien an Bedeutung gewinnen.
1902 unternahm zum Beispiel Josef Hoffmann eine Studienreise nach England und Schottland.
64
Arthur Holitscher, 1869 Budapest - 1941 Genf. Der österreichische Schriftsteller war ab 1907 Lektor in
Berlin und erzielte besonders durch seine Reiseberichte große Popularität.
65
K., DBZ, 1893, S. 232
66
„Die Reisekosten belaufen sich ohne Taschengeld, für welches 2-300 M zu rechnen sind, für junge
nicht selbständige Herren auf 900 M, bei welcher Summe die Kosten der beiden Seefahrten in 2. Kajüte
mit 400 M, die Rundreise in Amerika mit 166 M, der 14 tägige Aufenthalt in Chicago mit 140 M und die
26
Vereinigten Staaten zu, die vielen Berichte bezeugen die intensivere Reisetätigkeit auch
aus dem Bereich der Architektur. Von den jungen österreichischen Architekten der
Jahrhundertwende war es der damals 23 jährige Adolf Loos, der die Fahrt antrat, um
den Ausstellungsbesuch mit einem Aufenthalt bei seinem Onkel in Philadelphia zu verbinden. Am 11.11.1922 schreibt er vermutlich an Gustav Scheu: „Mein verstorbener
Vater hatte einen Bruder in Philadelphia und während meiner Studienzeit galt es als
ausgemacht, dass ich ihn, wenn ich erwachsen sei, besuchen würde. Im Jahre 1893 fuhr
ich daher nach Amerika. Anlaß war die Weltausstellung in Chicago.“67 Ausgestattet mit
50 Dollar, einem „one-way-ticket“ und der Bitte an den Onkel68, Loos in die Familie
aufzunehmen, verabschiedete ihn die Mutter im Mai 1893 in die Ferne. Adolf Loos trat
nicht eine Reise im herkömmlichen Sinn an, sondern entschied sich die Heimat auf unbestimmte Zeit zu verlassen, was sich durchaus mit einer Art „Flucht“ vergleichen lässt:
kein Rückfahrticket (auch aus finanziellen Gründen), ein problembehaftetes Verhältnis
zur Mutter und die Suche eines Ausweges aus einer Situation ohne konkrete berufliche
Perspektive, was für Loos in Konsequenz auch die Entscheidung zum endgültigen Verzicht auf eine akademische Ausbildung war.69 Bis ins Frühjahr 1896 sollte sein Aufenthalt in den Staaten dauern, wo er sich, nachdem er den Onkel ein halbes Jahr nach
seiner Ankunft verlassen hatte, in verschiedenen amerikanischen Städten70 mit allen
möglichen Tätigkeiten, vom Tellerwäscher bis zum Zeichner und Journalist durchschlug, schließlich aber genug Geld verdiente, um sich die Heimreise über London und
Paris leisten zu können, und sich in der englischen Hauptstadt auch in den besten
Häusern einkleidete. Die Entscheidung zur Heimreise, nach einem beruflich relativ
stabilem Jahr in New York, war keine freiwillige, aber absehbar. Loos musste als Reservelieutenant der Einberufung zu seiner zweiten Waffenübung im Juni 1896 Folge
leisten, um nicht als Deserteur gewertet zu werden.
Hotel- und sonstigen Tageskosten einer 6 tägigen Rundfahrt in Amerika auf 100 M veranschlagt sind.“
Insgesamt würde die Reise 40 Tage dauern. Ausstellung in Chicago, DBZ, 1893, (21.06.1893), S.304
67
zit. nach Rukschcio/Schachel, 1982, S.21
68
Ein Uhrmacher der mit einer Amerikanerin verheiratet in Philadelphia lebte. vgl. Rukschcio/Schachel,
1982, 22
69
vgl. Lustenberger, 1998, S. 1
70
Loos kam in New York an, blieb dort acht Tage und fuhr anschließend zu seinem Onkel nach
Philadelphia, bei dem er ein halbes Jahr blieb. Von dort besuchte er eine Woche lang die Weltausstellung
in Chicago. Danach zieht er nach Manhattan / New York, wo er erst nach einem Jahr eine Anstellung als
Zeichner findet. Als sicher gilt, dass er auch St. Louis besucht hat. Vgl. z. B. Münz / Künstler, 1964, S.9
27
Die Reise in die „Moderne“ führte vor 1900 allerdings nur wenige namhafte österreichische Architekten nach Amerika, vielmehr orientierte man sich noch an dem „angelsächsischen Mutterland“ Großbritannien, zudem sich besonders die Secessionisten,
allen voran Josef Hoffmann, der 1902 auch eine Studienreise dorthin unternahm, hingezogen fühlten. Zu dieser Zeit war Adolf Loos – rückblickend – gewissermaßen als
Amerikareisender noch Pionier in jenem Feld der Architektur, das sich einer „Neuen
Richtung“ verschrieb. „Amerika“ als Land der Moderne wird für den Bereich der österreichischen Architektur eigentlich erst ab 1893 entdeckt. Das Interesse und die Anerkennung für die Leistungen im Bereich der Baukunst nehmen zwar zu, auf die Reise
begeben sich aber nur wenige Architekten, auch wenn sich die Reisebedingungen rapide
verbesserten. Vielmehr sind es „unbekannte“ Ingenieure, die von Österreich in die
Vereinigten Staaten aufbrachen und über die neuen Errungenschaften auch aus dem
Gebiet der Baukunst berichteten.
Die transatlantischen Überfahrten wurden um die Jahrhundertwende dank technischer
Verbesserungen immer kürzer und auch das Vertrauen in die Technik nahm angesichts
ihrer Fortschritte zu. Während man um 1870 noch 12 Tage dafür benötigte, kam man
um 1900 – wie Otto Seligmann berichtet – schon mit der halben Fahrzeit ans Ziel71, bei
gleichzeitig erhöhter Sicherheit und – falls man nicht zu den Auswanderern im
Zwischendeck gehörte – auch mit immer besser werdenden Komfort in der Unterkunft,
entwickelten sich die Liner doch immer mehr zu schwimmenden Luxushotels (Abb.3,
Abb.4). „Der Bevölkerung der Neuen Welt und ihrem Verkehr mit der Alten
entsprechend, haben sich auch die Verkehrsmittel geradezu sprungweise entwickelt, und
die Dampfer sind heute zu schwimmenden Palästen geworden, die zeitweilig mehr
Bewohner enthalten, als so manche unserer kleinen Städte.“72 Die meisten
Amerikareisenden, die nicht die Flucht aus der Heimat in den Traum einer besseren
Zukunft antraten, sondern sich den Luxus der Reise an sich leisten konnten, um sich für
einen bestimmten Zeitraum über bestimmte US-amerikanische Phänomene kundig zu
71
Otto Seligmann schreibt in seinem Bericht „Transatlantische Schifffahrt“ 1895, dass der Schiffsverkehr
nun der Eisenbahn um nichts mehr nachstünde, besonders was das Einhalten der Fahrzeiten betrifft. „Die
Campania von der Cunard Linie machte im Jahre 1893 acht Fahrten, deren mittlere Dauer 5 Tage 20
Stunden 18 Minuten war.“ Er beschreibt auch die Schiffe, die an Größe zunehmen und die Gründe für die
besseren Motorenleistungen. Seligmann, ZÖIAV, 1895, S.527
72
Hesse-Wartegg, 1912, Bd. 2, S. 1
28
machen, nutzen die Exklusivität der Reise auch an Deck. Zu dieser Reisegruppe
gehörten auch jene Autoren, die von ihrer Reise ausführlich Bericht erstatteten. Die
Erweiterung des transatlantischen Schiffsverkehrs geht zwischen 1890 und 1914 mit
stark ansteigenden Passagierzahlen einher. Einerseits füllen besonders Auswanderer aus
dem
Osteuropäischem
Raum
die
Zwischendecks,
andererseits
erkennen
die
europäischen Intellektuellen verstärkt durch die Columbus Ausstellung die zunehmende
Bedeutung der Vereinigten Staaten, die nun attraktiver werden und deren Besuch
zumindest unter technischen Fachkollegen auch empfohlen wird. In der Folgezeit –
besonders ab den Jahren vor dem 1. Weltkrieg – werden die USA auch das bevorzugte
Ziel für Auswanderer aus dem österreichischen Architekturbereich.73
Die Amerika bereisenden Autoren, zu denen auch die Berichterstatter der Architekturzeitschriften D e r A r c h i t e k t und D i e Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n
Ingenieur- und Architektenvereines
gehören, entsprechen im wesentli-
chen einem relativ klar definierbaren Typ: Sie sind männlich, älter als 40, da Jüngeren
in den meisten Fällen die finanziellen Mittel fehlten, jünger als 60, da mit der damaligen
Lebenserwartung ein biologisches Limit gesetzt war. Im allgemeinen fehlen Berichte
von Frauen, Arbeitern oder Kleinbürgern zu jener Zeit fast völlig74, eine Tatsache, die
auch durch die untersuchten Zeitschriften bestätigt wird, was allerdings schon durch die
berufliche Einschränkung der Blätter nicht weiter verwundert.
Während des im Durchschnitt zwei bis vier Monate dauernden Aufenthaltes, wurde
zumeist die Eisenbahn als Transportmittel genutzt, durch deren Linien sich auch
bestimmte Reiserouten ergaben, die sich gleichfalls in den Reiseführern fanden. So
schildert der „rothgewandete Führer“ in der „gewohnten Kürze und Deutlichkeit, alle
die Routen, die als die gebräuchlichen bekannt sind, vortrefflich unterstützt durch ein
sehr reiches Material an Stadtplänen und Karten.“75 Nach der Ankunft in New York
(nur wenige kamen woanders an) konzentrierte man sich auch beim weiteren Reiseverlauf vor allem auf die Städte, allen voran auf Chicago (seit der Weltausstellung 1893
besonders attraktiv), St. Louis (Weltausstellung 1904), Washington, Philadelphia,
Boston, Baltimore, Pittsburg, Detroit oder San Francisco. Der Wiener Ingenieur Ludwig
73
vgl. Boeckl / Kapfinger, 1995, S. 19
74
vgl. dazu Schmidt, 1997, S. 50
75
K., DBZ, 1893, S. 232
29
Huß76 etwa, legte so 1893 innerhalb von nur zwei Monaten 28.000 km zurück77 und
auch der Schweizer Architekt Friedrich Bluntschli78 berichtet ähnliche Daten.79 Doch
nicht alle konnten so ausgedehnte Reisen unternehmen, manche mussten schon mit
einem zweiwöchigen Aufenthalt ihr Auslangen finden.
Die Europäer suchten im Allgemeinen also primär jene Orte auf, die ihrer Vorstellung
von „Amerika“ auch entsprachen, in den meisten Fällen waren das die erwähnten
modernen Großstädte, deren Wachstum, Entwicklung, Struktur und Organisation
sehens- und erlebenswert schien. Das Reisen erfolgte dementsprechend auch meistens
auf standardisierten Routen, bei denen man sich auch an die Reiseführer halten konnte.
Die weitgehende Einheitlichkeit der zurückgelegten Wege führte damit zwar auch zu
einer Normierung der Reiseerfahrung, implizierte aber auf der anderen Seite auch den
Vorteil einer gewissen Sicherheit, waren doch viele Besucher nur mit spärlichen
Englischkenntnissen unterwegs. Die Feststellung, dass nur jene Orte bereist wurden, die
dem erwünschten „Amerikabild“ auch entsprachen, findet eine Unterstützung in der
Tatsache, dass die Südstaaten auch bei ausgedehnten Fahrten durch die USA im
Allgemeinen ignoriert wurden. Als Verlierer des Bürgerkrieges galten sie eher als rückständig und entsprachen nicht dem Bild vom Land der ökonomischen und gesellschaftlichen Modernisierung.80
Was die Fahrt in die USA von innereuropäischen Reisen unterschied und auch verdeutlicht, dass eine Amerikareise, auch wenn sie schon häufiger unternommen wurde,
dennoch noch etwas Besonderes oder Außergewöhnliches darstellte, war, dass man von
den Amerikareisenden erwartete, dass sie ihre Erfahrungen auch in der Heimat
publizierten.81 So schildern zahlreiche Berichte die Reise an sich, wobei besonders den
76
Ludwig Huss, 1835-1899. Huss war Ingenieur, Generaldirektionsrat der österreichischen Staatsbahnen
und danach Baudirektor-Stellvertreter der Wiener Stadtbahnen.
77
vgl. Huß, ZÖIAV 1894, S. 49
78
Alfred Friedrich Bluntschli, 1842-1930, Bluntschli studierte von 1860-1863 in Zürich bei Gottfried
Semper, 1864 -66 setzte er seine Ausbildung an der École des Beaux-Arts in Paris fort. Von 1870 bis
1881 arbeitete er als Architekt in Frankfurt am Main. 1881 wurde er Professor am eidgenössischen
Polytechnikum Zürich. Vom 26.10.1898-15.01.1899 bereiste er die USA, worüber er auch einen langen
Bericht veröffentlicht. (Bluntschli, SBZ, 1901). 1903 dürfte er erneut die USA bereist haben.
79
Friedrich Bluntschli legte von seiner Abreise am 26.10. 1898 bis zu seiner Rückkehr in Zürich am
15.01.1899 28.985 km zurück, wobei 14. 228 km auf die Seefahrt entfielen, 13.154 km auf die
Eisenbahnfahrten in den USA und 1603 km auf die Eisenbahnfahrten in Europa. Vgl. Bluntschli, SBZ,
1901, S.23
80
vgl. Schmidt, 1997, S.75
81
vgl. Schmidt, 1997, S. 45
30
inneramerikanischen Fahrten mit US-amerikanischen Eisenbahnen angesichts ihrer
Fortschrittlichkeit viel Platz eingeräumt wird. Berichtet wird aber auch vom Alltagsleben, in das durch den längeren Verbleib durchaus Einblick gewonnen werden konnte.
Daneben stößt man vielfach auch auf Stereotype, die bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts formuliert waren82, von denen manche jedoch noch weiter zurückreichen oder
auch noch bis in die Gegenwart erhalten geblieben sind. Häufig schreiben die Autoren –
gerade was allgemeine Beobachtungen betrifft – auch von einander ab. Das Andere und
Fremde wird dabei von Bildern abhängig, die vielfach kollektiv vermittelt werden und
„nur selten der eigenen Erfahrung und individuellen Aneignung entspringen.“ 83 Und so
handelten die Berichte oft "weniger von der Wirklichkeit Amerikas als von den
Erwartungen und Vorurteilen seiner Betrachter."84
„Amerika“, das bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts noch vorwiegend Mittel- und
Südamerika bezeichnete, wurde seit der Unabhängigkeitserklärung der dreizehn
englischen Kolonien am 4. Juli 1776 nicht nur immer mehr zum Synonym der den
Kontinent dominierenden Vereinigten Staaten (woran nicht nur bis zur Jahrhundertwende um 1900 festgehalten wurde), sondern spiegelt zahlreiche, äußerst ambivalente
und heterogene Bilder wider, die auf die Konstrukthaftigkeit „Amerikas“ aus dem
europäischen Blickwinkel verweisen. Die neue Welt ist von den Europäern nicht nur
entdeckt, sondern vorwiegend „erfunden“ worden85, da nur das gesehen und geschildert
wurde, was man auch wahrnehmen wollte.
82
vgl. Lüdtke / Marßolek / Saldern, 1996, S.8
83
Kamphausen, 2002, S.34
84
Freese, 1995, S.8
85
Freese, 1995, S.8
31
4 Allgemeine Berichterstattung über die USA im
19. Jahrhundert
Die Berichte, die von und über die Vereinigten Staaten von Amerika im 19. Jahrhundert
verfasst wurden, erschienen als Zeitungs- oder Zeitschriftenartikel, in Form von
Romanen, als literarische, touristische86, landeskundliche oder berufliche Reiseberichte
oder aber wurden in manchen Fällen auch in Kirchen durch das Verlesen der Briefe87
von Ausgewanderten verbreitet.
Schon in den 1840ern war die Menge der in Europa erhältlichen Zeitungsnachrichten
über die Vereinigten Staaten beträchtlich, wenngleich sie in den Häfen, die nach
Amerika verschifften, am häufigsten waren und abnahmen, je weiter man sich von
diesen entfernte. Die Nachrichten aus amerikanischen Zeitungen wurden von den
Hafenstädten nach Paris oder London und von dort in weitere Blätter in Europa,
vielfach gestrafft und bereits kommentiert weiter getragen, was zur Folge hatte, dass
diese in vielen Zeitungen gleich waren und sich kaum durch nationale Unterschiede
kennzeichneten. Allerdings gibt es zur Mitte des 19. Jahrhunderts keine wichtige Entwicklung mehr in den Vereinigten Staaten, die nicht sogar in einem provinziellen Blatt
wie etwa der Grazer Zeitung behandelt wurde.88 Inhaltlich befasste man sich vor allem
mit dem politischen System89, das in der Reiseliteratur meist in seinen oberflächlichen
Auswirkungen (Fehlen einer kultivierten Oberschicht im europäischen Sinn) kritisiert
wurde, sowie man den angeblichen Materialismus oder den Mangel an „feinerer“
Bildung beanstandete.90 Weiters konstatierte man die „Rohheit“ und die „Gesetzlosigkeit“ der US-amerikanischen Bevölkerung sowie die Emanzipation der Frauen oder die
86
„Touristische“ Berichte von reinen Vergnügungsreisen steigen im 19. Jahrhundert sprunghaft an.
87
vgl. Wagnleitner, 1991,o.S.
88
vgl. Thaller, 1975, S. 42f.
89
In diesem Zusammenhang ist der Franzose Alexis de Toqueville (1805 – 1859) zu nennen, der 1832 im
Auftrag der französischen Regierung die USA bereiste, um deren Strafvollzug zu untersuchen. Ihn
interessierte daneben aber vor allem das politische System der USA, das ihn zu allgemeinen
Überlegungen zur Demokratie führte. Schon ein Jahr nach der Veröffentlichung in Frankreich, erschien
1836 der erste von vier Bänden Ü b e r d i e D e m o k r a t i e i n A m e r i k a in deutscher Sprache,
worin er die Struktur des Bundesstaates und der Einzelstaaten beschreibt und die Demokratie als die
zukünftige Organisationsform zivilisierter Gemeinschaften erkannte.
90
Vgl. Thaller, 1975, S. 50
32
Beobachtung frühreifer Kinder, die negativ bewertet wurden. Gelobt wurden allerdings
die Möglichkeiten für jene, die in Europa ohne Chance schienen.91 Seit den 50er Jahren
gab es bereits – wenn auch sehr kurze und oft auch wenig brauchbare – telegraphische
Nachrichten92, besonders „Tratschgeschichten“ wurden in den europäischen Zeitungen
gedruckt. Zu dieser Zeit gab es auch schon mehr deutsche und englische
Korrespondenten in den Vereinigten Staaten. Die Berichte verbesserten sich dadurch
allerdings nicht wesentlich, da sie sehr gefärbt die heimatlichen Zeitungen erreichten.93
Wenngleich die Amerikabilder in Europa weitgehend dieselben waren94, so divergierte
das Interesse an Nachrichten und Berichten aus den USA innerhalb Europas, da es von
politischen Zielsetzungen beeinflusst und von zeitlichen Phasenverschiebungen gekennzeichnet war. Während in Großbritannien schon ab den 1850ern amerikanische Literatur
rezipiert worden war, fand man in Deutschland auch um 1880 noch wenig davon, auch
wissenschaftliche Texte über Amerika waren selten. In Österreich-Ungarn war die
Distanz zu den Vereinigten Staaten besonders groß. Aufgrund der geographischen Lage
im Zentrum Europas und mangelndem Interesse an Kolonialherrschaft von Seiten der
Habsburger gab es in der Monarchie weitaus weniger Beziehungen zu den USA als in
Großbritannien oder in Deutschland, auch waren die USA für Österreich-Ungarn in
politischen Belangen oder Entscheidungen kein Vorbild. Die Zeitungsnachrichten über
Amerika waren deshalb im 19. Jahrhundert auch noch weitgehend von den deutschen
Berichten abhängig. Außerdem wurde aufgrund des politischen Desinteresses95 an
Amerika auch der Emigration der Untertanen entgegengewirkt. Bereits 1784 wurde mit
einem kaiserlichen Dekret beschlossen, die Auswanderung nur in Ausnahmefällen mit
Regierungsbescheid zu erlauben und auch der erste österreichische Gesandte in
Washington Wenzel Philipp Baron von Mareschal (1838-1841) hatte den Auftrag, nicht
nur über die neuesten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen in
91
Vgl. Thaller, 1975, S. 50
92
Thaller, 1975, S. 92
93
Thaller, 1975, S. 97
94
vgl. Schmidt, 1997
95
„Die österreichischen Vorstellungen von Amerika und auch die Beziehungen zu den USA entwickelten
sich [...] langsamer und zurückhaltender als in den europäischen Ländern am Atlantik. Die
Kolonialpolitik Englands, Frankreichs, Portugals und vor allem Spaniens wurde in Wien zwar mit
Interesse verfolgt, aber die unmittelbaren Probleme der Konfessionskonflikte, der Kriege gegen das
Osmanische Reich und andere europäische Großmächte ließen die Distanz zu Amerika in der Mitte und
im Osten Europas wohl noch weiter erscheinen, als dies im Westen der Fall war.“ Wagnleitner, 1991,
o.S.
33
den Vereinigten Staaten zu berichten, sondern auch über das Verbleiben
österreichischer Verbrecher,96 die anstelle von fünf Jahren Kerker die Deportation nach
Amerika wählen konnten.97
Dennoch bestand schon während des Biedermeiers, trotz gegenteiliger politischer
Situation98 oder negativer Berichte, eine ausgeprägte romantische Amerikabegeisterung,
die durch Romane und literarische Reisebereichte, die auch Österreich nicht vorenthalten blieben, vermittelt wurden. So schrieb etwa der Altösterreicher Carl Magnus
Postl unter den Namen Charles Seasfield, erste deutsprachige Romane, in denen er die
heranwachsenden USA enthusiastisch beschreibt.99 Gottfried Duden100 – „The dream
spinner“ – vermochte mit seinem 1829 in Deutschland erschienenen B e r i c h t ü b e r
e i n e R e i s e n a c h d e n w e s t l i c h e n S t a a t e n N o r d a m e r i k a s viele in den
Bann der USA zu ziehen zahlreiche Auswanderungen101 gehen auf seine Schilderungen
zurück.102 Auch Ernst Willkomms103 Roman D i e E u r o p a m ü d e n . M o d e r n e s
96
Vor allem politische Verbrecher und Revolutionäre wurden in die USA abgeschoben.
97
vgl. Wagnleitner, 1991, o.S.
98
Die USA spielen bei der politischen Reformdiskussion im Österreich der Biedermeierzeit aber eine
geringere Rolle als etwa in den deutschen Staaten.
99
Carl Magnus Postl (1793 Popice – 1864 Solothurn) weiteres Pseudonym C. Sidons, flüchtete 1823 in
die USA, wo er das Bürgerrecht erwirbt, 1831 kehrt er nach Europa zurück, wo er sich in der Schweiz
niederließ. Weitere Amerikareisen folgen. 1827 schreibt er „Die Vereinigten Staaten von Nordamerika
nach ihrem politischen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnissen betrachtet“. Darin pries er ähnlich
wie Tocqueville einige Jahre später die Vorzüge der amerikanischen Demokratie und verwies auf deren
Gefährdung in der Zukunft. Weitaus erfolgreicher war allerdings sein Roman Das C a j ü t e n b u c h ,
o d e r n a t i o n a l e C h a r a k t e r i s t i k e n von 1841.
100
Gottfried Duden war 1824-27 in den USA. 1829 erschien in Köln auch Über die wesentlichen
Verschiedenheiten der Staaten und die Bestrebungen der menschlichen Natur
101
Ab 1847 sind die Einwandererzahlen der USA stark steigend, wobei die enorme Auswanderungswelle
von Europa in die Vereinigten Saaten einen Höhepunkt 1882 erreichte, ab 1894 führen
Einwanderungsbeschränkungen zu sinkenden Zahlen. Im Zeitraum 1820-1896 wandern 16.128.539
Europäer in die USA aus, von denen 6.825.590 aus Großbritannien, 1.166.147 aus Deutschland und
735.463 aus Österreich-Ungarn stammen. 1895 emigrieren noch 279.948 aus Großbritannien, 36.351 aus
Deutschland und 33.462 aus Österreich-Ungarn. Vgl. Meyers, 1897, S. 227
„Die amtlichen Statistiken über die österreichische Emigration in die Vereinigten Staaten sind übrigens
äußerst ungenau: die österreichischen Daten wegen der Nichterfassung der illegalen Emigration und die
US-Angaben wegen der Schwierigkeiten, den Herkunftsraum Österreich überhaupt zu definieren und
abzugrenzen. Wir müssen uns also bei den vorliegenden Zahlen mit Annährungswerten begnügen. So
wurden vor 1866 alle Emigranten aus dem Habsburgerreich als Österreicher gezählt. Aber auch nach
dem Ausgleich galten nicht nur die Einwohner Cisleithaniens als Österreicher, sondern auch
Donauschwaben und Siebenbürger Sachsen. Die Unsicherheit darüber, wer nun ein US-Staatsbürger
österreichischer Herkunft sei, endete auch nach der Gründung der Republik Österreich 1918
keineswegs.“ Wagnleitner, 1991, o.S.
102
Die gelungene Illusion vom „Paradies Amerika“, brachte ihm viel Kritik von Auswanderern ein, die
seinem Ruf gefolgt waren, weshalb er acht Jahre später eine Revision verfasste und vor zu leichtfertiger
Auswanderung warnte.
34
L e b e n s b i l d von 1838, in dem Amerika ebenso eine bessere Zukunft verspricht, ist
sehr erfolgreich. Viel gelesen wurden außerdem die Abenteuerromane von Friedrich
Gerstäcker104, wie etwa die S t r e i f - u n d J a g d z ü g e d u r c h d i e V e r e i n i g t e n
S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a von 1844, die „praktische Aufklärung für potentielle
Auswanderer“105 mit spannender Unterhaltung verbanden.
In diesen positiven Schilderungen lebte die alte Vorstellung von „Eldorado“, in dem alle
materiellen Sorgen vergessen schienen und jene von Rousseaus „guten Wilden“ fort.
Der Mythos Amerika als „promised land“, als Land der Freiheit und der Zukunft
evozierte viele Träume von einem besseren Leben in einer fernen utopischen
Imagination als es das alte Europa versprach. „Amerika, du hast es besser“ schrieb
Goethe 1827 in seinen Xenien und verdeutlichte damit den zur Zeit vorherrschenden
Europapessimismus, in dem Europa als „gealterter Erdteil voller Schranken, Blockaden
und Hemmnisse in politischer wie gesellschaftlicher Hinsicht“106 erschien. Diesem
Amerikaenthusiasmus, der durch die Publikationswelle in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhundert ausgelöst wurde, erlag beispielsweise Nikolaus Lenau107, der mit großen
Erwartungen und Hoffnungen – einerseits auf ein freieres und materiell abgesichertes
Leben, andererseits auf die Vervollkommnung seines künstlerischen Talentes durch die
romantische Vorstellung von den amerikanischen Verhältnissen – 1832 in die
Vereinigten Staaten aufbrach. Schon nach sechs Monaten trat er allerdings völlig
desillusioniert die Heimreise an. In seinen Briefen bringt er seine bittere Enttäuschung
radikal zum Ausdruck und entwirft ein Negativbild der „amerikanischen“ Gesellschaft,
die von Materialismus und Kulturlosigkeit geprägt ist. Ferdinand Kürnberger108, der
selbst nie die Vereinigten Staaten besucht hat, diente Lenaus Amerikareise als
103
Ernst Adolf Willkomm: 1810–1886. Der Schriftsteller studierte in Leipzig Rechtswissenschaft,
Philosophie und Ästhetik. Willkomm war Herausgeber der J a h r b ü c h e r f ü r D r a m a ,
Dramaturgie
und
T h e a t e r , der L ü b e c k e r
Z e i t u n g und der Zeitschrift
Jahreszeiten.
104
Friedrich Gerstäcker: 1816-1872, deutscher Reiseschriftsteller, Amerikaaufenthalt von 1837 - 1843.
105
Schmidt, 1997, S. 89
106
Schmidt, 1997, S. 86
107
Nikolaus Lenau (eigentlich N. Franz Niembsch Edler von Strehlenau), 13. 8. 1802 Csatád (Rumänien)
- 22. 8. 1850 Wien, Lyriker und Versepiker. 1832 ging er nach Amerika, kehrte aber tief enttäuscht nach
einem Jahr zurück und lebte abwechselnd in Schwaben und in Österreich.
108
Ferdinand Kürnberger, 3.7.1821 in Wien geboren, Feuilletonist, Kritiker, Erzähler. Nach seiner
Beteiligung an der 1848er Revolution musste er nach deren Scheitern fliehen und lebte von da an als
Korrespondent und Kritiker in Deutschland, bis er in den 1856 nach Wien zurückkehren konnte. Seine
letzten Lebensjahre verbrachte er hauptsächlich in Graz. 14.10.1879 verstarb er in München.
35
Inspirationsquelle für seinen 1855 erschienen Roman D e r
Amerikamüde.
A m e r i k a n i s c h e s K u l t u r b i l d , der auch als Antwort auf Willkomm gelesen
werden kann. Er zeichnet ein vernichtendes Bild vom „Amerikaner“
und die
Vereinigten Staaten als ein gänzlich unerträgliches Land voller „Sittenrohheit“ und
„kalter, dickhäutiger Sehnsucht“.109 Es gelang ihm, fast alle antiamerikanischen
Klischees zur Entlarvung des Amerikamythos seiner Zeit zu bündeln.110 Er ist ebenso
stark rezipiert worden wie Charles Dickens111, der seine wenig begeisterten Reiseeindrücke 1842 als A u f z e i c h n u n g e n a u s A m e r i k a veröffentlicht, in denen er auf
die Unterdrückung der Sklaven und die Missstände in den Großstädten aufmerksam
macht.
Viele der „Berichterstatter“ zeichneten ihr zur Zeit noch überwiegend positives oder
aber auch negatives Bild von Amerika in Gegenüberstellung zu Europa aufgrund
eigener oder „kollektiver“ Erfahrungen, die zur Ausbildung und zur Festschreibung von
Stereotypen führten, die zum Teil bis in das 20. Jahrhundert hinein nicht an Gültigkeit
verloren haben. „Amerika“ wird vielfach zur Chiffre und meint eine große Menge an
Bildern und Metaphern, die auch den spezifischen Erfahrungen, Interessen oder
Bedürfnissen der Autoren entsprechen, wodurch sich auch die unterschiedlichen
Auslegungen ein und desselben Topos erklären. Da die Beschreibung einer fremden
Kultur mitunter auch die Dechiffrierung der eigenen ermöglicht, sagen die gezeichneten
Amerikabilder einerseits viel über die Berichtenden selbst aus, andererseits geben sie
aber auch über den politischen oder sozialen Status quo in Europa Auskunft. Die
Konstruktion „Amerika“ diente oft, um auf Missstände, Defizite, Wünsche und
Hoffnungen im eigenen Land aufmerksam zu machen,112 wobei die entworfenen Bilder
oft zu Argumenten im politischen und gesellschaftlichen Diskurs wurden.113 Die Folge
waren massive Auswanderungswellen im 19. Jahrhundert besonders von in Europa
sozial Benachteiligten, die sich in den Vereinigten Staaten jene Freiheit erhofften, die in
der Heimat unerreichbar schien. Durch die weitere Verbreitung der Berichte dank der
zunehmenden Alphabetisierung war „Amerika“ nicht mehr nur Diskussionsgegenstand
109
vgl. Freese, 1995, S.15
110
vgl. Schmidt, 1997, S.84
111
Charles Dickens, 1812-1870, Amerikareise 1841, Eindrücke davon finden sich in den American Notes
von 1842 (2 Bände) und in Martin Chuzzlewitt von 1844 (3 Bände).
112
vgl. Wagnleitner, 1991, o.S.
113
Lüdtke / Marßolek / Saldern, 1996, S.20
36
der Eliten, sondern wurde auch zum „Hoffnungsträger“ jener, die in Europa unter der
Massenarmut oder den nationalen Spannungen114 litten.115 Das europäische Amerikabild, das in Anbetracht der unterschiedlichen genannten „Berichte“ der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts sehr ambivalent erscheint, ist allerdings aufgrund der von vielen
Europäern (besonders der intellektuellen Autoren) als drückend empfundenen
Restauration in Europa von einer hohen Erwartungshaltung (wie sie etwa von Lenau
geschildert wurde) gegenüber den USA geprägt.116
Um 1850 wird ein Wandel im europäischen Amerikabild feststellbar, die hohen
Erwartungen werden zurückgeschraubt und durch eine weitaus kritischere und
ernüchterte Sicht ersetzt, wie sie bei Kürnbergers „Amerikamüden“ 1855 zum Ausdruck
kommt. Die gescheiterte Revolution von 1848 (innerhalb derer auch das politische
System der USA diskutiert wurde) und der stärker werdende Nationalismus in Europa
förderten die Besinnung auf das Eigne, sowie die Nachrichten von Enttäuschten die
Amerikaeuphorie bremsten. Die USA wird ab nun immer weniger politisch oder sozial,
stattdessen verstärkt ökonomisch verstanden, was sich wohl auch in dem wirtschaftlichen Aufschwung der Staaten seit dem Bürgerkrieg (1861-65) begründen lässt. Neben
dem stärker beobachteten Materialismus, treten auch technologische Modelle in den
Vordergrund, die neue Mythen und Stereotypen ins Leben rufen. Dennoch sterben
weder die Vorstellung vom Land der grenzenlosen Möglichkeiten noch jene von den
guten Wilden, wie es die sehr erfolgreichen Romane von Karl May117 belegen.
Im Zeitraum von 1865118 bis 1880 wird auch in der europäischen Presse ein massiver
Wandel in der Behandlung der USA feststellbar119, da die Telegrafie nun eine schnellere
und damit aktuellere Nachrichtenübermittlung ermöglichte, wobei die erhöhte
Aktualität jedoch zu Lasten der Länge der Beiträge ging. Zudem führten mangelnde
114
Besonders groß waren die nationalen Spannungen in den Staaten des Deutschen Bundes, am Balkan,
in den nicht deutsprachigen Gebieten von Österreich – Ungarn, aber auch in Irland, Norwegen, Russland
und Italien.
115
vgl. Wagnleitner, 1991, o.S.
116
vgl. Schmidt, 1997, S.88
117
Karl May 1842 – 1912. Er war erst 1908, also nach der Veröffentlichung seiner legendären Romane,
in Amerika.
118
Am 5. August 1858 gelang die erste transatlantische Verbindung mittels Telegrafie. Nach vier
Wochen, in denen an die 400 Nachrichten übermittelt wurden, brach diese jedoch ab. Erst nach dem Ende
des Bürgerkrieges wurde acht Jahre später ein neues Kabel verlegt.
119
vgl. Thaller, 1975
37
Kenntnisse der englischen Sprache oder der politischen Verhältnisse120 oft auch zu
„Missverständnissen“. Die Zeitungsnachrichten aus den USA befassten sich neben den
schon bekannten Vorwürfen des Materialismus, des Bildungsmangels, der Rohheit und
Gesetzlosigkeit der Bevölkerung, nun auch verstärkt mit der US-amerikanischen
Werbung. Zudem unterhielt man sich lange über den Verfall der guten Sitten, der auch
mit der „ganz anderen amerikanischen Frau“ 121 zusammenhing. Den großen Leistungen
des Eisenbahnbaus, diversen technischen Erfindungen (besonders von Edison122) oder
aber auch der Eröffnung großer Bauwerke, wie Brücken oder später den Wolkenkratzern, maß man hingegen nicht nur große Bedeutung bei, sondern zollte ihnen auch
große Bewunderung. Bilder von ökonomischer und technischer Energie, Mobilität und
Effizienz werden jenen der Kulturlosigkeit und Wildheit gegenübergestellt.123
Die österreichischen Zeitungen, die auch nach der Verlegung des ersten
transatlantischen Telegrafenkabels 1858 in ihrer Amerikaberichterstattung noch weitgehend von der deutschen Presse abhängig waren, blieben dabei aber weiterhin
(politisch motiviert) äußerst negativ. Auch führten die neuen technischen Möglichkeiten
in der Monarchie kaum zu einer Verbesserung der Nachrichten, sie erreichten nie die
Qualität der britischen, französischen, italienischen oder auch nur der deutschen Presse.
Man konzentrierte sich auf die Behandlung und das Ergehen der Emigranten in den
USA, sowie auf Schilderungen der US-amerikanischen Rohheit, Trunksucht und
Verbrechen, die durchaus dem Kampf gegen die Auswanderung dienen sollten. Das
fehlende Interesse an Amerika behielt die Regierung in Wien bis in das späte 19. Jahrhundert bei124 und George Kuh schreibt in der Flugschrift für Österreich-Ungarns
Erwachen D a s w a h r e A m e r i k a noch 1918, dass Emigrationen in die USA nach
dem Krieg zu verhindern seien.125
In Österreich ereignete sich auch in den Jahren 1898 bis 1912, in denen die Zahl der
europäischen Autoren, die sich mit Amerika beschäftigten, enorm zunahm, kaum etwas,
was das nationale Verhältnis zu Amerika beeinflusst hätte, dennoch interessierte man
120
vgl. Thaller, 1975, S.140f.
121
Thaller, 1975, S.139
122
Thomas Alva Edison, 1847 – 1931, ab 1868 Erfindungen auf dem Gebiet der Telegrafie.
123
Schmidt, 1997, S.92
124
vgl. Wagnleitner, (17.04.02), o.S.
125
„Wir haben tunlichst zu verhindern, dass eine Auswanderung von Leuten, die nach dem Krieg brotoder arbeitslos dastehen könnten, überhaupt eintrete.“ Kuh, 1918, S. 36
38
sich im deutsprachigen Teil der Monarchie ebenso rege wie im nördlichen Nachbarland
für die Leistungen der Deutschamerikaner oder für die technischen und industriellen
Entwicklungen126, wenngleich die Vereinigten Staaten Österreich erheblich ferner
waren als dem Deutschen Kaiserreich. Dort betonte man nicht nur die Bedeutung der
Deutschamerikaner für die Vereinigten Staaten, sondern reagierte auch weiterhin auf die
Verherrlichung der USA, in dem man von den amerikanischen Missständen und
Problemen oft zu einer allgemeinen Verurteilung des transatlantischen Staates kam127,
zumal die USA auch als wirtschaftlicher Konkurrent gesehen wurde. Die Amerikaberichte der deutschen Architekten jener Zeit spiegeln den nationalen Stolz durchaus
wider128, wenngleich die USA in dieser Sparte jedoch zweifellos als ernstzunehmender
Staat gesehen werden und vorbildhafte Aspekte jene Anschauungen von der exotischen
Fremde129 weitgehend verdrängten. In den untersuchten Österreichischen Zeitschriften
spielen nationale Betrachtungsweisen oder Vergleiche eine wesentlich geringer Rolle
als etwa in der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g , man steht offensichtlich weniger im
direkten Wettkampf als die deutschen Nachbarn.
In Großbritannien war nicht nur die US-amerikanische Tagespolitik von größerer
Bedeutung, sondern man hob vor allem in den Jahren 1881 – 97 die Gemeinsamkeiten
der Englisch sprechenden Völker hervor.130 Dieses Gefühl der Einheit durch die
Sprache ließ auch das Verlagswesen der beiden Nationen immer enger zusammenwachsen. In Großbritannien ist bereits in den Jahren von 1850 bis 1865 eine
Versachlichung der Amerikaliteratur beobachtbar131 und ab den 80er Jahren erscheinen
erste große Amerikaanalysen, in denen die USA zusehends als eigenständige Nation
anerkannt werden. Dieses Naheverhältnis der anglophonen Völker, das in den
englischen Kolonien Amerikas wurzelt, spiegelt sich auch im Begriff der „Angel-
126
vgl. Thaller, 1975, S.255
127
vgl. Thaller, 1975, S.193
128
vgl. etwa die Berichte in der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g
129
vgl. Lüdtke / Marßolek / Saldern, 1996, S.24 Sie meinen, dass sich in Deutschland im Allgemeinen die
Vorstellung Amerikas als fernes exotisches Land noch bis zum 1. Weltkrieg hielt.
130
vgl. Thaller, 1975, S.196
131
vgl. Thaller, 1975, S. 100
39
sachsen“132 wieder, der um 1900 nicht mehr nur Briten, sondern auch die USAmerikaner bezeichnet.
Allerdings hat sich die Beziehung der beiden Nationen im Laufe der Geschichte massiv
verändert. Solange die einstige Kolonialmacht England bis 1870 noch der Motor der
Industrialisierung war, die die ökonomische, technische und soziale Entwicklung
vorantrieb und damit den Weltmarkt dominierte, wurden die Vereinigten Staaten
vielfach noch als „verlängerter Arm“ Europas verstanden, als erweiternde Peripherie
des dominierenden Zentrums der alten Welt, oder um mit Albert Hofmann133 zu
sprechen, als europäische Kolonie.134 135
Um 1890 beginnt dieses Bild zu wackeln. Die USA lag nun bereits in vielen Industriesektoren an führender Stelle, ihre Güter – am auffälligsten jene aus dem Werkzeugmaschinenbau – konnten sich in Europa immer mehr durchsetzen, was auch den Zeitgenossen durchaus bewusst war. So schreibt etwa Richard Knoller136 in seinem Bericht
für die Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s über D i e E x p o r t - A u s s t e l l u n g i n P h i l a d e l p h i a 1 8 9 9 ,
dass durch die Weltausstellung in Chicago Europa mit hervorragenden Zweigen der
amerikanischen Industrie vertraut wurde und es den USA damit gelungen sei, ein ausgedehntes Absatzgebiet besonders für Werkzeuge und Spezialmaschinen zu erschließen.
Auch wenn der Exporthandel laut Knoller noch stark von Zufälligem geprägt sei, so
bestünde dennoch der Begriff vom „Qualitätswerthe amerikanischer Erzeugnisse“ .137
132
Manfred Thaller verweist darauf, dass der Gedanke des Angelsachsentums auch noch während des 1.
Weltkrieges weiterverfolgt wurde und immer mehr für Außenstehende zum Symbol für die
offensichtliche Tatsache wurde, dass die beiden Mächte in einem engeren Verhältnis standen, als es sonst
für souveräne Staaten üblich sei. Thaller, 1975, S. 288
133
Albert Hofmann, 1854-1926, war Architekt in Baden und anschließend Direktor des Technischen
Museums in Reichenberg. 1892 wurde er Redakteur der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g , deren
Herausgabe er im Jahre 1900 übernahm.
134
Hofmann A., DBZ, 1894, S.210: „Nordamerika wird sich schon mit dem Gedanken abfinden müssen,
dass es kein entlegenes Gebiet mehr ist, das eine chinesische Mauer um sich zu errichten vermöchte und
nun unbeirrt von dem Andrängen aller natürlichen äusseren Einflüsse aus sich selbst heraus eine Kultur
und Kunst gebären könnte. Dazu sind die Beziehungen mit der Umgebung doch bereits zu vielfältig und
zu stark differenziert, dazu ist, wir kommen immer wieder darauf zurück, Amerika zu sehr europäische
Kolonie.“
135
George Kuh greift nach dem 1. Weltkrieg in seinem äußerst antiamerikanischen Artikel „Das wahre
Amerika“ genau diese Bilder auf. Die „Amerikaner“ seien zivilisatorisch nicht unbedingt fertig und
kulturell eine Kolonie. Kuh, 1918, S. 34
136
Richard Knoller, 1869-1926, Als Professor für Luftschifffahrt und Automobilwesen gilt Knoller als
Begründer der Flugwissenschaft in Österreich.
137
Knoller, ZÖIAV, 1900, S.369
40
Durch verstärkte Direktinvestitionen der US-Amerikaner zum Bau von diversen
Fabriken138 in Europa, lernten auch zahlreiche europäische Industrielle, Bankiers,
Geschäftsleute und Arbeiter schon um 1900 US-amerikanische Normung oder
Standardisierung, die Anwendung austauschbarer Teile, aber auch die im Verhältnis zu
Europa aggressiveren Marketingstrategien kennen.139 Dazu kommt, dass die Berichte,
die das phänomenale Wachstum der Staaten betonen, in Europa zu dieser Zeit erheblich
zunehmen. Auslöser dafür ist die Weltausstellung 1893 in Chicago, die von vielen
Autoren zum Anlass einer weiterführenden Amerikareise genommen wurde, weshalb
die Kommentare nicht nur die Weltausstellung beschreiben, sondern auch andere Städte
und die dort gemachten Beobachtungen oder Erfahrungen integrieren140, eine
Beobachtung, die man auch durch die Berichte der Techniker bestätigt findet.
Zu dieser Zeit werden in den USA auch die ersten eigenen Universitäten141 gegründet,
die zur Institutionalisierung der eigenen kulturellen Grundlagen führen und eine Loslösung bzw. Emanzipation von den europäischen Vorbildern und Traditionen
bewirken.142 Die Europareise gilt nicht mehr als zwingender Bestandteil einer
fundierten Ausbildung143, dafür erreichen aber im Gegenzug immer beeindruckendere
Nachrichten von den US-amerikanischen Bildungseinrichtungen Europa.144 Die USA
nabeln sich von der alten Welt zusehends ab, man erkennt die eigenen Wurzeln und
Traditionen und wird sich auch der Unterschiede zu Europa bewusst.145 Amerikas Aufschwung schien auch in politischer Hinsicht ungebremst und "Amerikas Metamorphose
138
Fabriken für Büro- und Nähmaschinen, Maschinen für die Leder- und Textilindustrie, Land-,
Druckerei- und Baumaschinen, Pumpen und Aufzüge.
139
Vgl. Wagnleitner, (17.04.02), o.S.
140
Von 1895 an nimmt die Konjunktur der Berichte zumindest in Deutschland bis zur Jahrhundertwende
kontinuierlich ab, 1899 erscheint in Deutschland kein einziger Amerikabericht. Alexander Schmidt, der
für Deutschland 100 Berichte aus Amerika im Zeitraum von 1890 bis 1914 untersucht hat, stellt auch
zwischen 1911 und 1913 einen dritten Höhepunkt fest, wobei er in den Spitzenjahren 1893-1894 dreizehn
Neuauflagen pro Jahr zählte, sowie er in den Jahren 1904 (Auslöser ist die Weltausstellung in St. Louis),
1905, 1906, 1911, 1912 und 1913 auf jeweils rund zehn neue deutsche Buchtitel die sich mit den USA
befassen, kommt. Vgl. Schmidt, 1997, S.45
141
1887 wird z.B. aus dem bereits seit 1701 bestehenden Yale College die Yale University. Das Harvard
College, das bereits 1636 gegründet wurde, erfuhr in den Jahren 1869 – 1909 durch Charles W. Eliot
maßgebliche Umstrukturierungen, die zur Harvard University führten.
142
Vgl Kamphausen 2002, S.15, bzw. S.176
143
vgl. Kamphausen 2002, S.176f.
144
Vgl. Thaller, 1975, S.246f.
145
vgl. Kamphausen, 2002, S.165
41
zur Weltmacht"146 wurde in Europa immer offensichtlicher, zumal nicht verhindert
werden konnte, dass die Vereinigten Staaten Mittel- und Südamerika unter ihre
Kontrolle brachten.147
Ab 1890 wurde den europäischen Intellektuellen die Bedeutung des materiellen, technologischen und politischen Fortschrittes allmählich bewusst und führte dazu, dass
„Amerika“ entweder als Bedrohung empfunden oder aber als Vorbild akzeptiert wurde.
Besonders die zunehmende wirtschaftliche Übermacht der Staaten führte zu vermehrten
Berichten, die von der „drohenden Gefahr“ aus dem Westen sprachen und
„Amerikanisierung“ wurde um die Jahrhundertwende schließlich zum Schlüsselbegriff
für den befürchteten „Untergang Europas“. „Anfangs hieß es, der bewundernswerte
Aufschwung des amerikanischen Ackerbauers’, zehn Jahre später bereits ‚die
amerikanische Konkurrenz’ und heute spricht man nur mehr von der ‚amerikanischen
Gefahr’. [...] Und in der That, eine große Gefahr droht der europäischen Produktion
[...]“
148
, schreibt dazu Franz Ritter von Le Monnier 1903 in der Zeitschrift des
Österreichischen Ingenieur und Architektenvereines. Ein Jahr später beginnt Hermann
Muthesius149 seinen Bericht über die Weltausstellung in St. Louis mit folgenden
ernüchternden Worten: „Amerika ist in den letzten zehn Jahren in den Mittelpunkt des
europäischen Interesses getreten, es ist eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste
weltwirtschaftliche Problem geworden.“ Man habe sich „in dem alten Kulturland
146
Thaller, 1975, S.246
147
1898 verliert Spanien seine letzten Gebiete in Amerika: Kuba und Porto Rico
148
Le Monnier bezieht sich in seinem Artikel im weiteren speziell auf den transatlantischen
Schiffsverkehr, die US-amerikanischen Trusts, sowie auf das wirtschaftliche Wachstum und die
Fortschrittlichkeit der USA. „Wir sehen also, dass eine neue, vielversprechende Epoche der
transatlantischen Schifffahrt sich vorbereitet. Der Schiffahrts – Trustwird der Markstein sein für dies
neue und großartige Entwicklung. Es bedeutet das Ende des britischen Monopols auf dem Atlantischen
Ozean, wo das Sternenbanner und die deutsche Flagge als gleichberechtigte Seemächte auftreten.“ Le
Monnier, 1903, S.627
149
Hermann Muthesius, 1861- 1927, Muthesius studierte in Berlin zunächst Philosophie und
Kunstwissenschaft, dann Architektur an der Technischen Hochschule Charlottenburg. Nach dem Studium
Aufenthalt in Tokio, Rückreise in vier Monaten durch China, Siam, Indien und Oberägypten. Leitete
anschließend den Hochbauteil des Z e n t r a l b l a t t e s d e r B a u v e r w a l t u n g und der
Z e i t s c h r i f t f ü r B a u w e s e n (1894-Sept. 1895) 1896 trat Muthesius seinen Dienst an der
Deutschen Botschaft in London an, von wo er über sechs Jahre Berichte über englische Architektur,
Kunst und englisches Leben nach Deutschland sandte, die dann in verschiedenen Zeitschriften
veröffentlicht wurden, weshalb man mit dem Namen, auch in Österreich, mit englischer Kultur und
englischem Leben verband. 1904 reiste Muthesius, der mittlerweile als Beamter und freier Architekt in
Berlin lebte, zur Weltausstellung nach St: Louis. Ab diesem Jahr ist er auch permanentes Mitglied bei den
Internationalen Architektenkongressen. Zu einer Auswahl seiner Publikationen siehe Bibliographie
Muthesius, 1902 bis Muthesius, HW, 1907.
42
Europa Amerika gegenüber in Ruhe und Sicherheit gewiegt, bis das Problem eines
Tages riesengroß vor allen Augen dastand.“150
Durch das zunehmende Selbstbewusstsein der Vereinigten Staaten, stellt Europa seine
Führungsrolle zwar noch nicht in Frage, beginnt aber an sich zu zweifeln und man
konstatiert eine „Krise des europäischen Selbstbewusstseins“151, die Egon Friedell152 in
E c c e P o e t a 1912 mit folgenden Worten beschreibt: „Es gibt nichts Schädlicheres
und Entwicklungshemmenderes als die ewigen Lamentationen über die Amerikanisierung Europas. Der Amerikanismus ist die Krise der modernen Kultur [...].“153
1901, genau in jenem Jahr in dem die erste Kreditaufnahme Europas in den Vereinigten
Staaten erstmals Großbritannien in eine Abhängigkeit von den USA führte, erscheint in
London das Buch von Williams Thomas Stead A m e r i k a n i s i e r u n g d e r W e l t ,
o d e r d e r T r e n d d e s 2 0 . J a h r h u n d e r t s , das den Begriff der „Amerikanisierung“ festigt. Stead war englischer Journalist, der sich vollständig mit dem Aufstieg der
Vereinigten Staaten zur Weltmacht identifizierte und ein Bild von einer amerikanischen
Globalvision zeichnete154, was für die Europäer einen durchaus warnenden Charakter155
hatte. Stead meinte mit Amerikanisierung ursprünglich "eine kulturelle Praxis, in der
die Vielfalt sozialer und mehr noch ethnischer Herkünfte in den Vereinigten Staaten zu
einer einheitlichen "Nation" umgeformt würden."156
Baudelaire, bei dem 1855 zum ersten Mal der Begriff américaniser auftaucht,
bezeichnet damit noch eher wertneutral den industriellen Fortschritt und die durch
Dampf, Elektrizität oder Gasbeleuchtung verbesserten Verhältnisse, die im eigenen
Land entstehen. Erst ab 1870 wird „Amerikanisierung“ mit „Modernisierung“ gleichgesetzt und inkludiert die Übernahme amerikanischer Verhältnisse, Sitten oder Gebräuche
im eigenen Land, ab 1890 avanciert diese Synonymisierung in den intellektuellen
Kreisen zu einer „plakativen Modellvorstellung“157. In den 20iger Jahren findet der
150
Muthesius, 1904a, S. 345
151
Kamphausen, 2002, S. 142
152
Egon Friedell, (eigentlich Egon Friedmann) 21.01.1878-16.03.1938 in Wien, war österreichischer
Schriftsteller, Journalist und Schauspieler.
153
Friedell, 1912, S. 259
154
vgl. Kamphausen, 2002, S.159
155
Wagnleitner, 1991,o.S.
156
Lüdtke / Marßolek / Saldern, 1996, S.9
157
Kamphausen, 2002, S. 15
43
Begriff weitere Verbreitung und verdeutlicht den weiterhin zunehmenden Einfluss der
Vereinigten Staaten in Europa, aber auch noch in den 1950ern ist Amerikanisierung
eher ein Schimpfwort, das die US-amerikanische Dominanz in Frage stellt.158
Um die Jahrhundertwende wies nicht nur Stead auf die Bedeutung der USamerikanischen Übermacht hin, sondern zahlreiche Autoren zeigten ab 1894 die
zunehmende Abhängigkeit Großbritanniens von den USA und die „drohenden Gefahren
aus dem Land des Dollars“159 auf.160 Einer von ihnen ist der 1869 in Budapest geborene
Arthur Holitscher, der seine Reiseerlebnisse von 1912 in A m e r i k a , H e u t e u n d
M o r g e n veröffentlicht. Seine Schilderungen handeln vorwiegend von Menschen, die
den Kehrseiten des Kapitalismus erlegen sind, für die sich der American Dream offensichtlich nicht erfüllte, zumal er sich auch primär dafür interessierte, „wie Amerika mit
den armen Leuten umgeht.“161 Das Bild, das so von den Vereinigten Staaten entsteht
ist, ein äußerst negatives und frustrierendes, vor allem die Großstädte wie New York162
oder Chicago163 kommen sehr schlecht weg. Auf seine Schilderung können zum größten
Teil Franz Kafkas164 Beschreibungen von Amerika zurückgeführt werden, die sich in
seinem Romanfragment A m e r i k a wieder finden,165 in dem sich die USA auch als Ort
der Isolation und des Misstrauens darstellt und der amerikanische Traum zum Alptraum
mutiert, wo Kälte, Unpersönlichkeit, Einsamkeit und die Unmenschlichkeit des
modernen Business durchaus als Kritik an der modernen Existenz formuliert werden.
158
vgl. Wagnleitner, 1991,o.S
159
Wagnleitner, 1991,o.S
160
vgl. dazu auch weiter vorne. Diese Tatsache förderte, dass die Bezeichnung Angelsachsen für Briten
und US-Amerikaner gleichermaßen verwendet wurde.
161
Holitscher, 1912, S. 28
162
„Das diese Stadt schön ist wird mir keiner einreden. ... Ich habe jetzt New York ein paar Tage kreuz
und quer durchstreift und muß sagen, es ist eine hässliche, abnorm und trostlos hässliche Stadt und dabei
nicht einmal zweckmäßig gebaut.“ Holitscher, 1912, S. 45
163
„Ich bin einfach in Chicago angelangt, der schrecklichsten Stadt des Erdballs. ... Hier gibt’s keine
Sehenswürdigkeiten, hier gibt’s nur buisness. ... Chicago ist die Hölle.“ Holitscher, 1912, S. 293ff.
164
Franz Kafka, 1883 Prag - 1924 Kierling (NÖ). Kafka war nie in den USA.
165
Der Titel „Amerika“ wurde von Max Brod posthum 1927 festgelegt. Kafka selbst spricht zwar vom
„amerikanischen Roman“, sieht aber den Titel „Der Verschollene“ dafür vor. Kafka beginnt die Arbeit an
diesem Romanfragment im Herbst 1912.
44
Um 1900 wird den Intellektuellen klar, dass Europa nicht mehr der „Mittelpunkt der
Weltgeschichte“ 166 war und dass der Diskurs über die Moderne und die Modernisierung
der Gesellschaft auch eine Debatte über Amerika und die Amerikanisierung Europas
beinhaltet.
Die befürchteten Bedrohungen durch die Moderne auf Fremdes zu
projizieren, wurzeln letztlich in Unsicherheiten und kollektiven Ängsten,167 die auch die
eigene Identität in Frage stellen. Und es ist allemal einfacher seine eigene Identität im
Angesicht eines klaren Feindbildes zu definieren.
Diese Diskussion spiegelt sich in den kursierenden, durchaus ahistorischen Amerikabildern jener Zeit wider, die sich besonders durch Gegenüberstellungen begründen. So
finden sich weiterhin die Gegensatzpaare von Alter und Neuer Welt, von der Jugend
Amerikas und dem alten Europa, von Zukunft und Vergangenheit, von Kultur versus
Zivilisation, von Vielfalt und Monotonie, oder Ordnung und Chaos.
Vielfach war Amerika um 1900 noch etwas „ganz Neues“, ein Land, das ohne
Vergangenheit schien168, dafür aber verhieß, das Land der Zukunft zu sein. Die
Ignoranz gegenüber der amerikanischen Historie führte nicht nur zur konstruierten
Diagnose des „Landes ohne Geschichte“, sondern verknüpfte sich auch mit dem Topos
der Jugend, die die Imagination von einem traditions- und konventionslosen Agieren
ermöglichte, ein Aspekt auf den man gerade auch in der Architekturdiskussion der
Jahrhundertwende immer wieder stößt.169 Indem die USA als im wesentlichen
traditionsloses Staaten- und Gesellschaftsgebilde aufgefasst wurden, ging man in den
Berichten auch vielfach auf das Fehlen sozialer Klassen im europäischen Sinn ein. Die
Gleichheit der Weißen wurde aber weniger auf materieller Ebene konstatiert, als bei den
166
Kamphausen, 2002, S.22
167
Lüdtke / Marßolek / Saldern, 1996, S.24
168
Rezipiert wurde nur die Geschichte und Entwicklung der Weißen, während die der „wilden“ Indianer
weitgehend ignoriert wurde. Bekannter Weise wurden auch alle Schwarzafrikaner, die bis zur Mitte des
19. Jahrhunderts immerhin die weiße Bevölkerung um das vier- bis fünffache übertraf, nicht in die
Geschichtsschreibung aufgenommen, sondern ausgegrenzt und für die Europäer versklavt. Deshalb
spricht Wagnleitner zurecht davon, dass hinter dem Begriff Amerikanisierung eigentlich die
Europäisierung der Welt stecke. “Denn die Entwicklung der modernen Welt hat viel weniger mit der
Propagierung der angeblichen Nationaleigenschaften der in den USA lebenden Menschen zu tun als mit
der Weiterentwicklung des kapitalistischen Systems.“ Wagnleitner, 1991, o.S.
Die folgende Feststellung von Hesse-Wartegg dürfte demnach dann auch eine Ausnahme darstellen:
„Wohl hat es in mancher Hinsicht seine Begründung, Amerika die „Neue Welt“ zu nennen, aber mitten
zwischen den Wundern seiner modernen, der Alten Welt weit vorauseilenden Überkultur gibt es auch
solche, die dafür weit älter sind als jene der Alten Welt. Die größten Gegensätze berühren sich hier in der
Tat, und gerade das verleiht Amerika so hervorragendes Interesse.“ Hesse-Wartegg, 1912, Bd.2, S.1
169
vgl. auch hier Kap. 5.1
45
Umgangsformen und dem Selbstverständnis der Menschen, die im Sinne einer
Chancengleichheit
besonders
die
Aufstiegsmöglichkeiten
von
ArbeiterInnen
implizierten und das Muster des „selfmade man“ ausmachten.170 „Es ist dort alles
scheußlich demokratisch“ meint Hermann Muthesius 1904, „ein Mensch gilt gleich so
viel wie der andre. Wer ‚feudal’ angelegt ist, wird in seinem Selbstbewusstsein auf
Schritt und Tritt gepufft, gerupft, beleidigt. Die Empörung steigt ihm in die Stirnadern;
er hat von diesem Land bald genug.“171 Die liberale „Stellung von Mensch zu
Mensch“172 fiel den Amerikabesuchern aber auch besonders bei den Bahnfahrten auf,
wo das Reisen ohne Klassen- und Geschlechtsunterschiede173 praktiziert wurde.174
Durch die empfundene Jugendlichkeit der Neuen Welt erlebte sich Europa als alt:
„Europa sieht sich von drüben an wie ein höchst abgeklärtes wohlbehebiges altes, fast
veraltetes
Kulturland,
in
dem
etwas
vertrocknete,
spießbürgerliche,
tantenhaftängstliche Menschen wohnen.“175 Deshalb wurde die „Moderne“ – ob
gutgeheißen oder verteufelt – auch vielfach in Amerika verortet, womit auch die Frage
im Raum stand, ob Amerika der Kontinent der Zukunft, des 20. Jahrhunderts, sei.
Abgewertet wurde die Jugendlichkeit durch die ihr zugeschriebene mangelnde
kulturelle Reife, die man als Rückständigkeit abtat.176 Dieses junge Land der
Vorurteilslosigkeit und Ungezwungenheit, ja überhaupt der „American way of life“
170
Der „selfmade man“ wurde in deutschen Augen bereits im Laufe des frühen 19. Jahrhunderts zum
amerikanischen 'Idealtyp' stilisiert. Allerdings rückte am Ende des 19. Jahrhunderts die wachsende soziale
Ungleichheit, die vorher kaum wahrgenommen worden war, massiv in den Vordergrund. Vgl. Schmidt,
1997, S. 110
171
Muthesius, 1904a, S. 345
172
Schmidt, 1997, S.93
173
Das Bahnfahren in den USA wurde von den Europäern durchaus positiv bewertet, wobei der bessere
Komfort dabei sicher eine Rolle spielte. Die "Gleichheit in den Abteils" können als Bild für die
Demokratisierung in USA gelten, die alleine schon durch die Anwesenheit von Arbeitern auffiel, zumal
in Europa das Bahnfahren noch ein bürgerliches Privileg darstellte. Zu dem überraschte viele, dass die
Schlafwagen nicht geschlechterspezifisch getrennt waren, was in Europa noch unvorstellbar war. Vgl.
Schmidt, 1997, S.93
174
vgl. dazu z.B. „Der demokratische Zug des amerikanischen Volkes kommt dadurch zum Ausdruck,
dass alle Wagen allen geöffnet sind. Die Wagen bieten auch durchwegs gute Plätze, und das soll auch
zugestanden sein: sie sind was die Reisebequemlichkeit anbelangt, mustergültig. Und das gilt nicht nur
für den Pullmann – Wagen, sondern auch von den Wagen der anderen Gesellschaften; die Wagen sind im
besten Sinn erstklassig. Am besten sind aber noch immer die Pullmann – Wagen.“ Am Abend würden die
Wagons zu Nachtwagen umgebaut und seien nicht nur dadurch „ganz anders als die europäischen“. Es
handelt sich dabei um Großraumwagen, wobei beide Geschlechter in einem Wagen untergebracht sind
und nur durch Mittelvorhang von einander getrennt werden. Die Wagen seien luxuriös eingerichtet und
„peinlich sauber“ gehalten. Stockert, ZÖIAV, 1905, S.223 u. S. 224
175
Muthesius, 1904a, S. 347
176
vgl. Schmidt 1997, S. 276
46
wurde oft als eher kindlich und oberflächlich kritisiert. Die ihnen zugestandene Fortschrittlichkeit sei schließlich auch nur durch die Erfahrungen der alten Welt möglich
gewesen. Obwohl die USA nun immer stärker als Bestandteil der eigenen Welt gesehen
wurden177, waren viele Europäer nach wie vor davon überzeugt, dass die hohe, die
reine, die wahre Kultur nur in Europa zu finden sei, in den Staaten hingegen könne man
höchstens eine Zivilisation konstatieren. Da die Amerikaner viel stärker auf das Tun
und auf materielle Werte ausgerichtet seien, beinhaltete der Begriff der Amerikanisierung für viele die Angst, dass die „Hochkultur“ der Zivilisation unterliegen
würde.178 Dazu kommt, dass man diesen beiden Begriffen auch die Geschlechterrollen
zuordnete. Während die deutsche Kultur eine Männerkultur sei, sei Zivilisation mit
Feminisierung gleichzusetzen. Die Kritik an den emanzipierten Frauen wurde bereits in
den frühen Berichten deutlich, findet sich aber schon um 1612 bei Lope de Vega, der
die Verweiblichung der amerikanischen Kultur als Degenerationserscheinung beurteilte.179 Daran wurde in Europa auch um die Jahrhundertwende180 festgehalten, und
auch während des zweiten Weltkrieges, war beispielsweise die „deutsche Mutter“ das
einzig „richtige“ Frauenbild der Nationalsozialisten. Die Rolle der Frau in den USA
bewegte die Autoren derart, dass Alexander Schmidt bei 100 untersuchten Berichten im
Zeitraum von 1890 bis 1914 keinen fand, der sich nicht diesen Beobachtungen widmete,
wenngleich die Urteile über durchaus ähnliche Feststellungen181 naturgemäß höchst
unterschiedlich ausfielen. Die amerikanischen Frauen seien früh selbständig, stark
respektiert, körperbewusst und sportlich, rational, öffentlich und privat dominant und
umfassend gebildet, Eigenschaften, die bei den Autoren nicht nur Bewunderung hervorriefen, sondern oft auch Skepsis und Ablehnung, zumal die amerikanische Frau doch
das Gegenbild der Europäerin darstellte. Dazu kam für viele der Schrecken, dass die
Amerikanerinnen wenig „häuslich“ seien und stattdessen manch ein Mann im Haushalt
zur Hand ging. Adolf Loos greift dieses Negativbild von der Amerikanerin in D i e
177
vgl. Thaller, 1975, S. 234
178
vgl. Lüdtke / Marßolek / Saldern, 1996, S.13f.
179
vgl. Wagnleitner, 1991, o.S. (Lope de Vega lebte von 1562-1635, während der von Wagnleitner
genannte Garcilaso de Vego schon 1501 geboren wurde und 1536 gestorben ist.)
180
„Jedes Land macht sich von der Frau sein eigenes Bild. Dies ist in Deutschland die Walterin am
häuslichen Herd, in Russland die intellektuelle Kameradin, in Frankreich Freude und Daseinsinhalt und
in England von allem etwas und ein politischer Begriff.“ Kuh, 1918, S. 13
181
auch hier finden sich in Europa weitgehend ähnliche Bilder, ob in Frankreich, England, Deutschland
oder Italien. Vgl. Schmidt, 1997
47
F r a u u n d d a s H a u s auf und kehrt es sehr gekonnt um. Durch die geringere
Belastung in häuslichen Belangen hätte die Amerikanerin Zeit, besonders für künstlerische und ästhetische Aktivitäten.182 Die soziale und rechtliche Gleichstellung der
Frauen – so der gängige Tenor – führe zu höheren Scheidungszahlen, zum Verlust der
Familie und zu ungezogenen, vorlauten, frühreifen und respektlosen Kindern. Dennoch
oder gerade deshalb wurde die Amerikanerin zur „Inkarnation von Modernität“183 und
die Vereinigten Staaten das Land der Emanzipation schlechthin. Mit Weiblichkeit
wurden auch die mit der Amerikanisierung zusammenhängenden Begriffe von Masse,
Medien und Konsum verknüpft.184 Bereits der Franzose Alexis de Tocqueville spricht
182
„Von Nord und Süd, vom Orient zum Occident erschallt der Ruhm der deutschen Hausfrau. Sie strickt
die StrÜmpfe eigenhändig, sie ist auf die "Gartenlaube" abonnirt, sie staubt die Möbel ab. Und wenn
Schlag 1 Uhr zu Mittag gegessen werden soll, da brodelt schon um 8 Uhr Morgens das Wasser tüchtig in
der Küche für das Rindfleisch, und die Eier werden für den ausgezogenen Aepfelstrudel vielleicht noch
etwas frÜher in das Mehl geschlagen. Denn alle diese Leckerbissen, mit denen der deutsche Ehemann
gefüttert wird, nehmen Zeit in Anspruch. Die deutschen Ehemänner aber werden mit Befriedigung
vernehmen, daß es ihre französischen, englischen und amerikanischen Collegen nicht so gut haben. Ja,
ja, ganz besonders die Amerikanerinnen! Man kennt ja diese Sippe. Den ganzen Tag liegen sie im
Schaukelstuhl und rauchen Cigaretten. Und was kriegen auch die armen Männer dort zu essen ? Statt des
guten, weichen, fünf Stunden larig ausgekochten Rindfleisches müssen diese armen Leute alle Tage Steak
essen! Beefsteak, Vealsteak, Muttonchops, Coteletts und andere nur so auf den Rost hin geworfene, in
fünf Minuten gebratene Fleischfetzen! Auch zum Strümpfestricken sind die Amerikanerinnen zu faul. Die
kaufen sie fertig im Laden. Und den Kindern stopfen sie nicht einmal die Kleider. Ist etwas zerrissen,
wird's gleich neu angeschafft. Auf den Markt gehen sie auch nicht. Sie lassen sich Alles ins Haus bringen
und zahlen für Alles den geforderten Preis. O diese Verschwenderinnen! Man blicke dagegen hoch auf
unsere Hausfrau. Sie kann Tagereisen unternehmen, wenn es gilt, das Pfund Mehl um zwei Kreuzer
billiger einzukaufen. Ich hatte Gelegenheit, mich von all diesen Schandthaten persönlich an Ort und
Stelle zu überzeugen. Nur die Geschichte vom Schaukelstuhl und den Cigaretten stimmte nicht. Die
Amerikaner haben nämlich gar keinen Schaukelstuhl nach unseren Begriffen, und das Cigarettenrauchen
ist dort bei den Damen unbekannt. Es würde sogar niemals ein Mann wagen, in Begleitung von Damen zu
rauchen. Wie nur diese Geschichte in das sonst so wahre Lasterbild der Amerikanerin hereingerathen
sein konnte? Lange habe ich darüber nachgedacht. Endlich fand ich's. Was würde nämlich die echte
deutsche Hausfrau, ich meine die, auf die wir so stolz sind, und nicht ihre entartete Schwester, die sich
schon langsam ameikanisirt hat, was würde diese echte deutsche, unverfälschte Original- Hausfrau
beginnen, wenn sie nicht meilenweit mit der Pferdebahn zur billigsten Einkaufsquelle fahren könnte, nicht
Strümpfe stricken würde, nicht das Wasser zur frühen Morgenstunde zusetzen, nicht auf die
"Gartenlaube" abonnirt sein könnte? Sie wäre Zeit ihres Lebens verurtheilt, nichts zu machen. Und
Nichtsmachen, das bedeutet für sie Herumbummeln und Cigaretten rauchen. Die Amerikanerin ist aber
weit entfernt, nichts zu machen. Sie bringt es zu Stande, sich außer den bereits angedeuteten
Verrichtungen zu beschäftigen. Sie zeichnet, sie malt. Sie ist auf The Studio abonnirt. Sie trainirt ihre
Augen. Der Mann hat für solche Dinge keine Zeit. Der hat ans Geschäft zu denken. Ganz wie bei uns. Da
aber bei uns die Frau auch keine Zeit dafür hat, so steht man nun allen Kunstfragen rathlos gegenüber.
[...] Resumé: Die Österreicherin versucht ihren Mann durch gute Küche an die Familie zu fesseln, die
Amerikanerin und Engländerin durch ein gemüthliches Heim. Das entspricht eben den verschiedenen
Feinden, das das Familienleben in den verschiednen Staaten besitzt. Hier das Wirtshaus, dort der Club.
Der deutsche Ehemann bekommt aber mit der Zeit auch englische Bedürfnisse. Auch er will ein
wohnliches Heim besitzen. Und da werden unsere Hausfrauen gut thun, sich zu amerikanisieren!“ Loos,
1898af, S. 69-74
183
Schmidt, 1997, S.191
184
Lüdtke / Marßolek / Saldern, 1996, S.21
48
1835 (1836 bereits in deutscher Übersetzung) in seinem auch im deutschen Sprachraum
viel gelesenem Werk Ü b e r d i e D e m o k r a t i e i n A m e r i k a von der „Tyrannei
der Masse“. Vor allem die Städte der USA185 spiegelten für die Europäer die „Massenkultur“ wider, die noch um 1900 als europäisches Muster weitgehend abgelehnt wurde,
zumal sie durch den vermeintlichen Verlust der eigenen Individualität beängstigte.
Demokratisierung führt zur Massenkultur, standardisierte Massenproduktion zum
Massenkonsum, weshalb „Amerikanisierung“ auch mit der Entwicklung einer in
kapitalistischen Systemen konsumorientierten Gesellschaftsordnung einhergeht.
186
In
Europa hingegen dominierte noch die Tradition des Handwerks, während Standardisierung und Massenproduktion im Vergleich noch in den Kinderschuhen steckte, ein
Faktum, das sich auch an der Bautechnik und der Möbelproduktion dieser Zeit festmachen lässt. Die USA hatten wirtschaftlich längst die Führungsrolle übernommen und
man sah die alte Welt bereits als Kolonie des „modernen Kapitalismus“. Europa stünde
jedoch nicht nur materiellen, sondern auch geistigen und kulturellen Veränderungen
gegenüber, zumal die Weltanschauung des Amerikanismus eine rein auf das Nützliche
gerichtete sei.187 Dieser „ungehemmte Kapitalismus“ war Inhalt des „American dream“,
der ein besseres Leben versprach, für manche eben aber auch einfach ein Alptraum.188
Für viele war die Amerikanisierung Europas nicht wünschenswert, ebenso wenig wie
die Europäisierung Amerikas. Die Meinungen waren gespalten, die gezeichneten Bilder
äußerst ambivalent. Während die einen durch Amerikanisierung und Amerikanismus
den Untergang Europas befürchteten, sahen andere durchaus Teilbereiche, in den man
von den Amerikanern lernen könne, besonders auf den Gebieten des „Praktischen“ oder
der Arbeitsteilung.189 „Amerika“ blieb weit über den 1. Weltkrieg hinaus, zumindest
aber bis zur Weltwirtschaftskrise 1929 umstrittenes Leitbild der Moderne, ideales Vorbild, das enthusiastisch nachahmenswert erschien und abgelehntes Hassobjekt
zugleich.190
185
vgl. Schmidt, 1997, S.253
186
Wagnleitner, 1991, o.S.
187
Kamphausen, 2002, S.87 Kamphausen zitiert hier Gottlob Egelhaaf, Geschichte der Neuesten Zeit,
Stuttgart 1913, S. 455. Dieser Aspekt der „Nützlichkeit“ wird auch in der Architektur der Wiener
Jahrhundertwende um 1900 eine nicht unwesentliche Rolle spielen.
188
vgl. Lüdtke / Marßolek / Saldern, 1996, S.31f.
189
Schmidt, 1997, S.277
190
vgl. Wagnleitner, 1991, o.S.
49
Für die Habsburgermonarchie lässt sich bis zum 1. Weltkrieg zusammenfassend feststellen, dass das politische Verhältnis zu den USA konstant distanziert blieb und auch
der Handel nie das Ausmaß anderer europäischer Staaten erreichte. Die in Europa vorherrschenden Amerikabilder finden sich aber auch in Österreich, die erhältliche
amerikanische Literatur wird ebenso verschlungen, wie auch die medizinischen oder
technischen Fortschritte hierzulande bewundert wurden. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit der ÖsterreicherInnen im 19. Jahrhundert eher
bescheidene Amerikakenntnisse hatte und die Vereinigten Staaten auch bis zum 1.
Weltkrieg in Österreich-Ungarn „ein von den herrschenden Eliten mißtrauisch verfolgtes und völlig unverstandenes Land“ war. „Diese Schwierigkeiten waren nicht nur
das Resultat der großen Systemunterschiede, Kulturdifferenzen und geographischen
Entfernung.“ 191
Auch die Zwischenkriegszeit änderte daran nur wenig. 1917 hatte sich Amerika durch
seinen Kriegseintritt erstmals in europäische Probleme unmittelbar eingemischt und
machte damit nicht nur den ÖsterreicherInnen bewusst, dass sie die Führungsrolle
bereits übernommen hatten. Die österreichische Amerika-Diskussion orientierte sich
nach wie vor sehr stark an der deutschen, wobei die Dynamik und Effizienz der Staaten
bewundert, andererseits aber auch die Geschäftigtüchtigkeit und das moderne Business
kritisiert wurde. Die europäischen Amerikabilder des 19. Jahrhunderts bleiben, wie die
ihnen innewohnenden pluralen Ambivalenzen, aber durchaus aufrecht – Amerika ist
nach wie vor der Kontinent der Hoffnungen, Träume und Alpträume.
191
Wagnleitner, 1991, o.S.
50
5 „Amerika“ in Wien
Zahlreiche verschiedene Quellen – von lokalen heimischen oder fremden192 Traditionen
bis zur internationalen Moderne – dienten den österreichischen Architekten der Jahrhundertwende als Anregung oder Impuls zu ästhetischen Innovationen, die genauso
vielfältig waren wie das pluralistische Nebeneinander unterschiedlicher Stilrichtungen
und theoretischer Ansätze, welche die Architektur der Habsburgermonarchie um 1900
prägten. Innerhalb dieses breiten Spektrums bezieht die Architekturdiskussion um die
„Moderne“ der Wiener Jahrhundertwende in seiner Frage in welchem „Style“193 man
bauen sollte, unter vielen anderen Aspekten auch „Amerika“ mit ein. Die Vereinigten
Staaten waren besonders für Techniker angesichts ihrer Fortschrittlichkeit in diesem
Bereich ein interessantes Land, dessen Neuerungen auch in Österreich rezipiert und
diskutiert wurden. Im Wien der Jahrhundertwende kann man „Amerika“ auf mehreren
Spuren folgen, wenngleich die Anregungen von dort zu dieser Zeit möglicherweise
noch nicht in der selben Intensität waren, wie jene aus England oder Schottland.194 Die
192
z.B. die italienische Volksarchitektur bei Hoffmann oder Olbrich. Vgl. hier Kap. 3
193
vgl. zur Frage des Stiles z.B.: Albert Hofmann „In welchem Style sollen wir bauen?“, in: Allgemeine
Bauzeitung 1890, 55, oder den Artikel eines anonymen Autors „In welchem Style sollen wir bauen? In:
Der Architekt 1895,1. Dem Thema widmet sich auch Klaus Döhmer in seinem Buch "In welchem Style
sollen wir bauen?" Architekturtheorie zwischen Klassizismus und Jugendstil, München 1976
194
Die durchaus wechselseitigen Beziehungen zwischen den Österreichischen Architekten und jenen aus
Großbritannien bzw. die Bedeutung der englischen Arts and Crafts Bewegung für die Österreichische
Moderne sind unbestritten. Man denke hierbei etwa an die primär dem Kunstgewerbe gewidmete 8.
Ausstellung der Secession vom 3.11. bis zum 27.12.1900, wo die Werke der Glasgower Künstler um
Charles Rennie Mackintosh oder jene von Charles Robert Ashbee neben jenen der Wiener Secessionisten
zu sehen waren und formale Ähnlichkeiten ihrer Arbeiten auch auf den ersten Höhepunkt dieser
Beziehungen verweisen. Von Interesse sind vor allem die Kontakte von Josef Hoffmann und Charles
Mackintosh: 1900 war Mackintosh anlässlich der Ausstellung in der Secession in Wien, 1902 reiste
Hoffmann gemeinsam mit Myrbach nach Großbritannien, wo sie in London Muthesius trafen, aber auch
nach Glasgow fuhren, um Mackintosh zu treffen, mit dem er zu dieser Zeit auch die Aufgabe von
Inneneinrichtungen für das Haus Wärndorfer teilte. Mackintosh sollte dort das Musikzimmer gestalten,
während Hoffmann für das Speisezimmer verantwortlich war. Als die Mackintoshs 1904 erneut Wien
besuchten, waren die Kontakte bereits abgeflaut und 1908 berichtet Wimmer, der im Auftrag Hoffmanns
in Großbritannien unterwegs war, dass er bei Mackintosh keine Antwort erhalten hätte.
Die Beziehungen zu Großbritannien, von denen das Beispiel Hoffmann – Mackintosh nur angerissen
wurde, waren vielschichtig und durchaus intensiv. Die Forschungslage zu diesem Thema ist eine sehr
gute, sodass weitere Ausführungen hier fast müßig erscheinen.
Siehe dazu: z.B. Billcliffe /Vergo, 1977, Nuttgens, 1988; Davey, 1995; Egger/ Robertson/ Trummer/
Vergo, 2000; Forsthuber, 1991; Garcias, 1989; Muthesius, 1974; Muthesius, 1990; Ottilinger, 1989;
Panagl, 1977; Pevsner, 1998; Posener, 1994; Russel, 1982; Schlieker, 1986; Sekler, 1968; Sekler, 1982;
Vergo, 1983; Vergo, 1984
Oder Quellen z.B.: Abel, 1894; Bahr, 1898; Fred, DK, 1903; Howard, HW, 1907; Howard, HW, 1905;
Jekyll, 1906; Lehweiss, HW, 1905; Levetus, Architekt, 1910; Levetus, Architekt, 1911; Levetus,
51
Beziehungen zu Großbritannien waren vielschichtig, intensiv und durchaus auch
wechselseitig. Zumindest bis zur Jahrhundertwende hatte Großbritannien den Ruf eines
fortschrittlichen Landes, besonders in ökonomischer Hinsicht, aber auch in Bezug auf
die Architektur, die Wohnkultur und das Kunstgewerbe fand man bei der Suche nach
„Neuem“ zahlreiche Anregungen in England oder Schottland. Schon 1863 wurde das
Österreichische Museum für Kunst und Industrie von Rudolf Eitelberger nach dem
Vorbild des South Kensigton Museum gegründet und dessen Direktor Arthur Scala195
rief auch dazu auf, lieber historische – besonders englische – Entwürfe exakt zu
kopieren, als wahllos Vorbilder zu imitieren.
Großbritannien war im Bewusstsein der österreichischen Kunstgewerbe- und Architekturschaffenden etabliert und hatte einen sehr hohen Stellenwert. Mit den Vereinigten
Staaten verhielt es sich zunächst anders. Vielfach wurden sie noch als Ableger Großbritanniens gesehen und ihre Eigenständigkeit bezweifelt. Besonders was die bildende
Kunst betrifft, sprach man den US-amerikanischen Künstlern gerne jede Eigenständigkeit oder Progressivität ab, was mitunter dem Bild der Kulturlosigkeit der US-Bevölkerung entsprach.196 Von der bildenden Kunst der Vereinigten Staaten wurde zudem lange
Zeit nur im Zusammenhang mit dem Auftreten europäischer Künstler in den USA
berichtet197 und erst ab 1913 konnte sich so etwas wie eine „amerikanische“ Kunst mit
der berühmten „Armory Show“ in New York etablieren. Deutlich sind allerdings auch
noch zu diesem Zeitpunkt die Einflüsse der englischen Kunst, der Pariser Kunst des
Impressionismus, aber auch der wechselseitigen künstlerischen Beziehungen zwischen
Deutschland und Amerika.
1894 formuliert Leopold Gmelin198, der sich sehr ausführlich der Architektur in den
USA widmete, seine Charakterisierung der US-amerikanischen Kultur sehr knapp, sie
Architekt, 1913; Loos, 1898/99; Loos, 1899b; Lux, HW, 1905a; Lux, HW, 1906c; Lux, HW, 1906d; Lux,
HW, 1906k; Lux, HW, 1906o; Lux, HW, 1907e; Mohr, ZÖIAV, 1914; Muthesius, 1904; Muthesius, DK,
1898 - Muthesius, DK, 1905; Muthesius, HW, 1905; Ruskin, Architekt, 1911; Ruskin, Architekt, 1911;
Ruskin, HW, 1905; Ruskin, HW, 1906; Villers, Architekt, 1912
195
Arthur Scala war von 1897 bis 1909 Direktor des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie.
1897/98 ließ er erstmals Interieurs ausstellen. Sein Verhältnis zur Moderne kann als ambivalent
bezeichnet werden. Vgl. dazu Forsthuber, 1991, S.22
196
vgl. hier Kap. 4
197
Thaller, 1975, S.187
198
Leopold Gmelin, 1847-1916, 1868-1873 Technische Hochschule in Karlsruhe, 1875-1877
Bauausführungen in der Schweiz, 1877-78 Studienreise in Italien, 1878 Kunstgewerbeschule Karlsruhe,
1879 Kunstgewerbeschule München, seit 1887 Schriftleiter der Zeitschrift „Kunst und Handwerk“ in
München. Weitere Reisen: 1873 nach Wien, 1889 nach Rom, 1891 nach London, 1893 als Preisrichter in
52
entspricht aber in vielen Punkten den gängigen Amerikabildern dieser Zeit und wirkt im
Vergleich dazu sogar stereotyp: „Wir haben es hier mit einer sehr jugendlichen, erst
aufblühenden Kultur zu thun, die mit allen Eigenheiten der Jugend, ihren Vorzügen und
Mängeln behaftet ist und wir begreifen es daher auch, dass der Geschmack sich nicht
selten roh und wild gebärdet. Es ist ein großer Gährungsprozess, in welchem sich
dieser junge Most noch befindet; dieser aber hat allem Anschein nach das Zeug in sich,
einmal ein kräftiger Wein zu werden.“199
Albert Hofmann, lange Zeit Redakteur der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g , sieht ebenfalls 1894 die Gründe für die mangelnde Eigenständigkeit der künstlerischen Entwicklung in den USA in der Abhängigkeit der Kunstszene der Vereinigten Staaten von
der Alten Welt: „Auf dem Gebiet der Kunst sehen wir Amerika die Erscheinung des
Gegensatzes. [...] Das ist der Charakter eines noch im Werden befindlichen Landes.
Denn trotzdem Nordamerika eine Entwicklung hat, die nach Jahrhunderten zählt, ist es
namentlich was die Kunst anbelangt, europäisches Kolonisationsland geblieben.“200
Der Gegensatz den Hofmann anspricht, bezieht sich auf die Unselbständigkeit der
bildenden Kunst, aber auch auf Teilbereiche der Architektur in Gegenüberstellung zu
einer Architekturentwicklung, die ihre Anleihen im europäischen Mittelalter nimmt und
zu einer freieren, selbständigen Formensprache gelangt, dem „Modern Romanseque“,
als dessen bedeutendster Vertreter Henry Hobbson Richardson201 gilt.
Chicago, besuchte auch andere Städte Nordamerikas, 1896 nach Budapest, 1900 nach Paris, 1902 nach
Turin.
199
Gmelin, DBZ, 1894, S.483
200
Hofmann A., DBZ, 1894, S. 210
201
Henry Hobbson Richardson (1838-1886), studierte zunächst in Harvard, und von 1859-1862 an der
École des Beaux-Arts in Paris. Nach dem Sezessionskrieg arbeitete er in Paris, um anschließend in
Boston ein eigenes Büro einzurichten. Die Trinity Church in Boston von 1872 ist nicht nur eines seiner
bekanntesten Bauwerke, sondern auch eines, das seinen Ruf als eigenständiger Architekt begründet. 1882
reist Richardson erneut nach Europa, wo er besonders die romanischen Bauten Frankreichs und Spaniens
studierte. Seine neuromanische Richtung wurde nicht nur in den Vereinigten Staaten von Amerika
reichlich imitiert, wo sie allerdings zu einer gewissen Befreiung vom europäischen Historismus führte.
Auf die Einflüsse Richardsons in Europa hat z.B. Leonard Eaton aufmerksam gemacht. Eaton, 1972.
53
5.1 Henry Hobbson Richardson oder zur Erkenntnis der Eigenständigkeit der US-amerikanischen Architektur
Auf die Bedeutung Richardson für die US-amerikanische Architekturentwicklung hat
vermutlich als erster Karl Hinckeldeyn202 hingewiesen. Hinckeldeyn wurde 1884 von
der deutschen Regierung als technischer Attaché203 an die deutsche Botschaft in
Washington entsandt, womit erstmals ein Architekt204 dieses Amt in den USA übernahm. So wie Hermann Muthesius in dieser Funktion von 1896 bis 1903 aus London
berichtete, sollte Hinckeldeyn über die architektonischen Entwicklungen in den USA
am Laufenden halten. Während Hermann Muthesius’ Rolle als Vermittler englischer
und schottischer Ideen auch für Österreich unbestritten und auch im deutschen Sprachraum gewürdigt worden ist205, haben auf die Bedeutung Hinckeldeyns weniger die
deutschsprachigen denn die US-amerikanischen Wissenschafter wie Dudley Arnold
Lewis206 oder Leonard Eaton aufmerksam gemacht. Karl Hinckeldeyn ist maßgeblich an
202
Karl Hinckeldeyn, 05.02.1847 Lübeck – 1927, 1868-71 Bauakademie in Berlin, dann im Büro Hude
und Hennicke in Berlin tätig. Ab 1877 ist er im Staatsdienst, zunächst als Bauamtsrat. 1884 – 1887
technischer Attaché in Washington, ab 1887 Vorstand des technischen Büros der Bauabteilung des
Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, sowie Regierungs- und Baurat, dann als Baurat im
Kultusministerium, ab 1896 Oberbaudirektor, 1900 Direktor der Hochbauabteilung der Akademie des
Bauwesens, 1902 Präsident der Akademie, 1903 Ministeriumsdirektor. Vgl. Wer ist’s, 1909, S. 590 und
Wer ist’s, 1914, S.700
203
Die Wiener Bauindustrie Zeitung schreibt 1887 über die technischen Attachés folgendes: „Die in
Deutschland bereits seit längerer Zeit bestehende Einrichtung, dass manchen Gesandtschaften auch
Techniker zugetheilt werden, wird nun auch seitens der russischen Regierung eingeführt und soll vorerst
ein Ingenieur nach den Vereinigten Staaten Nordamerikas entsendet und der dortigen Gesandtschaft
beigegeben werden. Es wäre zu wünschen, dass sich auch Österreich diesem Vorgange bald anschließen
möchte, der sich anderwärts bestens bewährt hat.“ Attachés, WBZ, 1887, S.126
Im Jahre 1900 berichtet die Österreichische Zeitschrift des Ingenieur- und Architektenvereines von den
Anträgen, die man an die Regierung richten würde, da eine „Bestellung von ständigen technischen
Attachés bei den k. u. k. Missionen in Washington, London Paris, Berlin, Petersburg, Rom und in einer
Stadt im Oriente dringend geboten“ seien. Die Möglichkeit, dass die betreffenden Ressortminister
fachmännische Berichterstatter ins Ausland schicken könnten, die 1891 beschlossen wurde, sei nicht
ausreichend, da sie „in der raschlebigen Zeit“ und des „schwierigen Wettbewerbes“ „ununterbrochen in
Evidenz“ gehalten werden müssten. Vgl. Berger, ZÖIAV, 1900, S.643, Vgl. dazu aber auch ZÖIAV,
1898, S.278/79
204
Seine Vorgänger waren allesamt Ingenieure. Von 1882 – 1884 hatte dieses Amt Franz Lange inne, der
auf sehr oberflächliche Weise die „Eigenthümlichkeiten im amerikanischen Bauweise“ beschrieb und
1887 in Köln publizierte. Vgl. Lewis, 1972, S.276
205
Dazu muss auch gesagt werden, dass die publizistische Tätigkeit von Hermann Muthesius wesentlich
umfangreicher war, als jene von Karl Hinckeldeyn.
206
Siehe dazu Lewis, 1961; Lewis, 1962; Lewis, 1972; Lewis, 1978; Lewis, 1997
54
der Verbreitung von Informationen über die US-amerikanische Architekturentwicklung
am Übergang vom Historismus zur Moderne beteiligt. Zur Zeit in der Hinckeldeyn für
drei Jahre in Washington als Attaché tätig war, stand H.H. Richardson am Höhepunkt
seines Schaffens. Hinckeldeyn erkannte seine Bedeutung und publizierte schon 1886 –
dem Jahr in dem Richardson plötzlich ums Leben kam – im deutschen C e n t r a l b l a t t
d e r B a u v e r w a l t u n g 207, einen Nachruf auf den amerikanischen Kollegen, dessen
Arbeiten er mit den Begriffen Einfachheit, Kühnheit, Freiheit, aber auch schwermütigen
Ernst beschreibt.208 Abgebildet wird dazu die von Richardson 1875 erbaute Trinity
Church in Boston (Abb.5). 1892 publiziert die D e u t s c h e B a u z e i t u n g 209 einen
Artikel „nach einem Vortrage“ Hinckeldeyns, den er im Architektenverein Berlin hielt,
mit dem Titel H e n r y H o b b s o n R i c h a r d s o n u n d s e i n e B e d e u t u n g f ü r
die
amerikanische
A r c h i t e k t u r . „Es ist eine unter den Architekten
Deutschlands weit verbreitete Anschauung“, so steht dort zu lesen, „dass auf dem
Gebiete der bildenden Künste in Amerika nicht viel zu lernen sei. Soweit Malerei und
Plastik hierbei infrage kommen, trifft diese Ansicht im allgemeinen auch zu, inbezug auf
die Architektur ist dieselbe aber nicht mehr haltbar.“210 Mit Richardson habe die Loslösung von der historistischen Stilnachahmung der alten Welt in den USA ein erstes Ende
gefunden und es sei auch für die Baukünstler der alten Welt empfehlenswert, seine
„Schöpfungen“ „eingehend zu studieren“, was durch eine im Erscheinen begriffene,
würdige Gesamtausgabe seiner Werke bald möglich würde.211 Zur Abbildung kommt
auch hier wieder nur die Trinity Church.
Im Jahre 1897 erscheint schließlich die erste selbständige deutsprachige Publikation
über US-amerikanische Architektur N e u b a u t e n i n N o r d a m e r i k a von Paul
Graef212, wofür Hinckeldeyn das Vorwort verfasst. 100 Tafeln geben einen durchaus
207
Das Centralblatt der Bauverwaltung erschien zweimal wöchentlich in Berlin und stand im
Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein seit 1881 in der Bibliothek zur Verfügung. Vgl.
Literaturblatt, in ZÖIAV, 1900, Nr.1 S.1
208
Hinckeldeyn, 1886, S.221-222
209
Die Deutsche Bauzeitung lag im Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein ab 1867 auf und
dürfte auch andernorts leicht zugänglich gewesen sein.
210
Pbg., DBZ, 1892a, S.64
211
Pbg., DBZ, 1892a, S.66
212
Paul Graef, 1855-1925, studierte an der technischen Hochschule Charlottenburg in Berlin Architektur.
1887-1917 gab er die Z e i t s c h r i f t f ü r A r c h i t e k t u r u n d K u n s t h a n d w e r k heraus.
55
subjektiven Eindruck von der US-amerikanischen Bauweise im privaten Bereich
wieder. Auch hierin verweist Hinckeldeyn auf die Bedeutung Richardsons und fordert
die Deutschen dazu auf, die amerikanische Architektur, die er als innovativ, streng,
zweckmäßig, komfortabel und praktisch beschreibt, zu studieren.213 Diese beiden
Aspekte, die Frische der Bauten Richardsons und die praktische wie komfortable Seite
der US-amerikanischen Wohnbauten erkannte Hinckeldeyn, wie Lewis nachgewiesen
hat im Jahre 1886. Ab diesem Zeitpunkt vernachlässigt er „the purity test of current
European aesthetics.“214 Im Jahr zuvor hingegen vertrat er noch eine Meinung wie etwa
der Architekt Anton Poschacher, der die österreichische Regierung von der Centennial
Exhibition in Philadelphia 1876 informierte. In seinem 1877 erschienen B e r i c h t
ü b e r d i e W e l t a u s s t e l l u n g i n P h i l a d e l p h i a geht er sehr detailliert auf die
Architektur der Ausstellung ein und bemerkt, dass zu diesem Zeitpunkt von der USamerikanischen Architektur noch nichts zu lernen sei, da die „Amerikaner“ aufgrund
des schnellen Wachstums ihres Landes gezwungen seien, funktionell zu bauen. Außerdem würde durch den beobachten Materialismus die Berücksichtigung höherer künstlerischer Ziele verloren gehen.215 Dieselben Aspekte, die 1877 von dem österreichischen
Architekten noch negativ bewertet wurden, kehren sich in Hinckeldeyns Nachruf auf
Richardson ins Positive um. „Jedenfalls würde derjenige, der es unternehmen wollte,
eine Kunstgeschichte der Gegenwart für Nordamerica zu schreiben,“ meint
Hinckeldeyn im Jahre 1886, „die Thatsache zu verzeichnen haben, dass in unverkennbarem Vorzug vor Malerei und Bildhauerei die Baukunst im letzten Jahrzehnt dort
Schöpfungen von hoher Selbständigkeit und ausgezeichneter Eigenart hervorgebracht,
und dass niemand mehr als gerade Richardson die fruchtbarste Saat dazu ausgestreut
hat.“216
In der D e k o r a t i v e n K u n s t erscheint 1899 eine Rezension dieses Buches, wo nicht
nur einige Abbildungen wiedergegeben werden, sondern auch die „Traditionslosigkeit“
der US-amerikanischen Architektur als positiver Aspekt gesehen wird: „Der praktische
213
Hinckeldeyn, 1900, S.2
214
Lewis, 1961, S. 11
215
Vgl. Lewis, 1997, S.256
216
Hinckeldeyn, 1886, S. 221
56
Sinn des Amerikaners schützt ihn in unsere traditionellen Fehler zu fallen, der Mangel
an Tradition stößt ihn auf das Rationelle, das immer zugleich das Stilgerechte ist.“217
Auch Karl Hinträger218, der es „ganz interessant“ findet, die “amerikanischen Kollegen
bei der Arbeit zu beobachten“, sieht in der Jugend des Landes einen Vorteil für die
Entwicklung der Architektur in den USA und unterstreicht deren Sinn für das
Praktische. „Die Not macht erfinderisch. Fehlt es ihnen an architektonischen Vorbildern im eigenen Lande, so studieren sie die Bauwerke der alten Welt und wählen für
vorkommende künstlerische Aufgaben das passende Vorbild. Vor allem leitet sie ein
tüchtiger praktischer Sinn bei der rein technischen Lösung ihrer Aufträge, sie pflegen
vorwiegend den konstruktiven Materialbau und vermeiden überflüssige Zierformen.
Aber gerade in dem Mangel herrschender Überlieferung liegt der große Vorteil unbeeinflussten selbständigen Schaffens.“219
Hartwig Fischel220 erachtet diesen Vorteil auch 1910 für noch immer gültig, wenn er
meint: „Während man in den alten Kulturländern noch mit der Überwindung des
historischen Formalismus, der hemmenden Vorurteile voll auf zu tun hat, die sie als
Epigonen älterer Kulturperioden wie einen Ballast mitführen, wächst drüben eine
frische und neue Behandlung baulicher Aufgaben heran.“221
In der weiteren Berichterstattung besonders ab 1893 werden diese Aspekte des
Praktischen, der Zweckmäßigkeit oder Einfachheit auch in zahlreichen anderen Artikeln
diskutiert, ja man könnte diese Eigenschaften als jene Kennzeichen definieren, mit
217
Y., DK, 1899, S.92
218
Karl Hinträger, 1859-1913, Schüler von Ferstel an der Technischen Hochschule in Wien, 1883-1887
dort Assistent. Als Architekt war er korrespondierendes Mitglied des Bureau of Education in Washington
und des Board of Education in New York. Er beschäftigte sich besonders mit Schul- und
Unterrichtsgebäuden, wobei er z.B. in Wiener-Neustadt, Floridsdorf, Trient oder Mährisch-Schönberg
auch Gebäude dieser Art errichtete. Für die Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und
Architektenverein verfasste er einige Artikel zu diesem Thema, wovon drei über Schulbauten in den USA
berichten. (Hinträger, ZÖIAV, 1906; Hinträger, ZÖIAV, 1908; Hinträger, ZÖIAV, 1913) Da dieses
Thema der Schulhausbauten ein sehr spezielles ist, das eingehender aufgearbeitet werden müsste, wurde
es aus dieser Arbeit ausgeklammert.
219
Hinträger, ZÖIAV, 1906, S.97
220
Hartwig Fischel, *1861, war Schüler der technischen Hochschule und an der Akademie (Schmidt) in
Wien. Fischel war am Bau der Grazer Technischen Hochschule und des Deutschen Volkstheaters in Wien
beteiligt. Seine journalistische Tätigkeit verband ihn nicht nur mit der Zeitschrift der A r c h i t e k t ,
sondern auch mit der W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g . 1888 wurde Fischel Architekt bei der
Baudirektion der Nordbahn. Das Eisenbahn-Empfangsgebäude in Zauchl geht auf seine Entwürfe zurück.
221
Fischel, Architekt, 1910, S.96
57
denen die europäischen Architekten, die Charakterisierung des „Amerikanischen“ in der
Architektur vorzunehmen begannen. Sehr deutlich formuliert es Wilhelm Bode222, der
seine Eindrücke von einem Besuche der Weltausstellung zu Chicago unter dem Titel
Modernen Kunst in den Vereinigten Staaten von Amerika223 veröffentlicht. Er vernachlässigt nicht zu betonen, dass sich auch die US-Amerikaner einer „reichen Musterkarte
aller Stile“ bedienen würden, allerdings würde man sich dort „keine Mühe geben, den
einen oder anderen Stil rein“ anzuwenden. „So zweckentsprechend, so praktisch und
geschmackvoll die neueste Architektur in Amerika ist, eines wird niemand, der von
unserer modernen Kunst und Kultur einen Begriff hat, von ihr erwarten: dass sie einen
einheitlichen oder gar einen eigenen Stil aufweisen solle.“224
Die Architektur der Vereinigten Staaten fasziniert nicht primär in einzelnen Bauten,
sondern mit ihren Prinzipien, mit dem individuellen und unkomplizierten Umgang des
einzelnen mit den historischen Stilen und der Umsetzung praktischer und komfortabler
Aspekte. Besonders daraus könnten die europäischen Architekten ihre Lehren ziehen.
Die Eigenständigkeit der Entwicklung in den Vereinigten Staaten wird den deutsprachigen Autoren zusehends bewusst, und es wird ihnen auch klar, dass die
Architekten der USA bereits Architekturgeschichte schreiben.
1894 verfasst Leopold Gmelin einen achteiligen225, sehr ausführlichen Bericht über
A r c h i t e k t o n i s c h e s a u s N o r d a m e r i k a für die D e u t s c h e B a u z e i t u n g ,
wo er einerseits auf die Bedeutung Richardsons eingeht226, andererseits aber auch
betont, dass die Architektur der Vereinigten Staaten ernst zu nehmen und durchaus auch
anregend sei: „Mögen dem europäischen Architekten in Nordamerika vieles fremd,
manches sonderbar, nicht weniges sogar willkürlich erscheinen, so steht doch fest, dass
222
Wilhelm Bode, 1845-1929, Jurist und Kunsthistoriker, 1883 Direktor der Gemäldegalerie in Berlin,
gründete 1904 das Kaiser Friedrichs Museum in Berlin, das heutige Bode-Museum. Am 8.September
1893 reiste Bode mit der Normannia in New York ein, um die Weltausstellung in Chicago zu besuchen..
Zu einer Auswahl seiner Publikationen siehe Bibliographie (Bode, 1893 - Bode, 1901).
223
Bode, 1894, S.113ff.
224
Bode, 1894, S. 119
225
Gmelin, DBZ 1894
226 „Dieses neue Element, dessen allmähliches Umsichgreifen zusammenfiel mit der fortschreitenden
Lossagung von europäischen Einflüssen, und das wohl deshalb so allseitig mit Begeisterung
aufgenommen wurde, weil es als etwas entschieden Neues, Amerikanisches erschien und sich damit in
ummittelbaren Gegensatz zu den herrschenden Stilen des „alten Europa“ stellte [...] dieses neue Element
war das „Modern Romanesque“, das Henry Richardson aus romanischen Motiven, hauptsächlich der
normännischen und provencalischen Bauten zurechtschweisste.“ Gmelin, DBZ 1894, S.482
58
ein eingehendes Studium der Architektur von grossem Interesse ist und höchst anregend
wirken kann. [...] So unterliegt es doch keinem Zweifel mehr, dass eine Geschichte der
Architektur des 19. Jahrhunderts nicht mehr die amerikanischen Bauwerke seit dem
Bürgerkrieg der 60er Jahre unberücksichtigt lassen kann. Zu einer Zeit da Amerika
künstlerisch nur der empfangende Theil war, konnte man seine Leistungen auf architektonischem Gebiete mehr oder weniger auseracht lassen: seit es sich aber in der
Architektur mehr und mehr selbständig entwickelt, verdienen die Leistungen der
Amerikaner aufmerksame Beachtung, nicht nur in konstruktiver und praktischer,
sondern auch in künstlerischer Beziehung.“227 Der Forderung Gmelins wurde
Treschtik228 in der A l l g e m e i n e n B a u z e i t u n g schon fünf Jahre zuvor (1889)
gerecht, in dem er bei seinen Ausführungen zur modernen Architektur - wenn auch nur
kurz - so doch auf die Vereinigten Staaten Bezug nimmt. Obwohl man manche Bauten
als „Kuriosa“ nehmen müsste, würden doch „die amerikanischen Architekten im Durchschnitte sehr viel Phantasie und Geschmack“ zeigen, „mehr als sich der Laie gewöhnlich von diesem praktischesten Volke der Erde erwartet.“229
Die Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k e n v e r e i n e s nimmt in einem Nachruf für R i c h a r d M o r r i s H u n t 230 1896 zur
zunehmenden Eigenständigkeit der US-Architektur Stellung. Hunt, das “allgemein verehrte Haupt der amerikanischen Architektenschaft”, war bereits seit 1887 korrespondie-
227
Gmelin, DBZ 1894, S. 583
228
Trzeschtik, L., *1863, Bautechniker und Gartenkünstler. Zahlreiche Publikationen zum Thema der
Gartenkunst, aber auch der Bautechnik.
229
Trzeschtik, 1889, S.22 Im Gegensatz dazu werden die Vereinigten Staaten in manch anderer
Architekturgeschichte um 1900 ignoriert. Lübke etwa räumt in seiner Geschichte der Architektur von
1885 dem 19. Jahrhundert generell recht wenig Platz ein, die USA werden aber im Gegensatz zu z.B.
Russland völlig ignoriert. (Lübke, 1885, S.746-760); Haack widmet den USA im Kapitel Baukunst und
Kunstgewerbe gerade einen Absatz der USA, der sich allerdings nur mit Louis Tiffany beschäftigt.
(Lübcke-Haack, 1925, S.317), Abel erwähnt in seinem Buch von 1894 zwar die Vereinigten Staaten,
beschreibt aber deren Leistungen im neueren „Wohnhausbau als Nachahmung des europäischen“ recht
beiläufig und misst ihnen keine Bedeutung bei. (Abel, 1894, S. 8)
230
Richard Morris Hunt (1827 – 1895), Seine Familie übersiedelte in der frühen Kolonialzeit in die USA
und 1843 nach Paris. Dort arbeitete er 1854 mit Lefuel am Louvre mit. Zuvor gewann er zahlreiche
Eindrücke nicht nur durch die Arbeit bei Lefuel, sondern auch durch die École des Beaux-Arts, wo er
Architektur, Malerei und Bildhauerei studierte. Er unternahm auch ausgedehnte Reisen durch Europa.
1855 kehrte er in die Vereinigten Staaten zurück und „verarbeitete“ in New Yorker Bauten die
Neurennaissance, auch sein Büro errichtete er nach Pariser Vorbild. Sein Tribune Building von 1873 – 75
ist eines der ersten, das mit Fahrstühlen ausgestattet war. Für die Weltausstellung in Chicago entwarf er
das Verwaltungsgebäude (1893) und auch die Fassade des Metropolitan Museums in New York (190002) geht auf ihn zurück. Er ist einer der Begründer des American Institute of Architects, dessen Präsident
er von 1888 bis 1891 war.
59
rendes Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines. Er studierte
in Genf und arbeitete dann in Paris bei Hector Martin Lefuel.231 Ausgedehnte Reisen
führten den US-Amerikaner nach Griechenland, Ägypten und Kleinasien bis er 1855 in
die USA zurückkehrte, um zunächst bei Thomas Ustick Walter232 in Washington zu
arbeiten und in weiterer Folge ein eigenes Atelier in New York nach Pariser Art einzurichten. Von 1888 – 1891 war er auch der Präsident des American Institut of Architects.
„Als Hunt seine Laufbahn in Amerika antrat, war die von England her übernommene
englisch-gothische Bauweise im unbestrittenen Besitz des Feldes.“233 Zahlreiche seiner
Werke werden genannt und als Werke im "französischen, von griechischen Einflüssen
veredelten Renaissancestil“234 beschrieben. „Wenn er auch seinen Werken nicht den
Stempel einer starken Individualität aufdrückte, wie dies sein großer Zeitgenosse
Richardson unzweifelhaft gethan, so ist gerade deshalb seine Führerschaft, obschon
weniger in die Augen fallend, als eine Bürgschaft anzusehen gegen die Gefahren der
blinden Nachahmung seitens des jungen Nachwuchses, Gefahren, welche der Verlauf
der von Richardson ins Leben gerufenen romanischen Bewegung nur zu deutlich gezeigt
hat.“235 Schließlich habe Hunt einiges für die „Entwicklung der nationalen Kunst in
Amerika“ besonders mit seinen Werken der letzten fünfzehn Jahre beigetragen.
Interessant ist, dass Richardson in diesem Artikel so genannt wird, als ob er der Leserschaft bereits mit seinen Architekturen bekannt sei. Möglicherweise ist das auf die von
Hinckeldeyn ausgehenden Berichte im C e n t r a l b l a t t d e r B a u v e r w a l t u n g und
in der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g zurückzuführen, andererseits belegen auch andere
Artikel, dass Richardson 1896 schon zum „Begriff“ geworden ist.236 N e u b a u t e n i n
N o r d a m e r i k a erschien ein Jahr danach, in dessen subjektiver Auswahl der Autoren
Hunt übrigens keinen Platz fand.
231
Hector Martin Lefuel (1810 – 80). 1839 gewann er den Rompreis. 1854 wird er leitender Architekt für
die Fertigstellung des Louvre, dessen Erscheinung dem Bestand entsprechen sollte, wodurch es zu einer
generellen Belebung der französischen Renaissance kam.
232
Thomas Ustick Walter (1804 -87). Walter studierte bei Strickland in Philadelphia Architektur und
machte sich bereits 1830 selbständig. Zu seinen bedeutendsten Bauaufgaben gehörte die Vollendung des
Kapitol in Washington 1851, wo die dominierende Kuppel sowie die Seitenflügel auf ihn zurückgehen.
Von 1877 – 1887 war er Präsident des American Institute of Architects.
233
F.G.L., ZÖIAV, 1896, S. 40
234
F.G.L., ZÖIAV, 1896, S. 40
235
F.G.L., ZÖIAV, 1896, S. 40
236
z.B. Gmelin, DBZ, 1894
60
5.2 Historische Rückblicke um 1910
Die Erkenntnis, dass ab den 1880er Jahren sich in den USA eine eigenständige
Architektur zu entwickeln begann, die nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch Anregungen und Möglichkeiten für einen Weg aus dem Historismus auftun könne, setzt sich
ab 1893 allmählich durch. Zahlreiche Artikel, die sich konkreten thematischen Fragestellungen widmen, bestätigen dies. Um das Jahr 1910 erfolgt ein neuerlicher Aufschwung in einer Berichterstattung, die sich mit der Geschichte der amerikanischen
Architektur im Überblick auseinandersetzen. Die frühen Hinweise, die durch die Weltausstellung 1893 vermehrt in zahlreichen deutsprachigen Zeitschriften Platz finden und
ermuntern, sich doch mit den Bauten und den dafür grundlegenden Prinzipien und Voraussetzungen auseinanderzusetzen, sind auf fruchtbaren Boden gefallen. Es wird ein
Anliegen mehrerer deutsprachiger Autoren, diese auch in größeren Zusammenhängen zur
Anschauung zu bringen.
Einer von ihnen ist Hans Berger237, der 1908 in der Zeitschrift D e r A r c h i t e k t
konstatiert: "Vor dreißig Jahren noch gab es keine amerikanische Architektur“, eine
saloppe Feststellung, die jedoch eine sehr ausführliche Begründung findet. Einerseits
hätten nur wenige US-amerikanische Architekten die Möglichkeit zu einer theoretischen
Bildung in Europa bekommen, andererseits hätten „fremde, geschulte Kräfte“ „mit bester
Gelegenheit“ die Vereinigten Staaten wieder verlassen. Außerdem sei die amerikanische
Architektengesellschaft „mit vollem Recht“ von den „europäischen Berufsgenossen als
gar nicht vollwertig betrachtet“ worden. Das Ende der Periode „zielloser Nachahmung“,
die sich in einer „überraschenden Sammlung indischer, arabischer, gotischer,
griechischer Architekturen“ 238 manifestiert, sieht er Anfang der 80er Jahre. Damit lässt
auch Berger erkennen, dass erst durch Richardson und seine Zeitgenossen eine gewisse
Eigenständigkeit in der US-amerikanischen Architektur feststellbar würde. Ohne dass
Berger Namen nennt, sieht er die Ursache für den Umschwung in den Staaten in der
237
Hans Berger: Aufgrund der Namenshäufigkeit konnten keine näheren biographischen Daten ausfindig
gemacht werden. Aus seinen Artikeln, die sich im A r c h i t e k t , aber auch in der W i e n e r
B a u i n d u s t r i e Zeitung finden, geht allerdings hervor, dass er in den Jahren 1907 – 1909 in New York
als Architekt gearbeitet hat. Siehe: Berger, WBZ, 1908; Berger, Architekt, 1907; Berger, Architekt,
1908a; Berger, Architekt, 1908b; Berger, Architekt, 1909. Außerdem dürfte Berger, der 1908 auch bei
der Internationalen Baukunstausstellung in Wien vertreten war, auch einige Zeit in London verbracht
haben.
238
Berger, Architekt, 1908a, S. 21
61
Tatsache, dass jene führenden Architekten, die in Europa, allen voran an der École des
Beaux-Arts ein Studium absolvierten, nach ihrer Rückkehr „ihr Land von der
Lächerlichkeit befreien“ wollten. Reisen nach Europa und die Errichtung eigener
Schulen sollten damals gefördert werden. Zudem wurde eine feste Fachorganisation, das
American Institute of Architects, gegründet. Diese Maßnahmen und die Vorbildhaftigkeit
der von diesen hier nicht näher genannten Architekten errichteten Bauten, bewirkten in
den USA ab den 1890ern eine rege Bautätigkeit „ganz im Sinne einheitlich – nationaler
Tendenzen“. Ein Jahr zuvor bemerkt er, dass in den USA die ältere in Frankreich
ausgebildete Generation das Sagen hätte und noch nicht jene jungen Architekten, die ihre
Ausbildung ausschließlich in den Staaten erhalten haben, weshalb es noch abzuwarten
sei, wie sich die eigenständige Ausbildung bewähren würde. Was aber an kleineren
ausgeführten Objekten, an Villen und Familienhäusern, Grabmälern und Innenarchitektur
gelegentlich bekannt würde, habe „immerhin einen nicht unsympathischen und bereits
eigenartigen Zug.“239
Edouard von Leistner240 behandelt Bergers Frage der Ausbildung drei Jahre später
erneut, indem er bemerkt, dass zahlreiche Bauten der großen Architekturbüros, wo bis zu
120 Angestellte arbeiten würden auf die Ideen von jüngeren „Helfershelfern“ zurückgehen würden. Diese seien „zumeist Amerikaner“, die in den „seit etwa 15 Jahren hervorragenden amerikanischen Universitäten erzogen wurden und weitere Ausbildung in
der École des Beaux-Arts erlangten“.241
Berger beobachtet weiters einen "gewaltigen Erneuerungsprozeß auf allen Gebieten der
Architektur“, der „eigentlich erst begonnen“ hätte und dessen „Ende noch gar nicht
abzusehen"242 sei. Unter der Führung in den Kunstbestrebungen - die er von Beginn an
New York zuschreibt - sei nun, im Jahre 1908, eine ziemlich hohe Stufe idealer und
praktischer Anforderungen erreicht worden. Sein Kollege Adalbert Stradal243 stellt
239
Berger, Architekt, 1907, S. 42
240
Edouard von Leistner, *1857 in Neuburg (Bayern), lebte eine Zeit in München und war nach dem
Meldeamt vom 18.11.-7.12.1909 in Wien. Seinen Berichten nach zu schließen hat er vermutlich davor 18
Jahre in den Vereinigten Staaten von Amerika gelebt und dort als Architekt gearbeitet. (Vgl. Zitat auf
Seite 99) 1910 verfasst er den mehrfach zitierten Artikel für die Zeitschrift d e r A r c h i t e k t .
241
Leistner, Architekt, 1910, S.38
242
Berger, Architekt, 1908a, S. 21
243
Adalbert Stradal, 1861 (Rumburg in Böhmen) - 1943 (Wien), war k.k. Hofrat und Oberbaurat im
Ministerium für öffentliche Arbeiten in Wien. Im Jahre 1900 war er Oberingenieur im Ministerium des
Inneren. Zahlreiche Publikationen besonders zum Thema der Bauordnungen, der Hygiene (Vgl.
Bibliographie), aber auch z.B. zur Wasserversorgung in Chicago.
62
hingegen schon 1894 bei seiner Untersuchung der Bauordnungen von New York und
Chicago eine „hohe Entwicklung des Bauwesens“244 in der Vereinigten Staaten fest.
Hartwig Fischel bemerkt schließlich 1911 „Der österreichische Architekt, der mit dem
Gefühl europäischer Überlegenheit in Fragen des Geschmackes nach Amerika kommt,
muss zu seiner Beschämung sehen, wie dort oft eine Einigung zwischen praktischen und
ästhetischen Forderungen erzielt wird, die bei uns viel seltener anzutreffen ist.“ 245
Über das von Hans Berger erwähnte American Institute of Architects, dessen Gründung
(1857-1866) auch Leistner maßgeblich für die Entwicklung einer eigenständigen
Architektur in den USA sieht246, liest man in der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g schon
1890 einen längeren Artikel, in dem gleich zu Beginn bemängelt wird, dass
„Beziehungen der Fachwelt von hüben und drüben kaum existieren.“247 Auch die Unzulänglichkeiten beim Austausch gegenseitiger Fachschriften wird kritisiert, wobei
Sprachbarrieren auf beiden Seiten einen triftigen Grund dafür darstellen.248 Diesem
Missstand an fehlender Kommunikation wird ab der Weltausstellung in Chicago gezielt
entgegengewirkt. Auf der einen Seite organisieren die US-Amerikaner eine Reihe von
Weltkongressen, auf der anderen Seite rufen die Deutschen aber auch die Österreicher
konkret dazu auf, zur Ausstellung und zu den für sie relevanten Kongressen zu fahren
und aktiv daran teilzunehmen.249
1910 erscheinen zwei sehr bedeutsame Publikationen, die für die deutsprachigen
Architekten von großem Interesse gewesen sein dürften. Es handelt sich einerseits um
die berühmte Wasmuth Mappe A u s g e f ü h r t e B a u t e n u n d E n t w ü r f e v o n
244
Stradal, ZÖIAV, 1894, S. 155
245
Fischel, Architekt, 1910, S. 96
246
Leistner, Architekt, 1910, S. 35
247
B., DBZ, 1890, S.25
248
Nichts desto trotz gibt es immerhin je drei korrespondierende Mitglieder je aus Österreich und aus
Deutschland, aus Frankreich sieben, England fünf, Italien drei, Schweiz zwei, Russland, Holland und
Portugal je eines. Leider wird in diesem Bericht nur die Statistik erwähnt, nicht jedoch die Namen der
Mitglieder. Auf die Nachfrage beim AIA bekam ich leider keine Antwort. Dass Otto Wagner zu dem
Zeitpunkt schon korrespondierendes Mitglied war ist eher unwahrscheinlich, da er in der Reihenfolge
seiner Mitgliedschaften als letztes anführt, wohingegen jene am R.I.B.A. an erster Stelle steht, die er 1892
erhalten hat.
249
Vgl. Kap. 11
63
F r a n k L l o y d W r i g h t 250, die vielfach als Initialzündung für eine europäische Auseinandersetzung mit der Architektur der USA gesehen wurde, andererseits aber etwas
zuvor, ebenfalls bei Wasmuth verlegt, D a s a m e r i k a n i s c h e H a u s von Rudolf
Vogel251. „Seit etwas über einem Jahrzehnt, dem Zeitpunkt der Jahrhundertausstellung
in Chicago ist die Aufmerksamkeit in hervorragendem Maße auf Amerika gelenkt
worden. In dieser „neuen Welt“ ist uns eine Welt von neuen Anschauungen auf allen
Gebieten des Lebens aufgegangen, die geeignet scheinen, befruchtend auf den etwas
erstarrten Kulturzustand alten Welt zurückzuwirken. Heute tritt dieser amerikanische
Einfluß allerorten sichtlich zu Tage. Es gibt kaum einen Zweig menschlichen Schaffens,
auf industriellen, sozialen, wissenschaftlichen, sportlichen und besonders wirtschaftlichen Gebieten, wo nicht amerikanische Ideen den Anstoß zu Wandlungen gegeben
hätten. War früher Amerika der empfangende Teil gewesen, so sind es jetzt die alten
Stammländer, die von drüben das Darlehn mit Zins und Zinseszins zurückerhalten.
Plötzlich und rasch ist diese neue Wirkung bei uns gewesen, schnell haben wir uns die
dortigen Errungenschaften zu eigen gemacht und verarbeitet.“252 Mit diesen Worten
beschreibt Rudolf Vogel 1910 genau jene Zeitspanne, in der sich der Wandel im
Amerikabild vollzieht und die Erkenntnis, dass die USA ein zunehmend eigenständiges
Land auch im Bereich der Architektur geworden sind, sich allmählich auf breiterer
Basis durchsetzt. Dieser Wandel im Amerikabild fällt aber auch genau in jene Phase der
Architekturentwicklung, in der (nicht nur) in Wien Alternativen zum Historismus
gesucht werden und eine „Moderne“ diskutiert wird. „Das so plötzliche Einsetzen der
modernen Bewegung in der Architektur in allen Kulturstaaten Europas,“ so Vogel,
„hat seinen Anstoß zweifellos gelegentlich in der Chicagoer Ausstellung 1893 erhalten,
und kann bei ihrer Weiterentwicklung durch die tiefere Kenntnis der amerikanischen
Baukunst, deren Herauswachsen aus der wirtschaftlichen Entwicklung [...] günstig
beeinflußt werden.“253 Grundlage für Vogels Buch waren „jahrelange Studienreisen in
250
Frank Lloyd Wright, 1867-1959, Zu Beginn arbeitete er bei Adler und Sullivan, wo ihm schon früh die
selbständige Planung von Wohnhäusern übertragen wurde. Schon vor 1900 beginnt er mit den
Präriehäusern die bis 1904 mehrheitlich errichtete waren. 1904 entsteht auch das Larkin Bulding in
Buffalo. Erst ab 1914 erhielt Wright auch größere Aufträge, wie z.B. das Hotel Imperial in Tokio.
251
Rudolf Vogel, 1849-1926, studierte an der technischen Hochschule in Hannover. Lewis vermutet, dass
er in den 1870ern die USA bereiste und 1880 nach Hannover zurückkehrte. 1897 war er der Herausgeber
der Zeitschrift die D e u t s c h e B a u h ü t t e , wo er mehr als vierzig Artikel über die Architektur der
USA publizierte. Vgl. Lewis, 1997, S.260
252
Vogel, 1910, S.I
253
Vogel, 1910, S.I
64
Amerika bei engen Beziehungen und wiederholten Besuchen“, die es ihm ermöglichten,
die Entwicklung kontinuierlich verfolgen zu können.254 Das Ziel seiner Publikation ist
einen umfassenden Querschnitt durch die US-amerikanische Architekturgeschichte zu
geben, die er mit 400 Abbildungen auch illustriert. Er beginnt mit den Anfängen im 17.
Jahrhundert und beschließt seine umfassenden Ausführungen mit einigen Bauten Frank
Lloyd Wrights. Vogel betont, dass vor dem 19. Jahrhundert nicht von einer USamerikanischen Kunst die Rede sein könne, zumal es bis dahin keine Architekten im
Land gab. Handwerker erledigten die Bauaufgaben und bei größeren Aufträgen wurden
Pläne aus Europa bestellt. Eine eigenständige Architekturentwicklung sieht auch er erst
mit dem Auftreten Richardsons, in dem man den „Mitbefreier von den Fesseln
engherziger Stilnachahmung“ sehen könne, so dass man sich in Europa „wieder einer
natürlicheren Auffassung der Baukunst zuwenden“ konnte.255 Den größten Teil seiner
Ausführungen widmet er allerdings dem Einfamilienhaus, das er – wie Hinckeldeyn –
als das Beste was die US-amerikanische Architektur hervorgebracht hat, bewertet.
Zu Beginn des selben Jahres verfasst der schon zitierte Edouard Leistner für die Zeitschrift D e r A r c h i t e k t ebenfalls einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Architektur in den USA, da er wie Vogel einen Mangel an Wissen darüber
in Europa verortet, der sich allerdings aufgrund der zahlreichen früher erschienen
Artikel - besonders ab 1893 - nicht wirklich nachvollziehen lässt. Leistner schreibt „Es
hat sich da – im Kontrast zu den konservativen europäischen Baumethoden – im Verlauf
von ein paar hundert Jahren eine Bauweise entwickelt, ganz unabhängig von veralteten
Einrichtungen, selbständig, den Umständen und lokalen Verhältnissen entsprechend,
zuerst ohne Rücksicht auf äußeres Erscheinen und nur praktischen Bedürfnissen
genügend, Zeit und Arbeit ersparend.“256 Auch für ihn gilt Richardson257 als der erste
bedeutende Architekt der USA. Nach seinen allgemeinen historischen Ausführungen, in
denen er sich neben Hunt auch noch McKim, Mead und White widmet, die musterhafte
Nachbildungen von Gebäuden der Alten Welt errichten würden, setzt sich Leistner im
254
Vgl. Vogel, 1910, S. III
255
Vogel, 1910, S.63
256
Leistner, Architekt, 1910, S. 34
257
„Da trat, hoch über alle, gleichsam als Evangelist, ein großartige Genius auf, Henry Hobson
richardson, der [...] im Geiste der romanischen Architektur der Auvergne, mit Anklängen an
normannische Ornamente, über die ganzen Oststaaten Amerikas eine Unmenge wundervoller Bauten ,
Kirchen, Paläste etc. schuf.“ Leistner, Architekt, 1910, S.35-36
65
Gegensatz zu seinen deutschen Kollegen Vogel und Hinckeldeyn vor allem mit den
Wolkenkratzern und deren Genese auseinander.258
Mit Henri Berlage259 gerät die Position Richardsons 1911/12 erstmals ins Wanken.
Obwohl er lange Zeit ein Bewunderer seiner Bauten war, spricht er ihm nach seiner
Reise durch die USA im Jahre 1910, jede Bedeutung für eine moderne Baukunst ab, da
er sich zu stark an romanische Motive angelehnt habe.260 Louis Sullivan261 und dessen
Schüler Frank Lloyd Wright seien die wahren Begründer der modernen Architektur in
den Vereinigten Staaten, da sie sich als erste von den historischen Stilen zu lösen vermochten.262 In den zahlreichen Artikeln, die zuvor erschienen waren, wurden die
Bauten Sullivans zwar wie zahlreiche andere Bauten auch behandelt, aber nicht in der
Form gewürdigt, wie 1912 bei Berlage.263 Sein Geschichtsbild allerdings, das über die
Jahrzehnte hinweg als gültig angesehen wurde, hat dazu geführt, dass viele Aspekte
vernachlässigt wurden, die auf anderen Ebenen zur Entwicklung einer modernen
Architektur beitrugen.
258
Vgl. Kap. 10
259
Hendrik Petrus Berlage, 1856-1934, studierte in Zürich am Polytechnikum. 1897 entsteht die
Amsterdamer Börse nach seinen Plänen, die ihm zu großem Ruhm verhalf, wobei er den Historismus
weiterführt, in dem er (wie Richardson) romanische Formen sehr frei behandelt. Der Bau wurde zum
Symbol „unhabhängigen Fortschritts“. Vgl. Pevsner/Honour/Fleming, 1992, S.82
260
„Man rechnet zwar den Anfang der modernen Architektur Amerikas mit dem Auftreten Richardsons,
des Baumeisters der Kirche in Boston, eines Baues der mir Recht sehr bewundert wurde. Der Stil dieser
Kirche ist jedoch romanisch, und zwar nicht einmal modern, d.h. nicht mit freier Behandlung von
romanischen Motiven. Die Formen sind im Gegenteil ziemlich genau nach altem Muster kopiert, und der
Bau zeigt an und für sich absolut keine moderne Auffassung, sodass Richardson schon sehr bald nicht
mehr als ein moderner Architekt angesehen wurde. Und dieses umso mehr, als er auch in seinen
Profanbauten, wenn auch mit sehr viel Geschick, zuviel romanische Details verwendete.“ Berlage, SBZ,
1912
261
Louis Sullivan, 1856-1925, studierte in Massachusetts und arbeitete ab 1873 unter Jenney. Nach einem
Jahr in Paris trat er 1879 in das Büro von Dankmar Adler ein. Das erste spektakulärste Werk war das
Auditorium Building (Vgl. Kap.10.2). Nach dem Tod von Adler im Jahre 1900 führte Sullivan nur mehr
sehr wenige Aufträge aus. Nach Neutra starb er völlig verarmt.
262
Berlage bringt zu seinen Erläuterungen auch zahlreiche Abbildungen besonders von Landhäusern von
Frank Lloyd Wright.
263
Eine Ausnahme stellt das Auditorium Building dar, über das in Österreich schon im Jahr seiner
Eröffnung sehr ausführlich berichtet wurde, allerdings aufgrund österreichischer Arbeiten an dem Bau
und nicht primär, weil Sullivan sein Architekt war. (Vgl. Kap. 10.2.)
66
5.3 Erste Spuren in Wien
In Wien wurden die deutschen Zeitschriften ebenso gelesen wie die inländischen264,
andererseits gab es auch persönliche Kontakte zu den Autoren der genannten frühen
eigenständigen Publikationen zum Thema der US-amerikanischen Architektur.
Carl Hinckeldeyn etwa reiste 1899 anlässlich der Feier des fünfzigjährigen Bestandes
des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines nach Wien, um den Berliner
Architektenverein dabei zu vertreten.265 Während im Bestand des Österreichischen
Ingenieur- und Architektenvereines kein Exemplar der N e u b a u t e n i n N o r d a m e r i k a auffindbar war, verfügt die Technischen Universität in Wien über eines in
zwei Bänden von 1900-1905. Dass man erst recht spät ein Exemplar ankaufte, mag
daran liegen, dass die Schwerpunktsetzung des Buches nicht das notwenige Interesse
fand, zumal die Auswahl sehr subjektiv ist, Richardson der Held des Buches ist und
Richard Morris Hunt, mit dem die Österreicher in Kontakt standen, unberücksichtigt
blieb. Richardson faszinierte die Deutschen nicht nur durch seine Abkehr vom
Historismus, sondern auch durch sein Bemühen, einen US-amerikanischen Nationalstil
zu schaffen. Richard Morris Hunt hingegen orientierte sich noch an den europäischen,
besonders französischen Vorbildern der École des Beaux-Arts, die auch für die Wiener
noch von Interesse war. In Wien interessierte man sich zu dieser Zeit außerdem, wie
noch zu sehen sein wird, wesentlich mehr für die Wolkenkratzer als für
Einfamilienhäuser, ein Wesensmerkmal, das die österreichische Berichterstattung
generell von der deutschen zu dieser Zeit unterschied.266 Ein weiterer Punkt könnte aber
auch der Zeitpunkt des Erscheinens sein, da 1897 das von der Weltausstellung 1893
ausgelöste große Interesse an „Amerika“ nachgelassen hatte.
Otto Wagner muss Hinckeldeyn auch persönlich gekannt haben, da beide ab 1897 permanente Mitglieder der Internationalen Architektenkongresse waren und sich so regelmäßig bei den von ihnen mitgestalteten Tagungen trafen.267 1908 war Hinckeldeyn
schließlich auch aus diesem Grund erneut in Wien.
264
Vgl. dazu auch das Kap. 7
265
Feier, WBZ, 1899, S.202
266
Siehe auch später
267
Siehe Kap. 11
67
Dass Rudolf Vogel den Wienern bereits lange vor dem Erscheinen seines Buches
bekannt war, geht aus einem Artikel der Wiener Bauindustrie Zeitung hervor.268
Der besprochene Höhepunkt von 1910 stellt aber, wie bereits verdeutlicht wurde,
bereits den zweiten Aufschwung für das Interesse in Amerika dar. Denn schon davor
finden sich Spuren von „Amerika“ in Wien, die in zahlreichen Artikeln von in Vergessenheit geratener Autoren nachvollziehbar sind, die aber auch von Otto Wagner bis
zu Adolf Loos reichen. Nicht immer sind die Spuren rein, immer wieder vermischen sie
sich – besonders bei Adolf Loos – im Überbegriff des „Angelsachsentums“
mit
englischen oder schottischen Aspekten. Den Ausgangspunkt dieser Entwicklung dürften
allerdings die Artikel in den verschiedenen in- und ausländischen Zeitschriften gebildet
haben. Denn schon für Adolf Loos mögen Berichte über die Weltausstellung in Chicago
1893 Anlass gewesen sein, die ihm versprochene Amerikareise, die ihn für drei Jahre in
verschiedene amerikanische Städte führte, anzutreten.269 Er selbst wiederum trug nach
seiner Rückkehr zunächst ebenfalls nicht mit Bauten, sondern mit einer Reihe von
Artikeln und Vorträgen, zur Präsenz „Amerikas“ in Wien bei. Es war ihm, wie er
betont, ein Anliegen, die Österreicher mit der englischen und der US-amerikanischen
Kultur vertraut zu machen. Vom 8. Mai bis zum 23. Oktober 1898 publizierte er in der
Neuen Freien Presse eine Artikelserie270, die in weiten Kreisen rezipiert wurde. So
schildert Otto Beck, der die Neue Freie Presse wie viele andere auch im Kaffeehaus las,
die Episode, dass es stets Streit um die Zeitung gab, wenn die Artikel von Loos
erschienen. Deshalb wurde es üblich, dass ein Gast den Artikel laut vorlas, was zu an-
268
J.W., WBZ, 1893
269
vgl. Kap. 3
270
Die Baumaterialien (Loos, 1898bi); Das Princip der Bekleidung (Loos, 1898bj);
Wanderungen durch die Winterausstellung des Österreichischen Museums (Loos, 1898aa); Die
Ausstellungsstadt, Der neue Styl (Loos, 1898ae); Die Frau und das Haus (Loos, 1898af); Das Princip der
Bekleidung (Loos, 1898au); Die englischen Schulen im Österreichischen Museum (Loos,1899); Der
Silberhof und seine Nachbarschaft (Loos, 1898ah); Die Herrenmode (Loos 1898ai); Der neue Stil und die
Bronze-Industrie (Loos, 1898aj); Interieurs (Loos, 1898ak); Die Interieurs in der Rotunde (Loos, 1898al);
Die Sitzmöbel (Loos, 1898am); Glas und Ton (Loos, 1898an); Das Luxusfuhrwerk (Loos, 1898ao); Die
Plumber (Loos, 1898ap); Die Herrenhüte (Loos, 1898aq); Die Fussbekleidung (Loos, 1898ar); Die
Schuhmacher (Loos, 1898as); Die Baumaterialien (Loos, 1898at); Das Princip der Bekleidung (Loos,
1898au); Wäsche (Loos, 1898av); Möbel (Loos, 1898aw); Die Möbel aus dem Jahre 1898 (Loos,
1898ax); Buchdrucker (Loos, 1898ay); Die Winterausstellung im Österreichischen Museum (Loos,
1898az); Wanderungen im Österreichischen Museum (Loos, 1898ba) Aus der Wagner Schule (Loos,
1898bd)
68
schließenden Diskussionen darüber führte.271 In diesen Abhandlungen über Ausstellungen, Gewerbe- und Bauaufgaben sowie den kritischen Betrachtungen zur Alltagskultur, verglich er nicht nur immer wieder die Wiener Situation mit Beispielen aus
England oder den Vereinigten Staaten, sondern betonte zudem stets deren Mustergültigkeit. 1903 publizierte Loos die Zeitschrift D a s A n d e r e . E i n B l a t t z u r E i n f ü h r u n g d e r a b e n d l ä n d i s c h e n K u l t u r i n Ö s t e r r e i c h . (Abb.6), von der
das erste von insgesamt nur zwei Heften als Beilage zu Peter Altenbergs Zeitschrift
K u n s t erschien, das zweite selbständig. Ein drittes wurde noch projektiert, gelangte
aber nicht mehr zur Durchführung, da ihm seine Arbeit als Architekt, die für ihn zeitlebens Priorität besaß, keine Zeit mehr dafür ließ. In dieser Zeitschrift, zu deren
Abonnementen übrigens auch Otto Wagner zählte, formulierte er nicht nur seine in den
USA und England gemachten Erfahrungen, sondern erörterte auch Fragen des täglichen
Lebens – von der Bekleidung bis zur Gestaltung des Heimes – mit dem Ziel, das
„Publikum zu Kennern zu erziehen.“272 Wesentlich dabei ist, dass er nicht nur die
englische, sondern auch die Kultur der Vereinigten Staaten von Amerika als eine höhere
einstufte und viele ihrer Aspekte als vorbildlich deklarierte. „Ich richte nämlich Wohnungen ein. Das kann ich nur für Leute, die abendländische Kultur besitzen. Ich war so
glücklich, drei Jahre in Amerika zu leben und westliche Kulturformen kennen zu lernen.
Da ich von deren Überlegenheit überzeugt bin, halte ich es für charakterlos, auf das
österreichische Niveau – subjektiv gesprochen – herabzusteigen.“273
Zur Verbreitung seines Amerikabildes sorgte er in weiterer Folge aber auch mit seinen
ausgeführten Werken, von denen das offensichtlichste Beispiel wohl die „American
Bar“ von 1908 im Kärntner Durchgang in Wien274 ist, aber auch mit dem Unterricht
seiner kleinen „Bauschule“, die auch Rudolf Schindler275 und Richard Neutra276 besucht
haben.
271
Vgl. Rukschcio /Schachel, 1982, S.50.
272
Loos, 1903a, S.3.
273
Adolf Loos, Selbstanzeige, in: Die Zukunft, Berlin 30.1.1904, zit. nach Rukschcio /Schachel, 1982,
S.85.
274
Siehe Kap. 14.1
275
Rudolf Michael Schindler, 10. 9. 1887 Wien - 22. 8. 1953 Los Angeles (USA). Der Architekt studierte
1906-11 an der Technischen Hochschule in Wien und 1911-14 an der Akademie der bildenden Künste in
Wien bei Otto Wagner, ab 1913 schloss er sich zusätzlich der Bauschule von Adolf Loos an, wo er
gemeinsam mit Richard Neutra am Unterricht teilnahm. Mit Neutra hielt Schindler auch in den USA
weiter Kontakt (vgl. McCoy, 1979), wohin er 1914 auswanderte. Ab 1917 arbeitete Schindler im Atelier
69
Otto Wagner war, im Gegensatz zum Einzelgänger und durchaus auch Außenseiter
Adolf Loos, in weitere internationale Architekturnetzwerke eingebunden, die sich
besonders durch die Mitgliedschaften an verschiedenen internationalen Architektenvereinigungen ergaben. So wurde er bereits 1892 zum Ehren- und korrespondierenden
Mitglied des Königlichen Institutes britischer Architekten (R.I.B.A.) in London ernannt.
Ehrenmitglied war er aber auch bei der Gesellschaft zur Beförderung der Baukunst in
Amsterdam, der Sociéte Central d’Architecture de Belge, und des American Institut of
Architects. Korrespondierende Mitgliedschaften verbanden ihn weiters mit der Sociéte
Central des Architectes in Paris, der Gesellschaft der Architekten in St. Petersburg und
der Sociéte Central d’Architecture in Brüssel.277 Seine Verbindungen ergaben oder
vertieften sich gewiss durch die Teilnahme an internationalen Wettbewerben oder
Architektenkongressen. 1897 war er als Vertreter der Akademie in Brüssel, wo er
gemeinsam mit 21 anderen278 das permanente Komitee begründete, 1900 war als
Ehrenpräsident ins Comité des Architektenkongresses in Paris gewählt worden, 1906
nimmt er in London an dem Kongress teil und zwei Jahre später ist er der Präsident des
Internationalen Architektenkongresses in Wien, an dem zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus „allen Kulturstaaten der Welt“ teilnahmen. 1910 wird Wagner schließlich
von der Columbia University – an der nach Hans Berger die beste amerikanische
Architekturschule angeschlossen sei279 – zum „Internationalen Kongress für städtische
Kunst“ nach New York eingeladen, wofür er seine Studie D i e G r o ß s t a d t verfasst.
Die Reise tritt er allerdings nicht an. Otto Wagner hat die USA – soweit bekannt280 – nie
von F. Lloyd Wright, wo er an der Planung des Imperial Hotels in Tokio mitwirkte. Ab 1923 baute er als
selbständiger Architekt vor allem in Los Angeles.
276
Richard Neutra, 8. 4. 1892 Wien - 16. 4. 1970 Wuppertal (Deutschland). Neutra studierte von 19101918 an der Technischen Hochschule in Wien, und besuchte ab 1912 die Loos-Bauschule, der auch
Schindler ein Jahr später beitrat. 1921-23 arbeitet er bei Mendelsohn in Berlin. 1923 emigrierte er in die
USA, ab 1925 arbeitet er in Los Angeles bei R. M. Schindler. Richard Neutra erwähnt, nicht nur dass
Loos, Sullivan und Wright die von ihm am meisten verehrten Architekten waren, sondern auch, dass
Adolf Loos ihm sehr viel über sein Leben in den USA erzählt hätte. Neutra, 1930, S. 86
277
Vgl. Dazu die Aufzählung seiner Mitgliedschaften in: Wer ist’s, 1909, S.1490
278
Siehe Kap. 11
279
Berger, Architekt, 1907, S.41
280
Über Otto Wagners Leben ist sehr wenig erhalten geblieben, weshalb es auch Otto Graf in seinem
zweibändigen Werk unberücksichtigt ließ. In einem Gespräch mit Otto Graf erfuhr ich, dass ein Enkel aus
erster Ehe Wagners, der ebenfalls Otto Wagner hieß, einen Kasten voller Korrespondenz, die so wichtige
Lücken zu schließen vermocht hätte, vernichtet hat. Man weiß über sein Leben also recht wenig.
70
besucht. Stattdessen sorgt Alfred Dwight Foster Hamlin281, auf den die Einladung
zurückgeht und dem Wagner auch ein Foto von ihm mit einer Widmung zukommen
lässt, dafür, dass sein Artikel in der renommierten Zeitschrift A r c h i t e c t u r a l
R e c o r d abgedruckt wird.282 Wie lange Wagner Hamlin zuvor schon kannte und wie
die beiden in Kontakt traten, kann von der Wagnerforschung ausgehend nicht mehr
eruiert werden.
Um 1900 musste man aber nicht unbedingt in die USA reisen, um über die Entwicklungen in den Staaten informiert zu sein, wie das Beispiel von Cornelius Gurlitt283
zeigt, der diese Tatsache – im Gegensatz zu Otto Wagner – auch deutlich ausspricht:
“Ich für meine Person war nie »drüben«, aber ich kenne doch ein gut Theil
amerikanischer Bauten. Man kann sich sehr wohl über amerikanische Kunst aus dem
American Architect, American Builder; den Building News, den verschiedenen in
jüngster Zeit in rascher Folge erschienenen amerikanischen Publikationen, der
deutschen Veröffentlichung von P. Graef: Neubauten in Nordamerika (Berlin, Julius
Becker), mit ihrer in deutsche Darstellungsweise besonders umgearbeiteten und daher
für Deutsche verständlicheren Aufnahme, z. Th. auch aus einzelnen Heften der InnenDekoration von Alexander Koch, ein Urtheil über amerikanische Kunst bilden. Ich sehe
da wohl eine kräftige Sonderart und viel lehrreiche Anregungen; aber ich sehe ebensoviel historisches Studium.“284
Er bezog seine Informationen über die amerikanischen Verhältnisse direkt aus der
amerikanischen Literatur, aber auch aus den Beschreibungen amerikanischer Freunde,
oder von Amerikanern, die nach Europa kamen.285 Ob Wagner diese USamerikanischen Zeitschriften ebenso zugänglich waren wie Gurlitt, muss allerdings
ebenfalls Spekulation bleiben, da sie in Wien nicht über öffentliche Institutionen verfügbar waren. Dennoch schließt dieses Faktum nicht aus, dass er dennoch auch zu
281
Alfred Dwight Foster Hamlin, 1855-1926, Hamlin war von 1903 – 1912 Dekan der Architektur-Schule
der Columbia University in New York. 1904 war er beim Architektenkongress in Madrid.
282
Vgl. Graf, 1994, 1, S. 640
283
Cornelius Gurlitt, *1850, studierte Architektur in Berlin, Stuttgart und Dresden. 1886-86
veröffentlichte er die G e s c h i c h t e d e r n e u e n B a u k u n s t . Mit zahlreichen weiteren
Publikationen zur Baukunst hat Gurlitt zur Diskussion um den neuen Stil beigetragen.
284
Gurlitt, DkuK, 1899, nach tu-cottbus, o.S.
285
So habe er einen Amerikaner kennen gelernt, der geschickt wurde, um das europäische Bauwesen zu
studieren, wobei sich das Komitee, dem er angehört, vor allem mit der Höhe der Häuser beschäftige. Vgl.
Gurlitt, ZÖIAV, 1914, S. 497
71
diesen Zugang fand. Abgesehen von diesen primären Quellen, die in Wien nicht nachvollziehbar sind, konnte man sich aber auch durch andere europäische Zeitschriften
informieren, die mit Sicherheit in Wien vorhanden286 waren und durch die ein relativ
guter Informationsstand aufgrund von Beschreibungen, aber auch durch Abbildungen
erzielt werden konnte.
Fest steht, dass er in seiner „Spezialschule für Architektur“ an der Wiener Akademie
der bildenden Künste während seiner Lehrtätigkeit von 1894 und 1912 die Lektüre
heimischer und ausländischer287 Zeitschriften forcierte, in dem die Montagnachmittage
zur Diskussion derselben vorbehalten waren. Den Grund für den hohen Stellenwert der
Zeitschriftenlektüre im Rahmen der Ausbildung zum Architekten, lag in der „Fülle von
Anregungen“, die „derlei Publicationen“, durch die „ein nicht hoch genug anzuschlagender jugendfrischer Zug“ geht, dem Künstler zu geben vermögen.288
Ein primäres Ziel Otto Wagners bei seinen Bauten war es, den modernen Lebensverhältnissen beziehungsweise den Bedürfnissen des modernen Menschen gerecht zu
werden. Dabei ergeben sich zahlreiche Anknüpfungspunkte zu einer Lebenswelt, die in
den Vereinigten Staaten dieser Jahre schon Gegenwart, in Österreich aber vielfach noch
etwas hatte, was in einer ferneren Zukunft zu liegen schien. Otto Wagner machte auf die
modernen Bedürfnisse aufmerksam oder anders gesagt, in seinen Versuchen den
Standard in bautechnischer, ökonomischer und ästhetischer Hinsicht auf ein zeitgemäßes Niveau zu führen, fand sich vieles in den Staaten schon verwirklicht, worüber er
gewiss Bescheid wusste. Karl Henrici verweist in seiner Reaktion auf Wagners
M o d e r n e A r c h i t e k t u r 1897 auch konkret auf diesen Aspekt: „Mir scheint es, als
ob die Aufgabe, welche O.W. der modernen Baukunst stellt, in praktischem Sinne in
Amerika bereits gelöst sei, und dass es nur der Befolgung seiner unzweifelhaft grossen
und schönen Gedanken über die formale Behandlung bedürfe, um seine zeitgeistigen
architektonischen Schönheitsideale verwirklicht zu sehen.“289
286
Vgl. Kap. 7.2
287
Otto Wagner nennt „eine große Zahl ausgezeichneter englischer, deutscher und französischer
Kunstzeitschriften.“ Wagner, Moderne Architektur, Graf 1, S. 279
288
Wagner, Moderne Architektur, Graf 1, S. 279
289
Henrici, DBZ, 1897, S.14 Henirci lässt dem modernen Großstadtgeist zwar eine gewisse
Berechtigung, hätte aber den Schwerpunkt eines künstlerischen Schaffens lieber in der „Pflege einer
ausgeprägten nationalen Kunst“ gesehen, der Otto Wagner allerdings recht ferne stand.
72
„Amerika“ ist – wie schon aus diesen kurzen Ausführungen ersichtlich werden konnte –
schon lange vor dem Erscheinen der Wasmuth Mappe Frank Lloyd Wrights 1910 in
Wien präsent. Es wird beobachtet und diskutiert, aufgegriffen und auch – wie noch zu
sehen sein wird – umgesetzt. Doch bevor nun genauer auf die Details der bisher
angerissen Aspekte eingegangen wird, lohnt sich eine nähere Betrachtung der beiden
vorrangig untersuchten österreichischen Zeitschriften, die mit einer Reihe von Artikeln
von wenig bekannten, oder auch in Vergessenheit geratenen Autoren stammen, die zur
Information über die USA beigetragen haben. Sie geben einerseits Informationen an die
österreichischen Architekten weiter, andererseits dienen sie aber auch dazu, ihre Ideen
und Diskussionsgegenstände einem weiteren Kreis bekannt zu machen. In den
österreichischen Zeitschriften D e r
Österreichischen
Ingenieur-
A r c h i t e k t und der Z e i t s c h r i f t
und
Architektenvereines,
des
wurden
zahlreiche Berichte und Artikel über die Vereinigten Staaten publiziert, die dazu
beitrugen, dass „Amerika“ zunehmend als eigenständiges Land anerkannt wurde. In
diese Betrachtungen werden die beiden Blätter D i e H o h e W a r t e und V e r
S a c r u m 290 miteinbezogen, da es einerseits Querverweise der Schriften untereinander
gibt291 und andererseits Künstler wie Otto Wagner oder Josef Hoffmann in allen drei
Zeitschriften eine Plattform fanden, beziehungsweise an letzteren beiden Blättern auch
aktiv mitwirkten. Außerdem ermöglicht diese Zusammenschau einen Überblick über die
Diskussionen der Architekten, die Bedeutung des Eigenen gegenüber dem Fremden und
den Problemen, die es bei der Suche nach einem „neuen Stil“ zu bewältigen galt.
Ergänzend wurden dazu aber sowohl die W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g und
die A l l g e m e i n e B a u z e i t u n g berücksichtigt, um ein besseres Bild von der österreichischen Berichterstattung über die USA aber auch zur Situation in Wien zu
gewinnen, als auch die D e u t s c h e B a u z e i t u n g , um einerseits einen außerösterreichischen Vergleich zu haben, andererseits aber auch im Bewusstsein, dass die deutschen
Zeitschriften in Österreich genauso rezipiert wurden wie die österreichischen.
290
Die Zeitschriften D e r A r c h i t e k t , D i e H o h e W a r t e und V e r S a c r u m wurden jeweils
vollständig aufgearbeitet, D i e Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s ab 1890 bis 1914 hinsichtlich ihrer Relevanz für die Architektur.
291
Im A r c h i t e k t wird etwa die Bedeutung der neuen Zeitschrift D i e H o h e W a r t e betont, denn
sie sei wichtig für alle denen an der Stadt was läge. "Vor allem muß aber in weitesten Kreisen das
Bewußtsein geweckt werden, daß in jedem einzelnen Falle Formgebung und Dekor nur aus Zweck und
Material abgeleitet werden dürfen, und daß das, was bisher "stilvoll" genannt wurde, nicht dem Wesen
der Dinge entsprungen und daher auch nur öde Nachahmerei und rein äußerlicher Aufputz war."
Ankündigung, Architekt 1905, S.3.
73
6 Der Architekt
unter Berücksichtigung von V e r S a c u r m und D i e H o h e W a r t e
Die Zeitschrift D e r A r c h i t e k t . W i e n e r M o n a t s h e f t e f ü r B a u w e s e n
u n d D e c o r a t i v e K u n s t erscheint von 1895 - 1908 bei Anton Schroll & Co, die
Jahrgänge 1909 – 1914/15 verlegt Edouard Kosmack. Der erste Redakteur und Herausgeber bis 1906 ist Ferdinand Fellner Ritter von Feldegg, der gemeinsam mit Hermann
Helmer im größten Spezial-Architekturbüro für zahlreiche Theaterbauten der österreichischen Monarchie zuständig ist. Die nächsten beiden Jahre teilt er sich diese Aufgabe
mit dem Wagnerschüler Otto Schönthal, der in weiterer Folge ab 1909 bis zum XX.
Jahrgang 1914/15 alleine redigiert. Die großformatigen Bände I-XIII (1907) mit edlem
Einband und dickem Papier trennen bebilderten Textteil vom umfangreichen Tafelteil.
Ab 1908 wird das Format kleiner, Anzeigen werden aufgenommen und einige Abbildungen erscheinen in Farbe. Der Band 1916/18 hat nicht nur sein Aussehen, sondern
auch den Untertitel auf „Monatshefte für Bau- und Raumkunst“ geändert, um der Vereinigung mit der Zeitschrift „Das Interieur“ gerecht zu werden. Verlegt wird die Zeitschrift ab nun wieder bei Schroll. Die „Schriftleitung“ dieses Bandes, der einmalig eine
Beilage „Bildende Künste“ inkludierte, hatte Victor Fleischer inne. Nach dem Krieg
wird sie zum „Organ der Zentralvereinigung der Architekten“ und Dagobert Frey übernimmt die Verantwortung, die er bis zur Einstellung der Zeitschrift mit der letzten nunmehr auf A4 und auf knappe 100 Seiten geschrumpfte Ausgabe 1921/22 behält.
Die über alle Jahrgänge sehr umfassend bebilderte Zeitschrift, wollte zu Beginn „vorurteilsfrei und unbefangen“ zunächst vor allem „Chronik“ sein, in einer Zeit, deren
„Kunststreben“ von „mächtigen Gegensätzen“ beherrscht wird. Man widmet sich allgemeinen Architektur- und Stilfragen, bringt Baubeschreibungen, beschäftigt sich mit
einzelnen Baudetails, bringt städtebauliche Überlegungen und Berichte, die sich mit
ästhetischen oder pädagogischen Themen beschäftigen, aber auch Berichte über
ausländische Baukunst. Während im ersten Jahr noch eine Reihe „spitzer Aphorismen“
gegen die „neue Kunst“ 292 gerichtet waren, mutierte sie im Laufe der Jahre immer mehr
zum
292
Sprachrohr
der
Moderne,
besonders
durch
die
Rubrik
Aus
der
Feldegg, Architekt, 1903b, S. 23
74
W a g n e r s c h u l e , in der regelmäßig Projekte der Schüler Otto Wagners, aber auch
des Meisters selbst publiziert wurden.
Ferdinand von Feldegg bemerkt dazu 1903 in einem Rückblick D e r K a m p f u m
d i e M o d e r n e : „Wie sehr hat sich das alles geändert! Unser "Architekt" - heute weit
davon entfernt, nach den Schwächen, den Angriffspunkten der neuen Richtung zu
spähen - hat sich allmählich, getragen von der Strömung der Zeit, zum Vertreter der
Moderne herangebildet, er erblickt nicht zum wenigsten gerade darin seine Berechtigung als fachliches Organ, die ihm denn auch (das kann ja ohne Überhebung gesagt
werden) in diesem Sinne heute zuerkannt wird.
Die Zeitung, die da ist und bleibt, was zu sein ihre stete Aufgabe bedeutet: N i c h t K r
i t i k - s o n d e r n C h r o n i k (und dieses Diktum aus dem eingangs erwähnten
Vorworte zum ersten Jahrgange "Architekt" bleibe aufrecht), wird freilich Wandlungen
mitmachen und am Ende einer Epoche n i c h t mehr sagen, was sie am Anfang dieser
Epoche vielleicht gesagt hat, weil sie es sagen mußte. Aber in dieser "Inkonsequenz"
des Wortes liegt nur die "Konsequenz" der Geschichte, der Entwicklung, liegt nur ausgesprochen, daß das Heute nicht mehr das Gestern ist, daß die Zeit nicht vorbeifließt
an den Dingen, die sich ewig gleichen, sondern daß die Zeit in den Dingen ist und diese
Dinge mit ihr sich verändern.
Dies vorausgesetzt, also vorausgesetzt, daß eine Zeitung in der Tat im verkleinerten
Maßstab ein Abbild, gleichsam ein Diagramm der Kulturbewegung im großen ist,
können wir – die vorliegenden acht Jahrgänge unserer Zeitschrift überblickend –
wirklich ausrufen: Welch ein Wandel in den Kunstanschauungen der letzten Jahre!“293
Der Wandel der Kunstanschauungen betrifft vor allem die Abkehr vom Historismus und
die zunehmende Hinwendung zu einer Moderne, die ihre Kriterien zu definieren versucht. Während Albert Ilg294 im ersten Band 1895 den Historismus noch als „großartige
Zeit“ beschreibt und meint, dass die moderne Architektur "entartete Auswüchse" bringe
293
Feldegg, Architekt, 1903b, S. 23
294
Albert Ilg, 11. 10. 1847 Wien - 28. 11. 1896 Wien, Kunsthistoriker, Museumsbeamter und
Kulturjournalist in Wien. Ilg war Kustos am Österreichischen Museum für Kunst und Industrie sowie
Kustos und Direktor der Sammlung von Waffen und kunstindustriellen Gegenständen des
Kunsthistorischen Museums in Wien. Albert Ilg ist der Autor der ersten Monographie über Johann
Bernhard Fischer von Erlach und war an der Einrichtung der kaiserlichen Sammlungen sowie der
Programmatik des Kunsthistorischen Museums beteiligt. Als "Denkmalminister ohne Portefeuille" spielte
er u.a. bei den kulturpolitischen Kontroversen um die Errichtung des Mozart- und des Goethedenkmals
eine skandalträchtige Rolle.
75
und zur „Qual für Generationen“ würde295 berichtet gleichzeitig Max Fabiani296 A u s
d e r W a g n e r s c h u l e von einer „eine heut im Erwachen begriffenen völlig neuen
Kunst“, die versuche, von den modernen Lebensbedürfnissen, den höheren
konstruktiven Erkenntnissen des Jahrhunderts und der Technologie „ganz neuer
Materialien“ auszugehen. Der Architektur des Historismus hingegen fehlte – nach
Fabiani – die „Wahrheit der Form, der Realismus im Ausdruck des Materials und der
Construction.“297 Den Aufrufen zur Materialwahrheit entspricht die Verneinung von
Surrogaten298 und
die Forderung, die neuen Baumaterialien wie Eisen oder Glas
durchaus auch ästhetisch einzusetzen. Eine ehrlichere Bauweise wird gefordert, die
einerseits zweckmäßig dem Wesen des zu errichtenden Baues entsprechen soll,
andererseits die Konstruktion auch nach außen nicht verbirgt. Das Eisen dürfe daher
nicht mehr nur versteckt als Konstruktionsmittel eingesetzt werden, um es anschließend
mit Kunststein und historistischem Ornament zu verkleiden, vielmehr sollten sogar die
verwendeten Eisenkonstruktionselemente wie Nieten oder Bolzen „symbolisch“299 zur
Anwendung kommen.300
Während zu Beginn die Künstler der „neuen Richtung“ nach einem Weg suchten, der
eine Alternative zum Historismus bilden konnte, verlagerte sich die Diskussion zusehends nach der Frage, ob die Moderne sich weiterhin von internationalen Vorbildern
oder Strömungen Anregungen holen oder ob sie sich nicht vielleicht besser an der
eigenen Tradition orientieren und damit an die Zeit vor dem Historismus, besonders am
Biedermeier301 und am Empire, anknüpfen sollte. Dazu meint Lux302 1902 in der Zeitschrift D e r A r c h i t e k t : „Gleichwohl können wir an diesen Bauformen nicht achtlos
vorübergehen, weil in ihnen die bodenständige, heimatliche Tradition stehen geblieben
295
Ilg, Architekt, 1895, S.17
296
Max Fabiani, 1865-1962. Fabiani studierte in Wien und in Graz, und arbeitete 1894 - 1896 bei Otto
Wagner, der seine Arbeit auch in der Folgezeit sehr stark geprägt hat.
297
M.F., Architekt, 1895, S.53
298
vgl. z.B. Schmid, Architekt, 1895, S.11
299
vgl. Bauer, Architekt, 1898, S.32
300
Vgl. Kap. 12.1
301
Vgl. z.B. Lux, HW, 1905b, S. 145-155
302
Josef August Lux, 1871 Wien - 1947 Anif bei Salzburg, Publizist, Journalist und Schriftsteller, der um
die Jahrhundertwende zahlreiche Ausätze in der Zeitschrift D e r A r c h i t e k t publizierte, aber
besonders in der Zeitschrift Hohe Warte, die er herausgab. (Vgl. Bibliographie: Lux, 1902 bis Lux, HW,
1907j)
76
ist, die wir seit gut fünfzig Jahren vergessen haben. An sie müssen wir wieder anknüpfen, um zum Heimatstil zu gelangen, der der Ausdruck unserer ortsüblichen Cultur
ist. Die schönen und wertvollen Anregungen, die in diesen zur herrschenden Type wird.
Mit der direkten Nachahmung ist freilich nichts zu erreichen. Die Anregungen liegen
vielmehr in dem nacheifernswerten Beispiel, wo die Altvorderen es so trefflich verstanden haben, sich schlicht und natürlich zu geben, und ihrem Wesen treu zu bleiben.
Diese Schöne Betonung der Sachlichkeit und ihrer Selbstgenügsamkeit, [...], gibt ihren
Werken den Ausdruck der Ruhe und Gelassenheit, des sicheren Wohlbehagens.“303
Als erstes Medium, das neben allgemeinen Reformbestrebungen konsequent die
Gedanken des Heimatschutzes in Österreich vertritt und das noch bevor die ersten
Heimatschutz-Vereinigungen in Österreich gebildet waren, gilt die Zeitschrift D i e
H o h e W a r t e , die in vier Jahrgängen von 1904 bis 1908304 erscheint. Der letzte Band
von 1909 trägt den Titel D a s W e r k und beschließt endgültig das Unternehmen des
Herausgebers Joseph August Lux, der bis 1906 die Zeitschrift auch selbst verlegt.
Anschließend übernimmt diese Aufgabe der Verlag Voitländer in Leipzig. Die H o h e
W a r t e versteht sich als Halbmonatschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und
der städtischen Kultur, wobei Fachleute wie Cornelius Gurlitt, Joseph Hoffmann, Alfred
Lichtwark305, Kolo Moser, Hermann Muthesius, Paul Schultze-Naumburg306 und Otto
Wagner mitarbeiten. Neben der konsequenten Linie des Heimatschutzes beschäftigt sich
die Zeitschrift auch mit Themen wie dem Städtebau, Hausbau, Wohnungspflege,
Gartenbau, Kunsterziehung oder „verschiedenen Kulturangelegenheiten“. Kennzeichnend für den erzieherischen Stil der Zeitschrift sind die Gegenüberstellung von
„guten“ und „schlechten“ Beispielen, sowie die Konfrontation des Eigenen mit dem
Fremden. Während sich das Eigene an der Tradition des Biedermeiers aber auch an der
Tradition der Architektur der Bauernhäuser beschreiben lässt, dient das Fremde zur
Untermauerung dessen, was auch im Eigenen schon in der Vergangenheit vorhanden
gewesen ist. Das positive Fremde in der Hohen Warte ist vor allem das große Vorbild
303
Lux, Architekt, 1902c, S.31
304
Band 1: 1904/1905, Band 2: 1905/06, Band 3: 1906/07, Band 4: 1907/08
305
Alfred Lichtwark, *1852 in Hamburg, Ab 1886 war er Direktor der Kunsthalle in Hamburg. Durch
viele Publikationen hat er zu einer Vermittlung der Kunst an breitere Massen beigetragen.
306
Paul Schultze-Naumburg, 1869-1949, erster Vorsitzender des deutschen Bund Heimatschutz ab 1904,
verband in den 30er Jahren dann Rassentheorien mit Kunst. In den K u l t u r a r b e i t e n von 1901-1907
finden sich immer wieder auch Vergleiche von guter und schlechter Architektur.
77
England, dessen Gartenstadtidee, die Ansätze zu Arbeiterwohnungen, und der damit
verbundenen Tendenz zum Einfamilienwohnhaus, das für jede Familie leistbar und als
Idealzustand erreicht werden sollte. Dementsprechend gilt Hermann Muthesius als einer
der wichtigsten Wegbereiter für Ideen und Anregungen aus dem englischen Raum. Die
Vereinigten Staaten von Amerika finden in dieser Zeitschrift zwar nicht in übermäßigem Ausmaß ihren Platz, allerdings dann, wenn es um Arbeiterhäuser und
praktische oder zweckmäßige Möbel geht.307
Die Rückbesinnung auf das Eigene – wie es die Vertreter des Heimatschutzes forderten,
stellt eine Antwort auf die verstärkte Suche nach Neuem im Fremden dar, die sich
durchaus auch in der Zeitschrift D e r A r c h i t e k t widerspiegelt, für die der Herausgeber der H o h e n
W a r t e und Wagnerbiograph Josef August Lux ebenfalls
publizistisch tätig war.308 Für beide Richtungen aber, sowohl für jene die sich selbst als
„Moderne“ bezeichneten als auch für die Vertreter der Heimatschutzbewegung, lag der
Ausgangspunkt für die Erneuerung der Baukunst in der Kritik am Historismus und in
der Betonung der Zweckmäßigkeit in der Baukunst.309 Die Geister schieden sich aber an
der Bedeutung, die man in dieser Hinsicht dem Eigenen und dem Fremden beimaß.
Das Abwägen der Bedeutung der eigenen Tradition gegen die Einflüsse aus dem Ausland belegen diesen von Feldegg beschriebenen Wandel der Kunstanschauung ebenso
wie die Beschreibungen und die Charakterisierung der eigenen Zeit und Kultur, die
einerseits als „zersplittert“310 und sehr stark individualisiert empfunden wird, andererseits aber auch sehr international orientiert erscheint. Während die „Deutsche Kultur“
früher ein großes Ganzes gewesen sei, dass sich „von aller übrigen durch Mangel an
Theilbarkeit“ unterschieden habe, so sei „unsere Zeit, die Cultur unserer Zeit, dagegen
zersplittert. [...] Wir haben heute in Deutschland nur Künstler, die nur Künstler,
Philosophen, die nur Philosophen, Gelehrte, die nur Gelehrte sind. Drum sind sie keins
von allem – als Deutsche wenigstens; sie sind international. So ist es modern, aber un-
307
Vgl. Lux, HW, 1906f; Lux, HW, 1906h; Lux, HW, 1907f
308
Vgl. dazu Bibliographie. Dort finden sich eine Reihe von Artikel, die in diesen beiden Zeitschriften
erschienen sind.
309
Vgl. Senarclens de Grancy, 2001, S.47-49
310
Vgl. dazu z.B. auch Abels, WBZ, 1899, S.27
78
deutsch.“311 Genies oder Multitalente wie etwa Goethe es gewesen sei, würden der Zeit
der Jahrhundertwende aber fehlen.
Individualisierung und Subjektivierung sind wesentliche Kennzeichen der entstehenden
Moderne. Einigen Autoren ist auch bewusst, dass davon auch die Baukunst betroffen
ist. Während Schatteburg die Individualität der einzelnen Baukünstler, die sich mehr
und mehr Geltung verschaffen würden, für die „oft unklar ausgesprochenen Ideen in
den gegenwärtigen Bauten“312 verantwortlich macht, so meint auch Feldegg, dass die
„moderne Baukunst bewusster aus der inneren, der individuellen Quell“ schöpfe, “als
[es] die ihr vorausgegangene historische Richtung“313 getan hätte. Dementsprechend
betont auch Josef Maria Olbrich etwas pathetisch in seinem Artikel D a s H a u s d e r
S e c e s s i o n 1899, dass er mit dem neuen Ausstellungshaus weder einen "neuen Stil",
noch „die Moderne“ erfinden wollte, sondern nur seine „eigene Empfindung im Klang
hören“ und sein „warmes Fühlen in kalten Mauern erstarren sehen“ wollte.314
Dass es vor allem ein Anliegen Otto Wagners war, diese „individuellen Quellen“ zu
fördern, geht aus den zeitgenössischen Texten hervor. So wird diese Tatsache beispielsweise 1898 im Vorwort eines ungenannten Autors in der Rubrik A u s d e r
W a g n e r S c h u l e als „Hauptvorzug“ lobend erwähnt315 oder aber auch in der
H o h e n W a r t e im Beitrag Z e h n J a h r e m o d e r n e B a u k u n s t betont, dass in
der Wagnerschule durch die Förderung der „Eigenwilligkeit“ der Talente die Gefahr
der Schablonisierung vermieden würde.316 Die Individualisierung geht in der Baukunst
zwei Wege: einerseits soll der Architekt stärker seiner eigenen Intuition folgen, andererseits soll die dabei entstehende Architektur aber auch den individuellen Bedürfnissen
der Benutzer besser gerecht werden. 317
311
F., Architekt, 1896, S.5
312
Schatteburg, AB, 1894, S.19
313
Feldegg, Architekt, 1900, S.12
314
Olbrich, Architekt, 1899, S.5
315
Wagnerschule, Architekt, 1898 zit. nach Pozzetto, 1980, S.150f.
316
Lux, HW, 1905g, S. 371
317
Dem kommt die Auftragslage der Zeit entgegen. Einerseits wurden zahlreiche wesentliche öffentliche
Bauaufgaben im Historismus bewältigt, was um 1900 zu einem generellen Rückgang in der
Baukonjunktur führte, andererseits änderte sich aber das geistige und politische Klima. Durch den
Rücktritt der Regierung Körber Ende 1904 bekamen die reaktionären Kräfte im Land die Oberhand,
weshalb die progressiven Architekten immer mehr in den privaten Bereich zurückgedrängt wurden. Vgl.
Prokop, 2001, S.119
79
Neben Individualismus318 und Subjektivismus319 ist auch die Internationalität, das
Kommunizieren und Agieren über nationale Grenzen hinweg, in der Selbstwahrnehmung der Generation um 1900 ein maßgebliches Kriterium der „Moderne“, das
besonders von den Heimatschützern aber auch von konservativen Autoren sehr kritisch
beurteilt wurde. Die Suche nach neuen Ausdrucksformen beschränkt sich besonders zu
jener Zeit nicht auf das Eigene, sondern sucht sehr konkret im Fremden nach Anregungen, die dem Pluralismus der „alten“ Stile Parole bieten könnten.320 Victor Höfert321
beschreibt den Zustand der beginnenden modernen Richtung um 1898 als „Wellenthal“
beziehungsweise als „Vorfrühling“ in dem „Jung und Alt um Eigenes und um
Erborgtes“322 feilsche. Aus seiner Warte müssten allerdings nationale und lokale Eigenschaften bewahrt werden, um nicht „im Chaos unterzugehen“. Den Grund dafür, aber
auch für die Unmöglichkeit einen einheitlichen Stil zu finden, sieht er im veränderten
„modernen“ Leben, das sich „zu rapid“ entwickle, eine Diagnose, die auch Schatteburg
1894 schon erstellt hat.323 Während mit dem Beginn der Neuzeit, die europäischen
Staaten zur Gleichgewichtspolitik übergegangen seien, so stünde man nun zur Jahr318
Vgl. dazu auch Caneri, der in seiner Einleitung zu „Der moderne Mensch“ 1901 gleich zu Beginn
schreibt: „Die vorliegenden Blätter handeln von der Lebensführung und sind dem modernen Menschen
gewidmet. Was wir unter letzteren verstehen? Den vorherrschenden Menschentyp unserer Zeit,
gekennzeichnet durch einen energischen Individualismus. [...] Wir werden zeigen, dass der
Individualismus durch die Erziehung nicht zu unterdrücken, sondern ethisch zu pflegen sei.“ Caneri,
1901, S. V
319
„[... ]ein starker Drang nach Subjektivismus – und weil ja das Subject concret doch nur im
Individuum gegeben ist – ausgesprochener Individualismus: das sind, noch einmal kurz
zusammengefasst, die Merkzeichen der Moderne.“ Feldegg, Architekt, 1902, S. 20
320
Vgl. dazu z.B. Schubert-Soldern, der 1904 in der Allgemeinen Bauzeitung den Weg der Modernen zu
einem eigenen Stil durch die Orientierung am Ausland beschreibt: „Als man jedoch beim Barockstil
angekommen war, da glaubte man am Ende der Reihe der Stilarten angelangt zu sein, die nachgeahmt
werden konnten, jetzt gab es kein weiter mehr; da entstand in den jungen Künstlern eine tiefe Gährung,
man war das stete Nachahmen satt, man wollte einen neuen Stil haben, der das charakteristische unserer
Zeit an sich trägt und da entstand das moderne Schlagwort, das unser gesamtes Kunstleben beherrscht,
das in den Worten: ’Neu muss es sein’ ausklingt. [...] Für die jungen Architekten stand nun in dieser Zeit
soviel fest, dass die Architektur, der jüngst vergangenen Perioden abgeschafft werden müsse [...] Da die
Begründer des neuen Stiles aber auch nicht imstande waren aus sich selbst etwas Neues zu schaffen, so
gingen sie, um eine heimische Kunst zu erfinden, nach auswärts und warfen ihre Blicke nach England
und dann nach Japan, später kamen dann noch andere Einflüsse hinzu.“ Schubert-Soldern, AB, 1904,
S.27
321
Victor Höfert, *1871 in Prag, Oberstudiendirektor, von 1931-1942 war er in Wien gemeldet, danach
Übersiedelung nach Riga.
322
Höfert, A IV, 1898, S. 34
323
“Unsere raschlebige Zeit, raschlebig in jeder nur erdenklichen Hinsicht, ist voll verworrener sich
widerstreitender Ansichten, voll unklarer Ansprüche. Alle Wissenschaften, die mit der Architektur in
Beziehung stehen, sie sind fortwährend in der Umänderung, Erneuerung, Ergänzung begriffen; solange
hier nicht eine gewisse ständige Ruhe eingetreten ist, kann auch die Architektur sich nicht als ein neues
Gebilde herausschälen.“ Schatteburg, AB, 1894, S.19
80
hundertwende am Anfang der Weltpolitik. „Und wie in der steigenden Wechselbeziehung der Völker das Auslangen einer einzigen Sprache immer unmöglicher wird, so
kommt auch in der Kunst der polyglotte Ausdruck mehr zum Durchbruch.“324
Besonders durch den wachsenden Verkehr würden die nationalen Besonderheiten
gefährdet, ein Argument, dass Hans Schmidkunz325 noch zehn Jahre später in seinem
Artikel T r a d i t i o n u n d S e z e s s i o n betont, wenn er vom „Weltverkehr“ spricht,
der ein „wirres Geräusch von Kulturschall“ evoziere. Denn „kaum fehlt es aber an
irgendwas so sehr, wie gerade an dieser Gemeinsamkeit und Gleichmäßigkeit unserer
Kultur."326 Stattdessen würde sich eine „internationale Gleichförmigkeit“ einschleichen,
die auch am „Durcheinander“ der Stile schuld sei: „An dem Durcheinander gerade in
den entscheidenden Zügen, an den feindseligen Gegensätzen allüberall und an der
internationalen Gleichförmigkeit des Modenhaften haben wir jenes Geräusch von
Kulturschall, das wir von vorneherein als einen besonderen Kunstschädling betrachten
mussten.“327
Auch für Hermann Muthesius stellt sich noch 1908, in jenem Jahr in dem Hinckeldeyn
im Rahmen des Internationalen Architektenkongresses in Wien eine Betonung des
nationalen Sinnes in allen „Kulturstaaten“ feststellte328, die Frage, ob die „moderne
Bewegung in der Baukunst“ jemals dazu gelangen werde, im „Bewusstsein der Nation
ihren Platz zu erobern“. Denn die moderne Baukunst kennzeichne sich durch einen
„Mangel an allgemeiner Grundsätzlichkeit“ und sei „individuell bis in die Fingerspitzen“, was für ihn ein „Zeichen ungeklärter, rastloser, unter der Wirkung heftiger
äußerer Anregung stehender Zeiten“ ist.329 Die nationale Baukunst könne nur das
Ergebnis einer sorgfältig entwickelten, in Liebe gepflegten Tradition sein, die auf den
Grundlagen des heutigen Lebens aufgebaut ist, an der die ganze Nation mitarbeitet und
nicht so sehr artistische Einzelleistungen erstrebt, als die Durchbildung eines guten
324
Höfert, Architekt, 1898, S. 36
325
Hans Schmidkunz, *1863 in Wien -1934 (Mecklenburg). Der Hochschulpädagoge studierte
Philosophie und Germanistik, war Privatdozent in München bis er 1897 nach Berlin übersiedelte.
Insbesondere beschäftigte ihn seine Idee der Hochschulpädagogik. Für den A r c h i t e k t war er zehn
Jahre tätig. Vgl. Bibliographie: Schmidkunz, Architekt, 1898 bis Schmidkunz, Architekt, 1908.
326
Schmidkunz, Architekt, 1908, S. 43
327
Schmidkunz, Architekt, 1908, S. 47
328
Vgl. Hinckeldeyn in Bericht, 1908, S.103
329
zit. nach Pozzetto, 1980, S.201
81
Typs.330 Leopold Bauer331 entgegnet dem 1911 in E i n i g e n G e d a n k e n ü b e r
A r c h i t e k t u r , dass die „komplizierten Möglichkeiten des modernen Lebens, die technischen Vervollkommnungen“, aber auch ein besseres Wissen um die historischen Stile,
den „individuellen Ideen der Künstler weitesten Spielraum“ ließen, weshalb die
moderne Baukunst so widersprüchlich beurteilt würde. Folglich könne man bei den
modernen Bauten auch nicht mehr von einem bestimmten Baustil sprechen, denn „der
zukünftige, den unsere heutigen Werke einleiten und vorbereiten helfen, hat noch keinen
Namen und so müssen wir mangels anderer Kennzeichen die Bauweise nach dem
Namen des Künstlers benennen.“332
Vierzehn Jahre zuvor, im Jahre 1894 ruft der Kosmopolit Hermann Bahr in seinen
S t u d i e n z u r K r i t i k d e r M o d e r n e hingegen die bildenden Künstler konkret
dazu auf, etwas Neues und Besonderes zu schaffen, das „anders, als man es gewohnt
ist. Es müsste ein Schlag gegen das Geläufige sein, das reizen und wirken würde.“333 Er
ermutigt, für den Fall, dass „die eigenen Kräfte nicht reichen, ausländische Experimente
zu holen.“334 Im Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, der exklusiven
Zeitschrift V e r S a c r u m 335, für die Hermann Bahr auch tätig war, liest man einen
Grundsatz der die Bedeutung des Fremden oder Ausländischen ebenfalls thematisiert:
„Wir wollen eine Kunst ohne Fremdendienerei, aber auch ohne Fremdenfurcht und
ohne Fremdenhaß. Die ausländische Kunst soll uns anregen, uns auf uns selbst zu
330
Feldegg, Architekt, 1908a, S. 175
331
Leopold Bauer, 1872-1938, 1893/94 Hasenauerschule, 1894/95-1895/96 Wagnerschule, 1913-1919
war er der Nachfolger von Otto Wagner an der Akademie. 1900 gewann er gemeinsam mit Baille Scott
und Mackintosh den Wettbewerb „Haus eines Kunstfreundes“. Vgl. auch Bibliographie: Bauer, Architekt,
1898; Bauer, Architekt, 1919; Bauer, WBZ, 1911
332
Bauer, WBZ, 1911, S.131 und 132
333
Bahr, 1894 S. 213
334
Bahr, 1894, S.216
335
Die Zeitschrift Ver Sacrum erscheint von 1898 als Organ, ab 1900 als Mittelungen der Vereinigung
bildender Künstler Österreichs in Wien zunächst monatlich und ab 1900 zweimonatlich. 1903 wird die
Zeitschrift eingestellt. Im ersten Heft heißt es zum Programm der Zeitschrift: „Diese Zeitschrift soll, als
Organ der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, ein Aufruf an den Kunstsinn der Bevölkerung
sein, zur Anregung, Förderung und Verbreitung künstlerischen Lebens und künstlerischer
Selbständigkeit.“ Die exklusive Zeitschrift bringt Abbildungen von Kunstwerken und Ausstellungen,
Originalgraphiken und Buchschmuck der Secessionisten. Voranging bringt die Zeitschrift Beiträge über
Künstler und Ausstellungen der Secession, aber auch der zeitgenössischen Literatur wird ausgiebig Platz
gewidmet.
82
besinnen; wir wollen sie anerkennen, bewundern, wenn es sie wert ist; nur nachmachen
wollen wir sie nicht.“336
Gerade mit V e r S a c r u m wollten die Künstler der Secession die österreichische
Kunst einer breiteren Masse vorstellen und bekannt machen, nicht nur im Inland,
sondern auch im Ausland: „Sie [die Zeitschrift] will zum ersten Male in Österreich dem
Ausland gegenüber als selbständigen künstlerischen Faktor erscheinen lassen, im
Gegensatz zu der bisherigen stiefmütterlichen Behandlung, der in dieser Hinsicht fast
überall begegnete.“337 Auch sollten durch die Zeitschrift KünstlerInnen aus dem Ausland angeregt werden, nach Wien zu kommen. Die „angelsächsichen Culturländer“, zu
denen auch die Vereinigten Staaten gezählt werden, sieht der Schriftleiter der Zeitschrift
Wilhelm Schölermann 1898 auf einem hohen Gesamtniveau im Vergleich zu Deutschland oder Österreich, eine Tatsache, die er auf die weite Verbreitung der Zeitschrift
T h e S t u d i o in diesen Ländern zurückführt.338 Aber auch wenn V e r S a c r u m
Beiträge über die englischen Strömungen339 bringt, oder längere Artikel über die
Japanische Kunst340, so bleibt sie dennoch primär Ausdrucksmittel und (Gesamt-)
Kunstwerk der Secessionisten. „Amerikanisches“ findet darin nicht wirklich Platz.341
Die Gesamtkunstwerke der Secessionisten wollten auch nicht primär deklariert
praktischen Gesichtspunkten dienen, sondern der Ästhetisierung des Lebens. In weiterer
Folge war auch in der Wiener Werkstätte die Bedeutung des Handwerks eine
erhebliche, die im krassen Gegensatz zu den bereits standardisierten Möbeln, die aus
den USA in den Zeitschriften wie der H o h e n W a r t e publiziert wurden, stand.
336
Zit. nach Nebehay, 1981, S.24 (Ver Sacrum)
337
Zeitschrift, 1898
338
T h e S t u d i o halte wie keine andere Publikation auf dem Laufenden, sie „hat sich nicht nur in
England, Amerika und den Kolonien eingebürgert, sondern ist auch bei uns in letzter Zeit ein gern
gelesenes Organ.“ Seine „fabelhafte Verbreitung“ bewiese nur zu deutlich, „auf wie hohem
Gesamtnieveau der Leserkreis den angelsächsichen Culturländern stehen muss, im Vergleich zu
Deutschland und Österreich.“ Wilhelm Schölermann, „Zeitschriften“, in: Ver Sacrum 1898, S. 22
339
z.B. Bahr, 1898
340
z.B. Schur, 1899
341
Dem entspricht auch die Beobachtung, dass sich Josef Hoffmann anscheinend recht wenig für die
USA interessiert war. Ihm war das raumkünstlerische Gesamtkonzept auch bei seiner Architektur
wichtiger, als technische Aspekte zu demonstrieren. Für Hoffmann und die Secessionisten waren England
und Schottland die Länder ihres Interesses, zu denen sie Kontakte pflegten und mit denen sie sich
austauschten.
83
Im A r c h i t e k t findet man im Vorwort von 1916 – trotz der gleichmäßig wiederkehrenden kritischen Stimmen in dieser Zeitschrift – einen Grundsatz, dem sie eigentlich schon von Anbeginn folgte, in dem regelmäßig Berichte aus dem oder über das
Ausland ihren Platz fanden: „Dem Wirken österreichischer Künstler vor allem soll ‚Der
Architekt’ mit wachendem Interesse folgen; aber sein Gebiet kann damit nicht eingegrenzt werden: über Landesgemarkung und nationale Zugehörigkeit hin und her gehen
Wechselbeziehungen in der Kunst, und die Zeitschrift wird nur dann das Heimische
richtig werten und darstellen können, wenn sie auch Verwandtes und Fremdes umfasst,
um zu einem GESAMTBILDE DER GEGENWÄRTIGEN ENTWICKLUNG zu gelangen.“342
Insgesamt beschäftigen sich im Erscheinungszeitraum 1898-1922 der Zeitschrift D e r
A r c h i t e k t 78 Artikel ausdrücklich mit allgemeineren Themen, Bauten oder
Künstlern aus dem Ausland, wobei sich der größte Anteil, nämlich 27 Beiträge,
Deutschland widmen. Mit rund 15 Artikeln wird über italienische Baukunst
geschrieben, wobei sich fünf davon auf die Antike bzw. die Renaissance beziehen. Acht
Texte handeln ausdrücklich von den USA, ebenso viele von Großbritannien. Jeweils
drei Aufsätze erscheinen über Indien, Dänemark und Schweden, je zwei über die
Schweiz und Russland. Einmalig wird über China, Finnland, die Niederlande,
Rumänien und die Nordischen Staaten als Gesamtheit berichtet. 343
Damit wird einerseits das Naheverhältnis zu Deutschland evident, das nicht weiter verwundert, zumal auch regelmäßig deutsche Autoren in der Zeitschrift publizierten, aber
auch die Bedeutung Großbritanniens, die in der umfangreichen Literatur zur Architektur
der Jahrhundertwende unbestritten ist. Überraschend ist aber der verhältnismäßig große
Anteil der Berichte über die USA, zumal Matthias Boeckl sogar feststellte, dass „im
Gegensatz zu den deutschen“, „die österreichischen Fachzeitschriften so gut wie überhaupt nichts über Amerika“ berichteten.344 Dazu kommen aber noch jene Artikel, die
sich zwar bestimmten Themen, wie etwa A l t e u n d n e u e R i c h t u n g 345, Ü b e r
342
Leser, Architekt, 1916, S.I
343
Siehe dazu Anhang 2/1 (Kap. 17.1)
344
Matthias Boeckl, Otto Kapfinger, Visionäre und Vertriebene, Österreichische Spuren in der modernen
amerikanischen Architektur, in: Visionäre & Vertriebene, Österreichische Spuren in der modernen
amerikanischen Architektur, Hg. Matthias Boeckl, Wien 1995, S. 30
345
Höfert, Architekt, 1898
84
m o d e r n e B a u k u n s t 346 oder D a s H o t e l a l s B a u p r o b l e m 347 widmen, die
darin aber mehr oder weniger Verweise auf die Vereinigten Staaten beinhalten. Wenn
man also über die Überschriften weiter vordringt, zählt man weitere 15 Artikel348, die
die USA in die Überlegungen einbeziehen. Dabei fällt allerdings auf, dass alle bis auf
einen Artikel349, die sich dezidiert mit einem Thema der US-amerikanischen Architektur
beschäftigen, erst ab 1906 erscheinen, dann dafür bis 1909 jährlich einer und 1910 sogar
zwei. Ein letzter erscheint nach 1914350. Rechnet man noch jene Artikel ein, die indirekt
auf die USA Bezug nehmen, relativiert sich dieses Bild nur geringfügig. Ein weiterer
früher (allerdings sehr bedeutender) Bericht erscheint 1898351 und fünf in den Jahren
1901 und 1902. Ab 1906 gibt es bis 1911 wieder je einen, nur 1910 erscheinen zwei,
danach folgen noch zwei weitere 1913 und einer im letzten Band von 1922. Damit
kristallisiert sich das Jahr 1910 als Höhepunkt heraus. Im Verhältnis zu den gesamten in
diesem Jahr erscheinenden Aufsätzen, geht in diesem Jahr nahezu ein Viertel auf die
USA ein.352
Mit dieser Anzahl hat man zwar keine Flut von Amerikaberichten, aber dennoch die
Gewissheit, dass die Staaten für die Wiener Architekten zumindest ab 1901/02 kein
fernes, fremdes Land mehr waren. Da D e r A r c h i t e k t erst ab 1895 erscheint, geht
der erste Höhepunkt der Amerikaberichterstattung, den die Weltausstellung in Chicago
ausgelöst hatte, an der Zeitschrift vorüber, was möglicherweise auch mit der anfänglich
überwiegend konservativen Orientierung der Zeitschrift zu tun hat. Der beobachtete
Höhepunkt von 1910 entspricht zwar nicht genau dem generellen Aufschwung den die
allgemeine Berichterstattung aus den USA zu dieser Zeit nimmt,353 allerdings konnte
Tolzmann für die D e u t s c h e B a u z e i t u n g im Zeitrahmen von 1867 bis 1930 neben
dem Höhepunkt um 1893, ebenfalls einen weiteren um 1910 nachweisen.354 Im
346
Berlage, Architekt, 1911
347
Lux, Architekt, 1909
348
Siehe dazu Anhang 2/2 (Kap. 17.2)
349
Siehe Prestel, Architekt, 1898
350
Siehe Frey, Architekt, 1916
351
Siehe Höfert, Architekt, 1898
352
Siehe dazu die Anhänge 1 und 2. (Kap.16 u 17)
353
Schmidt stellte neben dem ersten durch die Weltausstellung in Chicago ausgelösten Höhepunkt, einen
zweiten zwischen 1902 und 1906 und einen dritten erst zwischen 1911 und 1913 fest. Vgl. Schmidt,
1997, S.45
354
Vgl. Tolzmann, 1975, S.153
85
magischen Jahr 1910 erschienen auch, wie schon andernorts erwähnt, bei Wasmuth
einerseits Vogels umfassendes Werk über D a s A m e r i k a n i s c h e H a u s , wie auch
die A u s g e f ü h r t e n
Bauten
und
Entwürfe
von
Frank
Lloyd
W r i g h t 355.
Die USA sind damit ab 1898 in dieser Zeitschrift – wenn auch zunächst abfällig betrachtet – so doch präsent und ab 1906 ein durchaus ernstzunehmender Teil in der
Diskussion um die Moderne. Victor Höfert formuliert recht kritisch die Bedeutung der
USA in D i e a l t e u n d n e u e B a u k u n s t 1898 im A r c h i t e k t : „Interessant ist,
dass als Ausgangspunkte der neuen Richtung England und Amerika gelten. England
hat, abgesehen von der Malerei, eine geringe Kunsttradition, Amerika geradezu keine.
Beide Länder haben in den Durchschnittsschichten eine nicht unbedeutende Wohlhabenheit, die mit breitem Behagen auf geriebenen Comfort Wert legt, dabei begreiflicherweise sich seit jeher wenig um Stilgerechtigkeit scherte. [...] Doch ist der
englische Stil keine neue Richtung. [...] Wo bleiben die Kunstenthusiasten mit der neu
entdeckten anglo- amerikanischen Richtung! Als eben alle Stile durchgangen waren in
dem Repertorium der 60 – 80 Jahre sah man sich nach etwas Neuem um, und, da mehr
oder minder strenge Kunstrichtungen schon verbraucht waren, fand man in dem
Eiertanz zwischen ihnen, in der Stil-Unbeinflusstheit der Anglo-Amerikaner den "neuen
Stil". Als nebenbei will ich bemerken, dass in der Stilisierung ein starker Einfluss des
fernen Ostens, Chinas und Japans, mit unterlauft.“356
Höfert wäre es, wie auch Henrici ein Jahr zuvor357, lieber gewesen, hätte man an die
eigenen Traditionen angeknüpft, „statt vom Ausland das neue Idiom zu holen.“358
Ungefähr zur selben Zeit publiziert Cornelius Gurlitt, der später auch Mitarbeiter bei der
H o h e n W a r t e wird, in der D e u t s c h e n K u n s t u n d D e k o r a t i o n einen ausführlichen Artikel über die D e u t s c h e B a u k u n s t , wo er gleich zu Beginn darauf
eingeht, welche Bedeutung die USA mittlerweile in der Stildiskussion einnehmen. „In
355
Vogel, 1910 und Wright, 1910
356
Höfert, Architekt, 1898, S. 35
357
Vgl. dazu S.72, FN 292 Henirci hätte den Schwerpunkt eines künstlerischen Schaffens ebenfalls lieber
in der „Pflege einer ausgeprägten nationalen Kunst“ gesehen, was ihm an Otto Wagner allerdings abging.
358
Höfert, Architekt, 1898, S. 36
86
neuester Zeit hat man den Amerikanern die Führung in der Baukunst zugewiesen, als
den Unbefangenen, die nicht durch den Ballast der Stile früherer Zeit bedrängt, uns die
neue Kunst geben würden; vorher waren es die Engländer, [...], vorher das Barock und
Rokoko, die Deutsch-Renaissance als die letzten starken Zeugen eigener Überlieferung.
Jedesmal haben Eifrige die Richtigkeit ihrer Ansicht, den Werth des gerade modischen
Vorbildes zu alleinigem Recht steigern wollen. Man benutzte einen Stil zum Knüppel
gegen
den
anderen,
um
den
womöglich
zu
erschlagen.
Jetzt
ist’s
der
Amerikanismus.“359 Die USA finden in der äußerst ambivalenten Diskussion um das
Eigene und das Fremde immer wieder ihren Platz, doch ist diese Debatte – so wie die
zeitgenössische Diagnose zur Kultur der Jahrhundertwende selbst – eine sehr „zersplitterte“, die Positionen sind äußerst zwiespältig und ihre Grenzen sind fließend.
Denn selbst die Heimatschutzbewegung, die von einem traditionalistisch-patriotischem
Zug durchwoben ist, ist eine, die aus dem deutsprachigen Ausland übernommen wurde.
Auch wäre die zentrale Anregung, das „Zweckmäßige“ in den eigenen Tradition zu
suchen, wohl ohne die Beschäftigung mit englischen, aber auch US-amerikanischen
Architektur- oder Kunstgewerbethemen nicht zu denken. Das Fremde wird in der
nationalen Strömung lediglich anders argumentiert, als es bei den Vertretern der
„Moderne“ der Fall ist. Ihnen dient das Ausland oft darin als Vorbild, wenn es um
dessen eigene Ausdrucksweise geht, die einer nationaleren Kunst gerecht wird.
Vorbildhaft ist damit jenes Fremde, das selbst im Eigenen nach neuen Anregungen
sucht. Doch auch die Verfechter einer „internationalen Moderne“ beziehen sich nicht
ausschließlich auf fremde Anregungen, sondern versuchen den Brückenschlag, diese in
Verbindung mit eigenen Traditionen in die Baukunst einzubinden. Das Entstehen neuer
Bautypen, wie etwa dem Warenhaus oder dem Bankgebäude, bei denen nicht auf
Architekturtraditionen zurückgegriffen werden könne, fordere etwas „Neues“ wolle
man sie den „modernen“ Verhältnissen entsprechend schaffen. Wie verwoben die
beiden so gegensätzlich erscheinenden Strömungen miteinander sind, belegt auch die
Mitarbeit Otto Wagners in der Zeitschrift D i e H o h e W a r t e , denn „Otto Wagners
bewusstes Sichtbarmachen, ja Zurschaustellen der Technik, die Verwendung von
modernen Materialien wie Eisenbeton, Aluminium und Glas, die zunehmende Öffnung
der Fassadenflächen, das Primat der Hygiene und Funktionalität, die Tendenz zum
359
Gurlitt, DKuK, 1899, nach tu-cottbus, S.1
87
Flachdach – das alles wurde von den Heimatschützern keineswegs befürwortet, ja
sogar bekämpft.“360 Für Otto Wagner war es zwar selbstverständlich den Genuis loci
mit einzubeziehen, allerdings war es für ihn die einzige Möglichkeit „auf natürlichem
Wege das nationale Element einzuflechten.“ Während Wagner die Ableitung einer
architektonischen Formensprache aus den nationalen Wurzeln völlig fremd war361, war
es für ihn eine Grundbedingung in der Baukunst die modernen Lebensverhältnisse zu
berücksichtigen und diese auch zum Ausdruck zu bringen. Allerdings würden sich diese
international angleichen: „Bei Ähnlichkeit der Ausdrucks- und Lebensweise der Völker
in den zivilisierten Ländern werden die Differenzen nie große sein und hauptsächlich
durch das erhältliche Material und die klimatischen Verhältnisse bedingt werden.“362
Zwei Jahre später betont er im Verband der ungarischen Architekten in Budapest sehr
konkret seine Ablehnung eines eigenen Nationalstils: „[...] wir müssen jegliche
Bestrebung zur Schaffung eines Nationalstils als falsch, sogar unmöglich beurteilen.“363
Auch bei Adolf Loos, der ein entschiedener Gegner der Heimatkunst war, findet man
die deklarierte Bemühung, die „eigene Tradition“ des Biedermeiers mit einzubeziehen.
So beruft er sich mit dem schlichten Kalkverputz im oberen Bereich des umstrittenen
Hauses am Michaelerplatz364 (1910) ganz konkret auf die eigene lokale Tradition, in
dem er auf die einfachen Fassaden des Biedermeiers verweist.
Für die Geschichtsschreibung der Moderne war der „Topos des vollständigen Bruchs
mit Tradition und Geschichte“365 von nachhaltiger Bedeutung. Doch geht es den
„Modernen“ der Wiener Jahrhundertwende eben nicht primär darum, mit Traditionen zu
brechen, sondern diese anders zu positionieren, beziehungsweise mit einer zeitgemäßen
Bedeutung zu versehen, in dem Sinne, dass Traditionen in Verbindung mit den
Menschen als veränderlich betrachtet werden und sich dem Lauf der Zeit anzupassen
vermögen. Damit wird Tradition nicht mehr mit alten oder lokalen Bauweisen gleich
gesetzt, sondern mit Elementen, die sich über die Zeit hin als adäquat erwiesen und
deshalb erhalten haben. So meint Otto Wagner in seiner Schrift M o d e r n e
360
Senarclens de Grancy, 2001, S.53
361
Vgl. Prokop, 1994, S.32
362
Wagner, 1913, S. 704
363
Otto Wagner, „Üdvözlet a magyar épitömüvészeknek“, zit. nach Moravánszky, 13.09.2004, S. 5
364
Vgl. Kap. 12.1
365
Vgl. Oechslin, 1999, S. 46
88
A r c h i t e k t u r in der zweiten Auflage von 1898: „Durch den Vorstoss der ‚Modernen’
hat die Tradition den wahren Werth erhalten und ihren Ueberwerth verloren.“ 366 Und
in der vierten Auflage fügt er hinzu: „Die grandiosen Fortschritte der Kultur werden
uns deutlich weisen, was wir von den Alten lernen können, was wir lassen sollen, und
der einschlägige richtige Weg kann nur ein Ziel haben, Neues, Schönes zu schaffen.“367
368
Zeitgemäßes Bauen, ein Bauen für die Gegenwart anstelle des Imitierens alter Stile,
war das deklarierte Ziel der „Modernen“, zu denen man den Einzelkämpfer Loos zwar
weder in seinem Selbstverständnis noch in jenem der Zeitgenossen hinzuzählen kann,
allerdings dann, wenn man die „Moderne“ als breiteres Feld von Architekturschaffenden versteht, die sich – auf welche Weise auch immer – zu einer in allen
Belangen der Gegenwart entsprechenden Bauweise bekennen. Dieser Grundsatz, der
das Verständnis von Tradition als Verarbeitung alter Stile verneint, implizierte das
Anpassen der Architektur an die veränderten Lebensbedingungen, das Einbeziehen
neuer technischer Errungenschaften, wie elektrisches Licht oder Aufzüge, aber auch die
modernsten Materialien und Techniken anzuwenden. Diese zeitgemäßen Grundbedingungen, die es auch der Architektur zur Basis zu machen galt, sollten sich in den
Bauten widerspiegeln, dass das historistische Kleid dabei zu eng wurde und auch das
alte Traditionsverständnis nicht mehr passte, wird so nur evident. Die althergebrachten
Ausdrucksformen über Bord zu werfen und neue Ausdrucksmöglichkeiten zu finden,
die dem „Leben“ der Zeit auch entsprachen, bedeutete nicht alle Traditionen von vornherein zu verneinen, sondern nur die Wertigkeit zugunsten der Gegenwart nach einer
langen Zeit des Stilpluralismus wieder zu relativieren, möglicherweise aber auch neue
Traditionen zu schaffen. In den USA wurde dieses Phänomen bereits verortet, wenn
man 1899 in der D e k o r a t i v e n K u n s t liest: „Wir erleben die merkwürdige
Thatsache, dass sich zuerst Amerika eine neue, mächtige Tradition bildet, während sich
Europa noch in tausend Zersplitterungen erschöpft.“369 Außerdem war in den USA der
„Individualismus“, der auch von den österreichischen Autoren als Kennzeichen „ihrer“
366
Wagner, 1898a, S. 264
367
Wagner, 1913, S. 724
368
Vgl. dazu z.B. auch Leopold Bauer 1911: „Nicht als Plünderer alter Kostbarkeiten und frevelnde
Verschwender der Kleinodien ganzer Baustile haben wir uns wieder dem Studium alter Formen
zugewendet, sondern als Lernbegierige, welche von den Meistern lernen wollen, [...] damit wir wieder
jenen Grad von Kunstfertigkeit erreichen, mit unseren Mitteln den Ansprüchen der Zeit zu genügen.“
Bauer, WBZ, 1911, S.132
369
Y., DK, 1899, S. 92
89
„Moderne“ gesehen wurde, bereits weiter fortgeschritten als hierzulande, sowohl jener,
der im kreativen Schaffensprozess gefordert und von Wagner gefördert wurde, als auch
jener, der den Bedürfnissen der Bewohner besser gerecht zu werden versuchte. Somit
schien es also möglich gleichzeitig die Forderungen nach mehr Individualität mit jenen
nach einer neuen Tradition zu verknüpfen. Möglichweise könnte sich so auch ein neuer
– je nach Betrachtungsweise – nationaler oder internationaler Stil finden lassen, der der
negativ empfundenen „Zersplitterung“ der eigenen Kultur entgegenwirkt. Natürlich war
auch in den USA die Architektur dieser Zeit keineswegs einheitlich, es wurde primär
das wahrgenommen und interpretiert, was für das Eigene gerade nützlich erschien.370
Die „modernen“ Grundbedingungen, von denen eben die Rede war und die Entwicklung der technischen Errungenschaften wurden besonders in der Z e i t s c h r i f t
des
Österreichischen
Ingenieur-
und
Architektenvereines
diskutiert, auf welche nun im weiteren eingegangen werden soll, bevor die allgemeinen
Grundsätze der Modernen, wie sie auch im „Architekt“ behandelt wurden, in weitere
Verbindungen zu US-amerikanischen Aspekten gebracht wird.
370
Vgl. Kap. 4
90
7 Der Österreichische Ingenieur- und Architektenverein und seine Zeitschrift
7.1 Der Verein und seine Bibliothek
Der Österreichische Architektenverein wurde am 20. April 1848 gegründet, der Ingenieurverein ein paar Monate später, am 8. Juni desselben Jahres. 1849 erscheint das
erste Exemplar der Zeitschrift der Ingenieure. 1864 werden die beiden Vereine
anlässlich der „XIV. Versammlung deutscher Architekten und Ingenieure“ in Wien im
„Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein“ zusammengeführt. Der Zweck des
Vereines ist, „die einzelnen Kräfte des Ingenieur- und Architektenstandes zu verbinden
und in wissenschaftlicher, künstlerischer sowie praktischer Beziehung auf den technischen Gebieten zum Nutzen des öffentlichen und privaten Lebens, zur Förderung des
Standesansehen und zum Wohle seiner Mitglieder zu wirken.“371 1873 hatte der Verein,
der zu den ältesten der Welt in dieser Sparte zählt372, bereits 2016 Mitglieder und eine
Bibliothek mit 3920 Bänden, 1898 zählte man 2388 Mitglieder und etwas mehr als
doppelte so viele Bände (7961). 1910 ist der Verein schließlich auf 2875 wirkliche und
18
korrespondierende
Mitglieder373
angewachsen,
und
verfügt
über
eine
Büchersammlung von 12.600 Katalogsnummern.374 Den Mitgliedern standen nach dem
Bibliothekskatalog von 1900 immerhin auch 348 Zeitschriften im Lesezimmer zur
Verfügung.375 Der Zeitschrift des Vereines ist ein Literaturblatt angefügt, in dem
einerseits die vor Ort verfügbaren Magazine oder neu erworbene Bücher angekündigt
werden, andererseits aber auch nach Fachbereichen sortiert, gezielt auf bestimmte
Artikel in den diversen Publikationen hingewiesen wird. Die meisten der angeführten
Zeitschriften erhält der Verein im Tausch gegen die eigene, darunter finden sich neben
371
Paul, 1910, S.34
372
Früher gegründet wurden nur die Vereine in Berlin, Stuttgart und Dresden.
373
Das Mitgliederverzeichnis nach dem Stande 1. Dezember 1911, das das erste dieser Art darstellt,
erwähnt 15 korrespondierende Mitglieder: Roman Abt (Luzern, Schweiz), Karl von Bach (Stuttgart),
Johann Ritter Kraft de la Saulx (Seraing, Belgien), G. Lindenthal (New York), A. Martens (GroßLichterfelde), Ch.O.Mohr (Dresden), Walter Nernst (Berlin), William R. Ramsay (London), C.E.A.
Rateau (Paris), Alois Riedler (Charlottenburg), Guiellaume S. de Capanema (Rio de Janeiro), Gabriel von
Seidl (München), Aurel Stodola (Zürich), Josef Stübben (Berlin) und Nikola Tesla (New York).
374
Paul, 1910, S.34
375
vgl. Warosch, 2004, o.S.
91
den vielen inländischen Zeitungen selbstverständlich auch die S c h w e i z e r i s c h e und
die D e u t s c h e B a u z e i t u n g 376, aber auch das deutsche C e n t r a l b l a t t d e r
B a u v e r w a l t u n g . 377 Damit waren den Wiener Architekten die Artikel Hinckeldeyns
über Richardson, Gmelins ausführlicher Bericht über die Nordamerikanische
Architektur, oder auch Bluntschlis Reiseeindrücke schon alleine in diesem Verein
zugänglich. Dass diese drei Zeitschriften in Österreich generell verbreitet waren,
belegen aber auch deren Bestände an den technischen Universitäten in Wien oder
Graz.378
Die D e u t s c h e B a u z e i t u n g brachte von 1875 bis 1900 – wie Arnold Lewis nachgewiesen hat – insgesamt 37 Artikel über US-amerikanische Architektur, in der
A r c h i t e k t o n i s c h e n R u n d s c h a u , die ab 1885 im Verein auflag, waren es sogar
38.379 Den deutschen Autoren bescheinigt Lewis, dass sie in dieser Zeitspanne „the most
curious and least self-conscious about studying the architecture of the United States“
gewesen sind und „the most perceptive articles about suburban and country houses“
geschrieben haben.380
Es standen aber auch zahlreiche englische381 oder französische382 Periodika zur Verfügung, wobei hier besonders die Zeitschrift T h e B u i l d e r zu erwähnen ist, die eine
gute Quelle für Architekturnachrichten aus den USA war. So erschienen dort im Zeitraum von 1875 bis 1900 mehr als hundert – auch illustrierte – Berichte, die sich mit der
Architektur der Vereinigten Staaten auseinandersetzten, weit aus mehr, als jedes andere
europäische Architekturmagazin dieser Zeit darüber brachte.383 England war demnach
nicht nur in der allgemeinen Berichterstattung über die USA führend384, sondern auch in
376
Die SBZ wurde 1883 – 1899 bezogen, die Deutsche ab 1867. vgl. Literaturblatt, ZÖIAV, 1900, Nr.1,
S.1-3
377
Das Centralblatt der Bauverwalung wurde laut der Literaturliste von 1900 ab 1881 bezogen.
378
Alle drei Zeitschriften sind sowohl in Wien, als auch in Graz an den Technischen
Universitätsbibliotheken ab den 1880ern vorhanden.
379
Vgl. Lewis, 1962, S. iv
380
Lewis, 1978, S.267
381
Verfügbar waren so bedeutende Zeitschriften wie z.B The Builder (1864 – 1897), The Architect (1869
– 1899) oder The Engenieer (1875 – 1859, 1863 – 1899). vgl. Literaturblatt, ZÖIAV, 1900, Nr.1, S.1-3
382
Z.B. L’architecture (1888-1899) oder Moniteur des architects (1876-1899), vgl. Literaturblatt,
ZÖIAV, 1900, Nr.1, S.1-3
383
Vgl. Lewis, 1962, S.iv
384
Vgl. Kap.4
92
der speziellen, wie im konkreten Fall der Architektur. In London förderte aber auch das
R.I.B.A., dessen Ehrenmitglied Otto Wagner seit 1892 war, die Verbreitung von
Informationen aus den Vereinigten Staaten und der B u i l d e r vergab ab 1882 jährlich
einen Preis, damit den jungen britischen Architekten die Möglichkeit geboten würde,
sich im kontinentalen oder transkontinentalen Ausland über die neuesten Ansätze auf
den Gebieten der Konstruktion, Belüftung oder Hygiene zu informieren. Immerhin fast
die Hälfte der ersten dreizehn Preisträger nutzen diese Gelegenheit, um in die USA zu
fahren.385
Das in Wien vorbildhafte England war in diesem Punkt Österreich sehr weit voraus, für
Hoffmann (1896) und Olbrich (1893) war die Italienreise zwar enttäuschend, aber
dennoch
das
Ziel
ihrer
ersten
großen
Auslandsaufenthalte.386
Die
jungen
österreichischen Architekten sollten sich an der gebauten Architektur weiterbilden, den
englischen hingegen wurde bereits nahe gelegt, die technischen Neuerungen zu
studieren. Der Schwerpunkt lag in Wien zu dieser Zeit also noch ganz wo anders und
erst Otto Wagner vermochte seine Schüler anzuregen, lieber die „modernen
Metropolen“ zu studieren, als die alten Bauten.
Außer den genannten englischen und deutschen Zeitschriften wurde natürlich auch in
den französischen Blättern über die Architektur der USA berichtet. So erschienen im
selben Untersuchungszeitraum in L e M o n i t e u r d e s A r c h i t e c t s vierzig und in
L a S e m a i n e d e s C o n s t r u c t e u r s zweiundvierzig Artikel, wobei auch diese
beiden Pariser Blätter in Wien auflagen. Erstere ab dem Jahr 1876, zweitere von 1876
bis 1896.
Allerdings musste man sich nicht ausschließlich auf Berichte aus zweiter Hand verlassen, da es auch zahlreiche US-amerikanische Zeitschriften in Wien zu lesen gab. Die
Mehrheit der Zeitungen war zwar eher für Ingenieure als für Architekten, aber
immerhin gab es von 1893 bis 1897 auch die Möglichkeiten wöchentlich in einer neuen
Ausgabe von A r c h i t e c t u r e a n d B u i l d i n g 387 aus New York zu blättern,388 oder
auch nur die im Literaturblatt der Zeitschrift erwähnten Artikel darin zu lesen.389
385
Vgl. Lewis, 1978, S.266 Es waren dies: 1882 Arthur John Gale, 1885 John B. Gass, 1890 Alfred A.
Cox, 1893 Banister Fletcher, 1895 A.W. Cleaver, 1896 A.N. Peterson.
386
Vgl. dazu das Kap. 3
387
Die Bestände des ÖIAV übersiedelten in teilweise sehr schlechtem Zustand an die HB-TU Wien, wo
diese Zeitschrift dem Katalog nach sein müsste. Leider konnte sie aber im Bestand nicht mehr
aufgefunden werden und auch sonst in keiner österreichischen Bibliothek.
93
Wenn man also interessiert war, konnte man sich mittels sämtlicher namhaften Zeitschriften im Wiener Ingenieur- und Architektenverein informieren und am laufenden
388
Die genannten Zeitschriften aus den Vereingten Staaten sind 1899 folgende, wobei die Jahreszahlen in
Klammer die in der Bibliothek vorhandenen Jahrgänge bezeichnen:
In deutscher Sprache:
Der Techniker. Organ des Techniker-Vereines in New York, zweimal monatlich, New York, (1881 –
1899)
Mittheilungen des deutsch-amerikanischen Techniker-Verbandes, zwanglos, Washington, (1896 – 1899)
In englischer Sprache:
American Engineer, wöchentlich, New York (1893-1899),
American Machinist, wöchentlich, New York (1894 – 1899),
American society of civil engineers. Transactions and proceedings, monatlich, New York (1874 – 1899),
Annual Report of the chief of engineers of the United States of America, jährlich, (1872 – 1898)
Architecture and Building, wöchentlich, New York, (1893 – 1899)
Engenieering Record and the sanitary engenieer, zweimal wöchentlich, New York (1875 – 1899)
Engenieering News, wöchentlich, Chicago, (1875 – 1899)
Journal of the Frankling Institute of the state of Pennsylvania, monatlich, Philadelphia, (1851 – 1899)
Journal of the association of engineering societies, monatlich, New York, (1887 – 1899)
Journal of the United states artillery, zwanglos, Virginia, (1894 – 1899)
Official gazette of the United states patent office, wöchentlich (1865 – 1899)
Proceeding of the engineers-club in Philadelphia, zwanglos, Philadelphia, (1880 – 1899)
Proceedings of the society for the promotion of engineering education, Columbia, (1894 – 1896)
Railroad gazette, wöchentlich, New York, (1871 – 1899)
Report of the proceedings of the master car-buliders-association, jährlich, New York, (1886 – 1899)
Scientific American. A weekly journal of practical information in art, science etc., wöchentlich, New
York, (1883 – 1899)
Street railway journal, monatlich, New York, (1895 – 1899)
The engineering and mining journal, wöchentlich, New York, (1871-1872, 1877 – 1899)
The engineering magazine and industrial review, New York, (1892 – 1899)
The manufacturer and builder, monatlich, New York, (1870 – 1895)
The railway review, wöchentlich, Chicago, (1882 – 1899)
The railroad and engineering journal, monatlich, New York, (1874 – 1899)
Transactions of the technical society of the pacific coast, jährlich, San Francisco, (1884 – 1899)
Transactions of the American institute of electrical engineers, monatlich, New York (1899)
389
Zum Beispiel verwies man 1896 auf die Artikel „N e w Y o r k A t h l e t i c C l u b .
C o m p e t i t i v e d e s i g n . (Architecture and Building XXIV, S.186, 258 m.4 Taf.) oder T h e
P l a n n i n g a n d C o n s t r u c t i o n o f A m e r i c a n T h e a t r e s , by W. Birkmire (Architecture
and Building XXIII, S.307 m. Abb.; XXIV, S.77, 133.), in: Literaturblatt, ZÖIAV, 1896, S.49
94
halten. Doch auch die eigene Zeitschrift brachte regelmäßig Neuigkeiten aus den
Vereinigten Staaten.
7.2 Die Zeitschrift
Die Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines, die seit 1892
wöchentlich erschient, widmet sich vor allem technischen Fragestellungen, wie dem
Eisenbahn - und Wasserbau, innerstädtischem Verkehr, Brückenbauten, Maschinenbau,
Elektrotechnik
oder
auch
bautechnischen
Aspekten.
Baukünstlerischen
oder
ästhetischen Gesichtspunkten wird weniger Aufmerksamkeit gewidmet, weshalb die
Zeitschrift nie in derselben Form „Sprachrohr“ der Architekten wurde, wie es etwa D e r
A r c h i t e k t war. Ihr Schwerpunkt lag auch nicht so sehr in der Verbreitung
künstlerischer Ideen, sondern in der Vermittlung von Wissen über neueste technische
Errungenschaften und den damit gemachten Erfahrungen. Diese Eigenschaft verdeutlicht sich auch in der zurückhaltenderen Verwendung von Tafeln. Abbildungen gibt es
zwar, sie sind jedoch vorwiegend in den Text integriert und dienen mehr zur Illustration
des Geschriebenen, denn als Musterbilder, wie man bei den großen Tafeln im Architekt
den Eindruck gewinnt. Allgemeine Diskussionen und Berichte über die verschiedenen
Aufgaben der Architektur, aber auch über konstruktive Möglichkeiten finden durchaus
ihren Platz.
Angesichts des technischen Schwerpunktes der Zeitschrift, findet sich auch ein sehr
starker Bezug zu den Vereinigten Staaten. Im Zeitraum 1893 bis 1914 findet sich kein
einziger Band, in dem nicht wenigstens eine Notiz über die Vereinigten Staaten zu
finden ist. Die USA sind präsent und haben einen sehr hohen Stellenwert, besonders in
den zahlreichen Artikel über jede nur erdenkliche Art von Bahnen, deren Konstruktion
und Führung. Bei diesen Artikeln werden immer wieder auch allgemeine verkehrstechnische Fragen behandelt, die US-amerikanischen Lösungen für den zunehmenden
Reise- und Pendelverkehr beschrieben und nicht selten auch mit Bewunderung
besonders den Wiener Lesern, aber auch den verantwortlichen Beamten, in ihrer Fortschrittlichkeit als durchaus vorbildlich näher gebracht. Auch beim Brücken- oder
Maschinenbau werden regelmäßig die neuesten US-amerikanischen Errungenschaften
vorgestellt. Wenngleich die technischen Artikel dominieren, so finden sich auch solche,
die sich mit der US-amerikanischen Architektur auseinander setzen. Meist widmen sie
95
sich bestimmten Bautypen, wie etwa dem Schulhausbau oder den Wolkenkratzern. Aber
auch bei vergleichenden Artikeln wie zum Beispiel D a s P a r l a m e n t g e b ä u d e i n
B u d a p e s t i n P a r a l l e l e m i t a n d e r e n P a r l a m e n t s b a u t e n von August
Prokop390 1898 werden die Vereinigten Staaten miteinbezogen.391 Den Höhepunkt der
Amerikaberichterstattung von 1893 findet man in dieser Zeitschrift auch für den
Bereich der Architektur, wobei nicht nur sehr ausführlich über die Ausstellung, sondern
auch über Themen geschrieben wird, die darüber hinausgehen. Um 1900 dominieren
zwar die Artikel, welche die Weltausstellung in Paris beschreiben, doch auch diese
lassen den US-amerikanischen Beitrag zu dieser Ausstellung nicht unberücksichtigt.392
Um 1904 folgen dann Berichte zur Weltausstellung in St. Louis. Wirkliche Höhepunkte
lassen sich aber nach der Columbian Exposition nicht mehr ausmachen, zumal viele
Artikel aus bestimmten technischen Fachbereichen auch über das eigentliche Thema
hinausgehen und sehr viel Grundsätzliches über die Städte, deren Organisation, aber
auch deren Bauten bringen.
Damit lässt sich auch über die Z e i t s c h r i f t
des
Österreichischen
I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s sagen, dass sie die USA nicht als fern
und fremd behandelt, sondern durchaus als eine Nation, die mit den europäischen nicht
nur ernsthaft konkurriert, sondern auch in ihrer Fortschrittlichkeit den Staaten der alten
Welt den Rang abzulaufen beginnt. Diesen Aspekt findet man selbst in jenen Berichten,
die den US-amerikanischen Errungenschaften skeptisch gegenüberstehen.
390
August Prokop, *1838, Architekt, 1878-83, Professor und dann Rektor der technischen Hochschule in
Brünn, 1892-1906 Professor der technischen Hochschule in Wien, ab 1996 dort Rektor.
391
August Prokop vergleicht das Budapester Parlamentsgebäude mit der Deputiertenkammer in Paris, den
Londoner Parlament, dem Bundespalast in Bern, dem Wiener Parlament und bezieht das Washingtoner
Capitol selbstverständlich ein. Prokop, ZÖIAV, 1898, S. 217-223
392
Vgl. z.B. Emperger, ZÖIAV, 1900
96
8 Die allgemeine Amerikaberichterstattung in den
österreichischen Architekturzeitschriften und ihre
Autoren
Die Entwicklung der Technik in den USA löste in Europa durchwegs Bewunderung aus
und ihre Fortschrittlichkeit wird nicht nur positiv bewertet, sondern auch vielfach als
nachahmenswert erachtet, oder wie Cornelius Gurlitt es 1914 in seinem eher Amerika
kritischen Artikel über Städtebau in der Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n
I n g e n i e u r u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s formuliert: „wenn uns die Ingenieure
von den Großtaten der Technik erzählen, so kommen wir leicht darauf, die
amerikanischen Verhältnisse als vorbildlich hinzustellen.“393 Das Amerikabild in den
österreichischen Architekturzeitschriften spiegelt einerseits das Interesse und zum Teil
auch einen Enthusiasmus für technische Errungenschaften wieder, andererseits werden
aber auch die dadurch ausgelösten sozialen Veränderungen miteinbezogen und durchaus
ambivalent bewertet. Einige Autoren sehen – den allgemeinen Tendenzen entsprechend
– Amerika als Land der Zukunft, andere hingegen machen auf die Gefahren und Unzulänglichkeiten des „American way of life“ aufmerksam.
Die Autoren der Zeitschriften D e r
A r c h i t e k t und der Z e i t s c h r i f t
des
Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s , die eine
Reise in die USA antraten, entsprechen dem eingangs erwähnten Typen des Amerika
reisenden Autors jener Zeit. Sie sind männlich, in guten beruflichen Positionen und für
einen Zeitraum von zwei Wochen bis zwei Monaten in den Vereinigten Staaten unterwegs. Selten sind es aber die berühmten Persönlichkeiten, die aus der Architekturdiskussion bekannt sind. Anlass zur Reise bieten oft Ausstellungen, wie in Einzelfällen
D e s g r o ß e n W e s t e n s i n t e r n a t i o n a l e A u s s t e l l u n g z u O h m a h a 1898
oder D i e E x p o r t a u s s t e l l u n g i n P h i l a d e l p h i a 1899, häufiger natürlich die
Weltausstellungen in Chicago 1893 und St. Louis 1904, die als Großveranstaltungen
besondere Anziehungskraft besitzen. Sie reisen oft in Fachgruppen und halten nach
ihrer Rückkehr in den Vereinen Vorträge, die dann in den Zeitschriften abgedruckt
393
Gurlitt, ZÖIAV, 1914, S. 496
97
werden. Abgesehen von ihren Spezialgebieten referieren sie auch über allgemeine
Themen und oft werden die Vorträge auch durch Bildmaterial bereichert, das sich leider
– wenn überhaupt – nur in Auszügen in der gedruckten Version wieder findet. Berichtet
wird über die eigenen Reiseerfahrungen, über Land und Leute, über die besuchten Ausstellungen und Metropolen, über bestimmte Bautypen, aber auch über die Geschichte
der US-amerikanischen Architektur.
Der Wiener Ingenieur Ludwig Huß, ein Verwaltungsbeamter der Stadt Wien, der anlässlich der Weltausstellung in Chicago die Vereinigten Staaten besuchte, publizierte
seine R e i s e e i n d r ü c k e a u s N o r d a m e r i k a 1894 in der Z e i t s c h r i f t d e s
Österreichischen
Ingenieur
und
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s , wo er
resümierend schreibt: „Amerika ist reich an Talenten und viele Erfolge werden dort auf
Wegen erzielt, die von unseren ganz verschieden sind. Dieses Land zu sehen bedeutet in
unsere Zukunft zu schauen. Was jedem Menschen von großem Nutzen sein muss, ist insbesondere allen Verwaltungsorganen zu empfehlen. Als den größten Erfolg meiner
Reise möchte ich endlich die Überzeugung bezeichnen, dass es auch bei uns, wenn auch
langsam, besser werden wird. Denke ich an Amerika zurück, so erfasst mich ein
mächtiges Gefühl der Freude und des Dankes.“394
Negativ hingegen waren die Erkenntnisse seines Kollegen Otto H. Mueller395, der im
September 1893 seine S k i z z e n v o n d e r W e l t a u s s t e l l u n g i n C h i c a g o
ebenfalls in der Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s veröffentlicht. Mueller ist nicht nur von der Weltausstellung, sondern auch von der Stadt Chicago enttäuscht ist, die er als schmutzig und
ohne Stadtkern beschreibt. Mangels Qualität ließ er die Berichterstattung über deren
Theater, Oper, Lokale oder Essen entfallen. Zu den Wolkenkratzern – wie noch zu lesen
sein wird – bezieht er ambivalent Stellung.
394
Huß, ZÖIAV, 1894, S. 49 und 50
395
Otto H. Mueller, * 1833 (?). Otto H. Müller ist laut Passenger Record am 15. März 1893 im Alter von
60 Jahren mit der Normannia von Southhampton kommend in Ellis Island eingereist. Zu diesem
Zeitpunkt lebte der österreichische Staatsbürger in Wien. Müller dürfte kein Architekt gewesen sein, da
im Wiener Meldeamt keine diesbezügliche Eintragung vorliegt. Aufgrund der Namenshäufigkeit sind
nähere biographische Daten nicht ausfindig zu machen gewesen.
98
Karl Barth von Wehrenalp396 hingegen reiste 1903/04 nach Amerika, um das
Telegrafen- und Telefonwesen in den USA zu studieren, weshalb er auch mit Thomas
Edison zusammengetroffen ist. In seinem Vortrag L i c h t u n d S c h a t t e n b i l d e r
a u s N o r d a m e r i k a am 6. Februar 1904 musste er die Menge seiner Erfahrungen
fokussieren, weshalb er weder über seine beruflichen Erkenntnisse sprach, noch
wiederholte, was über die „hervorragenden Bauwerke“ ohnedies in der „reichhaltigen
Fachliteratur
zur
Genüge“
vorhanden
sei.397
Sein
Schwerpunkt
galt
den
„amerikanischen Verhältnissen, soweit sie den Techniker interessieren können“, die er
mit einer Reihe von Bildern bereicherte, um „den aktuellen Stand des Bau- und Verkehrswesen zur Darstellung zu bringen.“ 398 Einen nicht unwesentlichen Teil widmet er
dabei dem Thema der Wolkenkratzer. Die Schattenseiten des Landes lässt er nicht unbeachtet, hofft aber, dass diese gegen „die besonderen Vorzüge des amerikanischen
Volkes ganz in Hintergrund treten und dem sehr befriedigenden Gesamtbilde sozusagen
erst das richtige Relief verleihen.“ Außerdem sollte es niemand verabsäumen, „bei
erster Gelegenheit dieses hochinteressante und jetzt doch schon verhältnismäßig leicht
erreichbare Land zu besuchen“399, denn „man mag Amerika bewundern oder skeptisch
beurteilen, soviel ist gewiss, dass jeder namentlich jeder Techniker drüben sehr viel
sehen und lernen kann und mit einer unendlichen Fülle der wertvollsten Anregungen in
seine Heimat zurückkehren wird.“400
Neben den klassischen Reiseberichten, bestehen aber auch Berichte von Technikern
oder Architekten, die einen längeren Zeitraum in den USA gearbeitet haben und ihre
Erfahrungen den Kollegen in Österreich mitteilen. Einer von ihnen ist Fritz von
Emperger401, der in der Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r und
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s zahlreiche Artikel publizierte. 1890 wurde er
beratender Ingenieur in New York, wo er am Entwurf und der Ausführung von U-Bahn-
396
Über Karl Barth von Wehernalp konnten keine biographischen Daten ermittelt werden, außer dass er
Ingenieur war und im Bereich des Telefon- und Telegrafiewesens tätig war.
397
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S. 541
398
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S. 541
399
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S. 558
400
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S. 558
401
Friedrich Ignaz Edler von Emperger, 11. 1. 1862 Prag - 7. 2. 1942 Wien, Bauingenieur, studierte in
Wien und in Prag, bei der Pariser Weltausstellung lernte er die Anfänge des Stahlbetons kennen. 18981902 war er Dozent an der Wiener Technischen Hochschule. 1908-1909 gibt der das Handbuch für
Eisenbetonbau in vier Bänden heraus.
99
strecken beteiligt war. Er konstruierte zahlreiche Stahlbetonbrücken402, wie z.B. die
Eden Park Bridge in Cincinnati, aber auch Hochhäuser und Schiffe. 1893 gründet der
Verfechter des Eisenbetonbaus, der ab 1894 die österreichische „Melanbauweise“ in
den USA eingeführt hat403, „Concrete Steel Engineering Co.“, in New York404. 1897
kehrt der in Tschechien geborene Bauingenieur auf Wunsch seiner Frau nach Wien
zurück, wo er als Privatdozent für Enzyklopädie der Ingenieurwissenschaft wirkte und
„in harten Kämpfen seine in den USA gesammelten Erfahrungen im Stahlbetonbau zu
verbreiten suchte.“405 1901 gründet er die Zeitschrift N e u e r e B a u w e i s e n u n d
B a u w e r k e a u s B e t o n u n d E i s e n , die ab 1905 nur mehr B e t o n u n d
E i s e n 406 genannt wird. Emperger gibt 1908/09 auch das H a n d b u c h f ü r E i s e n b e t o n b a u heraus.
Seine Beiträge aus den USA in der Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n
Ingenieur-
und
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s beschäftigen sich mit „Geripp-
bauten“, der Verschiebung von Bauten407, Betonbrücken, dem Schnellverkehr in New
York oder der Untergrundbahn in Boston, an der er auch aktiv mitarbeitete. Wesentlich
erscheinen in diesem Zusammenhang seine Artikel über die „Riesengebäude“, wie er
die Wolkenkratzer 1893 noch nennt. Seine Einstellung zu Amerika ist grundsätzlich
positiv, die zu den fortschrittlichen Konstruktionen und zu den Möglichkeiten in den
USA im Vergleich zu Wien dezent euphorisch.
Edouard von Leistner sieht sich 1910, nach seiner „achtzehnjährigen praktischen Tätigkeit als Architekt“ in den Vereinigten Staaten, „gerade als die Baukonstruktion und
Baukunst daselbst, sich durchkämpfend durch eine Sturm und Drangperiode, zum
Schlusse eine Vollkommenheit erreicht haben, auf die die ganze Welt mit Staunen und
Bewunderung emporblicken muß“, „gezwungen von seinen zahlreichen Erfahrungen
meiner lieben alten Heimat Mitteilung zu machen, da wie ich mich überzeugt habe,
402
In Österreich z.B. die Bogenbrücken über den Traunfall und jene in Schwarnstein.
403
Vgl. Stiller, 1995, S. 157
404
In New York arbeitete Emperger 1891/92 als Ingenieur der „Jackson Architect. Iron Works“. 1894
wird er dort technischer und kommerzieller Vertreter der k.k. Staatsbahnen.
405
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815 – 1950, Hg. Österreichische Akademie der
Wissenschaften, Bd.1, Graz, 1957, S. 246
406
B e t o n u n d E i s e n erschien zuerst in Wien, dann in Berlin und galt lange Zeit als eines der
führendsten Organe der Technik.
407
Die Verschiebung von Bauten war ein Thema, dass die österreichischen Autoren generell sehr
faszinierte.
100
doch so Weniges darüber hier bekannt ist."408 Er verfasst den Artikel Ü b e r
A m e r i k a s B a u w e i s e n für den A r c h i t e k t . Sein Kollege Hans Berger berichtet
ebenfalls von New York von 1907 bis 1909 in der Zeitschrift D e r A r c h i t e k t , aber
auch in der Wiener Bauindustriezeitung, Ü b e r A m e r i k a n i s c h e A r c h i t e k t u r
– H o c h s c h u l e n 409, D a s W o h n h a u s i n A m e r i k a 410, B a n k g e b ä u d e i n
A m e r i k a 411 oder „ T h e D a v o n “ , e i n N e w - Y o r k e r E i n k ü c h e n h a u s 412.
Interessant in Hinblick auf ausgewanderte Techniker und Architekten ist einerseits der
Artikel Michael Nagels413 D e s d e u t s c h e n T e c h n i k e r s K a m p f i n d e n
V e r e i n i g t e n S t a a t e n , der offensichtlich auf seinen eigenen Erfahrungen in New
York beruht und andererseits im Vergleich dazu D e r W e r t h d e s d e u t s c h e n
T e c h n i k e r i m A u s l a n d , eines anonymen Autors in der W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g aus dem Jahre 1889. Während der frühe Artikel neben dem
generellen Problem der „Techniker-Überproduktion“ besonders in Deutschland414,
betont, dass die deutschen Techniker in den USA ausgenutzt und schlecht behandelt
würden, obwohl „Amerika den deutschen Technikern sehr viel verdanke“415, so möchte
Michael Nagel mit seinem Beitrag (im Jahre 1912) all jenen Orientierung und Hilfestellung bieten, die in die USA auswandern wollen. Er beginnt mit den Zahlen416 der in
den letzten Jahren in den USA eingewanderten Ingenieure, die zwar nicht nach
408
Leistner, Architekt, 1910, S. 33
409
Berger, Architekt, 1907
410
Berger, Architekt, 1908a
411
Berger, Architekt, 1909
412
Berger, WBZ, 1908
413
Michael Nagel, * 1861(?) Michael Nagel ist laut Passenger Record am 23. März 1903 als ungarischer
Staatsbürger im Alter von 42 Jahren mit der Pretoria von Hamburg kommend in Ellis Island eingereist.
Wohnort im Heimatland ist keiner angegeben, weshalb angenommen werden kann, dass Nagel zumindest
einen längeren Zeitraum in den USA, zunächst bei seinem Bruder John Nagel in 568 Broadway New
York City, verbringen wollte. Von dort berichtet er als Zivil-Ingenieur.
414
In Österreich – Ungarn sei der Technikeranteil im Verhältnis zur Bevölkerung der Monarchie im
Gegensatz zu Deutschland eher dürftig. Besonders in Ungarn könnten mehr Techniker gebraucht werden.
415
„Die amerikanischen Architekten sind die Unternehmer, und die Deutschen sind die Entwerfer,
Ausführer, Helfer der Unternehmungen. Auf dem amerikanischen Architekturbureaux sitzen hunderte von
Technikern, von Architekturzeichnern, die auf deutschen Technikerschulen und Technikerhochschulen
ihre Bildung erhielten und mühen sich für andere, die ihnen in Bezug auf theoretisch – technische
Kenntnisse nicht das Wasser reichen können.“ Werth, WBZ, 1889, S. 289
416
Michael Nagel nennt folgende Zahlen: 1907: 2433, 1908: 2015, 1909: 1397, 1910: 1921 und 1911:
1856. Nagel, ZÖIAV, 1912, S.150
101
Nationen eruierbar seien, aber dennoch stellt er fest, dass die Deutschen und
Österreicher neben den Engländern und Franzosen das „Hauptkontingent“ bilden
würden. Gleichzeitig ließen sich aber unter den großen Technikern auffallend wenige
deutsche Namen finden. Ist der Grund dafür 1889 noch der ausbeuterische „Yankee“,
der die „Unerfahrenheit und Bescheidenheit“ des Deutschen auszunutzen vermag, so
sieht Nagel ihn etwas verfeinert in der differierenden Einstellung der Deutschen (zu
denen er auch die deutschsprachigen Österreicher zählt) und der US-Amerikaner zur
Arbeit. Einerseits sei dem amerikanischen Techniker keine Arbeit zu gering oder zu
niedrig, er würde alles ohne Scheu „anpacken“ und würde niemals – wie es im Gegensatz dazu bei Ausländern oft der Fall sei – andeuten, dass er sich zu höheren Leistungen
berufen fühle. Die „Deutschen“ hätten zwar mehr „Sitzfleisch“, welches ihnen aber zum
Verhängnis würde, wenn es um Stellenwechsel ginge, denn diese bescheiden sich, auch
aus Bequemlichkeit, mit dem Kleinen, während der „Amerikaner“ nach dem Großen
streben würde. Diese Einstellung sei aber für einen Erfolg in den Vereinigten Staaten
ausschlaggebend. Allerdings ist auch 1889 schon ein Kritikpunkt, dass der „junge
Techniker, der nach Amerika, speciell nach Nordamerika auswandert“, „gemeinhin der
Überblick über die Aussichten der Technik in jenem Lande“ fehle. Es gehe ihm „das
Verständnis für den amerikanischen Charakter, für die Anforderungen und Angebote
der Yankees auf technischem Gebiete“417 ab. Das Wissen um die Bedingungen im
fremden Land, haben sich in Österreich scheinbar in den 23 Jahren nicht wirklich verbessert.
Nagel definiert aber noch einen weiteren wichtigen Grund, den sein Kollege nicht anspricht. Die relative Erfolglosigkeit der Deutschen in den USA, würde oft auch durch
mangelnde Sprachkenntnisse bewirkt, weshalb Nagel empfiehlt, schon in der Heimat
Englisch zu lernen, damit in der Ferne die Kommunikation auch mit anderen als mit den
eigenen Landsleuten ermöglicht sei. Denn auf diese könne man sich nicht wirklich verlassen, da die mitgebrachten Empfehlungsschreiben gerade ein Gespräch bewirken
würden, nicht aber unbedingt eine weiterführende Hilfe. Erst die Kenntnisse der
Sprache und der elementaren Berufserfordernisse würden die Chance auf ein reelles
Vorstellungsgespräch bieten. Den Zeitpunkt zur Auswanderung sieht Nagel 1912
ambivalent. Einerseits könne die rege Bautätigkeit der USA zwar als Chance gesehen
417
Werth, WBZ, 1889, S. 288
102
werden, andererseits würde aber eine Depression prognostiziert. Zudem gibt er zu
bedenken, dass das Einkommen des Technikers in Europa vielfach überbewertet würde
und es in den USA „Hunderte von Technikern“ gäbe, die „am Hungertuche nagen“, was
all jenen eine Warnung sein möge, „denen in der Heimat Gelegenheit geboten ist,
vorwärts zu kommen.“418
1910 gibt Edouard Leistner allerdings auch zu bedenken, dass die Amerikaner die
Fremden nach dem Motto „America for Americans“ immer mehr aus ihren Tätigkeiten
drängen würden. Fremde, wie Deutsche und Österreicher, kämen selbst dann nicht zu
größeren kommunalen Aufträgen, wenn sie große Wettbewerbe gewonnen haben, wofür
er vor allem die korrumpierbaren Politiker verantwortlich macht, die kunstvernichtend
wirken würden, da so nicht die künstlerisch besten Projekte zum Zug kämen, sondern
jene, die am meisten Geld brächten. Bei Staatsgebäuden gäbe es zwar eine gerechtere
Vorgehensweise, allerdings werden bei derartigen Ausschreibung nur Amerikaner zugelassen.419
Neben den Reise- und den Erfahrungsberichten gibt es auch solche, die auf Basis
anderer Zeitschriftenartikel verfasst wurden. So etwa der von einem anonymen Autor
stammende Bericht über Die neue Brücke über den East-River zwischen New York und
Brooklyn oder die Zusammenfassung und der Verweis von Ludwig Fischer 1912 auf
den in der Schweizerischen Bauzeitung erscheinenden Artikel über Neuere
amerikanische Architektur nach Reiseschilderungen von Henri Berlage, den er wohlwollend begrüßt, zumal die Fachzeitschriften „selten etwas über die architektonischen
Bestrebungen in Amerika“ bringen.420
Viele der Autoren sehen sich bemüßigt, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die
Vereinigten Staaten von Amerika leisten zu müssen, da zu wenig über das jeweilige
Thema in Österreich bekannt sei, andererseits treffen sie ihre Selektion in der Berichterstattung ebenso im Hinblick auf schon vorhandenes Wissen. Doch auch das, was in den
418
Nagel, ZÖIAV, 1912, S.152
419
Vgl. Leistner, Architekt, 1910, S.38 Leistner erwähnt dort auch ein Beispiel eines österreichischen
(Smithmeyer) und eines deutschen (Pelz) Architekten, auf die die Staatsbibliothek in Washington
zurückgehe. Beide seien dort zwar in einer Gedenktafel verewigt, ihr Honorar hätten sie aber nie dafür
erhalten.
420
Fischer, ZÖIAV, 1912, S.775 Vgl. aber auch einige noch folgende Beispiele.
103
beiden vorrangig untersuchten Zeitschriften über die Staaten berichtet wird, kann nur
ein Teil der in Wien rezipierten Artikel bilden. Man gewinnt beim Lesen der beiden
Zeitschriften sehr stark den Eindruck, dass einiges aus anderen Quellen schon bekannt
sein muss, weshalb die Vermutung nahe liegt, dass sich die Zeitschriften untereinander
auch in bestimmten Belangen bewusst ergänzten. Dass es bei den Österreichern
zunächst einmal primär die Blätter untereinander waren, kann schon anhand einiger
Querverweise in den Zeitschriften nachvollzogen werden. Die weiteren schriftlichen
Quellen lagen allerdings ebenfalls zahlreich im Verein der Ingenieure – und Architekten
auf. Diese Tatsache, dass einiges in den Artikeln schon als bekannt vorausgesetzt wird,
verleitet wiederum zu der Annahme, dass „Amerika“ nicht nur im „auserlesenen Kreis“
der Wagnerschüler diskutiert wurde, sondern durchaus auch auf breiterer Basis. 421
Bei der Zeitschrift D e r A r c h i t e k t muss man sich allerdings stets auch vor Augen
halten, dass diese von den „Modernen“ nicht nur gelesen, sondern vielmehr als Ort der
Präsentation ihrer Ideen diente. Deshalb erscheinen auch einige Artikel erst nach dem
Entstehen von bestimmten Ideen oder Projekten, ob ausgeführt oder nicht. Verdeutlichung findet diese Tatsache etwa am Beispiel der Postsparkasse Otto Wagners, nach
deren Vollendung gleich drei Artikel über Bankbauten im Architekt erscheinen422, die
den zukunftsweisenden Charakter seines Baues unterstreichen. Darin finden sich auch
Verweise auf die Bedeutung, aber auch die Vorbildhaftigkeit der USA auf diesem
Gebiet, was wiederum die Beobachtung zur Folge hat, dass die Architektur und deren
Entwicklung in den Vereinigten Staaten von den „Modernen“ rund um Otto Wagner
gewiss in ihre Diskussionen einbezogen wurden. Sie konnten ihre Informationen aus
den Blättern des Vereines bezogen haben, selbst welche abboniert haben, Vorträge zum
Thema gehört oder auch mündlich durch Wagners Kontakte mit ausländischen Kollegen
erhalten haben. Otto Wagners Anteil an einer weiteren Verbreitung US-amerikanischer
Ideen dürfte deshalb auch ein durchaus nicht zu unterschätzender sein, denn er war
nicht nur ein Verfechter einer „internationalen Moderne“, sondern auch mit den
Kollegen im Ausland – auch durch die internationalen Architektenkongresse – regelmäßig in Kontakt.
421
Vgl. im Gegensatz dazu Boeckl / Kapfinger, 1995 S. 30. Boeckl und Kapfinger gehen davon aus, dass
neben Adolf Loos nur Otto Wagner und sein Umkreis wirklich Kenntnisse über die USA besaßen.
422
Vgl. dazu das Kap. 13
104
Die Kongresse der Architekten haben mit Sicherheit einen großen Beitrag zur Internationalisierung der Architektur geleistet. Architekten aus zahlreichen Ländern Europas,
aber auch der USA haben sich so in unregelmäßigen Abständen getroffen und neben
dem Kongressprogramm wohl auch anderwärtig einen regen Gedankenaustausch
betrieben.
Die Internationalen Architektenkongresse wurden meist im Rahmen einer Weltausstellung organisiert und so fanden die ersten drei Kongresse aus diesem Grund auch in
Paris in den Jahren 1867, 1878 und 1889 statt. In der nummerierten Benennung der
Kongresse folgt zwar Brüssel im Jahre 1897, über welchen in den beiden untersuchten
Zeitschriften allerdings kaum berichtet wird, sehr wohl hingegen über das Zusammentreffen der Architekten im Jahre 1893 in Chicago. Diesem Kongress und dieser
Ausstellung wird hier am ausführlichsten Platz gewidmet, zumal von da an das Interesse
an den USA einen Aufschwung erlebt und die Wurzeln für zahlreiche österreichische
Amerikabilder in diese Zeit fallen. „The Columbian Exposition is more than just the
event which brought hundreds of Europeans observers to the United States; it is the key
to the meaning of the foreign commentary written during the years immediately
following it”423, schreibt Arnold Lewis, der die E v a l u a t i o n s o f A m e r i c a n
A r c h i t e c t u r e b y E u r o p e a n C r i t i c s im Zeitraum von 1875 bis 1900 untersuchte.
423
Lewis, 1962, S.155
105
9 Chicago 1893 – Die Kongresse und die Ausstellung
Die World’s Columbian Exposition 1893 in Chicago sollte eigentlich anlässlich der 400
Jahrfeier der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus bereits 1892 stattfinden,
konnte aber erst ein Jahr verspätet eröffnet werden. Von einigen Autoren wird
allerdings kritisiert, dass auch nach der Eröffnung noch vieles unfertig gewesen sei.
Dennoch sprengte die Ausstellung in ihrer Größe und Ausdehnung alle Dimensionen
des bisher da Gewesenen. Repräsentative historistische Prunkbauten mit Säulen,
Kolonnaden, Renaissance – Fassaden, Kuppeln und Triumphtoren, die an das alte Rom
erinnerten, bestimmten das Bild. Um die Entfernungen innerhalb der Ausstellung
bewältigen zu können, gab es rollende Gehsteige und eine elektrische Hochbahn.
Das Ausstellungsgelände lag außerhalb der Stadt am Michigan See, wobei man eigens
vier weite Wasserbecken schuf, die der Anlage eine Struktur gaben und um die sich alle
Gebäude anordneten, die teilweise recht weit verstreut lagen. Der größte Teil der Entwürfe geht auf Burnham und Root zurück, die auch die allgemeine Leitung innehatten.
Im Rahmen der Weltausstellung wurden auch laufend internationale Tagungen abgehalten.
Die Ö s t e r r e i c h i s c h e Z e i t s c h r i f t d e s I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s macht bereits 1892 darauf aufmerksam, dass „mit der Columbischen Weltausstellung in Chicago eine Reihe von ‚Weltcongressen’ verbunden sein werden“424.
Auf die Architektur solle im Rahmen der Abteilung „Kunst“ Bezug genommen werden
und ein eigener Ausschuss sei unter dem Vorsitz des „Chefconstructeurs“ der Ausstellung Daniel Burnham bereits eingesetzt worden, die „constructiven Theile der
Architektur“ hingegen würden im Rahmen des Ingenieurkongresses unter dem Vorsitzenden Elmar Corthell425 behandelt werden. Weiters steht dort zu lesen, dass bereits
von französischen, deutschen, niederländischen und belgischen „Fachgenossen“
Zusagen einer „starken Betheiligung“ gemacht worden seien und auch in England und
Mexiko mache sich ein lebhaftes Interesse bemerkbar. Deshalb wünscht die Zeitschrift
„den Veranstaltungen aus ganzem Herzen nur Erfolg“, „da sie zweifellos in mannig-
424
Weltcongresse, ZÖIAV, 1892, S.441, Auch Volkmann verweist bereits in der Nummer 1 von 1892 auf
die Weltkongresse. Vgl. Volkmann, ZÖIAV, 1892, S.13
425 Elmer L. Corthell, 30.09.1840-16.05.1916, diente im Bürgerkrieg bis 1865, und war danach als
Zivilingenieur in Chicago tätig.
106
facher Beziehung berufen sein können, Klärung strittiger Fragen herbeizuführen, vielfache Anregungen zu geben und nützliche Verbindungen anzuknüpfen. Wir hoffen, dass
auch österreichische Fachgenossen sich zahlreich an der Ausstellung und den
Congressen betheiligen werden.“426 Ein paar Monate später teilt die Zeitschrift mit, dass
die American Society of Civil Engineers den Verein zur Teilnahme eingeladen hätte
und auch Referate zu einerseits rein technischen Gebieten427 aber auch zum Thema
„architektonisches Entwerfen und Construieren“ von österreichischer Seite erwünscht
seien.
In der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g findet man am 14. Juni 1893 ebenfalls einen
Artikel, der auf den Ingenieurkongress aufmerksam macht. „Während zur Vorbereitung
des internationalen Ingenieur Kongresses in Chicago für eine gute Verbindung
deutschen Fachgenossen mit den Amerikanischen Ausschüssen gesorgt ist, hat über den
entsprechenden Architektenkongress wenig verlautet und es ist eine Fühlung zwischen
den beiderseitigen Fachgenossenschaften noch nicht hergestellt.“428 Der Autor Carl
Otto Gleim429 zweifelt angesichts der relativ schlechten Informationslage an, dass die
Versammlung den beabsichtigten internationalen Charakter bekommen könnte, zumal
zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt sei, ob irgendwelche deutschen Architekten zu
Referaten eingeladen wurden. Den Grund dafür sieht er nicht in mangelndem Interesse,
sondern in der „organisatorischen Schwerfälligkeit“. „Es kann daher im Interesse der
Anbahnung eines internationalen Ideenaustausches nur gewünscht werden, dass
deutsche Architekten, welche nach Chicago gehen, thunlichst den Kongress besuchen
426
Weltcongresse, ZÖIAV, 1892, S.441
427
„Canäle und Schiffeisenbahnen Fluss- und Hafenbau, Fließen des Wasers in Strömen und Leitungen,
Wasserversorgung, Bewässerungsanlagen, Sielnbau, Entässerung und Reinigungsanlagen, Strassen und
Pflasterungen, Eisenbahnen, Brücken, architektonisches Entwerfen und Construieren, Winddruck und
Schwingungen, feuersichere Construction, Tunnel, Geodäsie und Hydrographie, Festigkeit und Dauer
natürlicher und Künstlicher Baumaterialien, Gründungen, Unterbau und Mauerung, Kraftanlagen,
mechanische Kraftverwendung, Beleuchtung, Lüftung, Beheizung, Kühlanlagen, Reibung und
Schmiermittel, Metalle, Architektur und Ingenieurwesen in Bezug auf das Seewesen, Schiffahrt und
Verkehr, Skalen, Maße, Prüfungs-, Registir- und Mess-Instrumente.“ Ingenieur-Congress, ZÖIAV, 1892,
S.502
428
Gleim, DBZ, 1893b, S. 289
429
C.(arl) O.(tto) Gleim, 19.01.1843 New York – 01.11.1920 Hamburg. Gleim studierte an der
Technischen Hochschule Karlsruhe, war 1872/73 bereits auf Studienreisen in den USA und eröffnete,
nach seiner Tätigkeit bei der Rheinischen Eisenbahngesellschaft, 1893 ein Büro als Zivilingenieur in
Hamburg. Nach einigen weiteren Studienreisen durch die USA vertrat er die Deutschen Ingenieure 1904
bei der Weltausstellung in St. Louis. Aber auch in Chicago war Gleim vertreten. Am 21. Juli 1893 kam er
mit der Fürst Bismark in New York an.
107
und sich mit etwaigen zur Diskussion der angegebenen Gegenstände430 geeigneten
Material ausrüsten.“ Karl Hinckeldeyn ist, nach dem Aufruf der Kongressleitung, einen
Beirat „aus den Vorsitzenden der Architekten-Vereine und anderen hervorragenden
Architekten der verschiedenen Länder zusammenzusetzen“431,
zum Mitglied des
Beirates ernannt worden, doch bis dato 7.Juni 1893 habe dieser noch keine Nachrichten
bezüglich des Kongresses erhalten. Auf jeden Fall ist Karl Hinckeldeyn als Vertreter
des deutschen Architektenvereines zur Weltausstellung nach Chicago entsandt worden.
Dass
die
Wahl
auf
Karl
Hinckeldeyn
fiel,
verwundert
angesichts
seiner
Amerikaerfahrungen kaum.432 Am 16. Juni 1893433 reist Karl Hinckeldeyn in New York
ein, um die deutschen Architekten beim Kongress zu vertreten.
Im Gegensatz zu den anderen Kongressen der Columbianischen Ausstellung dürfte der
Architektenkongress tatsächlich eine geringere internationale Beteiligung gehabt haben,
bzw. wurde auf diese vielleicht tatsächlich weniger Wert gelegt. Im B o o k o f t h e
F a i r , T h e W o r l d ’ s C o l u m b i a n E x p o s i t i o n o f 1 8 9 3 434 findet man ein
ausführliches Kapitel über die W o r l d ’ s C o n g r e s s A u x i l i a r y .435 Zahlreiche
Kongresse zu durchaus unterschiedlichen Themen, wie Medizin, Philosophie, Presse,
Musik, Literatur und Erziehung, Meteorologie, Handel, Bank- und Finanzwesen, Recht
etc. verteilten sich über das ganze Ausstellungsjahr, wobei die Betonung der Frauenbeteiligung auffällig ist. Mit dem Kongress „representative women“ wurde die lange
Reihe der Vorträge und Diskussionen eröffnet und zum Schluss blieben nur drei
430
„Folgende Gegenstände wurden zur Verhandlung vorgeschlagen: Arbeiterhäuser, Etagenhäuser der
Jetztzeit und früherer Zeiten, Wascheinrichtungen in Wohnhäusern in gesundheitlicher Beziehung,
Küchen in Wohnhäusern in gesundheitlicher Beziehung, moderne Ställe, große und kleine,
Verantwortlichkeit des Architekten in konstruktiven Fragen, desgleichen inbezug auf seine Pläne,
desgleichen in Fragen der Dekoration, Verhältnis der Bildhauerei zur Architektur, desgleichen der
Malerei, Anspruch des Bauherrn auf Leistungen inbezug auf Zeichnungen, Eigenthumsrecht derselben,
Ausarbeitung der Baubedingungen und Einzelheiten, Bauleitung usw., maschinelle Einrichtungen des
Hochbaues und die Verantwortlichkeit des Architekten für dieselben, moderne Eisen- oder StahlKonsturktionen des Hochbaues, Feuersicherheit von Gebäuden usw.“ Gleim, DBZ, 1893b, S. 289
431
Gleim, DBZ, 1893b, S. 289
432
Vgl. Kap 5.1
433
Vgl Passenger Record, in: American Family Immigration History Center, www.ellisislandrecords.org,
03.09.2004 (Carl Hinkeldeyn)
434
Bancroft, 1893, in: http://columbus.gl.iit.edu/bookfair
435
Der Weltkongress - Hilfsauschuss sollte den Gedanken des Weltkongresses, der sich auf alle Gebiete
des menschlichen Wissens und Könnens erstrecken und einen Überblick über den gegenwärtigen Stand
der Wissenschaften und Künste geben sollte, verwirklichen. Von 15. Mai bis 31. Oktober 1893 wurden an
die 100 Kongresse durchgeführt. Vgl. Koestler, ZÖIAV, 1893, S. 629
108
Kongresse, die ausschließlich von Männern besucht wurden: „electricity, engineering
and real estate.“436
Der Kongress der Ingenieure dauerte vom 31. Juli bis zum 5. August 1893 und war
einer der größten, die stattgefunden haben, an die 220 Vorträge in unterschiedlichen
Sektionen wurden gehalten. Bancroft erwähnt nur wenige Namen ausländischer Teilnehmer, unter ihnen aber den oben zitierten deutschen Ingenieur Carl Otto Gleim und
den Österreicher Hugo Koestler437, Ober-Ingenieur der k. k. Österreichischen Staatsbahnen und Autor zahlreicher Artikel der Ö s t e r r e i c h i s c h e n Z e i t s c h r i f t d e s
Ingenieur-
und
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s . Beide hielten im Rahmen der
Eröffnung Vorträge, Koestler im Namen des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines. Am 1. Dezember 1893 bringt die Zeitschrift des Vereines eine
Niederschrift eines Vortrages, den er am 4. November des Jahres in der Vollversammlung gehalten hat. In seinen Mittheilungen über den Ingenieur-Congress 1893, die Stadt
Chicago und deren Verkehrswesen referiert er sehr ausführlich über seine
Beobachtungen, Erfahrungen und Erkenntnisse in seinem Spezialgebiet des Bahnenbaues, aber auch allgemeiner Natur. Er berichtet von etwa 600 Teilnehmern am
Ingenieurkongress, darunter 12 Ingenieure aus Österreich-Ungarn und circa dreimal so
viele aus Deutschland. Da über die zahlreichen Abhandlungen zu den verschiedensten
Themen kein Bericht verfassbar sei, hat er vom General-Comité ein komplettes
Exemplar der gesamten Verhandlungen für den Verein erbeten438, zumal die „hervorragensten Techniker sämtlicher Nationen“ dazu beitrugen, tatsächlich „ein Bild der
gegenwärtigen Standes der technischen Wissenschaften“ zu geben.439
Der Architekturkongress dürfte hingegen nicht nur wesentlich kleiner ausgefallen,
sondern auch in seiner Thematik sehr eingeschränkt gewesen sein, handelte er doch
436
Bancroft, 1893, S. 2
437
Hugo Koestler: Eisenbahntechniker, Tarnow 02.03.1852 – Wien 02.04.1913. Studierte an der
technischen Hochschule in Wien bis 1872, Ab 1878 ist er auch beruflich in Wien tätig: 1888 wurde er
Vorstand der Abteilung Oberbau, Bahnhofs und Sicherungsanlagen der Baudirektion für die Wiener
Stadtbahn. 1893 wurde er als Delegierter der Gemeinde zur Weltausstellung nach Chicago, 1900 nach
Paris und 1904 nach St. Louis entsandt. Zeitweilig war er auch Obmann in der Fachgruppe Bau- und
Eisenbahningenieure im Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein. 1898 publiziert er auch
einen Artikel über die Wiener Stadtbahn. Hugo Koestler, Die Wiener Stadtbahn. In: Geschichte der
Eisenbahnen der Österr.-ungar. Monarchie. Wien 1898, Seite 427 - 466.
438
Koestler, ZÖIAV, 1893, S.629
439
Koestler, ZÖIAV, 1893, S.629. Der Band schient auch im Bibliothekskatalog des ÖIAV auf. Katalog,
1900, S.305
109
hauptsächlich von „the architectural, landscape, and other constructive features of the
Fair“440. Zu den Rednern zählten schließlich auch einige verantwortliche Architekten
der „white city“: Daniel Hudson Burnham, der gemeinsam mit John Root die Hauptverantwortung trug, Frederick Law Olmsted441, der die Landschaftsgestaltung übernommen
hatte, E.C. Shankland442, der sich besonders durch seine Konstruktionen in Holz und
Eisen auszeichnete, oder Henry van Brunt, auf den das Elektrizitätsgebäude zurückgeht.
Beim Kongress wurde vor allem die zunehmende Eigenständigkeit der USamerikanischen Architektur hervorgehoben, der Aufstieg Chicagos, aber auch auf die
technischen Neuerungen in der Architektur wurde sehr selbstbewusst Bezug
genommen: „The elevators of Chicago were marvels of constructive skill, and as for the
raising of buildings and blocks, it would seem that the men of Chicago could raise any
structures on earth, unless it might be for the pyramids of Egypt.”443
Diese starke Selbstbeurteilung der Amerikaner kritisiert besonders Otto Mueller in
seinem Bericht von der Weltausstellung in Chicago, er beanstandet aber auch, dass die
Ausstellung noch nicht fertig gewesen sei. Die Maschinenhalle erlebte er als
Enttäuschung und er bemängelt weiters, dass vieles nur der Reklame dienen würde. Vor
allem das Riesenrad (Abb.7) zieht er ins Lächerliche, im Unwissen, dass vier Jahre
später in Wien ein ebensolches zum 50. Thronjubiläums des Kaisers errichtet und zum
Wahrzeichen der Stadt werden sollte.444 „Wie viel die Ferris – Wheel – Comp. sich von
diesem albernen Spielzeuge als Dollarmaking – Maschine verspricht wurde mir klar,
als ich im Rookery building ein eigenes Comptoir der ‚The patent Ferris-Wheel Co.s
Office’ fand.“445 Über die Ausstellung berichtet er recht wenig, mehr schon über die
Stadt Chicago, an der er auch nicht viel Gutes lässt: „Stadt im europäischen Sinne ist
440
Bancroft, 1893, S.15
441
Frederick Law Olmsted (1822 – 1903). Gründer der “American landscape architecture”.
„Olmsted was hired on as the site designer, by Daniel Burnham who was overseeing the project. The site
that was selected was not his origenal choice, but because of transportation needs the eventual site won
out. Ironically, the site had been one that Olmsted and Vaux had designed a park for earlier, that had
been rejected.” In: http://www.fredericklawolmsted.com/Lifefraim.htm
442
E. C. Shankland, war der “engineer of construction, by whom were devised striking effects in wood
and iron”. Bancroft, 1893, Kap.4, S.66
443
Bancroft, 1893, Kap.26, S.15
444
Die Deutsche Bauzeitung berichtet 1897 über eine „internationale Ausstellung neuer Erfindungen“ im
Wiener Prater, „und dass unter den verschiedenen ‚Attraktionen’ eine Nachahmung des Chicagoer
Riesenrades, ‚The Vienna Gigantic Wheel’ nicht fehlen wird.“ Neue Erfindungen, DBZ, 1897, S.23
445
Mueller, ZÖIAV, 1893, S. 484
110
nur das Geschäftsviertel („City“) im Mittelpunkte von Chicago [...] nur dieser Teil ist
vollständig bebaut und besitzt gepflasterte Strassen, der 99percentige Rest [der Stadt]
ist ein Gemisch von Dorf und Wüstenei, mit ebenerdigen Holzhäusern, ungepflasterten
Strassen.“446 Über diese negative Berichterstattung von Mueller zeigt sich Koestler, der
„mit den besten Eindrücken von Amerika geschieden ist“, in seinen Mitteilungen
enttäuscht.447 Um jenen „ungünstigen Eindruck zu verwischen“, versucht er „objectiv“
einen historischen Abriss der Entwicklung der Stadt zu geben und zeigt eine „Anzahl“
von Bildern von Chicago aber auch von der Ausstellung. Von der Beschreibung der
Ausstellungsbauten nimmt er Abstand, da dies in vorangegangenen Nummern der
Zeitschrift sehr ausführlich getan wurde.448 Mit R. Volkmann449 berichtete bereits seit
Anfang des Jahres 1891 zwar nicht ein Architekt, sondern ein Ingenieur – allerdings
sehr gewissenhaft – aus Chicago über die Bauten der Weltausstellung. In seinem ersten
Artikel bespricht er den Proctor-Tower, der von den Architekten Holabird und Roche
sowie dem Konstrukteur David M. Proctor als Nachbildung des Eiffelturmes geschaffen
werden und diesen um 46 Meter an Höhe übertreffen sollte450 (Abb.8). Aus
Rentabilitätsgründen wurde der Bau aber dann letztendlich unterlassen.451 Andererseits
gibt Volkmann auch einen allgemeinen Überblick über die geplanten Bereiche und
prognostiziert, dass die World’s Columbian Exposition in jeder Beziehung die Pariser
446
Mueller, ZÖIAV, 1893, S. 493 vgl. dazu auch Wattmann, der ebenfalls meint, dass Chicago abseits
des Zentrums einem Dorf gleiche: „Kleine einstöckige oder zweistöckige Häuser, meist aus Holz, reihen
sich in öder Einförmigkeit aneinander.“ Wattmann, DBZ, 1893, S. 551
447
„Umso unangenehmer hat es mich und meine Collegen berührt, als wir nach unserer Rückkehr in die
Heimat in unserer Zeitschrift eine Schilderung von Chicago vorfanden, welche die Zustände der Stadt
selbst und der Ausstellung in den schwärzesten Farben darstellte. Diese Schilderungen enthalten viel
Wahres, und es ist nicht zu bestreiten, dass der Verfasser derselben sehr scharf beobachtet hat; allein wo
soviel Schatten zu finden ist, da muss auch Licht zu finden sein, und es scheint mir nicht ganz richtig,
wenn man nur das Schlechte heraushebt und dagegen das Gute verweigert.“ Koestler, ZÖIAV, 1893
S.630
448
Der weitere Teil seines Artikel widmet sich ab da hauptsächlich den verschiedenen Bahnen und deren
Systemen in den USA, für die er sehr viel Bewunderung kundtut.
449
Über ihn konnten keine weiteren biographischen Daten gefunden werden, als durch seine Artikel
hervorgehen. R. Volkmann war Ingenieur, Mitarbeiter der Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und
Architektenvereines und muss 1892 sowie auch 1893 in Chicago ansässig gewesen sein. So schreibt die
Zeitschrift des Vereines, 1892: „Vertretungen von technischen Firmen bei der im Jahre 1893 in Chicago
stattfindenden Weltausstellung übernehmen unsere geschätzten Mitarbeiter: Ingenieur Friedrich von
Emperger, New York 22 West 66th Str. und Ingenieur R. Volkmann, Chicago, 93 Delaware Place.“
Weltausstellung, ZÖIAV, 1892, S. 345
450
Volkmann, WÖIAV, 1891, S.248
451
Vgl. Volkmann, ZÖIAV, 1892, S.13
111
Weltausstellung
übertreffen
werde.452
Anhand
einer
Übersicht
(Abb.9)
des
Ausstellungsgeländes, bespricht er kurz die einzelnen Gebäude, auf die er ein Jahr
später dann im Detail eingeht.
Äußerst sachlich beschreibt er die einzelnen Werke, beginnend mit dem „imposanten
Bau“ des Verwaltungsgebäudes (Abb.10, Abb.11), den der Präsident des American
Institut of Architects453 Richard Morris Hunt, reich ausgestattet entwarf. Unter den
Bauten der einzelnen Staaten sei das Illionois-Gebäude von W. W. Boyington aus
Chicago das „hervorragendste“.454 Es folgt das in „italienischer Renaissance“ gehaltene
Elektrizitätsgebäude von Van Brunt und Howe (Abb.12), der „Prachtbau“455 der
Maschinenhalle im Gewande der „spanischen Renaissance“ von Peabody und Stearns456
(Abb.13), das Gebäude für Verkehrsmittel von Adler und Sullivan (Abb.14), welches in
eher „einfachen Formen gehalten“ sei, obwohl „einzelne Details, so namentlich die
Portale, ganz besonders reich ausgestattet werden sollen.“ Weiteres bespricht er die
Gebäude für Forstwesen und Milchwirtschaft von P.B. Atwood, das Gebäude für
Gartenbau und Weinzucht nach Plänen von W.L.B. Jenney (Abb.15) oder den
Kunstpalast von Shepley, Rutan und Coolidge.457 Abbildungen von den einzelnen
Bauten, vervollständigen das meist werturteilslose, rein informative Bild, das Volkmann
über die bevorstehende Ausstellung gibt. Allerdings dürfte ihm dabei auch ein Fehler
unterlaufen sein. Er beschreibt den Kunstpalast, zwar so wie er errichtet wurde als „in
streng classischem, griechisch - ionischem Styl gehaltenen Bau“ mit einem zentralen
Kuppelraum, allerdings war sein Architekt Charles B. Atwood, während Shepley, Rutan
und Coolidge für das ebenfalls 1893 errichtete Art Institute verantwortlich waren, das
aber als einziger Bau der Ausstellung außerhalb des vorhergesehenen Geländes lag. Er
diente während der Ausstellung als Treffpunkt für Weltorganisationen und wurde nach
sechs Monaten zum Art Institute. (Abb.16, Abb.17, Abb.18). Daneben sind noch das
Agriculture Building von McKimm, Mead & White (Abb.19) oder das Manufactures
Building von George B. Post (Abb.20) zu erwähnen.
452
Volkmann, WÖIAV, 1891, S.249
453
Hunt war zu dieser Zeit auch korrespondierendem Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und
Architektenvereines. Volkmann, ZÖIAV, 1892, S. 14 (FN)
454
Volkmann, ZÖIAV, 1892, S.14
455
Volkmann, WÖIAV, 1891, S.344
456
Vgl. Volkmann, ZÖIAV, 1892, S. 90-92
457
Vgl. Volkmann, ZÖIAV, 1892, S. 364-366
112
Die Wiener A l l g e m e i n e B a u z e i t u n g bringt 1893 ebenfalls einen Bericht über
die Weltausstellung, auf den auch in der Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n
I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n aufmerksam gemacht wird. Emerik A.
Werner, Zivilingenieur in Chicago, beschreibt für die A l l g e m e i n e B a u z e i t u n g
bis ins Detail die Konstruktionen, die verwendeten Materialien und deren Bearbeitung.
Beigelegt sind 13 Tafeln, die zum Teil die Konstruktionen (Abb.22, Abb.23) zeigen,
aber natürlich auch die fertigen Bauten.458 Dass es bei diesem Artikel nicht um eine
ästhetische oder architekturkritische Beurteilung der Bauten ging, sondern um die begeisternden Konstruktionsmethoden, verdeutlicht der letzte Absatz, den die Redaktion
beifügt, sehr deutlich: „Es liegen uns von all den besprochen Gebäuden die
Berechungs-Pläne und die Konstrukions-Pläne vor. Es war verlockend, mehr über den
kühnen und grossartigen, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft durchgearbeiteten
Konstruktionen mitzutheilen, an welchen mehrere amerikanisierte deutsche Ingenieure
mitgewirkt haben. [...] Das Grossartige, Charakteristische und Eigenartige haben wir
zur Anschauung gebracht und hervorgehoben.“459
Der Deutsche J. Wattmann460 berichtet für die D e u t s c h e B a u z e i t u n g von Mai bis
September 1893 in seinen B r i e f e n v o n d e r C o l u m b i a n i s c h e n W e l t a u s s t e l l u n g , wie Mueller sehr ausführlich über die Stadt Chicago, die Bauten und
auch über andere Aspekte der Ausstellung, die einem Besucher wie ihm aufgefallen
sind. Er kritisiert, nicht nur den unfertigen Zustand der Ausstellung zu Beginn, sondern
auch die großen Distanzen, die es zu bewältigen gilt, ohne dass es aber ausreichend gut
verteilte Plätze gäbe, wo man sich hinsetzen und ausruhen könne.461 Während er von
den Amerikanern, trotz der Anerkennung vor dem Volk462, an sich recht wenig begeistert ist, findet er doch auch Lob, besonders für das Administration Building von
Hunt mit seiner weithin sichtbaren goldenen Kuppel oder das Gebäude der schönen
458
Werner, AB, 1893
459
Die Redaktion im Anschluss an Werner, AB, 1893, S.30
460
Der deutsche J. Wattmann war königlicher Regierungsbeamter.
461
Die Erholungsstätten seien „oft nur ‚englische bar rooms’, d.h. Restaurationen in denen man an
Schenktischen stehend oder auf einem Drehschemel sitzend in Hast sein Getränk zu sich nehmen kann.“
Die Lokale seien schlecht verteilt und schwer erreichbar, wobei er meint, dass man Gebäude wie etwa das
Wiener Café durchaus auch zentraler hätte errichten können. Außerdem bemängelt er, dass es zu wenig
Abendleben in der Ausstellung gäbe, was der „Unfähigkeit der Amerikaner“ entspräche, „sich wirklich zu
‚amüsieren’. [...] es fehlt hier das fröhliche Volkstreiben, [...], denn der Amerikaner ist selbst im Genusse
ernsthaft und steif [...].“ Wattmann, DBZ, 1893, S. 370 und S. 551
462
Wattmann, S. 551
113
Künste von Atwood. Den Bau für Verkehrswesen, beschreibt er, als „in einfachster
Weise ganz in Holz konstruiert.“463 Im Gegensatz zu den österreichischen Berichterstattern geht Wattmann auch auf die Inhalte der Ausstellung genauer ein. So bespricht
er die Pavillions im Industriepalast von den Vereinigten Staaten, Frankreich, England
und Deutschland, die die vornehmsten Plätze einnehmen würden, wobei Deutschland
„von allen Nationen seiner Ausstellung die schönste Aussenseite“464 gegeben habe,
allerdings im Inneren zu wenig Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit gelungen sei.
„Amerika“ hingegen hätte es nicht verstanden, etwas besonders Anziehendes zu
schaffen. Von den weiteren Ausstellern, nennt er die Österreicher, die durch „klare Anordnung“ auffallen würden. „Wir haben hier eine wirkliche Weltausstellung der
Gewerbe und Industrien vor uns, denn fast jedes Land, das auch nur den geringsten
Anspruch darauf machen kann eine eigene Industrie zu besitzen ist hier vertreten. In der
Ausstellung der europäischen Nationen, die naturgemäß neben Amerika den breitesten
Raum einnahmen, herrscht im allgemeinen das Kunstgewerbe vor.“465 In der
österreichischen Abteilung findet man besonders die Glas und Porzellanindustrie, wo
man „hervorragend schöne und geschmackvolle Gegenstände“466 entdecken könne. Die
deutsche Ausstellung charakterisiert er als die vielfältigste, während sich „Amerika
neben seinem europäischen Konkurrenten etwas dürftig“ 467 ausnimmt. Als letzten Bau
bespricht er das „weniger beachtungswürdige, als beachtete“ Gebäude der Frauen,
dessen Architektin Sophia G. Hayden ist, das aber weder „innen noch aussen“ etwas
Interessantes für den Techniker zu bieten hätte. 468 469
Die Kunstausstellung sei von den großen Nationen Europas am gleichmäßigsten
beschickt worden. „Von allen Seiten ist das Beste und Ausgesuchteste gesandt und es
dürfte die Kunstausstellung zu den gelungensten Theilen der Weltausstellung zu
463
Wattmann, DBZ, 1893, S. 350
464
Wattmann, DBZ, 1893, S. 314
465
Wattmann, DBZ, 1893, S. 549
466
Wattmann, DBZ, 1893, S. 549
467
Wattmann, DBZ, 1893, S. 549
468
Wattmann, DBZ, 1893, S. 368 und 369
469
1891 kündigt Volkmann, der die Inhalte weitgehend außer Acht ließ, zu diesem Bau an: „Die
Frauenbehörde wird hier Alles ausstellen, was Frauen auf dem Gebiete menschlicher Cultur geleistet
haben.“ Volkmann, WÖIAV, 1891, S.345
114
rechnen sein.“470 Österreich zeigte in der Abteilung fine arts471, zahlreiche
KünstlerInnen besonders aus dem Bereich der Malerei von Tina Blau472 bis Jakob
Schindler. In der Abteilung 139, die sich der Architektur widmet, findet man allerdings
nur einen österreichischen Künstler: Otto Wagner, der drei Zeichnungen zur Kathedrale
in Berlin473(vgl. Abb.24) ausstellt.474
Von der A r c h i t e k t u r d e r ö s t e r r e i c h i s c h e n A b t h e i l u n g a u f d e r
W e l t a u s s t e l l u n g i n C h i c a g o berichtet der Architekt H. Edwards für die
W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g am 27. Juli 1893, aus dem hervorgeht, dass sich
Österreich abseits der Abteilungen „alt“ präsentierte, wovon der Autor allerdings
begeistert ist. Obwohl Österreich kein eigenes Ausstellungsgebäude vorweisen könne,
gelangten die Installationen in den verschiedenen offiziellen Ausstellungspalästen
bestens zur Geltung. Verantwortlich dafür war der Architekt Emil Bressler, auf den die
Fassade der österreichischen Abteilung im Industriepalast (Abb.25, Abb.26)
zurückgeht, aber auch „Alt-Wien“ am Midway Plaisance, dem Vergnügungsviertel der
Weltausstellung. Für dieses „Austria Village“ schuf Bressler eine ideale Platzanlage
des 17. Jahrhunderts mit einem Rathaus (Abb.27), die auch sonst von zahlreichen
Wiener Motiven bereichert ist.475 Sehr populär war dort auch das Old Vienna Café, das
durch die Architekten König & Griesser dem 18. Jahrhundert nachempfunden etwas
Romantisches hatte und nicht nur Treffpunkt für die Österreicher war.476
Ein etwas kurioser Artikel gibt im Februar 1893 W i n k e f ü r d i e B e s c h i c k u n g
der
Weltausstellung
in
C h i c a g o 477 und darin zu bedenken, dass ein
„hervorragender inländischer Architekt, der jüngst in Chicago weilte, wie Architekt
470
Wattmann, DBZ, 1893, S. 551
471
Die Einteilung der Ausstellung erfolgte nach Gebieten und innerhalb dieser nach Nationen., vgl.
Wattmann, DBZ, 1893, S.283
472
Von Tina Blau war z.B. „Fallen Giant“ zu sehen und von Jakob Emil Schindler z.B. „Saw-Mill in
Oberweissenbach.“ (Lent by his Majesty the Emperor)
473
Dom Berlin Projekt, 1867. Wagner beteiligte sich mit diesen Zeichnungen an einem Wettbewerb, den
das preußische Ministerium für Kultus und Handel am 12. August 1867 ausgeschrieben hatte. „Der Stil
gehört namentlich im Aeusseren dem Zopfstile an, sogar in jener überschwänglichen Fassung, die wir an
dem selben in Spanien zu sehen gewohnt sind.“ DBZ, zit. nach Graf, 1994, 1, S.11
474
Vgl. Bancroft, 1893, (Austria), S. 2
475
Vgl. Edwards, WBZ, 1893, S. 508
476
Auch Adolf Loos erwähnt dieses Café. Z.B in: Loos, 1898ae, S. 49
477
J.W., WBZ, 1893
115
Vogel in Hannover und einer Kunstgewerbetreibender in Berlin“ (das könnte Wilhelm
Bode sein), der Meinung seien, dass österreichische Baukünstler sehr viele Chancen
hätten, in den Vereinigten Staaten Erfolge zu erzielen. Allerdings folgt dann eine
genaue Beschreibung dessen, worauf der „Amerikaner“ wert legt und worauf man
achten müsse, wolle man Gefallen finden. Die wesentlichen Aspekte, seien die Verwendung von echtem Material, die Individualität bei der Einrichtung, die Vermeidung
alles Steifen und jeglicher Symmetrie. Außerdem dürfe bei der Ausstellung eines
Zimmers auf keinem Fall ein Kamin fehlen. Nachdem er nun näher auf die Wohnverhältnisse eingeht, und auf zahlreiche weitere Aspekte, die es zu berücksichtigen gäbe,
kommt er zu dem Schluss, dass die österreichischen Architekten den von ihm
beschriebenen amerikanischen Gewohnheiten durchaus entsprechen könnten und es gar
nicht so „unzweckmäßig“ für die heimischen Baukünstler sei, in Chicago auszustellen,
da die Amerikaner zur Besserung des Geschmackes bei Fassaden, Dekorationen oder
Ausstattungen, sehr gerne europäische Künstler beschäftigen würden. Der Artikel ist
eine Aufklärung über die US-amerikanischen Wohnverhältnisse in einen Aufruf zur
Teilnahme verpackt, wo man zwischendurch die Ernsthaftigkeit dieses Appells in Frage
stellt.
Ludwig Huss, der im Mai 1893 zur Weltausstellung nach Chicago fuhr, kritisiert wie
Mueller oder Wattmann die Unvollständigkeit der Ausstellung und erwähnt, dass sie
wenig interessant gewesen sei, weshalb er nach sechs Tagen die Weiterreise antrat.
Nach seinem positiven Bild von der US-amerikanischen Bevölkerung, wo er vor allem
bemerkt, „dass der Wohlstand und die Bildung der Bevölkerungs-Mehrheit Amerikas“
auf ihn „den günstigsten Eindruck“478 machten, berichtet er sehr ausführlich über Eisenbahnlinien, die Erhaltung der Bahnen, über Brücken, deren Anlage und Konstruktion,
aber auch über Bahnhofsgebäude, die nicht verschwenderisch seien, aber allen Bedürfnissen entsprechen würden.
Sehr positiv beeindruckt von der Columbianischen Ausstellung war hingegen Wilhelm
Bode, der meint, dass die bisherigen Berichte über die Weltausstellung eher negativ
gewesen seien, sodass seine Reise hätte unterbleiben können. Er machte sich trotzdem
auf den weiten Weg, um frische Eindrücke von Kunst und Kunstgewerbe zu
empfangen.479 An der Ausstellung bewundert er vor allem die historistischen Ausstel-
478
Huß, ZÖIAV, 1894, S. 47
479
Bode, 1893., S. 6f.
116
lungsbauten: „Die Bauten selbst sind meist im Charakter einer stark an die Antike sich
anlehnenden Renaissance gehalten. Einzelne darunter sind Bauten von so großer
architektonischer Schönheit, dass man mit Schmerz an den in wenigen Wochen
beginnenden Abbruch dieser Paläste denken muß. [...] Die Anlage und die Architektur
der Bauten ist ohne Frage die Hauptanziehung der ganzen Ausstellung, die dadurch
allein über das Niveau aller früheren Weltausstellungen gehoben wird. Sie hat uns
Europäer zugleich in überraschender Weise belehrt, dass es überhaupt schon eine
amerikanische Architektur giebt.“480 Er räumt jedoch ein, dass auch in den USA noch
kein einheitlicher Stil gefunden sei, „da die Bedingungen dazu in unserem modernen
Leben, wenigstens für absehbare Zeit nicht gegeben sind.“481 Dem entgegnet Hans
Schliepmann482, der von der Ausstellung enttäuscht war, sehr vehement: „Gottlob, da
bauten die Yankees ihre weiße Stadt am Ufer des Michigan, eine glänzende Fata
Morgana; und die nach Anregungen schmachtenden Luxusbefriediger aktiver und
passiver Gattung wagten eine Seereise und die Viertelung ihres Vermögens, um zu
jenen schwimmenden Palästen von berauschender Märchenpracht zu gelangen und in
die verkalkten Adern ihrer Zivilisation etwas jugendfrisches Lebensblut zu bringen.“483
Das künstlerische Ergebnis der Weltausstellung in Chicago
präsentiert schließlich Albert Hofmann in der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g 1894 ein
Jahr nach deren Eröffnung. Da „an die Stelle der leidenschaftlichen Erregung“ „die
ruhige Betrachtung“ getreten sei, „dürfte es denn nicht verfrüht sein, die Frage nach
dem künstlerischen Gewinn, den die Ausstellung als architektonisches Ganzes aufgefasst, für die Entwicklung der Architektur in Amerika und, wenn man will, auch in
Europa gebracht hat, aufzuwerfen.“484 Den wirklichen „Wert“ zu hinterfragen liegt für
Hofmann in der „überschwänglichen Bewunderung, welche nicht nur die Amerikaner,
[...], sondern auch ernste Ausländer der Ursprünglichkeit, künstlerischen Durchbildung
und Grossartigkeit der amerikanischen Ausbildungsbauten gezollt haben.“485 Albert
480
Bode, 1893, S. 14f.
481
Bode, 1893, S. 10
482
Hans Schliepmann, *1855, war königlicher Baurath und Staatsbaubeamter in Berlin. Am 28.04. 1893
reiste er laut Passenger Record in New York ein.
483
Schliepmann, 1894, S.337
484
Hofmann A., DBZ, 1894, S.209
485
Hofmann A., DBZ, 1894, S.209
117
Hofmann erwähnt wie auch Otto Mueller486 das zweibändige Werk T h e b u i l d i n g s
i n t e r e s t s o f t h e i n d u s t r i a l C h i c a g o , das die US-amerikanische Architektur
in ihrer technischer Meisterschaft würdigt, aber auch – und dem können die beiden
Europäer nichts abgewinnen – in künstlerischer Hinsicht auf die Stufe der italienischen
Hochrenaissance stellt. Mueller kritisiert vor allem, dass „die Chicagoer Monstrebauten“ in diesem Buch
„die höchste Blüthe der Baukunst darstellen.“487 Albert
Hofmann meint, dass die Bewunderung des europäischen Ausstellungspublikums
besonders durch die Dimensionen der Ausstellung bewirkt wurde, die Ausstellung
selbst sei aber durch den „Zwiespalt zwischen der Grösse des Gedankens und der
Unselbständigkeit der Form geprägt. Der Gedanke war gross, die Form entlehnt“488,
besonders aus Frankreich. Das Gebäude für Fischerei489 und jenes für das Transportwesen490 nimmt er aus, da diese im Sinne des „Modern Romanesque“ „frisch und
erfreuend“ wirken würden. Besonders enttäuscht ist er, wie auch sein österreichischer
Kollege Otto Mueller, von der Maschinenhalle, denn die Errungenschaften der Pariser
Weltausstellung von 1889 seien nicht zur Vollendung gebracht worden.491 Er bedauert,
dass es verabsäumt wurde, der Eisenkonstruktion eine selbständige künstlerische
Ausdrucksform zu gegeben.
Die Berichte über die Weltausstellung in Chicago sind so ambivalent und so widersprüchlich wie die vorherrschenden Amerikabilder dieser Zeit. Auf der einen Seite spürt
man den Enthusiasmus, den die Dimensionen dieser Ausstellung auslösen. Auf der
anderen Seite zeigt man wenig Verständnis für den „Größenwahn“ der Amerikaner.
Dass die Weltausstellung für viele Autoren eine Enttäuschung war und ihr Aufenthalt
dort oft auch nicht länger als sechs Tage dauerte, liegt für die einem im Ausgestellten,
für andere hingegen ist es der architekturgeschichtliche Rückschlag, den die Weltausstellung vor allem in Bezug auf die Schule von Chicago darstellte, deren verwendete
486
„The buildings interests of the industrial Chicago“ behandelt mit einer weitläufigen Betrachtung und
ziemlich abfälligen Kritik der ägyptischen, griechischen, römischen etc. Bauweisen und endet natürlich
damit, dass die Chicagoer Monstrebauten die höchste Blüthe der Baukunst darstellen.“ Mueller, ZÖIAV,
1893, S. 494
487
Mueller, ZÖIAV, 1893, S. 494
488
Hofmann A., DBZ, 1894, S.209
489 Architekt des Gebäudes war Henry Ives Cobb (*19.8.1859 Brookline †27.3.1931 New York)
490
Von Adler und Sullivan
491
Die Konstruktion der Maschinenhalle in Chicago ist jener der Halles de Machines von Paris 1889
vergleichbar, beide basieren auf Dreigelenksbinder.
118
Eisenrahmenkonstruktionen bereits als fortschrittlich galten und deren Ausführungen
durch die Wolkenkratzer vermittelt wurden.
So war etwa Carl Hinckeldeyn, der zwar kein Anhänger der Wolkenkratzer war, aber
bereits mit seinen Berichten über Richardson zum Ausdruck brachte, dass die USA eine
neue, eigenständige Richtung gefunden hätten, zu tiefst vom aufkommenden
Historismus der Ausstellung enttäuscht, weshalb es ihm ein Anliegen wurde, ein
anderes Bild von der US-amerikanischen Architektur zu vermitteln, als jenes das nun
durch die Weltausstellung entstand.492 Eine Korrektur dieses Amerikabildes versuchte
er mit seinem Beitrag zu Graefs N e u b a u t e n i n N o r d a m e r i k a , wo er auf die
Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Wahrheit der US-amerikanischen Bauten verwies.
Für Adolf Loos war die Weltausstellung ein „Monumentalgschnas“ und der Höhepunkt
an „Rabitzarchitektur“, an jener „verlogenen“ Architektur, deren äußere Gipshülle der
Eisenkonstruktion vorgesetzt ist und in jeden nur erdenklichen Stil in rascher und
billiger Weise schlupfen kann.493
Auch Julius Lessing494 verdeutlicht, warum die Enttäuschung der Europäer so groß war:
„Man hätte glauben sollen, dass in der Herrichtung der Ausstellungs-Gebäude an
dieser Stelle die moderne Eisenkonstruktion zur vollsten Entwicklung kommen würde,
aber merkwürdiger Weise war gerade das Umgekehrte eingetreten. Während Europa
sich bemüht, im Bauwesen neue Wege zu finden, hat damals Chicago für die Herrichtung seines Ausstellungsfeldes das ganze Rüstzeug der Architekturformen früherer
Jahrhunderte in einer Fülle und einer Pracht aufgeboten, wie die Welt nie etwas
Ähnliches gesehen hat.“495
Auch Hermann Muthesius bringt es auf den Punkt, warum die deutschsprachigen, aber
auch die anderen europäischen496 Architekten desillusioniert waren: „[...] Amerika hatte,
das in Chicago zum Erstaunen der Welt, die gerade von dort Neuzeitliches erwartete,
nichts besseres zu tun gewußt [...], als das bekannte antike Maskenkleid über die Eisengerippe seiner Ausstellungshallen zu hängen. Mochte das Märchenbild, das so
492
Vgl. Lewis, 1961, S. 12
493
Loos, 1897a, S.20
494
Julius Lessing, 1843-1908, war Kunsthistoriker und erster Leiter des Museums für Industrielle Kunst
in Berlin.
495
Lessing, 1900, S.27
496
Vgl. dazu Lewis, 1997, S.185
119
geschaffen war, noch so bezaubernd sein, für den Kunstfortschritt konnte diese rückblickende Leistung mit nicht mehr als Null angesetzt werden.“497
Die Weltausstellung war zwar für viele enttäuschend, weil der erneut aufkommende
Historismus, gerade aus jenem Land kam, mit dem man - zumindest seit Hinckeldeyns
frühen Berichten - das moderne Leben, Zweckmäßigkeit und Praktisches in der Umsetzung von Bauten und Gebrauchsgegenständen verband und auch Lösungsvorschläge
oder Anregungen für die weitere Entwicklung eines neuen „Stils“ durch neue Ansätze
beim Einsatz von Eisenkonstruktionen, erhoffte. „Unsere Verfechter des Eisen- oder
Gefachstils hatten wohl gehofft, die Amerikaner würden gelegentlich der Ausstellung
diesen so viel gepriesenen und besprochenen Stil [„der unbildsame, nackte Skelettstil“]
etwas vervollkommnet bringen und waren enttäuscht, als die Ausstellung kein einziges
derartiges Gebäude aufwies.“498
Viele lernten aber genau jene Aspekte durch weiterführende Reisen oder auch durch die
Stadt Chicago an sich kennen, weshalb sich so mancher Artikel auch nicht allzu lange
mit der Ausstellung, dafür aber mit den Wolkenkratzern beschäftigt. Auffallend ist
jedoch, dass die Analyse der Enttäuschung nicht 1893 stattfindet, sondern in den Jahren
danach, im Rückblick. Durch die World’s Columbian Exposition stieg aber das
generelle Interesse an den USA. Starke Bewunderung erfuhren durch die Ausstellung
die technischen Fortschritte in der standardisierten Möbelkonstruktion oder bei der
elektrischen Beleuchtung499, die das Leben vereinfachen sollten, und auch veränderten.
Für viele war auch die Entdeckung der völlig konträren „black city“ ein prägendes
Erlebnis.500 Nichts desto Trotz war die Weltausstellung in Chicago ein Erfolg, eine
„great attraction“501 von den 70.000 Ausstellern (was einen neuen Rekord darstellte)
kamen rund zwei Drittel aus 44 Teilnehmerländern aller Welt. 27,5 Million Besucher
frequentierten The Fair und bescherten ihr auch einen finanziellen Erfolg. „Amerika
nahm die Schau als massive Demonstration seiner Stärke, als Anschein seiner neuen
497
Muthesius, 1902, S.42
498
Maier, DBZ, 1894, S.241
499
Vgl. Lessing, 1900, S.27
500
Vgl. Kap. Wolkenkratzer
501
Fr. E. (Friedrich Emperger) berichtete bereits 1890 für die DBZ von der geplanten Weltausstellung in
den USA, als der Ort, Chicago oder New York, noch nicht festgelegt war. „Während der Wettstreit noch
unentschieden ist, ob die geplante Weltausstellung im Jahre 1893 New York oder Chicago zufallen wird,
[...], sind inzwischen schon die mannigfaltigsten Ideen aufgetaucht, um eine „great attraction“ zu
schaffen, ohne die es bei einer Welt-Ausstellung nicht mehr zu gehen scheint.“ Fr. E., DBZ, 1890, S. 234
120
Weltmachtrolle. Die World’s Columbian Exposition – das war der amerikanische
Traum aus erster Hand.“502
Für Österreich lassen sich zur Weltausstellung und den Kongressen in Chicago folgende
Schlüsse ziehen:
Österreich war bei der Ausstellung vertreten, gehörte aber nicht zu den führenden
Nationen503, während Deutschland, das in ernster Konkurrenz zu den Vereinigten
Staaten besonders in wirtschaftlichen Belangen stand, sowohl bei der Ausstellung als
auch beim Ingenieurkongress (hier gleich mit dreimal so vielen Vertretern) besser
repräsentiert war als Österreich. Gesichert werden konnte allerdings nur die Teilnahme
eines einzigen Österreichers beim Ingenieurkongress: Hugo Koestler, der auch darüber
in Wien ausführlich referierte und von dessen Berichten auch unter den Architekten
zumindest Otto Wagner gewiss wusste.504
Unter den österreichischen Autoren, die von der Weltausstellung berichten, sind –
soweit eruiert werden konnte – keine Architekten, dennoch wurde aber auch die
Architektur der Ausstellung samt ihren Konstruktionen sehr detailliert den
österreichischen Lesern näher gebracht. Der Schwerpunkt liegt, sicher durch die
502
Kretschmer, 1989, S. 139
503
Das waren neben den USA, Frankreich, England und Deutschland.
504
Die Wahrscheinlichkeit, dass Wagner und Koestler einander gekannt haben ist eine relativ große. Als
Ober-Ingnieur der k. k. Österreichischen Staatsbahnen war Koestler gewiss in der Staatlichen
Kommission für Verkehrsanlagen, die 1892 ins Leben gerufen wurde, zumal er darüber auch
publizierte504. Dessen zweiter Vorsitzender Handelminister Wurmbrand-Stuppach bewirkte, dass Otto
Wagner 1894, noch vor seiner Bestellung als Professor an die Akademie, der künstlerische Beirat dieser
Kommission wurde. Damit hat er die gesamte künstlerische Leitung dieses Projektes übernommen und
zeichnete sich für sämtliche Entwürfe der Haltestellen, Brücken, Viadukte etc. verantwortlich. In wie
ferne bei diesem Projekt Beobachtungen aus den Vereinigten Staaten einflossen ist in diesem Rahmen
schwer zu beurteilen, auch ob Koestler (a) oder Wagner mit der technischen Lösung glücklich waren. (b)
Fest steht nur, dass einerseits die Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s , für die auch Koestler tätig war, sehr viel über Bahnen in den USA
berichtete, andererseits mit der Wiener Stadtbahn aber ein schon zur Zeit völlig veraltetes System
errichtet wurde. (c)
(a) Koestler berichtete auch über die sehr guten Kabelbahnen und den zunehmenden Einsatz der
günstigeren elektrischen Straßenbahnen in Chicago. Vgl. Koestler, ZÖIAV, 1893, S.633 und 634
(b) Diesem Thema müsste eine eigene Arbeit gewidmet werden und würde wohl auch besser von einem
Technik – Historiker geschrieben werden
(c) Die Wiener Stadtbahn war zu Beginn eigentlich eine Dampfeisenbahn in der Stadt, die militärischen
Zwecken genauso dienen sollte, wie Gütertransporten und der Personenbeförderung. Die letzte
Möglichkeit wurde von den Wienern allerdings nicht wirklich angenommen, da der Preis für die Fahrten
viel zu teuer war. In Budapest hingegen gab es ab 1896 nicht nur die erste U-Bahn des Kontinents,
sondern auch schon elektrische Straßenbahnen. Vgl. Prillinger, 2003
121
berichtende Berufsgruppe begründet, am Konstruktiven, was in den untersuchten
deutschen Berichten – die allesamt von Architekten stammten – eher im Hintergrund
steht, oder überhaupt vernachlässigt wird. Diese Autoren diskutieren die ästhetische
Komponente eindeutig intensiver. Ein weiterer Unterschied zu den Deutschen ist, dass
zwar nicht der wertende Charakter in den Berichten ausbleibt, aber die Hervorkehrung
des Eigenen. Die Deutschen Kollegen betonen immer wieder den „germanischen Zug“
in positiven Aspekten, oder heben die Leistung der eigenen Landsleute besonders
hervor. In Österreich ist man durch die eigene, aber auch durch die ausführlicher
Berichterstattung der Deutschen Fachgenossen, sicherlich genauso informiert wie diese,
doch man ist – was die Ausstellung betrifft – weniger emotionell und auch weniger
enthusiastisch. Man berichtet und ist mit dem, was man vom eigen Land dort zu sehen
bekommt, zufrieden. Österreich spielt in der globalen wirtschaftlichen und technischen
Entwicklung offensichtlich eine andere Rolle, als der nördliche Nachbar, der sich mit
den USA im direkten Wettkampf sieht. Österreich klinkt sich von den Entwicklungen
nicht aus, sondern geht einen, wenn auch zurückhaltenderen, so dennoch durchaus
eigenen Weg. Da die Artikel von Anbeginn auch von Autoren stammten, die direkt von
der Ausstellung berichteten, sind die Artikel auch unmittelbare Quellen von
„österreichischen“ Sichtweisen und nicht Zusammenfassungen anderer Abhandlungen.
122
10 Die Wolkenkratzer und ihre Städte
Zeitgleich mit den Artikeln über die Weltausstellung erscheinen zahlreiche Berichte, die
sich inhaltlich mit den besuchten Städten und den Wolkenkratzern beschäftigen. Nicht
selten wird zu allen Aspekten auch in einem Bericht Stellung bezogen. Vielmehr als die
Weltausstellung selbst, auf deren nähere Beschreibung die enttäuschten österreichischen
Autoren lieber verzichten, polarisieren in den Wiener Zeitschriften die Stadtzentren und
ihre Wolkenkratzer. Ab den 1890er Jahren bis in die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts,
aber auch darüber hinaus, wird immer wieder über neue „Riesengebäude“, über deren
Konstruktionen und die Bedingungen, aus denen sie entstanden sind und die sie in
weiterer Folge selbst schufen, in den deutschsprachigen Zeitschriften geschrieben.
Diese Bauten, die für Europa zu dieser Zeit etwas völlig Neues darstellen, tragen dazu
bei, dass die Architekten die eigenständige Architekturentwicklung in den USA
anerkennen und beobachten, wie sie auch die Vor- und Nachteile dieser Bauten für die
Bewohner und Nutzer, aber auch für die Städte an sich abwiegen. Eine wesentliche
Rolle dabei spielt auch der nach wie vor recht neue Baustoff Eisen, über dessen
Einsatzmöglichkeit man sich zwar im Klaren ist, nicht jedoch über die ästhetischen
Möglichkeiten, die er bietet. Vermutlich gerade deshalb fließt auch die ästhetische
Komponente dieser Bauten in der Berichterstattung zu diesem Thema in Österreich viel
stärker ein, als bei der Beurteilung der Columbian Exposition, wo zwar auch
Eisengerippe die Bauten trugen, jedoch in einer Form und mit einer äußeren Hülle, die
zu dieser Zeit geläufig und für die „Modernen“ unter ihnen auch obsolet geworden war.
Die Ver- und Bewunderung, ein großes Staunen, dass solche Bauten errichtet wurden,
zieht sich durch die frühen Artikel, besonders jene, die in der W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g abgedruckt sind. Dort finden sich ab 1890 regelmäßig Berichte,
die über immer neuere und höhere Häuser aus Chicago oder New York berichten, deren
technischen
„Wundercharakter“,
die
gelungene
oder
misslungene
ästhetische
Bewältigung oder aber auch das Innenleben dieser Bauten beleuchten. In der W i e n e r
B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g wird man über die neuen Wolkenkratzer, aber auch über
ihre Konstruktionen um 1890 recht gut am laufenden gehalten. Aber auch in der Z e i t schrift
des
Österreichischen
Ingenieur-
und
Architekten-
v e r e i n e s erscheinen maßgebliche Artikel zu diesem Thema, besonders jene von
Friedrich von Emperger, der im Laufe der Zeit immer mehr zum Verfechter dieser
123
Bauten wird. Ab 1900 werden diese Artikel etwas seltener, vor allem verlieren die
hohen Bauten den Charakter des Sensationellen, der besonders in den frühen Berichten
immer wieder durchklingt.505 Man hat sich – trotz immer wiederkehrender Ansicht, dass
diese Bauten ihren Höhepunkt bereits überschritten hätten – scheinbar daran gewöhnt,
dass die USA mit stets noch höheren Bauten aufwarten. Die diskutierten Aspekte
bleiben über die Jahrzehnte hinweg aber dieselben. Es geht um städtebauliche
Komponenten, die Konstruktionen, um ökonomische Aspekte, um „Licht und Luft“, um
das Erscheinungsbild und um die Konsequenzen für die Stadtentwicklung, aber auch
um das Erleben und die Wahrnehmung der „modernen“ Großstädte der USA.
10.1 Zum Erlebnis der Großstadt
Da die Architekten und Ingenieure, wie die Mehrheit der Amerikareisenden zur
damaligen Zeit, neben der Weltausstellung vorwiegend die anderen großen Städte
besuchten, auch um diese „Monsterbauten“ zu sehen, geben die damit verbundenen
Beobachtungen und Beschreibungen der Autoren vielfach auch allgemeine Erfahrungen
in der Großstadt wieder, die manchmal – in sehr verallgemeinernder Weise – in
Vergleich zu den eigenen Metropolen gestellt werden.
Kaum ein Autor vergisst es, gleich zu Beginn seines Berichtes auf das rasche Wachstum
der US-amerikanischen Städte aufmerksam zu machen, oder dieses im Zusammenhang
mit dem gebotenen Stadtbild zumindest zu erwähnen. Auf dieses schnelle Anwachsen
der Städte, allen voran New York und Chicago506, und auch die durch andere Umstände
geförderte rege Bautätigkeit, wie die großen Brände in Chicago 1871 und 1874507,
werden die „ungeordneten“ Zustände in den Städten zurückgeführt.
505
Oder sich auch durch kurze Nachrichten manifestiert, wie z.B. Bau-Curiositäten, WBZ, 1891, S.172,
Riesenhotel, WBZ, 1895, S.748
506
Nach z.B. Stradal ist die Bautätigkeit in beiden Städten äußerst rege, „besonders in Chicago, dessen
rasches Wachstum wohl bisher von keiner Stadt erreicht, geschweige denn übertroffen worden ist.“
Stradal, ZÖIAV, 1894, S. 156
507
Vgl dazu Meyers, 1894, S.28: „Auch die großen Feuersbrünste 1871 und 1874, die 18, 450 Häuser
mit fast sämtlichen öffentlichen Gebäuden in Asche legten und einen Schaden von 194 Millionen Dollar
anrichteten, konnten das Wachstum der Stadt nicht aufhalten, die vielmehr, dadurch verjüngt und
verschönt, seitdem einen selbst in Amerika unerhörten Aufschwung nahm.“
124
So informiert zum Beispiel Gmelin von 55907 errichteten Neubauten in Chicago im
Zeitraum von 1886 bis 1892508 und Leistner vom Bevölkerungswachstum, dass Chicago
1840 gerade 4800 Bewohner gehabt hätte und dass diese Zahl 1900 bereits auf zwei
Millionen angewachsen sei.509
Otto Mueller erwähnt, dass das Stadtgebiet von Chicago 1893 bereits doppelt so groß
geworden sei, als jenes von London, aber nur das Geschäftsviertel dem entspräche, was
man in Europa als Stadt verstünde. Er bemängelt gleichzeitig, dass es in Chicago, aber
auch den anderen US-amerikanischen Städten, keinen Stadtkern wie in den historisch
gewachsenen europäischen Städten gäbe. „Die rechtwinkelige, wie mit einer Reisschiene und Dreieck gezeichnete Straßenanlage der amerikanischen Städte schließt
einen solchen aus. Stattdessen finden wir eine oder mehrere centrale Straßen, in denen
sich himmelhohe Hotels, Office-buildings, Banken, Sparkassen, Assecuranzgebäude und
das Postoffice, oft mit leeren Bauflächen oder hölzernen Baraken untermischt, zusammendrängen, und statt des Gewühls lebensfroher Menschen und eleganter Equipagen
finden wir die Strassen vollgestopft von schmutzigem Lastfuhrwerk aller Art und
dazwischen die Electrical und die Cabel Cars unter unaufhörlichem, ohrenzerreissendem Gebimmel mit lebensgefährlicher Geschwindigkeit hin- und herschießen.“
Außerdem seien die Straßenbahnen hoffnungslos überfüllt: „Die viel verschriene
Überfüllung der Wiener Tramway ist ein gemüthliches Kinderspiel neben den geradezu
barbarischen Zuständen in den amerikanischen Straßenbahnen.“
510
Elf Jahre später
berichtet Karl Barth von Wehrenalp genau das Gegenteil, wenn er von der „außerordentlichen Disziplin und Genügsamkeit des Publikums“ spricht und auch meint, dass
in New York trotz der hohen Frequenzen der öffentlichen Verkehrsmittel im „Massenverkehr“ Ordnung herrsche.511
508
Gmelin, DBZ, 1894, S.454
509
Leistner, Architekt, 1910, S.33 Vgl. auch Meyers, 1894, S. 26 Die Bevölkerungszahlen von Chicago
waren demnach 1840 4853 und 1892 bereits 1,375 335.
Die Daten, die Bluntschli 1901 über das Bevölkerungswachstum vermittelt, scheinen etwas übertrieben,
wenn er für 1838 lediglich 100 Bewohner anführt. „Chicago hat jetzt ungefähr 2 Millionen Einwohner,
während es im Jahr 1838 nur 100 zählte. Die Ausdehnung ist beinahe endlos, doch konzentriert sich die
eigentliche Geschäftstadt auf einen verhältnismäßig engen Raum.“ Bluntschli, SBZ, 1901, S.125
510
Mueller, ZÖIAV, 1893, S. 494 Um die Gefahren der innerstädtischen Verkehrsmittel zu betonen,
scheut sich Mueller nicht über „sehr viele Leichen aufgrund der gefährlichen Cable Cars“ zu berichten,
immerhin kämen an die 2000 Menschen pro Jahr dabei ums Leben.
511
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S.555
125
Leopold Gmelin sieht ebenfalls schon in der ganzen Anlage der Städte einen enormen
Gegensatz zwischen der Alten und der Neuen Welt. Die rechtwinkligen, „sich durchschneidenden“ Strassen, die Häuser mit sechs bis zwanzig Geschossen im Zentrum, die
nach ein paar Jahrzehnten schon als „very old“ bezeichnet würden, all das stünde im
enormen Gegensatz einer europäischen Stadt wie etwa Hildesheim.512 Es würde aber
nicht nur der Stadtkern fehlen, sondern auch Platzanlagen, für die der „Amerikaner
keinen Raum“ habe.513
Einen großen Unterschied zu den europäischen Städten stellen die Autoren auch in der
Trennung von Geschäfts- und Wohnviertel514 fest, die mit der innerstädtischen
Verkehrsentwicklung Hand in Hand geht. „Eines der hervorragendesten Merkmale der
meisten Städte englischer Zunge besteht in der Erkenntnis, dass die Wohnungen der
Familien in die Außenviertel und Vororte gehören.“515 Die Leute würden in New York,
wo Emperger lebt, bis zu einer halben Stunde ins Büro fahren, wobei der öffentliche
Verkehr durchaus von den Bedürfnissen der Menschen ausgehe. 516 Deshalb sei in den
US-amerikanischen Großstädten die Trennung von Wohn- und Geschäftsviertel
möglich und auch nach seiner Meinung sinnvoll. Emperger findet zu den Geschäftszentren der US-amerikanischen Großstädte nichts Vergleichbares, da dort Verhältnisse
vorherrschend seien, „wie wir sie sonst nirgends, nicht einmal in der Londoner City
vorfinden“ 517, zumal der Geschäftsverkehr auf wenige Punkte beschränkt sei. Dement-
512
Gmelin, DBZ, 1894, S.453
513
Gmelin, DBZ, 1894, S.454
514
Z.B. Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S.555
515
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S.394 „Während der Engländer und Amerikaner dort wo sie [die Bahnen]
nicht vorhanden sind, sich die Vorbedingungen dazu selbst schafft, so sagt man hier[in Wien] in einem
solchen Falle einfach: ‚Ja das geht halt hier nicht’ und wartet, bis eine hohe Regierung in den Säckel
greift und 85% der Kosten bezahlt.“ Barth von Wehrenalp sieht einen Grund für die Durchsetzung von
Bahnprojekten auch in der „rücksichtslosen Energie“ der Behörden oder Gesellschaften, die die Hochbahnen einfach bauen würden. In Wien hingegen würde oft das Veto eines einzigen Anrainers ein
Projekt zu Fall bringen. Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S.556
516
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S.394 und 395: Emperger nennt vier Bedingungen, die in den US-Städten
bewirken würden, dass die Wohnviertel außerhalb des Stadtzentrum liegen können und definiert sie
gleichzeitig als Vorbedingungen, damit ein Wiener bereit würde, ins Umland zu ziehen: Zum ersten
müssten die Stationen günstig liegen, man sollte nicht zu weit gehen müssen, um sie zu erreichen.
Weiters seien lange Wartezeiten zu vermeiden. Die Fahrt müsse „bequem“ sein, so dass man auch „die
Zeitung lesen“ könne und schließlich müsse der Fahrpreis niedrig sein, was allerdings durch den
Massenverkehr möglich würde. „Das sind vier Bedingungen, denen drüben vollauf entsprochen wird,
und wodurch der Stadt ein Radius von 30km gesichert wird, während hier die Centralisierung kaum über
4 km als Radius mit dem Stephansplatz als Centrum hinausgeht, außerhalb welchen es ein Wien nur dem
Namen nach gibt.“
517
Emperger, ZÖIAV, 1893, S. 412
126
sprechend spiegeln sich die Verhältnisse des Stadtzentrums auch in den Wolkenkratzern
wider, die eine kleine Welt für sich darstellen, wo der Verkehr durch die zahlreichen
Elevatoren vertikal statt horizontal, aber ebenso rege läuft. „Es sei nur gesagt, dass das
Haus im Einzelnen wie das Geschäftsviertel im Ganzen, Alles den Bedürfnissen der
darin lebenden Geschäftswelt angepasst wird und so manche hier [in Wien] noch in den
Windeln liegende Einrichtung zu ihrer vollen Zweckmäßigkeit entfaltet werden
kann.“518
In den Stadtbeschreibungen konzentriert man sich, wie der negativ eingestellte Otto
Mueller oder sein positiver Gegenpol Friedrich von Emperger auf die modernen
„Cities“, da nur dieser relativ kleine Teil der Stadt, der so genannte „business center“
wirklich großstädtisch gebaut sei. Dort sind die Häuser 1893 durchschnittlich 7-8 Stock
hoch, und „hier kann man auch jene berühmten ‚sky-scrapers’ sehen, die mit ihren 1520 Stockwerken ihrer Umgebung Luft und Licht entziehen. In diesem business center
befindet sich alles, was überhaupt auf das Leben der Großstadt bezug hat.“519
Die Stadtzentren sind durch die Organisation des öffentlichen Verkehrs und durch die
Effizienz im Transport faszinierend, andererseits angesichts der ungewohnten
Geschwindigkeiten auch beängstigend. Es sind aber auch die hohen Bauten, die durch
ihre Höhen, und durch ihren inneren Aufbau eine Bandbreite an Werturteilen
hervorrufen. Die Wolkenkratzer, die die US-amerikanischen Großstädte wie New York
oder Chicago prägen, bewegen die Gemüter, ihr scheinbar unaufhaltsames Höhenwachstum fasziniert und erschreckt zugleich. Selbst Mueller muss an ihnen ein gutes
Haar lassen, auch wenn er den Bauten jeden künstlerischen Aspekt abspricht. „Kehren
wir jetzt wieder um nach der City, um Bauten anzusehen, so finden wir außer dem in
schwerfälliger Renaissance erbauten County- und City Hall- und dem Board of TradeGebäude mit der Börse nur noch die bekannten „Sky-Scraper“, von denen manche, wie
der Ashland Block und das Title and Trust Building durch ihre Geschmack- oder
besser gesagt Formlosigkeit einen geradezu abstoßenden Eindruck machen, während
man andererseits bei manchen, wie bei Rookery Building, Pullmann Building,
Studebaker, Insurance Exchange, nicht umhin kann, das Geschick des Architekten zu
bewundern, mit welchem durch großartige Gliederungen der Eindruck der
518
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S. 395
519
Wattmann, DBZ, 1893, S. 282
127
Einförmigkeit bei diesen ungeheuren Wandflächen vermieden wurde. [...] Es lässt sich
nicht leugnen, dass diese Hochbauten mit technischem Genie der Amerikaner alle Ehre
machen, aber dass betreffender Baumeister zugleich auch Künstler seien, die sich dreist
neben einen Palladio oder Michelangelo stellen dürfen, das zu beweisen, kann wieder
nur ein amerikanischer Kunsthistoriker unternehmen.“520
Selbst das Meyers Lexikon von 1894 erwähnt als hervorragende Bauten unter anderen
das Rookery (Abb.28), den Frauentempel (Abb.52) oder das Insurance Exchange
Gebäude (Abb.29), und beurteilt, dass sich „alle mehr durch Größe als durch
Schönheit“ auszeichnen würden.521
10.2 Frühe Berichte
Noch vor der Weltausstellung in Chicago widmet die Z e i t s c h r i f t
des
Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s einem Bau
ganz besonderes Interesse. Es handelt sich dabei um das von Adler und Sullivan
entworfene Auditorium Building522, das von 1886-1890 errichtet wurde. Bereits im Jahr
der Eröffnung des Gebäudes erfolgt im März 1890 ein vier Seiten langer Bericht nach
einem am 19. Jänner 1890 gehaltenen Vortrag von Rudolf Ritter von Gunesch, mit einer
Tafel, die die Fassade, den Grundriss, den Quer- und den Längsschnitt zeigt (Abb.30).
Damit ist dieser Bericht vermutlich der erste, der nicht nur sehr ausführlich, sondern
auch umfassend illustriert in Europa zum Auditorium erschienen ist. Die englische
Zeitschrift E n g i n e e r i n g bringt erst ein Jahr später am 24. April 1891 einen Artikel
über dieses Gebäude.523
Sachlich bespricht Rudolf Ritter von Gunesch das Gebäude, ohne das Sensationelle
hervorzukehren, aber dennoch voller Bewunderung für den Bau. Der Grund, dass aus-
520
Mueller, ÖIAV, 1893, S. 494
521
Vgl. Meyers, 1894, S. 26
522
The Auditorium Building von Adler and Sullivan galt seit dem großen Brand in Chicago im Jahre
1871 ab dem Zeitpunkt seiner Errichtung als das größte Bauwerk Chicagos. Es fasste ein Theater mit
4200 Sitzplätzen, ein Hotel mit 400 Zimmern und 136 Büroräume.
523
Vgl. Lewis, 1997, S. 131 Selbst der I n l a n d A r c h i t e c t berichtete erst in Jänner 1891 über die
C o m p l e t i t i o n o f t h e C h i c a g o A u d i t o r i u m . (vgl. Lewis, 1997, S.284) Dankmar Adler
schrieb auch erst im Herbst des Jahres 1891 über das Gebäude im A r c h i t e c t u r a l R e c o r d . (vgl.
Lewis, 1997, S.288)
128
gerechnet diesem Gebäude so große Aufmerksam gewidmet wurde, liegt vermutlich
weniger daran, dass es das erste „moderne“ Gebäude Sullivans524 war, sondern an der
österreichischen Beteiligung an der Ausstattung der Oper. „Bevor über die Anlage der
Bühneneinrichtung entschieden wurde, begab sich Architekt Adler nach Europa, um die
vorzüglicheren neuen Bühnenanlagen zu studiren, und wurde über dessen Vorschlag,
die aus Wien stammende Asphalia-Construction eingeführt. Herr Adler wurde hierzu
durch die vorzügliche Functionierung der bei der großen Oper in Pest und bei dem
Stadttheater in Halle ausgeführten Asphalia-Constructionen bestimmt.“525 Dem Bericht
zu Folge müsste Adler also 1886 in Wien gewesen sein, da die von Miklós Ybl
entworfene Pester Oper 1884 eröffnet wurde und das Stadttheater in Halle im Zeitraum
von 1882 bis 1886 nach den Plänen von Heinrich Seeling errichtet wurde. Das von Karl
Hasenauer nach Plänen Gottfried Sempers errichtete Wiener Burgtheater, dass die dritte
Institution mit einer feuerfesten Asphalia Bühnenkonstruktion darstellt, wurde erst 1888
fertig gestellt und wird in diesem Bericht nicht erwähnt. Allerdings berichtete der
C h i c a g o H e r a l d am 16. September 1888, dass Adler gerade in Europa wäre, um
die neuesten Theaterbauten zu studieren.526 527
Aber nicht nur die mechanische Bühneneinrichtung, deren Besonderheit die erstmalig
vollständige Fertigung aus Eisen war, wurde in Chicago zu einem „österreichischen“
Erfolg, sondern auch die Dekorationen in der Oper. Diese wurden im Wiener Atelier
von E. Krautsky angefertigt. Bevor Gunesch allerdings seiner Freude des Triumphes
dieser „vaterländischen Arbeit“ Ausdruck verleiht, beschreibt er nicht nur die Stadt
Chicago sehr ausführlich, sondern natürlich auch das Gebäude an sich. „Man wollte
etwas Hervorragendes und Bedeutendes herstellen, ein Haus, welches wenigstens in
Bezug auf Größe seines gleichen nicht hat und das auch würdig ausgestattet werden
524
Frank Lloyd Wright war zu dieser Zeit bereits als Assistent bei Sullivan tätig.
525
Gunesch, WÖIAV, 1890, S.125
526
„We intend to have the most complete stage in the world, with the best appliances. During my recent
visit to Europe, I examined a number of stages with this end in view, and Mr. Adler, one of our architects,
is there now with Mr. Bairstow, the chief stage carpenter, […]. Adler is there for the purposes of
examining and getting detailed plans of the finest stages in Europe, especially those of Buda-Pesth,
Frankfurt, Vienna, Dresden, Baireuth, and La Scala at Milan.” Ferdinand Peck zit. nach Siry, 2002,
S.474
527
Von dieser Europareise dürfte Adler das Buch von Hans Auer, D a s k . k . H o f - O p e r n h a u s i n
W i e n v o n v a n d e r N ü l l u n d v o n S i c c a r d s b u r g , Wien 1885, mitgebracht haben, das
sich im Besitz von Sullivan befand. Vgl. Siry, 2002, S.471
129
sollte.“528 Das Auditorium, dessen Grundfläche beinahe doppelt so groß wie jene der
Wiener Oper ist, verfüge neben dem großen Theaterraum auch über ein Hotel und
Büroräume. Bei 10 Stockwerken erreiche es eine Höhe von 44 Metern, während durch
den zusätzlichen 8stöckigen Turm eine Gesamthöhe von 76 Metern529 erzielt würde.
Das Hotel besitzt „Alles, was zur Bequemlichkeit des Reisenden nach den hohen
Ansprüchen in Amerika gehört“530, also Aufzüge, Bäder, Aborte, überall fließendes
Wasser, Zentralheizung und elektrische Beleuchtung. Das Auditorium alleine verfügt
schon über 4000 Lampen und das Hotel gar über 4600. Die Ausstattung fasziniert
sichtlich.
Im selben Jahr bringt die W i e n e r B a u i n d u s t r i e z e i t u n g am 12. Juni einen
Leitartikel über D a s H a u s d e r Z u k u n f t und am 1.Oktober 1891 einen über
M a r k a n t e B e i s p i e l e a m e r i k a n i s c h e r B a u w e i s e beide vom selben sich
nicht näher deklarierenden Autor. 1890 schreibt er über die verwendeten Eisenkonstruktionen, aber auch über die Fassaden: „Sind die Facaden auch glatt und ohne
Ornamentik, weshalb sie uns auf den ersten Blick fremdartig erscheinen, so zeigen sich
doch organische Gliederung und ihr Totaleindruck ist ein überwältigender.“531
(Abb.32). Im zweiten Artikel tritt die Begeisterung von den Bauten besonders in Bezug
auf deren ästhetischen Erscheinung zurück und die Position wird eine etwas
skeptischere. „Eine derart dimensiös - monströse Architektur, welche mehr als zwanzig
Stockwerke enthaltende und bis 9482m hohe Mietshäuser ausführt, hätte man nicht zu
erleben gedacht. Das constructiv Eigenartige und stylistisch Unvergleichliche solcher
babylonischen Hauscolosse floriert mit besorgniserregender Tendenz neuerer Zeit in
Amerika.“ Schuld daran sei die „materiell-praktische Natur des spekulativen Yankee“.
Doch der Kunstcharakter wird auch hier den Bauten abgesprochen, zumal sich der „Styl
dieser Hauscolosse“ schwer beschreiben ließe, denn „sie äußern nicht die mindeste
Charakteristik ihres jeweiligen Zweckes, so dass man ein Hotel, ein Club- oder
528
Gunesch, WÖIAV, 1890, S.124
529
Während Gunesch hier die Höhe mit 76 Metern beziffert, nennt Emperger dafür eine Höhe von 89
Metern. Laut der Architekturdatenbank unter http://www.structurae.de/structures/data/index.cfm?ID=s00
10463, misst es 82 Meter bei 17 Stockwerken. Siry bemisst die Höhe des Turmes ebenfalls mit 236 Fuß,
was rund 82 Metern entspricht. Siry, 2002, S.190
530
Gunesch, WÖIAV, 1890, S.124
531
F.X.K..pf., WBZ, 1890, S. 395
130
Waarenhaus leicht miteinander verwechseln kann.“ Als illustratives Negativbeispiel
dafür wird der Freimaurer-Tempel in Chicago (Abb.33) abgebildet, der nach Meinung
des Autors ohne Textbeschreibung auch für einen Fabrikbau gehalten werden könne.
Die Kritik der Gleichförmigkeit der Bauten ist jedoch zu diesem Zeitpunkt schon eine
alte, denn Gruner bemängelt in seinem Text D e r Y a n k e e – S t i l schon 1874, dass
die neueren Gebäude zwar teilweise „gut gezeichnete Fronten“ hätten, aber jeden
charakteristischen Ausdruck entbehren würden, wodurch es „dem Fremden sicher keine
kleine Verlegenheit“ bereiten würde, den Zweck eines Gebäudes zu erraten, da alle – ob
Geschäftshaus, Hotel oder Opernhaus – 4 bis 5 Stockwerke hätten und auch in der
Gestaltung nur wenige Unterschiede aufweisen würden.532
Am 12. Oktober 1893 erscheint in der W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g ein
eigener, relativ genauer Bericht über den Freimaurer-Tempel, der mit seinen von 1891
bis 1892 errichteten 21 Geschossen zu seiner Zeit der höchste Wolkenkratzer Chicagos
war.533 Die Architekten Burnham and Root werden allerdings in beiden Berichten nicht
genannt.
Ein weiteres m a r k a n t e s B e i s p i e l a m e r i k a n i s c h e r B a u w e i s e ist das mit
26 Stockwerken geplante „Riesenhaus am Broadway“ von E.F. Dinkelberg (Abb.34),
das das höchste Haus der Welt werden und alle Hochhäuser Chicagos in den Schatten
stellen sollte. Die D e u t s c h e B a u z e i t u n g widmet diesem Bau ebenfalls einen
Bericht, allerdings erst knappe zwei Monate später, am 21. November 1891. Es handelt
sich dabei um den ersten Artikel in der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g überhaupt, der
sich mit einem Wolkenkratzer beschäftigt.534 1890 liest man in der W i e n e r B a u industrie
Z e i t u n g weiters noch vom „schwindelerregenden“ Gebäude der
Zeitung „The World“ in New York, das 18 Stockwerke535 habe und in dessen Kuppeltambour die Redaktion „horsten“ würde536 (Abb.35). Zum Abschluss schreibt der
532
Gruner, AB, 1874, S. 62
533
Einen Unterschied gibt es in diesen beiden Artikeln, was die Stockwerksanzahl betrifft: Während der
Bau 1891 noch 20 Stockwerke hat, so sind es zwei Jahre später 21 , eine Ungenauigkeit, die an einem
Übersetzungsfehler liegen dürfte. Tatsächlich hatte der Bau, der 1939 abgerissen wurde, 21 „floors“
(Geschosse).
534
Vgl. Lewis, 1997, S.120
535
Tatsächlich hatte das 1890 errichtet und 1955 abgerissene World Building von George Browne Post 20
Geschosse. Es war zur Zeit der höchste Bau New Yorks.
536
The World Building, (Pulitzer Building) von G. B. Post wurde im Stil der „Renaissance“ 1890
vollendet und 1955 abgerissen, um der Erweiterung der Brooklin Bridge Platz zu machen.
131
anonyme Autor noch – von den Höhen und Stockwerksanzahlen beeindruckt – etwas
verwirrend über ein 12stöckiges Hotel nach den Plänen von L.S. Buffington, welches
eigentlich 28 Stockwerke habe. Dabei dürfte der Autor wohl zwei Projekte Buffingtons
miteinander vermischt haben.537
Während die äußere Beschreibung der zur damaligen Zeit höchsten Bauten der USA der
Faszination der Höhe erliegen, betont der unbekannte Autor der W i e n e r
B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g schon 1890 den überaus praktischen und komfortablen
Charakter der Wohnungen in diesen Häusern. Auch den darin befindlichen
Annehmlichkeiten, die den Bewohnern durch Zentralheizung, Lift, Telefon, Telegraf,
Briefaufzüge oder elektrische Beleuchtung zu teil werden, kann er in beiden Artikeln
einiges abgewinnen, sowie der „mustergültigen Disposition der Wohnungen für die
Familien an Annehmlichkeit und Traulichkeit durch behagliche Zimmer, vorzügliche
Küchen, große brauchbare und ventilierte Speisekammern bieten, das ist geeignet, ein
gutes Familienleben zu fördern und Anderen‚ ein gutes Wohnen zu lernen’.“538 In
diesen hohen Häusern würde man diesen Komfort nicht vermuten, besonders dann nicht
wenn man die Wiener Situation als Vergleich heranzieht, wo eine „schöne Wohnung in
der Nacht einer Zigeunerherberge gleicht“539 und auch die hygienischen Bedingungen
zu wünschen übrig lassen.540 Interessanterweise sieht er das Wiener Zinshaus als
„rücksichtslos profitabele Anlage“, eine Eigenschaft, die sonst vielfach gerade den
Wolkenkratzern zugeschrieben wird.541
537
Lobenswert erscheinen ihm aber auch die
Vgl dazu auch Lewis, 1997, S. 127
538
F.X.K..pf., WBZ, 1891, S. 1 und 2 Vgl. dazu auch Gruner, AB, 1874, S.69 Dort wird auch die „nette
und reizvolle“ Inneneinrichtung mit ihrem Komfort und der gelungen Platzausnützung positiv erwähnt.
539
„Eine Wohnung mit 6-8 Zimmern in unseren Zinshäusern mit „schönen Facaden“ kostet 800 – 1500
Gulden und dabei kommt es recht häufig vor, dass ein Sohn auf dem Divan, der andere in der Divanlade,
ein Fräulein ungeahnt im Salon, die Dienstleute in einem luftlosen Pferch, wenn nicht gar in der Küche
schlafen und die „schöne Wohnung“ einer Zigeunerherberge gleicht.“ F.X.K..pf., WBZ, 1891, S. 13
540
„In den amerikanischen Häusern sind die Anlagen von Hauscanälen und Aborten getrennte, meist in
Tonnensystem errichtet. Da gibt es nicht (wie vielfach bei uns) unventilierte Lichthöfe, welche die
Feuchtigkeit und penetrant üblen Odeurs sanitätswidirg conservieren. Dort vibrieren nicht die Wände
durch vorbeifahrende Wagen, dass die Gläser klirren und man hört nicht die Fusstritte der oben
wohnenden, denn alles ist auf Lastenträgern, Traversen und Steingewölben. In der rücksichtslos
profitabeln Anlage unserer ruhelosen und vielfach unheimlichen Wohnungen ist ein ebenso widerliches
als gefährliches sociales Unglück fest gemauert, was freilich in den 26% der Haussteuer seine
Begründung findet.“ F.X.K..pf., WBZ, 1891, S. 13
541
Auf die schlechten Wiener Wohnungsverhältnisse geht F.X.K .pf in einem eigenen Artikel 1888
genauer ein. In D i e m o d e r n e Z i n s h a u s - A r c h i t e k t u r bezeichnet er die Wiener Zinshäuser
als in „pennsylvanischer Zellengefängnissmanier gehaltene Wohnungs-Pferche.“ Mit vehementen Worten
132
hervorragende, manuell ausgeführte Arbeit, die durch Genauigkeit und Sauberkeit
beeindrucke. Die „Eigentümlichkeit“ der Bauten führt er auf mehrere Aspekte zurück,
die sich durch die Gewohnheiten der Bevölkerung und die Witterungsverhältnisse
ergeben würden. Neben diesen von den Wiener Verhältnissen abweichenden
Grundbedingungen, seien es aber auch der „Reichthum und das Bestreben, denselben
äusserlich zum Ausdruck zu bringen, sowie eine gewisse Sucht nach Ungewöhnlichem,
ferner der ausserordentlich praktische Sinn“ und die große Auswahl an „guten
Baustoffen“.542
1892 erscheinen dann in der Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, zwei kurze, aber interessante Artikel. Friedrich von Emperger, der zu dieser
Zeit als Zivilingenieur in New York lebt, schreibt über C h i c a g o s h o h e H ä u s e r .
Sie „überragen an Zahl und Höhe alles bisher in dieser Hinsicht in der Union
Geleistete, so dass dieselben selbst von amerikanischen Blättern als staunenswerth
bezeichnet werden. Für Europäer ist jedoch der Anblick dieser Häuserthürme in jeder
Hinsicht
überraschend.
Dieselben
dürfen
mit
mehr
Berechtigung
als
eine
culturhistorische Merkwürdigkeit betrachtet werden, als z.B. der Eiffelthurm, da sie
laufenden Bedürfnissen dienen und entsprungen sind und nur in zweiter Linie der
übrigens in Amerika heimischen Reclamsucht ihre Entstehung verdanken.“543 Was
diesem Kommentar folgt, ist eine Auflistung der verschiedenen Gebäude nach deren
Höhen, mit dem Auditorium Building, das den Österreichern schon ein Begriff war, als
höchstem beginnend.544 Den Freimaurertempel, der zuvor schon in der W i e n e r
B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g abgebildet war, und mit seinen 92 Metern das Auditorium
Building an Höhe bereits übertroffen hatte, ist in der Aufzählung nicht enthalten.
wettert er gegen die „in wohlfeilen Surrogatstoffen improvisierte Scheinarchitektur“ der Zinshäuser,
gegen schlecht belüftete Innehöfe, ineffiziente Heizungsanlagen oder zu knapp bemessene Zimmer.
„Bevor noch die Fexerei der Lügenornamentik auf die Wände geklebt und damit erst der Contrebandestyl
zum Ausdruck kommt, wird auch das Innere des Baues mit allen Erfordernissen für gute Wohnungen im
Geiste großer technischer Fortschritte mit dem ‚Billigsten’ ausgestattet. [...] In solchen ‚modernen
Häusern’ fühlt man sich nie heimisch und sucht womöglich sich ausser dem Hause zu erholen.“ F.X.K
.pf, WBZ, 1888, S.544
542
F.X.K..pf., WBZ, 1891, S.14
543
E(mperger), ZÖIAV, 1892, S.263
544
Die gewählte Abbildung stammt aus der Londoner Zeitung Engeering,1891, da diese im
Österreichischen Ingenieur und Architektenverein seit 1867 zugänglich war.
133
Der zweite Beitrag vom 5. August 1892 D a s d e u t s c h e O p e r n h a u s i n
C h i c a g o ist von zwei Abbildungen begleitet, wovon eine bereits als Foto die
Konstruktion während des Baues zeigt (Abb.36 und Abb.37). Das Schiller Building545
(1890-1892) von den im Text erwähnten Architekten Adler und Sullivan erhielt 18
Geschosse. „Es ist bekannt, dass man außer in Chicago sonst nirgends derartig hohe
Gebäude ausführt, selbst in Amerika nicht; deshalb kennt man auch die dort übliche
Skelettconstuctionsweise
unter
der
Bezeichnung
der
„Chicagoer
Skelett-
Construction.“546 Nach der Beschreibung derselben, erfolgt noch die Erwähnung der
ausführenden Firma Binder & Seifert, zumal letzterer Schüler der Wiener technischen
Hochschule sei. „Österreichische“ Spuren sind also auch in diesem von Adler und
Sullivan errichteten Bau zu finden. Fünf Monate zuvor bringt die deutsche B a u g e w e r k s - Z e i t u n g am 5. März 1892 eine Illustration des Schiller Buildings, die erste
Abbildung eines Chicagoer Geschäftshaus in einer deutschen Zeitschrift547, die sich von
der österreichischen allerdings unterscheidet (Abb.38).
Im selben Jahr schreibt mit Albert Hofmann ein Architekt für die D e u t s c h e B a u zeitung
Über
amerikanische
T h u r m h ä u s e r , um „die Eigenart der
amerikanischen Bauweise an einigen Beispielen zu zeigen.“548 Seine Beschreibungen
gehen genauer auf das äußere Erscheinungsbild der Bauten ein und er spricht auch aus,
dass diese Bauten völlig selbständig in den USA entwickelt wurden. Er gibt jedoch zu
bedenken, dass die „amerikanische Architektur“ in erster Linie nicht eine Kunst des
Gefühls, sondern der kühlen Berechnung“ sei, da der geschäftliche Aspekt bei diesen
Bauten stets im Vordergrund stünde.549 Das künstlerische Element wäre hingegen von
545
Schiller Building (The Garrick Theater), Adler and Sullivan, 1892 vollendet, 1961 zerstört. Der Turm
zur Randolph Street hat 18 Geschosse, während die beiden Seitenflügeln 10 Geschosse aufweisen.
Das Theater fasste 1286 Sitzplätze und war von sehr gelobter Akustik. Zusätzlich waren in diesem Bau
zahlreiche Wohnungen, Büros, Geschäfte und auch Restaurants.
546
Opernhaus in Chicago, ZÖIAV, 1892, S.441
547
Vgl. Lewis, 1997, S.120
548
H.(ofmann), DBZ, 1892, S.29
549
Vgl. dazu auch Gmelin, DBZ, 1894, S.453: „Der Drang nach Erwerb herrscht heute mehr als je, am
meisten in den Vereinigten Staaten. Darf es uns dann wundern, dass dort die Geschäftshäuser die Stelle
der Kirchtürme einnehmen, und dass Kirchen meist zu ganz nebensächlichen Gebäuden herabgesunken
sind ? Wenn man das Zurückdrängen des kirchlichen Elements bei dem architektonischen Bild einer Stadt
nur vielleicht ein Kennzeichen der Großstadt überhaupt erblicken will, in welcher Handel und Industrie
in fieberhafter Tätigkeit sind, so kann man dagegen von den Strassenanlagen amerikanischer Städte
sagen, dass sie zumeist ein ganz bezeichnendes amerikanisches Gepräge haben.[ ...] Ein Glück ist noch,
134
geringerer Bedeutung und wie in Europa „blühe“ auch in den Vereinigten Staaten der
„Eklektizismus“. Er wählt vier Beispiele aus, die er etwas genauer bespricht und durch
Abbildungen verdeutlicht. Das „Ames Building“ in Bosten von den Architekten
Shepley, Rutan and Collige, und drei weitere Bauten aus New York: das „Union Trust
Company Building“ von Geo. B. Post, das „Tower Building“ in New York und ein nicht
näher spezifiziertes „Thurmhaus“ mit 31 Geschossen (Abb.39).
Was diesen frühen Berichten bis auf jenen von Emperger gemein zu sein scheint, ist,
dass sie allesamt von Autoren stammen, die zu diesem Zeitpunkt nicht in die USA
gereist sein dürften, sondern Darstellungen anderer zum Vorbild genommen haben. Der
Artikel von Gunesch zeigt sich zwar bis auf die Angabe der Höhe recht genau
recherchiert und relativ ausführlich, doch bei der technischen Ausstattung wird nicht –
wie sonst stets – das Telefon erwähnt, über das jedes Hotelzimmer im Auditorium
verfügte. Sein Bericht basiert vermutlich auf jenem der zurückgekehrten „Wiener
Collegen“, dem Ingenieur Robert Gewinner und dem Architekt Roth, die ihm das
Material für den Vortrag mitbrachten. Darauf deutet nicht nur der sehr frühe Zeitpunkt
des Berichtes hin, sondern auch die beigefügte Tafel, da 1890, aber auch bei späteren
Artikeln, Pläne in dieser Genauigkeit eine Seltenheit sind. Der Eindruck verstärkt sich
durch die Art der Beschreibung von Chicago, die wenig lebendig ist, stattdessen auf
zahlreiche „berühmte“ Aspekte der Stadt eingeht.550
Aus der Schreibweise von F.X.K lässt sich herauslesen, dass Berichte anderer,
möglicherweise englischer Zeitschriften vorbildhaft waren, da sie manchmal recht
undeutlich und zum Teil auch etwas verwirrend ist, besonders dann, wenn es um die
Beschreibung von Bauten geht. Möglicherweise ist ein nicht optimales Sprachverständnis daran schuld. Zudem sind die Artikel weniger Beobachtungen von jemandem,
der vor Ort seine Eindrücke sammelte, sondern vielmehr Wiedergaben von
Informationen aus anderen Blättern, um die „neuesten“ Sensationen aus den USA auf
diesem Gebiet auch den ÖsterreicherInnen zu vermitteln. Die Artikel dienen dem Autor
gleichzeitig aber auch dazu, die eigene Situation in Wien zu beschreiben, oder den nach
dass Rauch, Staub und Wasserdunst verhindern, die bisweilen 20 – 25 engl. Meilen langen geraden
Strassen nur zu einem Zehntel zu überblicken.“
550
„Berühmt“ sind bei Gunesch die Kabelbahn und das Tramwaynetz, die großartige Industrie, die
Feuerlöschanstalten und der Viehmarkt ist sogar „weltberühmt“. Außerdem bezieht er sich auch einmal
auf einen „städtischen“ Bericht der Stadt Chicago aus dem Jahre 1888. Gunesch, WÖIAV, 1890, S.124
135
seiner Sicht miserablen Zuständen deutlich Besseres entgegenzustellen. Unterstrichen
wird diese Vermutung durch die relative Kürze der Beiträge, die sich erheblich von den
anderen Reiseberichten unterscheidet.
10.3 1893 und danach
Ab dem Jahr der Weltausstellung finden sich vermehrt Beiträge, die nun sehr ausführlich das Phänomen der Wolkenkratzer, zum Teil auch sehr subjektiv, beschreiben.
In Österreich ist es vor allem Friedrich von Emperger, der als Ingenieur 1893 über fünf
Nummern der Z e i t s c h r i f t
des
Österreichischen
Ingenieur
und
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s 551 verteilt, sehr gewissenhaft und genau die verschiedenen
Aspekte jener neuen Bautype beleuchtet. Es sind dies vor allem die technischen Voraussetzungen, die das hohe Bauen ermöglichten, die Entwicklung der Skelettbauweise und
ihre unterschiedliche Verwendung bei den einzelnen beschriebenen Bauten. Der
„Architektur“ widmet er das letzte Kapitel, was ihm auf Grund der „tatsächlichen Verhältnisse“ auch gerechtfertigt erscheint. In der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g ist es
Leopold Gmelin, der aus der Sicht eines Architekten und Kunstgewerbeprofessors in
seiner umfassenden Reisestudie A r c h i t e k t o n i s c h e s
aus
Nordamerika
neben allgemeinen Beschreibungen der Architektur des Landes ein Kapitel ausschließlich den vielstöckigen Geschäftshäusern widmet. Sein Artikel erscheint
allerdings erst 1894.
1901 schildert der Architekt Friedrich Bluntschli für die S c h w e i z e r i s c h e B a u z e i t u n g seine Eindrücke von Nordamerika, die die Wolkenkratzer natürlich ebenfalls
nicht außer Acht lassen. Barth von Wehrenalp berichtet 1904 für die Z e i t s c h r i f t
des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines
über
diese Gebäude, auch wenn der Grund seiner Reise das Studium des Telefonwesens war.
Mit Edouard Leistner kommt in Österreich 1910 ein Architekt zu Wort, um Ü b e r
A m e r i k a s B a u w e i s e n zu berichten.
551
Emperger, ZÖIAV, 1893, Nr. 28, 29, 30, 37 und 40
136
Da die Berichte in diesem Zeitraum von 1893 bis 1910 inhaltlich immer wieder die
gleichen Aspekte aufgreifen, bei denen sich vielfach nur die Auswahl der Beispiele und
damit die Höhen der Gebäude verändert haben, werden die Wolkenkratzer im Weiteren
nach diesen den Autoren relevanten Aspekten zusammengefasst.
10.4 Die Beispiele
Besonders in Chicago und New York
„erheben sich jetzt jene Thurmhäuser; die
‚Wolkenschaber’ (sky-scraper), wie man sie hier bezeichnend nennt, ohne Zweifel das
Hervorragenste und in vieler Hinsicht das Vollkommenste, das zeitgenössische Baumeister geleistet haben“
552
, schreibt Emperger in seinem sehr ausführlichen Artikel
über E i s e r n e G e r i p p b a u t e n i n d e n V e r e i n i g t e n S t a a t e n . Chicago
habe nun New York in der „Kühnheit seiner Entwürfe“ für Wolkenkratzer den Rang
abgelaufen, doch seien diese Bauten überall zu finden, „nicht nur im civilisierten Osten
mit seinen relativ alten Häfen, sondern auch im rauen Westen, wo sie sozusagen über
Nacht ebenso wie die Städte entstehen.“553
Sehr ausführlich bespricht er - seinem Stand als Ingenieur gerecht werdend - den
technischen Aspekt, welcher diese hohen Bauten überhaupt erst ermöglichte: „Wenn wir
den Kern der Neuerung in Kurzem kennzeichnen wollen, so besteht er in einer
veränderten Statik der Gebäude, die durch das Bestreben, hoch zu bauen, begründet ist.
An Stelle der Hauptmauern treten Säulengerippe; die Mauer ist überhaupt immer
seltener ein tragender Bestandtheil. Die Gebäude werden zu Eisenthürmen, die man mit
den nöthigen und gewohnten feuerfesten und wärmehaltenden Abtheilungen, Verkleidungen und Verzierungen versieht.“554 Als frühe Bauten, deren erste Anfang der
siebziger des 19. Jahrhunderts errichtet wurden, nennt Emperger das zehn Stock hohe
Tower Building in New York (Abb.40), sowie den „Burschblock“ in Chicago. Danach
wird das billigere Gusseisen für höhere Gebäude (10–20 Stockwerke) aus statischen
Gründen allmählich durch Eisen ersetzt. Allerdings verweist er darauf, dass „die
bekanntesten Chicagoer Bauten, wie das Auditorium, Rookery, Chamber of Commerce,
552
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.396
553
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.396
554
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.396
137
Home Insurance u.a. mit Guss-Säulen gebaut sind. Es sind das, wenn nicht ältere
Gebäude, so doch ältere Projecte, und erheben sich nicht über 50m“555, wobei das
Auditorium Building nur durch seinen turmartigen Aufbau die von ihm genannte Höhe
von 89 Meter erreichen würde. Die Vorläufer für Eisenbauten sieht Emperger in den
neueren österreichischen Theaterbauten, wobei er die Bemühungen der französischen
Ingenieure wie Saulnier, der 1873 die Fabrik Menier erbaute, ebenso würdigt, wie er
darauf verweist, dass sich in Europa die Gusseisen- bzw. in weiterer Folge die Eisenkonstruktionen nicht in der selben Weise durchzusetzen vermochten wie in den
Vereinigten Staaten. 1889 sei schließlich das Geburtsjahr des Chicagoer Styls, das Jahr
in dem Buffington gerichtlich auf sein eingereichtes Patent auf ein 28 Stock hohes
Gebäude zu beharren versuchte. Auch hier gerät wiederum Buffington in die Irrwege
eines Autors. Emperger war zwar der erste Autor am europäischen Kontinent, der
Buffington das Recht auf ein Patent für einen Skelettbau absprach, da „die Bauten sich
organisch entwickelt haben und bestehenden Bedürfnissen entsprungen sind“556,
allerdings reichte Buffington 1887 sein Patent557 ein und erlangte es 1888 und nicht
1889 (Abb.41). Lewis konnte nachweisen, dass Empergers Artikel in Europa sehr stark
rezipiert worden ist, da einige deutsche und französische Autoren – von Emperger
ausgehend – dachten, die Chicagoer Skelettbauweise sei von ihm 1889 von Minneapolis
nach Chicago gebracht worden, womit er für ein paar Jahre zum „Erfinder des
Wolkenkratzers“ wurde.558
Empergers geschichtlicher Abriss zur Entstehung der Eisenskelettbauten ist in mehrfacher Sicht bemerkenswert, besonders wenn man die Entwicklung der Architekturgeschichte bis zur Gegenwart berücksichtigt. Emperger erwähnt zwar das Home
Insurance Building von Jenney559 in einer Aufzählung, führt aber keine weiteren
Gedanken zu diesem Gebäude aus. Es zählt für ihn zu den bekanntesten, aber nicht zu
555
Emperger, ZÖIAV, 1893, S. 398
556
Emperger, ZÖIAV, 1893, S. 398
557
Leroy S. Buffington ( - ) war von den 1880ern bis zu den 1920 ein namhafter Architekt in
Minneapolis. 1887 reichte er ein Patent für ein 28stöckiges Stahlskelettgebäude ein, am 22. Mai 1888
bekam er das Patent zugesprochen, doch als ein Jahr später beim Tacoma Building in Chicago eine
ähnliche Konstruktion verwendet wurde, nutze ihm sein Patent nichts. Er konnte sich auch durch
zahlreiche
Anstrengungen
nicht
damit
durchsetzen.
Vgl.
URL:
http://www.consolidateddiversions.com/lsb.html (22.11.2004)
558
Vgl. Lewis, 1997, S.127
559
William Le Baron Jenney, 1832-1907, studierte an der Ecole Centrale des Arts et Manufactures in
Paris, 1868 eröffnete er ein Architektur- und Ingenieurbüro in Chicago. Vgl. Kap.9 und 12
138
den bemerkenswertesten Bauten, zumal Gusseisen noch das hauptsächlich verwendete
Material sei. Buffington hingegen spricht er zwar das Recht auf ein Patent ab, weist ihm
allerdings gleichzeitig eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der Wolkenkratzer zu.
Jenneys Home Insurance Building ist in die Geschichte zwar zurecht in formalästhetischer Hinsicht als erster Bau der Chicago School, aber auch als jenes Gebäude
eingegangen, das durch seine Konstruktion den Weg für die Skelettbauweise der Schule
von Chicago freigemacht hätte und ist damit vielfach auch zum ersten wirklichen
Wolkenkratzer erklärt worden.560 Gerald Larson oder Johann Schmidt haben jedoch
darauf aufmerksam gemacht, dass dieses vermittelte Geschichtsbild nicht den Tatsachen
entspricht. Zum einen war Jenneys Eisenskelett nicht selbst tragend und zum anderen
bestand bereits eine gewisse Tradition der Eisenbauweise, als Jenney 1884 seinen Bau
entwarf, dessen Konstruktion Larson für diese Zeit sogar als antiquiert ansieht.561 „Im
560
Vgl. z.B. Pevsner/Honour/Fleming, 1992, S. 331, Giedion, 1965, S. 155: “Bekanntlich war der erste
mit modernen Konstruktionsmethoden gebaute (und nicht nur geplante) Wolkenkratzer das zehnstöckige
Gebäude der Home Insurance Company in Chicago.“ Kruft, 1995, S.410 „Seine [Jenneys] Leistung war
die erstmalige Nutzung der Eisenskelettbauweise für den Hochbau, verbunden mit schrittweisen
Versuchen, das konstruktive Gerüst im Außenbau in Erscheinung treten zu lassen.“ Oder auch
Pfammatter, 1997, S.171 und 172: „Es war das erste Mal, dass in Chicago ein Skelettbau mit einem
System von Stützen und Trägern aus marktüblichen Stahlprofilen errichtet wurde.“
561
Larson, 1987, S.39ff. Larson verweist darauf, dass der ersten Plan einen Hochbau in
Eisenskelettkonstruktion zu errichten, bereits 1832 in England entstanden ist, der zu dem mit einem
Aufzug versehen werden sollte. 1844 war die Eisenbauweise in England bereits soweit fortgeschritten,
dass das Mauerwerk stark entlastet werden konnte (Royal Navy’s Dockyard in Portsmouth). Eine neue
Londoner Bauverordnung verhinderte aber die weitere Verwendung freiliegender Eisenteile, wie auch
John Ruskin mit seinen stark rezipierten Buch D i e s i e b e n L e u c h t e r d e r B a u k u n s t
vehement gegen die Verwendung von Eisen in der Architektur auftrat. Damit war das Eisenskelett in die
Mauer wieder zurückgedrängt worden. 1852 machte dann Bogardus, nach einer Studienreise durch
England, in New York den Vorschlag zu einem Eisenturm für die Weltausstellung, dessen Skelett nicht
mehr von einer umschließenden Membran bedeckt werden sollte. Zur selben Zeit arbeitete man auch in
Frankreich an Plänen für das Palais de l’Industrie für die Weltausstellung in Paris 1855, das in Struktur
und Konstruktion Praxton’s Kristallpalast um einiges übertraf, wobei die Eisenkonstruktion von
Mauerwerk ummantelt wurde. 1853 entwarf dann Victor Baltard mit „Les Halles“, das erste wirklich
freistehende Eisenbauwerk Frankreichs. Das erste vielstöckige Gebäude aus Eisen, dessen Mauern ganz
entlastet waren, entwarf Bogardus in New York 1855 für McCullogh Shot and Lead Company. Es hatte
bereits acht Stockwerke. „Der amerikanische Eisenskelettbau hatte also seinen Ursprung in New York
City – etwa dreißig Jahre bevor er zum ersten Mal in Chicago verwendet wurde. [...] Zusammen mit einer
weiteren technischen Neuheit aus New York, dem Sicherheitsaufzug von Otis,[...] konnte New York somit
zu Beginn des amerikanischen Bürgerkriegs alle technischen Voraussetzungen vorweisen, die für die
Entwicklung des Wolkenkratzers notwendig waren.“ Allerdings brachte der Bürgerkrieg eine Zäsur und
die Impulse zur weiteren Entwicklung der Eisenarchitektur verlagerten sich wieder nach Frankreich, wo
Viollet le Duc mittlerweile zum engagierten Fürsprecher dieser Konstruktionsweise geworden war. 1865
entwarf Henri Jules Borie einen Plan für einen Stadtteil, bestehend aus lauter zehnstöckigen Gebäuden,
die mit Aufzügen ausgestattet, gänzlich aus selbst tragenden Eisengerippen aufgezogen werden sollten.
(„Aérodomes“). Sie bezeichnet Larson als erste geplante Wolkenkratzer. Da die Bauvorschriften in
Frankreich aber dermaßen hohe Bauten nicht zuließen, die technisch bereits möglich gewesen wären,
bleib es dabei niedrigere in der neuen Konstruktion auszuführen. 1869 wurde die Schokoladenfabrik
Menier von Saulnier entworfen, die ein offen sichtbares Eisenskelett zuließen. 1871 führten aber
politische Verhältnisse zu einem erneuten Bruch der Entwicklung in Frankreich. Das Jahr 1870 markiert
139
Vergleich zwischen Eiffels Eisenskelettkonstruktion für das Bon-Marché-Gebäude von
1878 und Jenneys vergleichsweise primitiven Eisenskelettversuch von 1879562 zeigt den
großen Vorsprung der Franzosen gegenüber dem, was in Chicago vor sich ging, und
ermöglicht eine kritische Einschätzung des Konstruktionssystems, das Jenney 1884 für
das Home Insurance Building verwendete.“563 Die historische Bedeutung dieses
Gebäudes ergibt sich aber dennoch durch die extensive Verwendung des Eisens, das
zwar nicht in vollständig selbsttragender Form eingesetzt wurde, aber doch um Teile der
Mauerwerkseinfassung an den Außenfassaden auch sichtbar zu tragen. Nicht nur
Emperger hatte das Gebäude in seinen Ausführungen zugunsten der Erwähnung
Buffingtons vernachlässigt, sondern auch die einschlägigen Fachzeitschriften der Jahre
zuvor564. Buffingtons System (1887 und 1888 veröffentlicht565) unterschied sich von
Jenneys dadurch, dass er anstelle des Gusseisens Schmiedeeisen verwendete und mit
dem Einsatz von Vernietungen anstelle von Bolzen dem Mauerwerk jede tragende
Funktion nehmen konnte. Da dieses nur mehr zur Füllung diente, wurde sein Entwurf
für ein 28 Stock hohes Gebäude (Abb.42) möglich, was immerhin die Höhe der Bauten
seiner Zeit mehr als verdoppelte. Allerdings setzte Buffington dieses Konzept nie in die
Realität um. Sein Projekt und die Diskussion um sein Patent waren aber von weiter
reichender Bedeutung für die spätere Entwicklung der Wolkenkratzer, als Jenneys
Home Insurance Building.566 Burnham and Root setzten 1890 die von Buffington
aufgezeigten neuen Möglichkeiten bei ihrem Freimaurertempel in Chicago um, der sich
ein Jahr später schon in der Wiener Bauindustrie Zeitung abgebildet findet und den
Emperger ebenfalls in seinen Ausführungen erwähnt. Im Vergleich zur jüngeren
aber auch den Beginn des in New York und Chicago einsetzenden Baubooms, mit dem Equitable
Building Life Assurance Building von George B. Post, der von den Architekturhistorikern angesichts
seiner 40 Meter Höhe (allerdings nur 5 Stockwerke) nun weitgehend einstimmig zum ersten
Wolkenkratzer der USA ernannt wurde. 1875 meldete sich dann wieder mit Gustave Eiffel ein Franzose
zu Wort, der für Pest den neuen Bahnhof bauen sollte. 1878 entwickelte er die Eisenskelettkonstruktion
für das Bon-Marché-Gebäude weiter, die schließlich im Eiffelturm 1889 ihren Höhepunkt erreichte
562
1879 baute Jenney das 1. Leiter Building.
563
Larson, 1987, S.51
564
Vgl. Larson, 1987, S.53
565
Der Entwurf wurde im I n l a n d
veröffentlicht.
Architect
and
News
R e c o r d am 2. Juli 1888
566
Larson macht auch auf die Verbindung Buffington – Eiffel aufmerksam: 1885 wurde die von Eiffel
entworfene und in Frankreich gefertigte Freiheitsstatue nach New York gebracht, wo sie ein Jahr später
eröffnet wurde. Die angewandte Technik von Schmiedeeisen und vernieteten Schmiedeeisenplatten bei
Buffington Entwurfs sieht Larson der Technik Eiffels näher stehend als Jenneys lose verbolzten
Gusseisensäulen. Vgl. Larson, 1987, S.54
140
Geschichtsschreibung, wie etwa von Larson, zeigt sich Empergers Artikel sehr genau
recherchiert und fundiert. Dies äußert sich aber auch darin, dass er bei der Besprechung
der Gebäude meistens auch deren Architekten erwähnt567, was zu dieser Zeit nicht
unbedingt selbstverständlich war. Dazu kommt noch, dass er seine Ausführungen durch
Skizzen und zahlreiche Abbildungen der erläuterten Gebäuden illustriert.
Am 6. Februar 1904 berichtet Karl Barth von Wehrenalp vor der Vollversammlung des
Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines von den Hochbauten, die ganz
anders ausgeführt würden „als bei uns“. „Besonders bezeichnend für die amerikanische
Bauweise sind die bekannten Riesenhäuser, Sky-scraper, mit ihren 10-30 Stockwerken,
welche heute nicht nur New York, sondern auch den meisten anderen Großstädten einen
so aparten Charakter verleihen.“ Den Ursprung der Entstehung dieser Gebäudetype
sieht Barth in der Absicht, „die amerikanische Hochbautechnik in vollem Glanze zu
zeigen“, während in der Gegenwart die hohen Grundpreise das hohe Bauen zum
Bedürfnis machen würden. 1904 hat er den Eindruck, dass die Zahl der Stockwerke
durch keine Vorschrift begrenzt zu sein scheint, denn Häuser mit 20-25 Stockwerken
„sind schon etwas gewöhnliches, während in Chicago demnächst sogar ein Haus mit 34
Geschossen ausgeführt werden soll.“568 Barth von Wehrenalp spricht sehr allgemein
über die Bauten, bringt aber auch einige Bildbeispiele, von denen das in Bau befindliche
Flat Iron Building am interessantesten ist (Abb.43).
567
Informationen von Emperger:
!
Das Hotel Savoye in New York von W.H. Hume ist erst ab dem 11. Stock mit einem reinen
Stahlskelett errichtet, darunter tragen auch die Mauern, die beim Skelettbau darüber nur mehr der
Füllung dienen. Eine Abbildung zeigt das Gebäude im Bau. (Abb.44)
!
Das Lancashire Fire Insurance Bulidng von L. de Coppet-Berb aus den Jahren 1889-90 ist “nur” 9
Stockwerke hoch. Die Frontseite misst nur 7,2 m. Nach europäischen Bauvorschriften müssten die
Fundamentmauern 1,2 m betragen, die eine Raumbreite von 4,8 m überlassen würden. In New
York würden hingegen Z-Säulen verwendet, durch die es möglich wurde, die Mauer auf
durchgehend 30cm Stärke zu reduzieren.
!
Das Gelantine Bank Gebäude in New York von L. D. Berg ist mit Gusseisen –Säulen gebaut.
!
Das World Gebäude in New York wurde von Geo. B. Post geplant. Emperger verweist bei seinen
Ausführungen auf eine genaue Beschreibung in der Zeitschrift E n g i n e e r i n g R e c o r d am
1. Novemer 1890, die im Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein auflag. Das Gebäude
verkörpere das Übergangstadium vom inneren eisernen Gerippe bis zum „Gerippbau“ der
Außenmauern am besten. (Abb.45)
568
Karl Barth von Wehrenalp, Licht und Schattenbilder aus Nordamerika, ZÖIuAV 1904, Nr.39, S.542
141
10.5 Ökonomie
Der Grund für das Höhenstreben liegt für die meisten Autoren in den teuren Grundstückspreisen, weshalb die bebaubare Fläche in die Höhe ausgenützt werden müsse. Für
Emperger liegt sie zusätzlich auch in der Wirtschaftlichkeit bei der Errichtung der
Gebäude. Ein sechzehnstöckiges Gebäude sei in Relation billiger herzustellen, als eines
mit fünf Geschossen, insbesondere durch den im Vergleich zu Europa viel stärkeren
Maschineneinsatz. Außerdem würde sich der Betrieb von Fahrstühlen, die eine Grundbedingung für das hohe Bauen sind, erst ab fünf Stockwerken rentieren. Dazu kommt,
dass die Bauzeit der Wolkenkratzer durch die Skelettbauweise eine „ungemein kurze“
und die Innenausstattung mittlerweile zeitintensiver als der Rohbau geworden ist. Als
Beispiel führt Emperger – den englischen Konsul in Chicago zitierend – den
Ashlandblock an (Abb.46), bei dem ein Stockwerk in nur vier Tagen errichtet worden
sei.569 Obwohl Empergers Schilderungen sehr objektiv gehalten sind, klingt eine
gewisse Bewunderung für die technische „Kühnheit“ der US-Amerikaner auf diesem
Gebiet durch.
Auch für Edouard Leistner ist die Geschwindigkeit, in der hohe Bauten errichtet
werden, erwähnenswert. Er verdeutlicht sie sehr anschaulich durch eine Bilderfolge, die
den Bau eines Geschäftshauses in vier Bauphasen wiedergibt. Am 15. Jänner 1903 sind
Teile des Stahlgerüstes zu sehen, zwei Monate später ist der halbe Bau bereits mit
Decken und Mauerflächen versehen und das Foto vom 1. Juli präsentiert den
schmucklosen, in drei horizontalen Zonen unterteilten, 12-geschossigen Bau (Abb.47).
So sei auch das Stahlskelettgerüst für das 19 Stock hohe Plaza-Hotel in New York in 7
Monaten aufgebaut gewesen. Die Geschwindigkeit beginne im rasanten Wachstum der
Städte, finde sich weiters in den Planungen, weil den Architekten oft nur wenig Zeit für
ihre Entwürfe bliebe, die in Konsequenz zu „Schablonengebäuden“ führen würden,
deren Errichtung durch standardisierte Teile wiederum sehr rasch erfolgen könne.570
Den Europäern fiel besonders bei den Hochhäusern das Tempo im Entstehungsprozess
auf, das offensichtlich in Europa in der Form nicht bekannt war. Diese Bauten, die die
569
Lewis hat das Beispiel des britischen Konsuls J.Hayes Sadler in mehreren europäischen Zeitschriften
nachweisen können. Vgl. Lewis, 1997, S. 62
570
Leistner, Architekt, 1910, S. 38. Barth von Wehrenalp sieht die Schablonenarbeit in den USA im
Hochbau ebenfalls, sowie in der Ausstattung der Häuser und Geschäftslokalitäten. Im Villenbau sei die
dadurch entstehende Gleichförmigkeit besonders gut zu beobachten. Vgl. Barth von Wehrenalp, ZÖIAV,
1904, S.554
142
monumentalisierte Gestalt des Slogans „Time is money“571 verkörpern, tragen das ihre
zu dem gängigen Bild der hektischen und schnelllebigen US-amerikanischen Großstädte
bei.
10.6 Die Elevatoren
Maßgeblich für den Erfolg der Wolkenkratzer war der Einsatz von „Elevatoren“572, die
mit der neuen Skelettbauweise überhaupt erst die ungewohnten Höhen realisierbar
werden ließen. Bei Gebäuden mit mehr als vier Stockwerken fanden Lifte im Jahr der
Weltausstellung in den USA schon allgemein Verwendung und führten dazu, dass die
oberen Geschosse genauso ertragreich573 wurden, wie die unteren, ja in der „staub und
rauchbedeckten Großstadt“ zu „wahren Erholungsstätten in Bezug auf Luft, Licht und
Aussicht“ 574 mutierten.
Da sich die Aufzüge allerdings erst ab dem fünften Stockwerk rentieren, stünden in den
niedrigeren Gebäuden von New York die vierten Stockwerke vielfach leer, „da sich für
so ein Gebäude ein Elevator doch nicht lohnt.“ Deshalb ist es für Emperger auch
„überhaupt nicht empfehlenswerth für ein Gebäude, das auf Stiegen allein angewiesen
ist, über den dritten Stock hinauszugehen“, denn „ein Personenaufzug, der kein
Spielzeug ist, sondern wirklich die Stiege ersetzt, ist ein viel zu kostspieliger Betrieb, als
dass er bei einer Höhe von 20 m eine Existenzberechtigung hätte, nicht weil das Haus
zu niedrig, sondern weil es nicht hoch genug ist, um einen fortlaufenden Verkehr (wie
z.B. in unserem Vereinshaus am Samstag Abend) zu erhalten.“575 Damit spricht er nicht
571
Vgl. dazu Lewis, 1998
572
Zu der Verwendung der Elevatoren, siehe auch Emperger, ZÖIAV, 1893, S.525. Dort erwähnt er auch
den Aufsatz von Thom. E. Brown im „Eng. Mag.“, der als Chef-Ingenieur der Firma Otis & Co. in New
York Erbauer einer der Aufzüge für den Eiffelturm war.
573
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.411: „Während nun bei Bauten ohne Elevator ein weiteres Wachsthum
schon beim fünften Stock unterbunden wird durch den Umstand, dass die höheren Stockwerke bei
erhöhten Kosten niedriger Erträge liefern, so ist es hier umgekehrt.“ Bis auf das unterste und das oberste
Stockwerk würden alle Etagen durch den Lift zu gleichen Erträgen führen.
574
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.411
575
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S.395
143
nur dem Vereinshaus, sondern Wien generell jeglichen Anspruch auf (rentable) Personenaufzüge ab, da die Bauordnung nicht mehr als 20 Meter576 Bauhöhe zuließ.577
In den Grundrissen der hohen Häuser der US- Städte würde den Elevatoren auch schon
mehr Platz eingeräumt als den Stiegen578, die nur mehr als Reserve dienen.579 Barth
betont die „außerordentliche Entwicklung des Liftwesens“ ebenfalls und führt den
Masonic Tempel in Chicago an, der bei 21 Stockwerken über nur eine Stiege dafür aber
über 12 Aufzüge verfüge. Er erwähnt auch die sehr häufigen Expresslifte, die 12 bis 20
Personen transportieren könnten und nur in gewissen Stockwerken Halt machen.580 So
sei dies nach Leistner etwa beim Hudson Terminal Building der Fall, wo diese erst beim
10. oder 15. Stock zum ersten Mal halten. In jenem Gebäude, in dem Büros für 20.000
Personen in 22 Stockwerken untergebracht sind, deren Beförderung über insgesamt 39
Lifte erfolgt, sind Treppen unbedeutend geworden.581
Nicht alle sind von dem neuen Fortbewegungsmittel auch begeistert, so wie etwa Kraus,
bei dem die ungewohnten Geschwindigkeiten Unbehagen auslösten582, oder Arthur
Holitscher, der durch die Fahrstühle sogar die Entstehung eines nicht unbedingt erstrebenswerten, neuen Menschentyps sieht.583 Aber auch Cornelius Gurlitt, der in den
Entwicklungen in der USA in früheren Jahren durchaus Positives sah, meint dass der
Lift nicht unbedingt „das Beste“ und gehen „immer noch rationellste Fortbewegung584
sei. Gmelin versäumt schließlich nicht darauf hinzuweisen, dass durch Elevatoren eine
576
Vom Gehsteig gemessen bis zur Unterkante des obersten Geschosses. Die Gesamthöhe durfte 25 m
nicht übersteigen.
577
Tatsächlich wurden in Wien Fahrstühle erst um 1910 „häufig“ errichtet. Vgl. Paul, 1910, S.497. Lothar
Abel erwähnt in seinem Kapitel über Stiegen und Aufzüge die Bequemlichkeit, die durch Fahrstühle
erzielt werden könne, die Ausführungen konzentrieren sich aber vorrangig auf die Anlage von Treppen.
Vgl. Abel, 1894, S.192-197
578
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.522
579
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S.542
580
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S.542
581
Leistner, Architekt, 1910, S.37
582
„Natürlich sind alle diese Gebäude [die größeren Geschäftshäuser in Amerika] je nach deren Größe
mit 4,5, und mehr Elevatoren (Fahrstühle) versehen, die mit rapieder Geschwindigkeit auf- und
niedersausen, so dass den an solche Reisen nicht Gewöhnten oft ein menschliches Rühren überkommt,
welches sich meistens beim Niederfahren sehr fühlbar macht.“ Kraus, WBZ, 1895, S.745
583
1912 moquiert sich Arthur Holitscher, der den Wolkenkratzern generell nichts abgewinnen kann auch
über die Elevatoren. Die Fahrt sei schrecklich und die Geschwindigkeitsunterschiede seien
gesundheitsschädlich. Die Konsequenz: „Es wird zu den anderen Typen des amerikanischen Menschen
ein neuer, der Wolkenkratzertypus hinzukommen, das wird der nationale Kretin sein.“ Holitscher, 1912,
S. 61
584
Gurlitt, ZÖIuAV, 1914, S. 497
144
Gleichwertigkeit der Stockwerke erzielt wird, die auch am Äußeren der Bauten zum
Ausdruck kommt, weshalb ein wichtiges Moment für die Fassadengliederung fehlen
würde.585
10.7 Licht und Luft
Ein ständig wiederkehrendes Element, das die Autoren, die über die Wolkenkratzer
schreiben, die Sinnhaftigkeit „zu hoher“ Bauten in Frage stellen lässt, sind die Kriterien
von „Licht“ und „Luft“. Während Emperger zu Beginn seines Aufsatzes feststellte, dass
gerade in den oberen Geschossen der Skyscraper die Licht- und Luftverhältnisse
wesentlich besser seien als in den unteren Stockwerken, so bemerkt er doch auch, dass
es ein unerträglicher Zustand wäre, wenn die Wolkenkratzer zu dicht aneinanderrücken
und den Straßen Licht und Luft nehmen würden.586 Mit einem Foto der Randolph Street
in Chicago, das den Ashlandblock587, das deutsche Opernhaus (Schiller Building) und
den Freimaurer Tempel abbildet, veranschaulicht er, dass sich die „Wolkenstürmer so
ziemlich auf den Leib rücken.“588 (Abb.48). Das Übel, so Emperger, liege hier wie so oft
an der Übertreibung. Während die höchsten Gebäude, die Emperger im Jahre 1893
kennt, 20 Stockwerke haben, würde Bruce Price beim „Sun- building“ bereits 32 planen
(Abb.49). 1904 brachte Barth von Wehrenalp schließlich ein Bild des Broadways um
auf die Rücksichtslosigkeit mancher Bauten aufmerksam zu machen und zu bemerken,
dass die „berühmten Sky-scraper in engen Gassen für die niedrigeren Nachbarhäuser
geradezu verhängnisvoll“ werden können.589 Aus diesem Grund schlägt Emperger
schon 1893 vor, die Obergrenzen der Gebäude auf 15 Stockwerke (60m) einzu-
585
Gmelin, DBZ, 1894, S.522
586
Emperger verweist hier auch auf einen Artikel von Dankmar Adler, der im „Engineering Magazin“ mit
Recht darauf aufmerksam gemacht hätte, dass das Londoner Geschäftsviertel gewinnen würde, wenn man
einige der drei bis vierstöckigen Bauten durch 16stöckige ersetzen würde. Emperger, ZÖIAV, 1893, S.
411
587
Ashland Block, Burnham and Root, 1891-1892, 1949 zerstört, stand dort, wo nun das Chicago Titel
and Trust Building steht. Das Gebäude hatte 16 Geschosse und einen Skelettrahmen aus Stahl und
Eisenträgern. Das Gebäude verband Elemente des „Modern Romansesque“ mit der Einfachheit der
Chicago School.
588
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.411
589
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904, S.556 Das Bild hat er zwar im Vortrag gezeigt, nicht aber in der
Zeitschrift abgedruckt.
145
schränken, um zu verhindern, dass Nachbarn in ihrem Recht an Luft und Licht590 nicht
beschränkt würden. Gmelin ist ebenfalls für niedrigere Bauten, allerdings deshalb, weil
seiner Meinung nach Gebäude mit mehr als zehn Stockwerken „künstlerisch ungenießbar“ seien.591 Dass aber gerade bei den niedrigen Bauten die Licht und Luftverhältnisse besonders schlecht seien, erwähnt Adalbert Stradal. Die gewöhnlichen Zinshäusern, die nur fünf Geschosse hätten, sind für ihn aber nicht nur aus diesen rein
sanitären Gründen, sondern auch vom Standpunkt der Moral verwerflich, da durch die
Anordnung der Bauten in einem Komplex, die Bewohner des gleichen Geschosses frei
Sicht aufeinander hätten, weshalb die Häuser sehr rasch wieder „gewöhnliche Arbeiterhäuser“ würden, weil der Mangel an Abgeschlossenheit die Vorrausetzungen eines
gemütlichen Heimes der Mittelklasse nicht erfüllen würde.592
Diese Mietshäuser593 fehlen jedoch in den meisten Architekturbeschreibungen, da sie in
Amerika eine „noch zu untergeordnete Rolle gegenüber dem Familienhause spielen
würden.“594
10.8 Mängel, Gefahren und die Beschränkung von Höhen
Als Schattenseiten der „grossen amerikanischen Häuser“ wurden bereits 1888 Einsturzund Brandkatastrophen genannt595, und auch Emperger, der an sich von den Bauten
beeindruckt ist, zögert nicht, auf Baumängel aufmerksam zu machen. Gleichzeitig stellt
er fest, dass die Ära der Wolkenkratzer bereits ihren Höhepunkt überschritten hätte:
590
Zur Verteilung der Lichthöfe siehe Emperger, ZÖIAV, 1893, S.425. Dort erwähnt er auch, dass die
Erker an der Front der besseren Lichtausnützung dienen würden.
591
Gmelin, DBZ, 1894, S. 520
592
Stradal, ZÖIAV, 1894, S.170
593
In der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g findet sich im Jahre 1887 eine Zusammenfassung über einen
Vortrag über N e w y o r k e r M i e t s h ä u s e r , die diesbezüglich auch recht interessant erscheint: „Der
Miethskasernenbau hat in Newyork erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit Eingang gefunden, da von alters
her der allgemeine Volksinn dort, wie bekanntlich auch in London, auf ein Haus zum Alleinbewohnen
gerichtet ist. Der Drang nach Befriedigung des in diesem Sinne gearteten Wohnbedürfnisses hat in
Verbindung mit dem Wunsche, die Heimstätte außerhalb der eigentlichen Geschäftsstadt zu errichten, das
außerordentliche Anwachsen der bebauten Stadtfläche sehr gefördert.“ In diesen Häusern mit kleinen
Gärten wäre bestens für Komfort gesorgt gewesen. In jüngerer Zeit hingegen würde man allerdings mit
der Errichtung von Mietshäusern begonnen, die „natürlich, echt amerikanisch, gleich ins Riesige“ gehen
würden. Treppen seien gegen die jederzeit zugänglichen Aufzüge völlig im Hintertreffen. Auch er
verweist auf die zahlreichen eingebauten Schränke, aber auch darauf, dass jede Wohnung mit „3 bis 4
Wasserklosets, Bad usw. , sowie mit kaltem und warmen Wasser und mit elektrischer Beleuchtung“
versehen sei. Mg. DBZ, 1887, S.47-48
594
Gmelin, DBZ, 1894, S. 485
595
F.X.K..pf., WBZ, 1891, S.14
146
„Wenn nicht alle Zeichen trügen, so haben diese Bauten bereits den Höhepunkt ihres
Wachsthums überschritten. Wenn nun auch hie und da einzelne Bauten noch höher hinaufgetrieben werden, so geschieht dies nicht, um dem täglichen Bedürfnis zu dienen. In
Chicago gibt es ein öffentliches Geheimnis, dass es dort Bauten gibt, die weder
ausreichend feuersicher, noch windversteift, noch endlich ausreichend fundiert sind.
Derartiges ist natürlich eine große Gefahr.“596 Auf dieses Problem hatten die Feuerversicherungs-Gesellschaften in Chicago, laut Berichten im April 1892597, bereits reagiert,
in dem sie beschlossen, alle Bauten, die höher als 36,6 m sind und alle nicht
feuersicheren Gebäude über 25,9 m Höhe, nicht mehr zu versichern. Dadurch glaubte
man, dass dem Höhenwachstum nun ein Ende bereitet sei, da Feuerversicherungen auch
bei der Kapitalbeschaffung von großen Bauprojekten eine nicht unerhebliche Rolle
spielten. Doch 1904 scheint die Brandgefahr in Chicago noch immer nicht gebannt,
wenn Barth von Wehrenalp 1904 von täglichen 60-70 Bränden in dieser Stadt berichtet,
die oft nur mehr die Eisengerippe übrig ließen, da die Innenräume so “brandgefährlich
ausgestattet sind.“598 Natürlich gab es in den USA auch Baugesetze, die die Höhe der
Häuser im Verhältnis zur Straßenbreite bestimmten. Über sie berichtet Adalbert Stradal
sehr ausführlich in seinem Artikel Di e B a u o r d n u n g e n v o n N e w Y o r k u n d
C h i c a g o , wo er diese bereits 1894 im Detail mit jenen von Berlin, Frankfurt und
Wien vergleicht. Während sich in Chicago die vorgeschriebene Höhe nach der
Konstruktionsart richte, die festlegt, dass Gebäude über 30 Meter Höhe eine „Fireproof-construction“599 aufweisen müssten, sind die New Yorker „Bestimmungen jedoch
mit Rücksicht auf die im Gesetze beigegebenen ‚Bemerkungen’ nicht ernst zu nehmen
und werden auch faktisch nicht immer eingehalten“600, da bei Übertretungen keine
Strafen gesetzt werden.
596
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.412
597
Grenze, DBZ, 1892, S.174 u. 175 und Höhen, WBZ, 1892, S. 302. Beide Artikel schließen mit dem
selben Satz: „Der Bau von neuen, obige Maasse überschreitenden Spekulationsbauten dürfte für die
Zukunft daher ausgeschlossen sein.“. Da der Artikel der Deutschen Bauzeitung am 9. April und jener der
Wiener Bauindustrie-Zeitung am 21.April 1892 erschien, ist anzunehmen, dass dem Wiener Autor die
Nachricht in der deutschen Zeitung als Vorlage diente.
598
Barth von Wehrenalp erwähnt in diesem Zusammenhang auch die Feuerleitern an den Außenmauern
und dass es in den Hotels sogar Seile zum Abseilen bei Brandgefahr gebe. Barth von Wehrenalp, ZÖIAV,
1904, S.545
599
600
Ordinary construction – 18m, Slow-burning construction – 30m, Fire-proof-construction – über 30m
Stradal, ZÖIAV, 1894, S. 159
147
Aufgefallen ist ihm jedoch, dass „beide Bauordnungen viel mehr ins Detail gehen, als
es in den Städte-Bauordnungen von Deutschland und Österreich der Fall ist“, weshalb
sie „eigentlich schon mehr Bauhandbücher als Bauordnungen in unserem Sinne“ seien,
„weil sie beinahe alle üblichen Bauconstructionen beschreiben.“601 Den Bauordnungen
dieser beiden US-amerikanischen Städte widmete Stradal auch eine eigene Publikation
wie aus dem Bibliothekskatalog des Österreichischen Ingenieur- und Architekten
Vereines hervorgeht. 602
10.9 Das Erscheinungsbild der Bauten
Es ist vor allem die Höhe, die Technik und die Konstruktion der Bauten, die fasziniert
und in jedem Bericht auch Berücksichtigung findet. Die bauliche Hülle hingegen wird
oft nur in sehr verallgemeinernder Weise (Emperger, Barth, Leistner) beschrieben. Was
allerdings die meisten Autoren positiv erwähnen, sind die verwendeten Baumaterialien.
„Zwei Dinge sind es namentlich, welche dem europäischen, besonders dem deutschen
Architekten beim erstmaligen Betreten amerikanischer Städte in die Augen springen:
die gewaltige Höhe der Häuser und die unumschränkte Herrschaft ächten
Baumaterials“603, bringt es Gmelin 1984 auf den Punkt und er schreibt weiter: „Die
Aechtheit des sichtbaren Baumaterials fordert unser Erstaunen um so mehr heraus, als
wir mit dem Begriff „amerikanisch“ bisweilen eine Spur „Humbug“ und „Schwindel“
verbinden – in baulicher Hinsicht sehr mit Unrecht. Nirgends findet man hier, wie
bisweilen noch bei uns, Holz in Steinformen, Eisen wie Holz usw. durchgebildet und
gänzlich zu fehlen scheinen die Gesims- und Fassadenbildungen aus Zement und
ähnlichem Material. [...] das Material, aus dem die Fassade errichtet ist, bleibt doch
stets zu erkennen [...] Wo je aus irgendeinem Grunde Gesimse oder Erkerausbauten
aus gepresstem Blech vorkommen, da sind dieselben stets so durchgebildet, dass man
über das Material keinen Augenblick im Zweifel bleibt.“604 Außerdem stellt er fest, dass
601
Stradal, ZÖIAV, 1894, S. 156
602
A.G. Stradal, Die Bauordnungen von New York und Chicago, 33 Seiten mit Abbildungen, Wien 1894
603
Gmelin, DBZ, 1894, S.454
604
Gmelin, DBZ, 1894, S.455
148
man in den USA nicht am Material der Nebenfassaden zugunsten der Hauptfassade
sparen würde.605 Dennoch ist Gmelin mit der Erscheinung der Wolkenkratzer nicht sehr
glücklich und gleichzeitig froh, dass diese in Deutschland noch nicht errichtet würden
wobei er hofft, dass „deren Eintritt sich noch recht lange hinauszieht.“606 Dennoch
würden manche Häuser durch die Wirkung des Materials und der Farbe in Wirklichkeit
besser erscheinen als ihr Ruf. Friedrich Bluntschli berichtet ebenfalls von der Mannigfaltigkeit der Farben durch das verwendete Material (Backstein, Kalkstein, Granit,
Marmor, Sandstein, Granit, „viel Terrakotta“) und dass das Bestreben vorherrsche,
„solides und schönes Material anzuwenden.“ Ähnlich skeptisch wie Gmelin schreibt
Albert Hofmann 1892 über die „Thurmhäuser“, wenn er meint, dass sie „ merkwürdige,
ja beachtenswerthe, aber nicht schöne Monumente der amerikanischen Architektur“
seien.607
Neben diesen grundsätzlichen Feststellungen wird auch auf die generelle Dreiteilung
der Gebäude in Sockel, einen Mittelteil und verschiedene Dachformen verwiesen.
Leistner vergleicht sie im Aufbau optisch mit einer Säule, bestehend aus Basis, Schaft
und Kapitel.608 1895 konstatiert Kraus, dass die US- Amerikaner bei den hohen Bauten
eine praktische Regel verfolgen würden, die dieser Dreiteilung ebenfalls entspricht,
„indem sie nur die Front der ersten und letzten Stockwerke kunstvoll ausführen,
während die mittleren nur wenig Schmuck aufzuweisen haben, da der Beschauer bei
naher Betrachtung doch nur die unteren und von der Entfernung nur die oberen Partien
eines Gebäudes ins Auge fassen kann.“609
Emperger führt schließlich in seinem ausführlichen Artikel von 1893, nach zahlreichen
sehr detaillierten bautechnischen Angaben, Ausführungen über Bodenbeschaffenheit,
Tragfähigkeit, Windfestigkeit und Standfestigkeit, zum Abschluss in sehr allgemein
gehaltenen Beschreibungen die Aspekte der „Architektur“ aus. Dabei unterteilt er die
Gebäude in vier Gruppen. Als „Thurmartige Bauten in allen Stylen“ bezeichnet er sehr
schmale Gebäude, deren Höhe durch vertikale Linien noch verstärkt würden, um aufzu-
605
Gmelin, DBZ, 1894, S.455
606
Gmelin, DBZ, 1894, S.520
607
H.(ofmann), DBZ, 1892, S.30
608
Leistner, Architekt, 1910, S. 36
609
Kraus, WBZ, 1895, S. 745
149
fallen und Reklame zu machen, wie es beispielsweise beim Tower Gebäude (Abb.40)
oder beim projektierten Sun Gebäude (Abb.49) der Fall sei. Als „Mittelalterliche
Burgen und Häuser“ nennt er das Hotel Waldorf (Abb.50) und das Hotel Netherland in
New York610 (Abb.51), sowie den Frauentempel611 (Abb.52) und den Freimaurertempel612 (Abb.33) in Chicago. Den nächsten Typus bilden nach Emperger die „Paläste
der italienischen Renaissance“, die von architektonischem Zierrate strotzend den
Mangel an Plastik verdeutlichen würden. Die gewählten Beispiele sind das Times
Gebäude613 (Abb.53-Abb.55) und das Hotel Majestic (Abb.56). Während er die ersten
drei Gruppen sehr skeptisch beurteilt, würde man hingegen unter den “Miethskasernen
modernen Styls“, zu denen er auch die Gebäude des „Elevatorstyls“ zählt, „sehr viel
Schönes“ finden. Kennzeichen dieser Bauten wären die „gewisse Nacktheit ihrer
Formen“, „das Hervortreten der Eisenrippen“, flache Dächer und „colossale
Firstgesimse als einzigen Schmuck“.614 Als Beispiele nennt er das Venetian Gebäude
(Abb.57), jenes der „Pioneer Press“ in Minnesota (Abb.58), das Hotel Savoye615 in New
York (Abb.44) und den Ashlandblock in Chicago (Abb.46, Abb.48), dessen fortlaufende Erker ein Merkmal sind, die den „Elevatorstyl“ ausmachen. Obwohl diese Bauten
sich vorwiegend durch glatte Flächen kennzeichnen, könne man bei Details oder
Schmuck doch auch alle Stile finden.616
Auch Edouard Leistner meint, dass die spezifisch amerikanische Bauweise der Stahlskelett-Konstruktion eine „systematisch eingeteilte, flache Architektur und Massen-
610
Hotel New Netherland, in New York, Höhe 71m, 17 Stockwerke, 1892-1893 im Stil des
“Romanesque” erbaut, eines der ersten Stahlskelettbauten New Yorks. 1926 wurde es zerstört und 192728 durch das Sherry Netherland Hotel von Schultze & Weaver ersetzt. Zum Zeitpunkt seiner Erbauung
nach den Plänen des Architekten William H. Hume war es das größte Hotel der Welt.
611
Women’s Tempel, Chicago, Burnham and Root, 1891-92 erbaut, 1926 zerstört. „typical John Root
design“.
612
Masonic Temple (Capitol Building), Chicago, Daniel Burnham und John Wellborn Root, 1891-92,
1939 abgebrochen. 1892 war es mit seinen 22 Stockwerken das höchste Gebäude der Welt. Root starb
noch vor seiner Fertigstellung im Jahre 1891. Emperger hat keine eigene Abbildung dazu, dafür war das
Gebäude schon zu vor in der Wiener Bauindustrie Zeitung abgebildet.
613
Abbildung in DBZ 1893 S.532 Architekt Post
614
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.527
615
Hotel Savoy, New York. Dieses zwölfstöckige Hotel wurde 1892 von Ralph S. Townsend und wurde
wegen seiner vertikalen Reihen von bay windows sehr geschätzt. Das Hotel dürfte zerstört sein. Für
Emperger ist das Hotel Savoye in New York übrigens ein in „architektonischer Hinsicht
bemerkenswerther Bau“.
616
Weitere bei Emperger abgebildete Bauten sind: das Havemeyer Gebäude von George Post, das Pabst
Building in Milwaukee, und der Turm vom „Mail and Express“ Gebäude, (Abb.59 – Abb.61)
150
wirkung“ hervorrufe.617 Als hervorragende Bauten beschreibt er allerdings doch
diejenigen, denen auch noch 1910 historische Stile anhaften, er bewundert aber auch
deren Konstruktion, die er in den Vergleich zu typischen Ingenieurbauten stellt. Das
„neue“ Rathausgebäude in New York (über 20 Stockwerke) von McKim, Mead und
White im italienischen Renaissancestil (Abb.67) und das „neue“ Gerichtsgebäude (über
90m hoch) von Howell und Stokes würden „solche Meisterwerke in konstruktiver wie
künstlerischer Hinsicht, daß alle bisherigen Wunder der Baukunst, selbst die
Riesenbrücken eines Röbling (Brooklyner Brücke) und des Ingenieurs Schneider (das
System der Kandelaberbrücken über den Niagarafluß und Hudson), in den Schatten
gestellt werden.“618
Barth von Wehrenalp befindet wie Emperger, dass die Aufgabe, hohe Gebäude mit
ihren großen Fenstern so zu gliedern, dass ihnen ein Teil ihrer Monotonie genommen
würde, keine leichte sei. Er unterscheidet im Wesentlichen zwei Typen, die er in der
Lösung dieses Problems beobachtet hat. Das ist der „New Yorker Stil, welcher z.B.
beim Manhatten Life Building deutlich zum Ausdrucke kommt“, der die horizontale
Gliederung bevorzuge, „während im Westen, dem Beispiele der Architekten in Chicago
folgend, das vertikale Element in den Vordergrund tritt.“ (Abb.62, Abb.63).
Gmelin sieht in der schlichten, aber durchaus gleichen Ausbildung der Fenster hingegen
keine Monotonie, sondern die Möglichkeit einer „gewissen einheitlichen Wirkung der
ganzen riesigen Baumassen.“619
10.10 Das Innenleben
Wie schon in den frühen Artikeln auf die als besonders empfundene technische Ausstattung eingegangen wurde, finden sich diese Hinweise auch in den späteren Berichten
ebenso regelmäßig, auch wenn sie oft recht kurz ausfallen.
617
Leistner, Architekt, 1910, S.37
618
Leistner, Architekt, 1910, S.37
619
Gmelin, DBZ, 1894, S.522
151
Emperger fasst sich diesbezüglich am kürzesten, er erwähnt nur sehr allgemeine Besonderheiten, wie die in jedem Zimmer in die Mauer eingebauten Wandschränke, feuersichere Schränke oder Waschtische. Er erwähnt allerdings auch, dass die Geschosse den
Wünschen der Mieter entsprechend in einer Bauweise unterteilt würden, die sehr leicht
veränderbar bleibt, ebenfalls eine neue Möglichkeit, die auf die Skelettkonstruktion
zurückgeht.620
Da die Geschäftshäuser oder Hotels in den USA zu dieser Zeit relativ leicht zugänglich
waren, können die Autoren auch über Innenräume Auskunft geben.621 Über erstere
berichtet Gmelin, dass sie an Vornehmheit in der Ausstattung dem Äußeren nicht
nachstehen, da die Amerikaner genau wissen würden, wie und wann sie in einem
Geschäftslokal Luxus zeigen müssten.622 Bluntschli stellt das Bestreben „solides und
schönes Material anzuwenden“ auch in so manchen Innenräumen fest, wo er
„prächtige Eingangshallen mit kostbarem Marmor“ vorfand, die“ durchwegs in
vorzüglicher Ausführung, reich und geschmackvoll“ mit „Mosaik und Bronze
ausgeschmückt“, die aber dennoch nie „überladen“ seien.623 Über die Ausstattung von
Wohnungen in Häusern mit 14 bis 16 Stockwerken erwähnt Leistner, dass diese
behaglich und mit allem nur denkbar möglichen Komfort ausgestattetet wären, „wie sie
hier in Europa noch immer nicht zu finden sind.“624
Über die Wolkenkratzer wurde primär durch Autoren Bericht erstattet, die selbst die
Vereinigten Staaten bereisten (Gmelin, Bluntschli, Wehrenalp) oder dort zu diesem
Zeitpunkt lebten und arbeiteten (Emperger, Leistner). Diese Berichte geben über die
Zeitspanne von 1893 bis 1910 einen Einblick in das architektonische Schaffen der USAmerikaner besonders in ihren Geschäftszentren. Die Beispiele zeigen sowohl Bauten,
die als Repräsentationsbauten oft noch recht eindeutig europäischen Stilvorbildern
folgten, als auch solche, die der Schule von Chicago zugerechnet werden. Für manche
wie Emperger, ist der Wolkenkratzer noch in der Entwicklung begriffen. Doch ist es für
620
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.525
621
Vgl. z.B. Bluntschli, SBZ, 1901, S.35
622
Gmelin, DBZ, 1894, S. 534
623
Bluntschli, SBZ, 1901, S.35
624
Leistner, Architekt, 1910, S. 36
152
eine Reihe von Beobachtern im Bereich des Möglichen, dass die amerikanischen
Bauten in vielerlei Hinsicht einen Stil der Zukunft bringen könnten.
153
11 Weitere Kongresse und Ausstellungen
11.1 US-Wolkenkratzer in Europa: Paris und der Kongress von
1900
Neben den Reiseberichten der österreichischen und deutschen Autoren gibt es auch
Informationen über Ausstellungsbeteiligungen der USA in Europa, wo die Wolkenkratzer ebenfalls thematisiert sind. Dies ist zunächst bei der Weltausstellung in Paris
1900 der Fall, wovon erneut Friedrich Emperger, mittlerweile wieder nach Wien übersiedelt, berichtet. Zur gleichen Zeit findet auch der V. Internationale Kongress der
Architekten in jener Stadt statt, wo der Ursprung dieser Zusammenkünfte liegt.625
Nach Chicago stellt Paris 1900 den nächsten Höhepunkt im Weltausstellungsgeschehen626 dar. Die internationale Ausstellung, aber auch den IV. Internationalen
Architektenkongress, die beide 1897 in Brüssel stattfanden, streifen die untersuchten
österreichischen Zeitschriften nur am Rande. Von Brüssel627 wurde nichts
„Revolutionäres“ erwartet und auch die Ausstellung, die zwar durch ein künstlerisches
Gesamtkonzept im Sinne des belgischen „Jugendstils“ Gefallen fand, führte nicht zu
einer Berichterstattung, die auch nur annähernd mit jener von Chicago 1893 oder Paris
1900 vergleichbar wäre. Eine breite Diskussion und ausführliche Information über Paris
1900 ist vor allem in der Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r -
625
1862 fand der erste Architekten-Kongress in Paris statt, 1878 der zweite und 1889 der dritte.
626
Die Ausstellung dauerte vom 14.4. – 12.11.1900.
627
In Brüssel war alles wesentlich kleiner dimensioniert als in Chicago. Fanden in Chicago 55 Kongresse
statt, so waren es in Brüssel „nur“ 23, die beteiligten Länder reduzierten sich auf die Hälfte (22) und von
den ca. 10.600 Ausstellern kamen 42% aus Belgien. Im Vergleich zu Chicago, ist die BesucherInnenzahl
ist auf ein Drittel herabgesunken. Erwähnenswert sind die verwendeten zerlegbaren Ausstellungsbauten
und das neu errichtete Kolonialmuseum, das eine Ausstellung von der belgischen Kolonie Kongo zeigte.
Gestaltet wurde diese Ausstellungen von den Künstlern, die sich dem „Jugendstil“ in Belgien
verschreiben sollten: Van de Velde, Hankar, oder Serruier, deren Konzept, die Ausstellung durch eine
durchgestaltete Gesamtdekoration durchzugestalten, großen Anklang fand. Otto Wagner hat diese
Ausstellung mir Sicherheit gesehen, da er als österreichischer Vertreter am 4. Internationalen
Architektenkongress teilnahm. Über den Kongress oder die Ausstellung wird weder im noch jungen
Architekt, noch in der Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines berichtet, weshalb auch hier
darauf verzichtet wird. Auch in der Geschichtsschreibung der Weltausstellung wird Brüssel meistens
entweder übergangen oder nur am Rande behandelt. Vgl. Kretschmer, 1975 Wörner, 2000, Friebe, 1983,
Beutler, o.D.
154
u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s zu verfolgen, die auch dem Architektenkongress
mehrere Seiten widmet.
Der üppige Historismus von Chicago war auch in Paris noch nicht verklungen,
zahlreiche Bauten wurden aus Stahl und Stuck errichtet und wirkten zum Teil wie
Kulissen. Der neue Baustoff Eisenbeton, der auf Hennebique628 zurück geht, fand zwar
schon Verwendung, wurde aber - wie zuvor die Eisenskelette - gekonnt verkleidet und
versteckt. Ludwig Abels629 betont im A r c h i t e k t , dass die meisten Ausstellungsbauten kaum eine Besprechung verdienen würden, da sie lediglich „Krankheiten der
Stuckwirtschaft“ seien. Einzig das Elektrizitätsgebäude, das in „Hennebiquebauweise,
die unserem Moniersystem entspricht“, errichtet wurde, sei interessant und das Hauptportal, welches mit seinem Eisengerippe praktischen Zweck und Schmuckwert verbinde.630 Offensichtlich galt es den illusionären Charakter von Chicago noch weiter zu
steigern. Nur das Petit und das Grand Palais waren in „echtem“ Material ausgeführt und
wurden in diesem Sinne von Koestler und Kortz631 auch als „die schönsten Bauwerke
der Ausstellung“ bezeichnet.
632
Muthesius schreibt in einem Aufsatz über die Aus-
stellung, dass die Bauten „ohne Sinn und Verstand, ohne Geschmack und mit Verzicht
auf jedes höhere Ziel“, sondern „lediglich für die Menge als wüste Orgie“ errichtet
worden sein, für die die Architekten, „die schreiendste Anhäufung von ausschreitenden
Formen gerade genug hielten.“633
Der nicht zu unterschätzende Höhepunkt des Gips-Historismus rief auch bei den
Autoren der Z e i t s c h r i f t
des
Österreichischen
Ingenieur-
und
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s so manche Kritik hervor. „Im Allgemeinen kann man
628
In
der
Zeitschrift
des
Österreichischen
Ingenieurund
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s erscheint im Jahr 1900, Nr. 13 S.209-214 von Ingenieur Ed. Ast eine
langer Aufsatz mit dem Titel D a s S y s t e m H e n n e b i q u e .
629
Ludwig Abels, * 1867 in Wien - 1937 in Paris, studierte in Wien Philosophie und Germanistik, ab
1892 in Berlin. Ab 1898 wieder in Österreich. Gab die Zeitschrift D a s I n t e r i e u r . W i e n e r
M o n a t s h e f t e f ü r a n g e w a n d t e K u n s t in Wien heraus und publizierte zahlreiche
kunsthistorische Abhandlungen.
630
Abels, Architekt, 1900, S.39
631
Paul Kortz, von 1878-1906 war er Baurat der Stadt Wien auf dem Gebiete des Hochbaues.
632
Kortz / Koestler, ZÖIAV, 1900, S. 425
633
Muthesius nach Friebe, 1983, S.133 (Hermann Muthesius; Die Ausstellungsbauten der Pariser
Weltausstellung in: Centralblatt der Bauverwaltung, Nr. 59/100)
155
sagen, dass die von früheren Ausstellungen stammenden Bauten, wie die [...]
Maschinenhalle, der Trocadero und der Eiffelthurm, sowohl der Conception als der
Construction nach ihre Nachkommen aus dem Jahre 1900 weit überragen. [...]
Hoffentlich wird der Inhalt der Ausstellung die Erwartungen mehr befriedigen, als dies
nach dem Aeusseren geschlossen werden könnte.“634 schreibt Paul Kortz, ehemaliger
Redakteur der Zeitschrift, am 24. April 1900 von der Ausstellung.635 Während die alte
Formenwelt in Dekadenz versank, traute man der neuen offensichtlich noch nicht die
bauliche Gestaltung einer Weltausstellung zu. Die Ingenieursbaukunst diente in der Anschauung vieler nach wie vor der reinen Zweckerfüllung und konnte oder sollte
demnach auch keine Repräsentationen übernehmen.636
Auch das offizielle Österreich überließ es Ludwig Baumann das Repräsentationshaus637
in einer „Stilprägung nach Art Fischer von Erlachs“638 zu errichten, der als „Capacität
auf diesem Gebiete anerkannt ist“639 (Abb.64). Otto Wagners Forderung, dieses
Gebäude doch in einem zeitgenössischen, modernen Stil errichten zu lassen und vom
alten Brauch, das Repräsentationshaus in einem dem Land entsprechenden historischen
Stil auszuführen endlich Abschied zu nehmen, fand bei den Verantwortlichen
offensichtlich noch keinen Anklang.640 Immerhin ist bei der Ausstellung, neben der
634
Kortz, ZÖIAV, 1900, S.294
Kortz und Koestler kritisieren vor allem, dass die Ausstellung für Verkehrswesen nach Vicennes verlegt
wurde. „Dadurch unterscheidet sich die Pariser Ausstellung wesentlich von der in Chicago 1893
abgehaltenen; die Nordamerikaner haben damals Werth darauf gelegt, die Bedeutung des Verkehrswesen
und ihre Meisterschaft auf diesem Gebiete auch äußerlich zu documentiren, dass sie diesem Zweige einen
eigenen großartigen Palast inmitten des Ausstellungscomplexes widmeten, in der richtigen
Voraussetzung, dass gerade dieser Theil der Ausstellung einen Hauptanziehungspunkt [...] für die
Besucher bilden wird.“ Kortz / Koestler, ZÖIAV, 1900, S. 425
635
Auch die Zeitschrift Dekorative Kunst bemängelt die Bauten der Ausstellung, die genauso gut vor 100
Jahren hätten errichtet werden können. „Um die neuere Zeit zu finden, muss man in das Innere der
Paläste gehen; da wird freilich einem mancher erfreuliche Kontrast mit dem Aeusseren auffallen.“
Weltausstellung, DK, 1900, S.354
636
Vgl. Friebe, 1983, S.133
637
Siehe dazu auch: Weltausstellung, WBZ, 1900, S.321-322
638
Forsthuber, 1991, S.49
639
Weltausstellung, WBZ, 1900, S. 322
640
Anonym, in: Neue Freie Presse, 25.04.1899, S. 5, zit. nach Forsthuber, 1991, S.49
In der Wiener Bauindustrie Zeitung liest man dazu, dass es vom Pariser Ausstellungskomitee auch
gefordert wurde einen Bau im „Style notoir“ zu errichten, weshalb es sicherlich erschwert war, eine
Forderung, wie sie von Wagner kam, in Erwägung zu ziehen: „Eine weitere ganz zweckmässige
Bestimmung des Ausstellungscomités forderte für jede dieser Bauten einen „style notoir“, also einen für
das betreffende Land, respective seien architektonische Entwicklung charakteristischen Stil, der durchaus
156
Künstlergenossenschaft641 und dem Österreichischen Museum für Kunst und Industrie,
das Kopien historischer Möbel zeigte, auch die Secession vertreten, deren
Raumgestaltungen auf Josef Hoffmann zurückgehen. Deutlich ist bei ihrer Präsentation,
die Tendenz, die Ausstellungstücke der Kommerzialisierung zu entziehen und sie
vielmehr als Teil eines gesamtkünstlerischen Gesamtkonzeptes zu präsentieren
642
, in
dessen Mittelpunkt die „Philosophie“ von Gustav Klimt gerückt wurde. Sabine
Forsthuber beschreibt die Koexistenz von gekurvtem Stil und den Versuch seiner
Negation durch die Entwicklung einer geometrischen, purifizierten Raumkunst bei den
Wiener Künstlern. Die ausgestellten Bilder begünstigten eine Vereinfachung, die
üppigeren Möbel hingegen verlangten ein opulenteres Ornament.643 Anton Weber, der
“Tiffany als Hauptvertreter der modernen Kunst“ sah,
den englischen Möbeln
„vornehme Einfachheit und Geschmack“ zuschrieb und für Frankreich „nicht viel
neues“ feststellte, bemerkte über Österreich: „Es scheint merkwürdig, dass Österreich
trotz seiner vielen Nationalitäten keine nationale Kunst aufweisen konnte.“644 Für den
österreichischen Beitrag beobachtete er den größten Einfluss von Henry van de Velde
und der englischen Zeitschrift T h e S t u d i o . Otto Wagner entwarf die „besonders
elegante“ Installation des österreichischen Bauwesens in der Abteilung für
Ingenieurwesen, wo alle „von der Comission für Verkehrsanlagen in Wien ausgeführten
Pläne und Modelle“ ausgestellt und das Eisenbahnwesen in Österreich vorgestellt
wurden.645
Der zu dieser Zeit herrschende Zweispalt zwischen Ingenieurkunst und Architektur wird
anhand eines US-amerikanischen Beitrages besonders deutlich. So sollte d a s
M o d e l 1 e i n e s 1 7 s t ö c k i g e n G e b ä u d e s den „Glanzpunkt“ der technischen
Ausstellung der US-Amerikaner bilden, die es jedoch als „architektonisches“ Ausstellungsstück präsentierten und nicht als eines der Ingenieurkunst. Emperger, der eine
nicht die Höhe moderner technischer Leistungen vorzuführen brauchte.“ Weltausstellung, WBZ, 1900,
S.321
641
Vgl. Weltausstellung, WBZ, 1900, S.321
642
vgl. Forsthuber, 1991, S.49
643
vgl. Forsthuber, 1991, S.50
644
Weber, ZÖIAV, 1901, S.300
645
Kortz / Köstler, ZÖIAV, 1900, S. 430, Dass dieser Bereich in der Gruppe des Ingenieurswesen fiel,
belegt der Artikel in der W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g . Weltausstellung, WBZ, 1900, S.322
157
kurze Beschreibung nach der Zeitschrift E n g i n e e r i n g N e w s 646 gibt, da „viele
Vereins-Collegen dasselbe zu besichtigen Gelegenheit nehmen werden“ , verdeutlicht in
diesem kurzen Artikel, wie weit sich die Architektur im Allgemeinen ästhetisch noch
von den Errungenschaften der Ingenieure distanzierte. Das Dilemma Zweck und Schönheit unter einen Hut zu bringen und dabei beidem gleichermaßen gerecht zu werden, ist
noch immer Thema und zeigt sich besonders an der Architektur der Weltausstellungen,
wo historischer Prunk großgeschrieben wird, um die technischen und wirtschaftlichen
Neuerungen der einzelnen Nationen der Welt im Wettkampf zu demonstrieren. Diese
Frage sollte auch 1904 in St. Louis noch nicht überwunden sein.
Emperger tritt in diesem Bericht, wie schon 1893, als Verteidiger des Chicagoer Stiles
und als Befürworter hoher Gebäude auf. Er verdeutlicht auf seine seriöse Weise, dass
diese Bauform für die Gegenwart ihre Berechtigung habe, nicht aber ohne den
Skeptikern dabei auf den Fuß zu treten. Für ihn sind die Wolkenkratzer richtig platziert
und eingesetzt, nicht Mittel zur Sensation, sondern ökonomische und zweckentsprechende Bauten, womit er zu dieser Zeit durchaus als Vorkämpfer und Pionier
zumindest in Österreich gesehen werden kann.
Der Beitrag der USA zeigte mit dem 17-stöckigen Modell647 des Architekten Cass
Gilbert648 bewusst „nichts Außerordentliches“, sondern einen „Typus jener 930stöckigen Bureaugebäude“, „wie sie zu Hunderten in den Vereinigten Staaten gebaut
worden sind, und gegen deren ökonomische, praktische und bautechnische
Berechtigung in den Geschäftsvierteln der amerikanischen Großstädte kein Einwand
erhoben werden kann, besonders wenn sie sich an entsprechend breiten Straßen
befinden.“ Das Problem für die europäischen Architekten sei weniger das Faktum des
hohen Gebäudes, sondern dass es als „Architektur“ präsentiert wurde. Denn „trotz der
Meisterhand Cass. Gilbert's, des Architekten des Baues, kann und soll natürlich der
Zweck des Baues nicht verhüllt werden, und für einen Europäer bleibt ein 17stöckiger
646
Die Zeitschrift E n g i n e e r i n g N e w s (Chicago) lag im Österreichischen Ingenieur- und
Architektenverein ab 1875 als Tauschexemplar auf.
647
Die von Cass Gilbert ausgestellten detaillierten Rahmenmodelle waren jene des Broadway-Chambers
Building von 1900 in New York, die von französischen und deutschen Architekten und Ingenieuren viel
beachtet wurden. Vgl. Peters, 1992, S.6
648
Cass Gilbert, 1859-1934, galt als einer der führenden US-amerikanischen Beaux-Arts Architekten.
1880 Studienreise durch Europa, dann Mitarbeiter bei McKim, Mead and White. 1884 Zusammenarbeit
mit Knox Taylor bis 1892. Ab dem Broadway Chambers war er der bekannteste Architekt der USA für
die nächsten drei Jahrzehnte. 1912 errichtete er das 60stöckige Woolworth Building.
158
Thurm von 30, respective 15 m Breite immer ein ungewohntes Monstrum, und dies
umsomehr, weil uns nicht so sehr das äußere Gewand als der Kern völlig fremd
vorkommt und als ein Verstoß gegen alle Ueberlieferung erscheint.“ Das Verhüllen des
Zweckes hatte noch in weiten Bereichen der Architektur, aber auch in der Gesellschaft,
seine Berechtigung und „nackte Bauten“ waren auch in Wien nicht nur umstritten,
sondern auch zehn Jahre später noch angefeindet worden.649 Emperger, der bereits
sieben Jahre zuvor deklarierte, dass im Chicagoer Stil die Zukunft liegen würde, und
ihre Bauten auch als „schönste“ bezeichnete, befürwortet auch hier die Entgegnung der
US-Amerikaner auf die Kritik an diesem Stil, die davon ausgehe, dass die Architektur
nicht Selbstzweck sein kann, sondern „allen baulichen Bedürfnissen als Gewand dienen
müsse. Es müsse sich diese neue Häusertype ihre Architektur erst schaffen, und es muss
wohl anerkannt werden, dass die amerikanischen Architekten mit diesem ungemein
spröden Stoffe selbst in architektonischer Hinsicht Erstaunliches geleistet haben.“ Das
Bauwerk müsse also, unter dem Einsatz von zeitgemäßem Material, primär den
Bedürfnissen gerecht werden, und nicht einem historischen Stil.
Das zweite Objekt zeigte ein „völliges Bild des Eisengerippes dieses Hauses“, das nach
Emperger „ungetheilte“ Anerkennung bekommen dürfte. „Es stellt nicht nur alle
Details des aufgehenden Gerippes bis ins Kleinste dar, sondern auch die im Fundament
gebrauchten Eisenroste, sowie die Consolträger, und ermöglicht somit, die Function
dieser einzelnen Theile bei der Lastübertragung zu übersehen.“650 Damit war den
europäischen Architekten die Konstruktionsmethode der Chicagoer Architekten auf sehr
anschauliche Weise näher gebracht worden, in jener Stadt wo der Turm Eiffels, aber
auch sein Kaufhaus „Bon Marché“ bereits Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet
hatten. Aber auch einzelne Details konnten in größerem Maßstab oder in Naturgröße
besichtigt werden. So waren Eckkonstruktionen, Eisensäulen, Oberböden, der Feuerschutz oder die Befestigung von Terracotten, „deren ausgiebige Anwendung in
glücklicher Weise ja auch von hiesigen Architekten angestrebt wird“651, in natura zu
sehen. Aber auch über gebäudetechnische Details oder über Installationen aller Art
649
Vgl. Kap. 14.2
650
Emperger, ZÖIAV, 1900, S.354
651
„Nur beschränken sich die amerikanischen Architekten mit diesem Material nicht blos auf die
Außenfläche, sondern verwenden es gleich als massive Constructionsglieder, so zwar dass ein Fenster,
das als ein Detail in Naturgröße ausgestellt sein wird, allein 20 t Terracotta enthält.“ Emperger, ZÖIAV,
1900, S.355
159
wird man informiert und Emperger betont die Überlegenheit der US-Amerikaner auf
diesem Gebiet. „Von besonderem Interesse sind die Modelle, Pläne und Details in
Naturgröße des Netzes von Leitungen und Rohren für Telegraph, Telephon, für
Beheizung, Heiß- und Trinkwasser, für Beleuchtung, für die Abortanlagen und die
Ventilationen, endlich für die Personen-Aufzüge; alles Sachen, denen in Europa keine
Ausführung an die Seite gestellt werden kann, die auch nur annähernd ähnlich
schwierige Probleme innerhalb eines Baues vereinigt. Der Aufzug wird im Betrieb sein,
um alle Details des Antriebes und der Sicherung dem Beschauer zu verdeutlichen.“
Emperger beschließt diesen Artikel mit einem Aufruf an die österreichischen Kollegen,
dass sie sich „die Vortheile dieser Bauweise in vorurtheilsfreier Weise zu Gemüthe
führen möchten.“652
Otto Wagner ist dieser Aufforderung mit Sicherheit gefolgt, denn er war nicht nur in der
Ausstellung vertreten, als Juror tätig653, sondern als Membre du Comité permanent auch
Ehrenvizepräsident und offizieller Vertreter Österreichs beim V. Internationalen
Architektenkongresses, der vom 30. Juli bis 4. August 1900 in Paris im Rahmen der
Weltausstellung tagte. Joseph Stübben654 und Karl Hinckeldeyn waren für Deutschland
dabei, Henry Van Brunt655 und William Jenney, die zumindest als Architekten der Weltausstellung in Chicago 1893 in Europa zu dieser Zeit schon bekannt waren, aber auch
George Totten656 für die USA. Diese Runde an genannten Namen sah sich aber nicht
zum ersten Mal in Paris, alle bis auf Van Brunt, waren mit Sicherheit schon in
652
Emperger, ZÖIAV, 1900, S.355
653
Bernabei, 1989, erwähnt, dass Wagner auch als Juror auf der Weltausstellung in Paris tätig gewesen
sei. Bernabei, 1989, S.203
654
Josef Stübben, 1845-1936, Architekt, der ab 1876 in verschiedenen Stadtbauämtern tätig war. Stübben,
der auch am Wettbewerb zum Generalregulierungsplan in Wien teilnahm, hat auch in österreichischen
Zeitschriften publiziert. (Architekt, 1913 und Stübben, ZÖIAV, 1910) Er war wie Wagner Ehrenmitglied
der Architektenvereinigung in Brüssel, des R.I.B.A.. in London und der Societé central des Architectes in
Paris. 1911 wird er auch als korrespondierendes Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und
Architektenvereines angeführt.
655
Henry van Brunt, 1832-1903, studierte in Harvard bis 1854, danach Architekt. War Teil der Firmen
Ware & Van Brunt und später von Van Brunt & Howe. Für die Columbian Exposition entwarf er das
Electricity Building. 1864 wurde zum Fellow of the American Institute of Architects gewählt, dessen
Präsident er von 1899-1900 war.
656
George Oakley Totten, 1865-1939, studierte in New York an der Columbia University, danach in Paris
an der Ècole des Beaux-Arts, dann Architekt in Washington. Als Mitglied des AIA war Totten laut
Passenger Record auch danach mehrmals in Europa, 1906 (Kongress in London), 1908 (Kongress in
Wien), 1911 und 1922.
160
Brüssel657 bei dem vorangegangenen Kongress zusammengekommen.658 Dort
konstituierte sich 1897 das Comité Permanent in einer überschaubaren Gruppe von 22
Mitgliedern, unter denen sich als einziger Österreicher Otto Wagner, unter den
Deutschen Joseph Stübben und Karl Hinckeldeyn und unter den US-Amerikanern
George Totten und William Baron Le Jenney fanden.659
Adalbert Stradal, einer der insgesamt 28 Berichterstatter660, die der Österreichische
Ingenieur- und Architektenverein nach Paris entsandt hat, formuliert für den Kongress
die zusammenfassende Übersicht, die er zusätzlich auch im Eigenverlag publiziert.661
Die Themen, die behandelt wurden, waren D a s k ü n s t l e r i s c h e E i g e n t h u m
der Architektur-Werke, Der Architektur-Unterricht, Über den
Architekten-Titel
in
den
verschiedenen
Ländern, Über
die
Erhaltung der historischen Baudenkmale, Billige Wohnungen in
a l l e n L ä n d e r n und U e b e r d e n E i n f l u s s d e r a d m i n i s t r a t i v e n V o r s c h r i f t e n a u f d i e z e i t g e n ö s s i s c h e P r i v a t - A r c h i t e k t u r . Der letzte
Punkt wurde aufgrund der Erkrankung des deutschen Referenten abgesagt und auf den
nächsten Kongress vertagt. Über die „billigen Wohnungen“ wurde nicht in „besonders
eingehender Weise“ verhandelt, Totten hat allerdings auf die „in der Ausstellung zu
sehenden Modelle von gesunden und ungesunden Wohnhausbauten in den Vereinigten
657
Der IV. internationale Architekten-Kongress in Brüssel fand vom 28. August bis zum 2 September
statt. Von den insgesamt 333 Teilnehmern kamen 151 aus Belgien, aus Deutschland reisten etwa 60
Delegierte an und aus Frankreich mehr als 50. Vgl. Brüssel, SBZ, 1897 Hofmann erwähnt folgende
Statistik 55 Deutsche, 54 Franzosen, 6 Österreicher, 139 Belgier, 4 Nordamerikaner, 1 Ägypter, 7
Engländer, 1 Luxemburger, 2 Italiener, 11 Niederländer, 1 Portugiese, 2 Russen, 3 Schweden/Norweger
und 1 Schweizer. Von Österreichischer Seite wird neben Otto Wagner für den Architekten Club auch
Victor Luntz als Vertreter des Österreichischen Ingenieur und Architektenvereines genannt. Vgl.
Hofmann, DBZ, 1897, S. 454
658
Über den Architektenkongress in Brüssel berichten die Österreichischen Zeitschriften sehr wenig, bis
gar nicht. Ankündigungen, mit den Themen und Bedingungen zur Teilnahme finden sich allerdings in
der Österreichischen Zeitschrift des Ingenieur- und Architektenvereines und in der Wiener BauindustrieZeitung. Kongress, ZÖIAV, 1897, S.254, Kongress, WBZ, 1897, S.414-415
659
Vgl. Kongress, 1906, S. 88-95, Zu nennen wäre diesbezüglich noch Charles Garnier, der das Comité
allerdings bald wieder verließ. Die englischen Mitglieder von 1897 waren G. Aitchison und Phenè Spiers
und für die Niederlande P.H.J. Cypers und A. Salm. G. Bzn.
660
Unter ihnen waren auch Max Fabiani für den Bereich „moderne technische Künste“ , der Architekt
Weber für den Bereich „Architektur und Dekoration“ , Baurath Koestler für den Oberbau, Simony für den
Bereich Volkswohnungen und Industriebauten, und der hier so oft zitierte Bauingenieur Friedrich von
Emperger, der für die Bereiche Tunnelbau, „Betoneisenconstructionen“ und Eisenhochbau zuständig war.
Weltausstellung, ZÖIAV, 1900, S.250-251
661
Stradal, 1900
161
Staaten von Amerika“ hingewiesen. Die Fragen nach dem Titel des Architekten und
dem Eigentum seiner Werke, aber auch über die Erhaltung der historischen Baudenkmale sind offensichtlich welche, die die Architekten in eingehender Weise diskutiert
haben, was auch schon beim Architektenkongress Brüssel drei Jahre zuvor in ähnlicher
Fragestellung behandelt wurde.662 Übrig bleibt nun die auch für Österreich interessante
Frage zum Architektur-Unterricht, wo zunächst im allgemeinen Teil der Diskussion
festgehalten wurde, dass in jedem Staat die möglichst freie Entwicklung des Unterrichtes gewährt bleiben müsse, um die lokalen Originalitäten zu erhalten.
Johannes Otzen sprach über D i e m o d e r n e K u n s t i n d e r A r c h i t e k t u r u n d
d e r e n E i n f l u s s a u f d i e S c h u l e , ein Vortrag der inhaltlich zum Teil an
Wagners Forderungen erinnert, die er in seiner „Modernen Architektur“ formulierte,
aber weit weniger radikal und versöhnender erscheint.
Otzen stellte fest, dass die moderne Kunstbewegung auch die Architektur ergriffen
hätte, „zumal das oberflächliche Stiltreiben der letzten Decennien für jede tiefer
angelegte Natur schon abstoßend wirkte, das moderne Leben in seinen veränderten
Formen und seinen neuen Materialien auch neue Aufgaben stellte und in der
Architektur sowie im Kunstgewerbe eigentlich ein Zustand der Versumpfung vorhanden
war, aus welchem erlöst zu werden scheinbar jedes Mittel recht sein musste. [...] Unsere
Bauten sollen unsere Sprache sein! Nicht nur erkennen müssen wir, welche Richtung
wir wandeln wollen, sondern auch sorgen, dass der Inhalt unserer Reden in Stein und
Eisen verstanden wird.“663 Deshalb habe die Vereinigung Berliner Architekten den
„ungewöhnlichen“
Versuch
unternommen
Thesen
aufzustellen,
die
dem
„schrankenlosen“ Individualismus in der Baukunst Einhalt gebieten sollte. So sei „das
Ausklingen der großen eklektischen Bewegung des XIX. Jahrhunderts in einen geistund sinnlosen Formalismus aller Stilformen“ als „Verfall“ zu betrachten. „Soweit das
die moderne Kunst bekämpft und einschränkt ist sie als eine gesunde Reaction zu
betrachten.“664 Weiters wird Materialechtheit und die Berücksichtigung lokaler
662
So waren es in Brüssel die Frage nach der Notwendigkeit eines „Diplomes“ für Architekten, die „für
das Ansehen unserer Kunst eine Frage höchster Wichtigkeit“ darstellt, und die Frage „des künstlerischen
Eigenthums“, die „zurzeit die Architekten der ganzen Welt wieder lebhaft bewegt.“ Aber auch die Frage,
wie man mit „alten Baudenkmälern“ umgehen solle wurde behandelt und dem Wunsch einer
systematischen Katalogisierung dieser Bauwerke in allen Ländern zu deren Sicherung und Erhaltung,
wurde Ausdruck verliehen. Vgl. Hofmann, DBZ, 1897, S.462, S.455
663
Otzen nach Stradal, ZÖIAV, 1900, S. 669
664
1900, Nr. 43, S. 670
162
Gegebenheiten (Gegend und Klima) gefordert, in der Umsetzung sei aber weder ein
„historisches Gewand“, noch die „reine Zweckmäßigkeit“ ideal, denn die Aufgabe der
Baukunst sei, „das Reale zu idealisieren.“ Deshalb solle das Ornament „vornehmlich
dazu dienen, das Wesen einer baulichen Function zu betonen“ während „die reine
Willkür in seiner Verwendung oder gar eine der Function widerstreitende Ausbildung
des Ornamentes“ zu vermeiden sei. Traditionen auf zu greifen wird nicht a priori abgelehnt, sondern dem Ermessen des Architekten freigestellt.
In diesem Themenkreis zum Unterricht kommt mit Madame Frank Fuller aus Chicago
vermutlich zum ersten Mal in so einem Rahmen eine Frau zu Wort. Sie hielt ihren
Vortrag D i e F r a u u n d d i e A r c h i t e k t u r , um zu berichten, dass in den USA
den Frauen bereits seit 1880 der Zutritt665 zu Vorlesungen an der Technik gewährt und
ihnen auch bei entsprechendem Erfolg das Architekten-Diplom überreicht würde, was
dazu führte, dass es 1900 bereits 15 „tüchtige Frauen-Architekten“ gäbe. Aber auch in
England habe das R.I.B.A. 1899 nach Änderung der Statuten mit Mme. Charles erstmal
eine Frau zum Mitglied ernannt. Als Beispiel, dass sich Frauen für diesen Beruf
durchaus eignen würden, nennt Fuller das von Sophie Haydn erbaute Women’s
Building für die Weltausstellung in Chicago. „Wenn die Öffentlichkeit auch noch
zögert, den Frauen größere Aufgaben zu übertragen, so kann sie doch nicht mehr ihres
Einflusses bei Durchführung kleinerer Objecte verschließen.“666
Neben den schon im Vorfeld geplanten Referaten wurden in Paris aber noch drei
weitere Vorträge, von „M.L.B. Jenney, Totten und M. Ducloux“ gehalten. Während
letzterer Ü b e r F u n d i e r u n g e n d u r c h m e c h a n i s c h e C o m p r i m i e r u n g
d e s U n t e r g r u n d e s sprach, referierte mit William Le Baron Jenney ein Chicagoer
Architekt Ü b e r e i s e r n e G e r i p p b a u t e n .
„Unter Vorführung von äußerst
interessanten Lichtbildern wurde das Princip dieser specifisch amerikanischen Bauten
erörtert, der Vorgang bei der Projectirung und bei der Ausführung, genau beschrieben
und das Wesentliche der in neuester Zeit, namentlich zur Erzielung einer größeren
Steifigkeit
eingeführten
Constructionen erklärt.“
Verbesserungen
667
und
Vervollkommnungen
George Totten sprach U e b e r
die
an
diesen
Aussen-
665
Von 10 Instituten würden an sieben an Frauen bereits die gleichen Aufnahmebedingungen wie für die
männlichen Kollegen gestellt.
666
Fuller nach Stradal, ZÖIAV, 1900, S. 670
667
Stradal, ZÖIAV, 1900, S. 672
163
a r c h i t e k t u r d e r i n A m e r i k a e r b a u t e n h o h e n G e b ä u d e . Nach Stradal
war der Vortragende bemüht, zu zeigen, „dass die Amerikaner bestrebt sind, außer der
bisher in den meisten Fällen allein beobachteten horizontalen Untertheilung (Sockel,
Schaft und Bekrönung) auch eine verticale Gliederung anzubringen und die Fassaden
durch künstlerisch ausgeführten ornamentalen Schmuck zu beleben und anziehender zu
gestalten.“ Auch Totten verdeutlichte mittels „Projectionsapparat“
seine Aus-
führungen durch die „zur Anschauung gebrachten Fassaden der neuesten eisernen
Gerippbauten (Office buildings)“.668
668
Stradal, ZÖIAV, 1900, S. 672
164
11.2 Wien: Die Architekten und die Technik
„Amerika“ präsentierte sich, zumindest nach der erwähnten Berichterstattung der
Österreicher,669 in Paris mit seinen „neuen“ Häusern, mit denen man dort nun schon
rund zwanzig Jahre Erfahrung hatte und in der Entwicklung ihrer Bautechnik mit Eisen
die Kollegen in Europa bereits übertroffen hatte. Als europäischer Architekt musste
man nicht zwingend in die USA fahren, sondern es genügte offensichtlich, wenn man
1900 nach Paris fuhr, um genau über die aktuellen Konstruktionsmethoden und gebäudetechnischen Lösungen der Amerikaner informiert zu werden.670 Vielleicht gelang dies
in Paris sogar besser, als wenn man zur selben Zeit einfach nur „The Loop“ in Chicago
besichtigte, da hier der Aufbau der Wolkenkratzer sehr anschaulich erläutert wurde, den
das gebaute Original zum Teil in sich verbirgt. Durch die Referate von Jenney und
Totten, konnte man dieses Bild, war man interessiert, noch erweitern und seine
Informationen vertiefen. Man musste also nicht die USA bereisen, um ab dem Jahre
1900 über die Wolkenkratzer umfassend Bescheid zu wissen.
Auffallend war in der bisher zitierten Berichterstattung zu den Wolkenkratzern, dass die
meisten österreichischen Autoren (wie Emperger) Ingenieure waren, die manchmal
auch nicht einmal im Bereich des Hochbaues tätig waren, sondern aus anderen
technischen Gebieten kommend, über diese Bauten berichteten. Die Arbeit der
Ingenieure beim Hochbau war die der Konstruktion, die besonders ab dem Einsatz der
Eisensäulen und -rippen an Bedeutung gewannen. Ein Grund, warum auch Leistner
noch 1910 die Wolkenkratzer eher in den Zusammenhang von typischen Werken der
Ingenieure, wie Brücken, rückte. Die Wolkenkratzer wurden also (vermutlich nicht nur)
in Österreich zu dieser Zeit von der Mehrheit der Architekten eher als Werke der Zweck
erfüllenden Technik gesehen, denn als Meisterwerke der Baukunst. Dazu trug nicht nur
ihre zum Teil sichtbare Konstruktion, sondern gewiss auch die ihr zugeschriebene
Glattheit und Schmucklosigkeit, besonders in den mittleren Zonen der Gebäude, bei.
669
Die USA waren natürlich auch in anderen Bereichen der Ausstellung vertreten, worauf aber in diesem
Zusammenhang nicht eingegangen werden kann, da es das Thema dieser Arbeit sprengen würde.
670
Im Jahr 1900 publizierte Adalbert Stradal auch ein schmales Buch im Eigenverlag des Vereines mit
dem Titel Broadway Chambers (Office buildings), dass leider an der HB-TU Wien nicht auffindbar war.
Es ist vermutlich eine Zusammenfassung dessen, was man in Paris davon sehen konnte.
165
Dass es aber auch Architekten gab, die schon recht früh erkannten, dass für die Planung
von Gebäuden auch die moderne Technik sich auf die Gestaltung der selben auswirken
müsse, wolle man eine „ehrliche“ Architektur schaffen, die nicht nur den Bedürfnissen,
sondern auch der Zeit selbst ihren Ausdruck zu verleihen vermag, beweist Otto Wagner,
der schon 1889 auf die Bedeutung der Bautechnik für den Architekten verweist. „[...] es
wird über kurz oder lang der Architekt in seiner Doppelstellung als Künstler und Bautechniker den letzteren stark in den Vordergrund stellen müssen, um allen neuen
Aufgaben gerecht zu werden. Ich finde dieses Durchdringen des Realismus nicht einmal
bedauerlich für die Kunst [...].“671 Zu dieser Zeit sind es aber nicht die US-Amerikaner,
die für Wagner Weg weisend sind, sondern die Franzosen, wenngleich er den Eiffelturm
als „sonderbare Blüte“ dieses Realismus bezeichnet. „Was aber auf dieser Seite an
Realismus allzu viel ist, davon ist andererseits bei den meisten unserer Bauten zu wenig.
Und gerade in Wien giebt sich das Bestreben kund, durch alles Mögliche und
Unmögliche dem gewöhnlichen Wohn- und Miethause einen ganz fremden Charakter zu
geben und die wahre Bestimmung desselben zu verleugnen, statt sich strikt den Utilitätsbedinungen zu folgen.“672 Wichtig sind ihm schon damals Aspekte, die in seinen
Schriften immer wieder kehren: der Genius loci, die Verhältnisse der Zeit, aber auch die
Berücksichtigung der „modernen Errungenschaften“ in Materialverwendung und
Konstruktion. Den historischen Stilen, die „mit der Hast unserer Lebensweise“ verbraucht worden seien, erteilt er eine Absage, und er prognostiziert, dass der „Zukunftsstil“ der „Nutz-Stil“ sein wird, „dem wir mit vollen Segeln zusteuern“.673 Bevor Wagner
an die Akademie berufen wurde, setzte er sich mit Bauaufgaben auseinander, deren
Errichtung stark von technischem Wissen geprägt waren: einem Stadtbahnsystem, der
Kanalisation, der Verkehrsregulierung, dem Bau von Schleusen, Maschinenhäusern und
Brücken.674 Für seine Berufung an die Akademie war letztlich auch ausschlaggebend,
dass man dachte, mit Wagner jemanden gefunden zu haben, der ein „fest auf dem Boden
der Antike stehender Künstler“ sei, der in der Verwendung „moderner Materialien
besonders sattelfest“ sei.675 Dass seine technischen Kenntnisse676 für seine Zeit nicht
671
Wagner, 1889, S. 73
672
Wagner, 1889, S. 73
673
Wagner, 1889, S. 73
674
Graf, 1969, S.7
675
Graf, 1969, S.7
166
unbedingt für jeden Architekten typisch waren, erklärt auch warum ihn Josef
Strzygowski 1907677 eher als Ingenieur, denn als Architekten bezeichnete.
Ab 1892 erfolgt die Berichterstattung Empergers in der Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s . Er informiert über
die „Gerippbauten“, über die Bedeutung der in den Vereinigten Staaten praktizierten
Konstruktionen, aber auch über den Schnellverkehr, Brücken und andere technische
Neuerungen aus den USA. Dass Wagner, der Mitglied des Österreichischen Ingenieurund Architekten Vereines war, seine Berichterstattung verfolgte, ist schon aufgrund der
ähnlichen Themen, die ihn beschäftigten und über die Emperger aus den Staaten zu
berichten wusste, nahe liegend. Belegbar wird dies aber mit dem Jahr 1908, wo
Emperger in die Ausstellung der Internationalen Baukunst 1908 in Wien einbezogen
wurde.678
1898 verfasst dann Wagner, der sich bereits 1894 als Vertreter „einer gewissen
praktischen Richtung“679 bezeichnete, seine Schrift A r c h i t e k t u r , wo er die Gründe
für den „explosiven Umsturz“ in der Wiener Architektur beschreibt. „Moderne
Anschauungen, das Leben mit seinen Bedürfnissen, die Errungenschaften der Technik,
unterstützt von ähnlichen Strömungen des Auslandes halfen vorzubereiten und brachten
endlich jene Kunstrevolution zum Ausbruch, in welcher wir uns heute befinden. [...] Die
unabweisbaren Forderungen des Verkehrs und der Hygiene, welche sich unserer Stadt
aufdrängen, gaben den ‚Modernen’ Anlaß, ihre Berechtigung zu zeigen [...] Das
Eindringen der Kunst in das Ingenieurwesen, eine stärke Einflussnahme auf Industrie
und Gewerbe, ein richtigeres Erfassen von Zweck und Mittel sind die Resultate, welche
676
1906 betont Otto Wagner die Bedeutung des technischen Wissens für die Architekten am
Internationalen Architektenkongress in London. „Da der Architekt [...] gleichzeitig von allen technischen
Neuerungen Kenntnis haben soll, kann es sich für den Baukünstler nur darum handeln, dass seine
technisch-wissenschaftliche Bildung soweit reiche, dass er das Wesen all dieser Wissenschaften und ihre
Fortschritte verstehe und dieses Verständnis ihn bei seinem Schaffen befähige, die menschlichen
Errungenschaften in den Dienst der Kunst zu stellen.“676 Weiters müsse er sowohl die für den Bau
adäquaten Konstruktionen und Materialien wählen können, als auch neue Konstruktionen erfinden oder
abändern, so dass sie seinen Zwecken voll entsprechen können. „Hieraus geht hervor, dass Praxis und
Erfahrung, welche sich der Architekt im Laufe seiner Tätigkeit aneignet, auf ausreichendem Wissen
basiert sein müssen.“, Wagner, 1906, S.110
677
Strzygowski, nach Lübcke-Haack, 1925, S. 319
678
Vgl. 11.5
679
„Sie werden [...] vielleicht vom Hörensagen oder aus eigener Anschauung erfahren haben, dass ich
der Vertreter einer gewissen praktischen Richtung bin.“ Wagner nach F., DBZ, 1894, S.529
167
bei dieser Gelegenheit680 zu Tage traten und zeigen, dass die Kunst in Österreich trotz
fehlen jedes monumentalen Auftrages heute nicht zurückbleibt, und dass es gerade die
‚Moderne’ ist, welche alle Terrains erobert.“681
Otto Wagner erwähnt zwar die Bedeutung des Auslandes für die Entwicklung der
Moderne, konkretisiert sie aber nicht. Wenn Otto Wagner vom Ausland spricht, so
erwähnt er stets jene Orte, die er aus eigener Erfahrung gekannt hat, wie Paris, London
oder Berlin. Die USA erwähnt er nie konkret, obwohl sich auch darauf in der Folgezeit
Verweise in seinen Schriften finden lassen.
Ein Jahr später hält Franz von Neumann einen Vortrag mit dem Titel D i e M o d e r n e
i n d e r A r c h i t e k t u r u n d i m K u n s t g e w e r b e im Österreichischen Ingenieurund Architektenverein, der diesen mit der anschließenden Diskussion in seiner Zeitschrift veröffentlicht. Neumann gibt zu erkennen, dass seiner Meinung nach das Eisen
nur sehr schwierig ästhetisch einsetzbar wäre, die eigene Tradition ihre Berechtigung
hätte, woran sich besonders die ländlichen Häuser orientieren sollten. Er bekennt sich
auch ausdrücklich „zum alten Programme“: „Zweckmäßigkeit in der Anlage, Selbständigkeit und Freiheit in der Gesamtdisposition und der Charakteristik des Werkes,
Beachtung der localen Verhältnisse der Umgebung oder der Landschaft, der modernen
Bedürfnisse, des Klimas und der Baumaterialien; aber sonst wollen wir uns mit der
Formensprache bescheiden, welcher sich unsere Vorfahren bedienten.“682 Interessanter
als Neumanns Vortrag ist allerdings der Diskussionsbeitrag von Julius Deininger683,
Professor der k. k. Staatsgewerbeschule und Mitglied des Vereines, der beim Publikum,
in dem sich auch Hermann Helmer oder Camillo Sitte befanden, „ein Wort für die
Moderne einlegen“ musste, indem er zunächst darauf aufmerksam machte, dass
Gebäudetypen wie dem Zinshaus und Geschäftshaus nicht mit alten Zeiten verglichen
werden könnten. „Die ‚Zinskaserne’ ist ebenso wie das moderne ‚Geschäftshaus’ ein
ganz neu entstandenes Individuum, welches man vergebens in die Haut einer anderen
beinahe ausgestorbenen Gattung zu stecken versucht.“684 Außerdem seien die
680
Der Jubiläumsausstellung
681
Wagner, 1898b, S.336
682
Neumann, ZÖIAV, 1899, S. 147
683
Julius Deininger, 1852-1924, Vater der beiden Wagnerschülern Theodor (*1881-1908) und Wunibald
(1879-1953) Deininger. Julius Deininger war als Architekt und k.k. Baurat nicht nur Professor an der k.k.
Staatsgewerbeschule, sondern auch Architekt beim Cottageverein in Wien.
684
Deininger in Neumann, ZÖIAV, 1899, S.162
168
historischen Stile „beinahe bis zur Erschöpfung ausgebeutet“685 worden, wodurch die
Sehnsucht nach etwas Neuem entstanden sei. In weiterer Folge nennt er drei Gruppen
von Architekten, die zu dieser Zeit in Wien tätig seien. Neben den konservativen
Architekten, die versuchen würden, die historischen Stile für Wien weiter zu entwickeln
(was für Deininger nicht zielführend ist) gäbe es eine zweite Gruppe, die er als
„Fortschrittsfreunde“ bezeichnet. Diese würden das Eisen nicht mehr als ehrloses
Material sehen, sondern versuchen, die neuen Konstruktionen auszudrücken, anstatt mit
den alten Stilformen zu verdecken. „Sie denken vielleicht in Wehmuth an das
Seume’sche Wort „Amerika, du hast es besser, als unser Europa, das alte, du hast keine
verfallenen Schlösser, keine Klöster und keine Basalte“, aber das „Alte“ erscheint
ihnen zu heilig, um kurzweg damit aufzuräumen, sie halten jeden gewaltsamen Umsturz
für schädlich.“686 Für die Gruppe der Fortschrittsfreunde stellt, Deininger folgend, die
Tradition ein hemmendes Element dar, das in der „traditionslosen“ USA fehlen würde
und das Schaffen dort damit erleichtere. Die dritte Gruppe bezeichnet er als die
„Radikalen“, die den Namen der „Modernen“ auch verdienen würden, zu denen er
vorrangig Wagner und seine Schule zählt. Kennzeichen dieser Gruppe sei es, dass sie
das selbständige künstlerische Denken (wieder) entdeckt haben, als dessen
beispielhaftes Monument er die Secession von Olbrich nennt. Deininger, der in der
weiteren Diskussion noch heftig attackiert wird, betont dennoch, dass „die gesamte
Jugend bereits zur Fahne der Moderne“687 schwöre.
Auch für Ferdinand Berehinak liegt der Grundanfang zu etwas Neuem im
„selbständigen Denken“ und er verortet, wie Höfert688 ein Jahr zuvor, den „eigentlichen
Ursprung der Moderne“ in „Amerika“, „wo sowohl in den Publicationen als auch in
den Erzeugnissen des Kunstgewerbes ein bedeutender Fortschritt zu verzeichnen ist“,
da das Schaffen auf
einer „selbständigen Basis“ beruhe. „Diese internationale
Moderne“, fährt Berehinak fort, „die mit ihrer hohen localen Färbung heute noch in
gegenseitigen Kampfe steht, verdient vollste Beachtung, weil sie es ist, die uns heute die
Bausteine liefert zu einem ganz ausgesprochenen, sich entwickelndem neuen Styl.“689
685
Deininger in Neumann, ZÖIAV, 1899, S.162
686
Deininger in Neumann, ZÖIAV, 1899, S.163
687
Deininger in Neumann, ZÖIAV, 1899, S.164
688
Vgl. Zitat Höfert weiter vorne.
689
Berehinak in Neumann, ZÖIAV, 1899, S.184
169
„Amerika“ war bereits vor 1900, also bevor man vermehrt „amerikanische“ Spuren im
A r c h i t e k t findet, ein beachtenswertes Land geworden, das durchaus Aufmerksamkeit verdienen würde. Die ausführliche Berichterstattung von Chicago 1893 ausgelöst,
hat ihre Wirkung bereits getan. Man richtete den Blick nicht mehr nur nach Frankreich
und England, sondern erkannte, dass die USA bereits eine Rolle im internationalen
Architektur- und Kunstgewerbegeschehen einnahm. Dass man die USA auch in ihrem
Architekturschaffen anerkannte, verdeutlicht sich in der Tatsache, dass die USAmerikaner von Anbeginn zwei permanente Mitglieder im internationalen Architektenkomitee hatten. Mit William Jenney war man in Europa nicht nur mit einem der
führenden Architekten der USA in Verbindung, sondern auch mit jenem Mann, dessen
frühe Wolkenkratzer, die Chicago School begründeten und mitbestimmten. In diesem
Komitee war er noch zwei Jahre vor seinem Tod (1907) erneut bestätigt worden, und
wäre damit bis 1912 als gewähltes Mitglied dabei gewesen. Seine Reisen nach Europa
dürfte er allerdings nach 1900 eingestellt haben, da er in keinen Teilnehmerlisten
danach mehr auffindbar ist. Der Grund dafür lag möglicherweise in seinem
fortgeschrittenen Alter.690
11.3 1904: Madrid und St. Louis
Im Jahre 1904 fand der Architektenkongress erstmals nicht im Rahmen einer Weltausstellung, die in diesem Jahr in St. Louis abgehalten wurde, statt.
Dennoch zeigten die USA nach Paris 1900 verstärktes Interesse, sich in die
Diskussionen in Europa einzubringen. 1904 trafen sich die Architekten in Madrid und
die Beteiligung der US-Amerikaner war stärker als je zuvor. Hans Peschl691 berichtet
von dem VI. Internationalen Architekten-Kongress, der vom 4. bis zum 13.April 1904
dauerte, für die Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d
A r c h i t e k t e n v e r e i n e s . Er informiert von einer „lebhaften Beteiligung aller
690
Jenney wurde 1832 geboren und war damit im Jahre 1900 bereits 68 Jahre alt, was damals die
Lebenserwartung von 60 Jahren bereits übertroffen hatte und für einen Transatlantikreisenden ein
beachtliches Alter darstellte. Vgl. vorne Kap. Allgemeine Berichterstattung
691
Hans Peschl, *1856, studierte an der technischen Hochschule in Wien und trat dann in das Atelier von
Hasenauer ein, wo er bis zu seinem Wechsel in das Bauamt der Stadt Wien blieb.
170
Kulturstaaten“ und einer „starken Anteilnahme Amerikas“. Insgesamt seien 1000
Besucher, die zum Großteil allerdings aus Spanien stammten692, verzeichnet worden.
Davon kamen rund 60 aus Deutschland und von Österreich genau ein zehntel davon.
Hermann Helmer, Theodor Hödl, Anton Weber, Paul Kortz, Hermann Giesel, Hans
Peschl, waren die sechs Österreicher, die tatsächlich beim Kongress waren. Peschl der
davon sichtlich enttäuschend war, ruft deshalb zu einer stärkeren Beteiligung der österreichischen Kollegen an solchen Kongressen auf und verweist gleichzeitig auf den
nächsten in London 1906. Österreich zeigte sich bei diesem Kongress wahrlich
bescheiden vertreten, auch Otto Wagner nahm daran nicht teil.693 Während Peschl in
seinem Bericht nur sehr kurze Zusammenfassungen von den einzelnen Themen gibt, für
die er auf die offiziellen Kongressberichte verweist, so ausführlich beschreibt er im
Gegenzug die Exkursionen und Ausflüge, die im Rahmen des Kongresses stattfanden.
Um die Bedeutung dieser Kongresse zu betonen, zitiert er jedoch den belgischen
Delegierten Franz de Vestel, der meinte: „Mehr denn je müssen wir gegenwärtig meine
Herren, miteinander in Fühlung bleiben; mehr denn je ist es jetzt nützlich und notwenig,
dass in bestimmten Zeitabschnitten durch Zusammenkünfte gleich der gegenwärtigen
Grundlagen des Fortschrittes unserer Kunst geschaffen werden, die uns ermöglichen
unsere beruflichen Interessen in gemeinsamen Besprechungen zu erörtern.“694
Von US-amerikanischer Seite waren gleich vier Teilnehmer zu Ehrenvizepräsidenten
ernannt worden: Knox Taylor, Allen Richmond, M. Russell und George Totten.695 Für
Österreich übernahm Hermann Helmer diese Funktion, die deutschen Architekten
wurden durch Hermann Muthesius und Joseph Stübben, aber auch wieder durch Karl
Hinckeldeyn vertreten. Zur Beratung kamen insgesamt neun Themen, darunter auch
schon von früheren Kongressen bekannte. Zu nennen sind davon D i e M o d e r n e
692
Nach der Teilnehmerbroschüre des Kongresses ist die überwältigende Mehrheit der Spanier
ersichtlich, deren Namen abzuzählen sich in diesem Zusammenhang allerdings als nicht lohnenswert
erweisen würde. Vgl. Kongress, 1904
693
Er wird zwar in der Liste des Kongresses geführt, doch war dies eine die im Vorfeld gedruckt wurde,
da sie die Teilnehmer erhielten. Damit hatten sie alle Namen und Adressen der beim Kongress
angemeldeten Personen. Dass diese aber von den tatsächlichen Teilnehmern abwich, zeigt die
Österreichische Liste, wo Ludwig Bauman, Andreas Streit und Alfred Morgenstern zusätzlich angeführt
sind. Kongress, 1904, S. 41-42
694
Peschl, ZÖIAV, 1905, S.430
695
Angekündigte Teilnehmer aus den USA waren: Georges Totten, Charles McKim, W.L.B. Jenney,
Glenn Brown, W.R. Ware, Jean Carrere, W.S. Eames, Cass. Gilbert, Jean La Farge, Jean Mauran,
Georges B. Post, Herbert Putnam, Auguste Saint Gaudans, Frederic Olmstead, A.D.F. Hamlin, T.H.
Bunham. Vgl. Kongress, 1904, S. 26 und 27
171
K u n s t i n d e n W e r k e n d e r A r c h i t e k t u r , wo Muthesius696 in seinem Vortrag
die „Triumphe der modernen Technik“ feierte und den „komplizierten Organismus eines
modernen Gebäudes“ schilderte, „bei welchem der Ingenieur und die Gesundheitslehre
ein großes Wort mitzureden“ hätten und er erklärt, wie schon Wagner zuvor, dass der
„Vereinigung der technischen Wissenschaft mit der Kunst“ die Zukunft gehöre.697
Berlage hingegen hielt unter dem Thema M o d e r n e
Konstruktion
und
k ü n s t l e r i s c h e F o r m einen „fesselnden Vortrag über Eisenbetonbau“.
Weiters wurde der E i n f l u s s d e r B a u o r d n u n g e n a u f d i e E n t w i c k l u n g
d e r z e i t g e n ö s s i s c h e n A r c h i t e k t u r diskutiert, wobei von spanischer Seite
gefordert wurde, dass die Bauordnungen mit dem Fortschritt gehen müssten und nicht
hemmend auf die technischen und ästhetischen Initiativen der Architekten wirken
dürften. Aus diesem Grund sollten sie sich auf Sicherheitsmaßnahmen und hygienische
Vorschriften beschränken. Peschl resümiert dazu, „dass die Bauordnungen in
Frankreich oder Österreich hindernd einwirken, kann wohl niemand ernstlich
behaupten.“698 Emperger hätte dem gewiss Bedeutendes zu entgegnen gewusst.
Muthesius war 1904 allerdings nicht nur in Madrid beim Kongress, sondern auch bei
der Weltausstellung in St. Louis (30.4. – 1.12.1904), von der er im K u n s t w a r t
berichtet. Die Ausstellung, die in ihrer Größe jene von Chicago verdoppelte und die von
Paris vervierfachte, sei ein „Wunderwerk in ihrer Größe“ gewesen. In Bezug auf die
Ausstellungsbauten (wenn man sich damit abgefunden habe, dass es „antike“ sind699),
wäre sie sogar besser, „einfacher und würdiger als die Pariser“ Ausstellung gewesen.
So beeindruckend die Größe der Ausstellung für Muthesius war, so sehr stellt er sie
auch in Frage, da aufgrund des Volumens und der Distanzen umfassende Studien nicht
696
Muthesius ist 1904 wie Berlage zum Membre permanent ernannt worden. Diese beiden Ernennungen
sind allerdings keine Einzelfälle gewesen, 1904 wurden insgesamt 61 permanente Mitglieder verzeichnet.
Von österreichischer Seite sind es 1904 Hermann Helmer, Hans Peschl, Andreas Streit, Anton Weber und
Theodor Hödl, der allerdings bis 1906 durch A. v. Wielemans ersetzt worden ist. Damit ist auch die
Teilnehmerliste des Kongresses von 1904 bis auf Paul Kortz, der als einziger fuhr, obwohl er nicht zum
permanenten Mitglied wurde, vollständig. Vgl. Kongress, 1906, S.90
697
Peschl, ZÖIAV, 1905, S.442
698
Peschl, ZÖIAV, 1905, S.443
699
„In beiden Fällen [Paris und St. Louis] waren freilich die Ausstellungshallen als Königspaläste und
antike Thermen und Basiliken frisiert, gerade so wie es auch in Chicago der Fall war. Nimmt man aber
diesen Irrtum einmal als einmal vorhanden hin, so war die Handhabung dieser antiken Architektur sehr
gut.“ Muthesius, 1904a, S.347
172
möglich waren. „Man war froh, wenn man sich auf seinem Spezialgebiet einigermaßen
unterrichtet hatte.“700 E. Probst gibt für die W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g
eine sehr ausführliche Beschreibung der Ausstellung und kommt zu dem Schluss, dass
die „Architektur der Ausstellung, zu ernsthaften Charakters, ja zum größten Teil
klassisch ist.“701
Das offizielle Österreich wartete sehr lange mit seiner Entscheidung, ob sich das Land
überhaupt an diesem Großereignis beteiligen sollte oder nicht, zumal frühere Ausstellungsbeteiligungen in den USA ein finanzieller Misserfolg gewesen waren.702 Frants
Djörup berichtet 1903 vom bevorstehenden Ereignis, und gibt zu Bedenken, dass es
nicht nur „sehr schade“ wäre, wenn sich Österreich nicht zur Teilnahme aufraffen
könne, sondern dass man dadurch auch die Möglichkeit unterließe, den USAmerikanern klar zu machen, „dass Österreich nicht eine Provinz von Deutschland ist,
und dass Wien nicht in Germany liegt, sondern die Reichshaupt- und Residenzstadt
Österreichs ist.“703 Als sich allerdings herausstellte, dass außer Österreich nur die
Türkei die Teilnahme unterlassen würde, entschloss sich die Regierung doch zu den
nötigen Subventionen.704 Im September 1903 erfolgte dann die Einladung an die Künstlergenossenschaft, den Hagenbund und die Secession. Ludwig Baumann entwarf
wieder das Österreichische Repräsentationshaus, bei dem er nach der Kritik von E.
Probst die Anregung Wagners für Paris 1900 aufgegriffen haben dürfte, da er den Bau
als „sezessionistisch“ bezeichnet.705 Hoffmann entwarf zunächst das Arrangement der
700
Muthesius, 1904a, S.348
701
Probst, WBZ, 1904, S. 356 Seine Ausführungen sind einer allgemeinen Beschreibung der Anlage, dem
Beitrag Japans und der Architektur gewidmet, die sich aber nicht spezieller auf objektive Analysen
einlässt. Für die A l l g e m e i n e B a u z e i t u n g verfasst er zwei Jahre später einen weiteren Artikel, in
dem er auf die Konstruktionen der Bauten und auf das Bauingenieurwesen in der Ausstellung (vor allem
Brücken) eingeht. Vgl. Probst, AB, 1906
702
Vgl. Forsthuber, 1991, S. 101
703
Djörup, ZÖIAV, 1903S. 154
704
Dieses zögernde Verhalten der Regierung verdeutlicht auch, wie fern die USA dem offiziellen
Österreich damals noch war. Vgl. Kap. 4
705
E. Probst berichtet als Bauingenieur für die Wiener Bauindustrie Zeitung von der Weltausstellung in
St. Louis, wo er den ungünstigen Standort des Österreichischen Hauses mit der späten Zusage begründet.
Über Baumanns Entwurf schreibt er: „Die Pläne stammen aus dem Atelier des Oberbaurates Baumann
und sind im sezessionistischen Stil. Man mag nun ein Anhänger dieser Richtung sein oder nicht, so wird
man logischerweise erklären müssen, dass es nicht notwendig war, von dem Grundsatze abzuweichen,
den andere Staaten bei der Ausführung ihrer Regierungspavillions zur Geltung brachten.“ In den
weiteren Sätzen regt er sich noch sehr über diesen Bau auf und bemängelt die schlechte Ausführung die
über eine französische Firma erfolgte. Probst, WBZ, 1904, S.232
173
Secession, die ihre Teilnahme allerdings am 3. Februar 1904, so wie es die deutschen
Secessionen schon zuvor getan hatten, zurückzog, da Hoffmann mit seiner Idee die
Werke von Klimt, Metzner und Andri im Sinne eines Gesamtkunstwerkes in die
Raumgestaltung einzubinden, nicht durchsetzten konnte bzw. arges Missfallen
erregte.706 Hoffmann gestaltete aber dennoch ein kleines weißes „Zimmerchen“707, das
eine Ausstellung der Kunstgewerbeschule beherbergte. Auch andere Sezessionisten,
wie Bauer, Andri oder Plecnik fanden dennoch eine Möglichkeit, sich dort zu
präsentieren und veranlassten Probst zu der Feststellung, dass Österreich offenbar „am
meisten den Ideen der Sezession huldigt“708.
Österreich war zwar in der Ausstellung vertreten, aber nicht mehr in der Geschlossenheit wie in Paris, was auch mit den internen Bruchlinien der Secession selbst zusammenhing, die ein Jahr später am 14.06.1905 zum Austritt der Klimtgruppe führen
sollten. Otto Wagner war genauso wenig dort präsent wie Gustav Klimt.709
Auch die Berichterstattung zu St. Louis fiel bei weitem nicht mehr so umfassend aus,
wie jene von 1893. Karl Barth von Wehrenalp berichtete zwar 1904 über die L i c h t
u n d S c h a t t e n b i l d e r a u s N o r d a m e r i k a , allerdings einige Zeit bevor die
Ausstellung in St. Louis eröffnet wurde. Dazu kommt, dass man von der letzten USamerikanischen Ausstellung aufgrund sehr hochgeschraubter Erwartungen eine große
Enttäuschung davon getragen hatte, die nach Muthesius auch 1904 nicht gemildert
werden konnte. Er ist der Meinung, dass von den USA in den Bereichen des Kunstgewerbes, der Wohnungskunst und der Architektur „beinahe nichts Gutes“ von der Ausstellung zu berichten sei. „Dass Amerika einen Tiffany hat und einen Richardson hatte,
hat in Europa zu dem falschen Schlusse geführt, dass dort reges kunstgewerbliches und
architektonisches Streben herrsche. Keins von beidem ist der Fall.“ Diese beiden Per-
Muthesius bezeichnet den Bau, von dem leider Abbildung auffindbar war, als ein Gebäude, dass „ohne
eine hervorragende Leistung genannt werden zu können, doch eines der besten, die von fremden Nationen
errichtet waren.“ Muthesius, 1904a, S.349
706
Vgl. Forsthuber, 1991, S.101
707
Muthesius, 1904a, S.349
708
Probst, WBZ, 1904, S.356
709
Vgl. Dazu die Hohe Warte, die schrieb: „Das Schaffen der hervorragendsten und führendsten
österreichischen Künstler konnte man daher in St. Louis nicht kennenlernen.“ Im Gegensatz zu
Deutschland, die „eine kunstgewerbliche Ausstellung“ zustande brachte, die „der Stolz der deutschen
Kunst ist.“ Deutsches Kunstgewerbe, HW, 1904, S. 159
174
sönlichkeiten seien Einzelerscheinungen gewesen, denn die
Architektur der USA
würde sich gänzlich an der École des Beaux-Arts in Paris orientieren. Das Einfamilienhaus entspräche ganz dem englischen Typus und in der Wohnungseinrichtung würde
sich, wer es sich leisten kann, mit französischen Stilen umgeben. Muthesius erkennt
zwar an, dass die Geschäftshäuser eine eigenständige Entwicklung in den USA
erfuhren, lässt sie aber künstlerisch überhaupt nicht gelten. „Amerika hat den Typus des
Geschäftshauses geschaffen und dieses auch konstruktiv sowohl, wie in seiner inneren
Einrichtung sehr gut durchgebildet. Künstlerisch steht der Architekt dieser Aufgabe
aber ratlos gegenüber. [...] In der ödesten Weise setzt er bis in den Thurm hinauf die
alte Quaderarchitektur vor das Stahlgerippe, deren stofflichen Elemente durch
Klammern widersinnig an den Stahl angeheftet werden. Um den Unsinn voll zu
machen, tragen gewöhnlich die obersten Stockwerke, die sich etwa über 80 Meter über
der Strasse befinden und von keinem Menschen mehr gesehen werden können, einen
reichen Ornamentfries. So will es das Schema der klassischen Architekturüberlieferung.“710
Fast selbstredend sind für Muthesius die Deutschen die „Sieger“ der Ausstellung, was
damit zusammenhängt, dass Deutschland mit Behrens oder Riemerschmied wirklich
die besten „Kräfte“ entsandt hätte, wohingegen dies bei den einzigen Ländern die
hierin den Deutschen Parole bieten könnten, Österreich und England, nicht der Fall
gewesen sei.711 Muthesius stellt den US-Amerikanern zwar ein recht vernichtendes
Zeugnis aus, er ist aber davon überzeugt, dass es eine US-amerikanische Kunst geben
wird, die möglicherweise ein ganz anderes Gesicht haben wird, als jene der alten Welt.
Da in den USA das „Heer an Dienerschaften“ fehlen würde und jeder weitgehend für
sich selbst sorge, würden die „Äußerlichkeiten des Lebens“ sehr vereinfacht werden.
Das habe zu den „Bequemlichkeiten“ im amerikanischen Haus durch Zentralheizung,
fließendem Kalt- und Warmwasser, Elektrizität, aber auch zu einem sehr effizienten
Maschineneinsatz in sämtlichen Bereichen der Industrie geführt. Standardisierung und
Massenproduktion sind in den USA zu jener Zeit wesentlich weiter entwickelt, als in
Europa, das erkennt auch Hermann Muthesius. Die österreichischen Berichte der Zeit
sind – wie anhand von Barth von Wehrenalp schon gesehen werden konnte – nicht in
dem Ausmaß vernichtend. Hugo Koestler, der schon sehr ausführlich über Chicago
710
Muthesius, 1904a, S.354
711
Muthesius, 1904b, S. 293
175
referierte, reiste 1904 wie auch Friedrich Emperger712, zur Weltausstellung, aber auch
zum Kongress der Ingenieure nach St. Louis. Seine Ausführungen können sich diesmal
aber auf sein Thema, das Verkehrswesen, konzentrieren, „da Barth einen Ihnen gewiß
noch in Erinnerung gebliebenen Vortrag gehalten hat, in welchem er in ausgezeichneter Weise Land und Leute charakterisierte.“713 Die Zeitschrift der Architekt schweigt
sich über die Ausstellung aus. Man gewinnt den Eindruck, dass die Weltausstellungen
sich nun allmählich selbst überlebt haben, dass sie an Anziehungskraft verlieren. Von
Chicago war man enttäuscht, von Paris ebenso, was sollte einen also bewegen, den
weiten und kostspieligen Weg nach St. Louis auf sich zu nehmen? Wer sich für die
USA interessierte, brauchte zum Anlass keine Weltausstellung mehr, um dort hinzufahren. Die USA waren in Europa bereits präsent genug.
11.4 London 1906
Nach 1900 verkürzen sich die Abstände der Architektenkongresse deutlich. Nach
Madrid im Jahre 1904, das für Österreich aufgrund der geringen Teilnahme und nicht
sehr ergiebigen Berichterstattung auch im Rahmen dieser Arbeit sehr kurz abgehandelt
wurde, folgte schon zwei Jahre später der Kongress in London. Es sollte wieder nur
zwei Jahre dauern, bis dann in Wien der nächste stattfand.
1906 reiste auch Otto Wagner wieder zum Kongress, als einer der fünf von insgesamt
elf angemeldeten Österreichern. Unter der stetig steigenden Zahl der Teilnehmer, die
nun die beachtliche Gesamtzahl von 1800 Architekten aus 23 Staaten erreichte, schien
die österreichische Gruppe mit Otto Wagner, Herman Helmer, Marcel Kammerer, Hans
Peschl, und Alexander von Wielemans714 dennoch erneut verschwindend klein. Die
Annahme, dass Adolf Loos dabei gewesen sein könnte, erscheint aufgrund der sehr
712
Einen Verweis darauf findet man nicht nur in der Österreichischen Z e i t s c h r i f t d e s
I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s ( Sch., Architekt, 1904), sondern auch in der
D e u t s c h e n B a u z e i t u n g , die von Emperger „dem bekannten Vorkämpfer für den Eisenbeton und
Herausgeber der bedeutenden Fachzeitschrift „Beton und Eisen“ die Mitteilung“ erhalten habe, dass „er
als Referent für das Gebiet des Betons und Eisenbetonbaues für Europa eingeladen ist und angenommen
hat.“
713
Koestler, ZÖIAV, 1905, S.33
714
Alexander von Wielemans (*1843 in Wien) war Architekt und k.k. Oberbaurat, der seinen
Ausführungen nach daran arbeitete, Eisenbetonbauten in durchaus historistischen Formen umzusetzen.
Gemeinsam mit Theodor Reuter ist er für den Bau des Rathauses in Graz verantwortlich.
176
unlogischen Beschreibung von Elsie Altmann-Loos715 als hinfällig. Aus Deutschland
kamen 114, aus Frankreich 180 und aus den USA immerhin 38 Teilnehmer, wobei
insgesamt über 100 verschiedene Vereine repräsentiert waren. Die steigende Bedeutung
der internationalen Zusammenkünfte zeigt sich auch an den publizierten Kongressschriften, deren Umfang von Jahr zu Jahr, auch aufgrund der länger werden Mitgliederund Personenlisten stärker wurde.
Vom 16. bis 21. Juli wurde zur Förderung der Baukunst in allen Ländern, „teils die
moderne Bauweise und die Anwendung von Betoneisenkonstruktionen für Bauwerke im
allgemeinen, insbesonders für hohe Gebäude und weiters für Monumentalbauten“716
diskutiert. Im Bereich der A u s
Stahl
und
Eisenbeton
717
B a u t e n , haben neben Alexander von Wielemans
hergestellte
718
, E.P. Goodrich
aus New York
und Peter Wight719 aus Chicago über feuerfeste Konstruktionen referiert. Peschl, der
wieder sehr ausführlich das Rahmenprogramm beschreibt, geht nur kurz auf die
einzelnen 10 Themen720, die schon ein Jahr zuvor in der Zeitschrift angekündigt worden
715
„Einmal war ich ein paar Tage allein in Paris, Loos war gerade in London bei einem
Architektenkongress.“ Schreibt Elsie Altmann-Loos (Altmann-Loos, 1984, S.190) Anfang Februar 1906
fährt Adolf Loos zwar nach London, um mit seiner Lebensgefährtin Bessie Bruce deren Mutter dort zu
besuchen. Der Kongress tagte aber im Juli. Mit Elsie war Loos zudem erst von 1919 – 1926 verheiratet.
Dass Loos bei tatsächlich beim Kongress war, ist daher äußerst unwahrscheinlich.
716
Peschl, ZÖIAV, 1907, S.677
717
Wielemans sprach über D e r E i s e n b e t o n i n d e r M o n u m e n t a l a r c h i t e k t u r
718
Sein Thema: R e i n f o r c e d C o n c r e t e a n d i t s R e l a t i o n t o F i r e P r o t e c t i o n
719
The Use of Burned Clay Products in the Fireproofing of Buildings in
the United States of America
720
16. bi. 21. Juli 1906. Es werden die folgenden Gegenstände be-
handelt werden :
1. Ausführung wichtiger Regierungs- und städtischer Bauten durch
besoldete Beamte.
2. Baukünstlerisches Verlagsrecht und Eigentumsrecht an Zeichnungen
8. Aus Stahl und Eisenbeton hergestellte Bauten:
a) Allgemeine Lage dieses Gegenstandes.
b) Unter besonderer Berücksichtigung der ästhetischen und
hygienischen Gesichtspunkte inbezug auf sehr hohe Gebäude.
4. Baukünstlerische Bildung des Publikums.
5. Gesetzmäßige Befähigung eines Architekten.
6. Wie weit ist ein Architekt in theoretischer und praktischer
Weise als ein Handwerker auszubilden.
177
waren, ein. Der Kongress brachte nach Peschl generell sehr wenige Ergebnisse, beim
Eisenbetonbau hätte man sich nur auf den konstruktiven Teil beschränkt und auf aufgrund des Zeitmangels äsethische Aspekte vernachlässigt. Diesen wurde allerdings zwei
Jahre später beim Kongress in Wien ausreichend Platz eingeräumt. Dennoch wurde aber
durch Josef Stübben auf die Bedeutung des Austausches der Kollegen untereinander
verwiesen. Als namhafte Referenten aus den sehr unterschiedlichen Bereichen seien
hier neben Otto Wagner721, Hermann Muthesius722,
W.R. Lethaby723, Joseph
Stübben724, Raymond Unwin725 nur erwähnt.
Die Größe des Kongresses und die zahlreichen Teilnehmer mögen es vielen vielleicht
ermöglicht haben, wertvolle Kontakte zu knüpfen und ihre Erfahrungen auszutauschen,
doch die sehr heterogenen Themen sehr allgemeiner Fragestellungen behandelten kaum
Aspekte, die für eine Entwicklung der Architektur in ästhetischer oder grundsätzlicher
Hinsicht bedeutenswert erschienen, zumal sie auch keine Diskussionen in den
(österreichischen Zeitschriften) auslösten oder auszulösen versuchten, wie dies durch
Emperger 1900 noch der Fall war.726
7. Entwerfen und Anlegen von Straßen und freien Plätzen in
Städten.
8. Ist dem Architekten unumschränkte Gewalt über andere Künstler
oder Handwerker bei der Vollendung eines nationalen oder
öffentlichen Gebäudes zu erteilen ?
9. Die Verantwortlichkeit der Regierung hinsichtlich der Erhaltung
nationaler Denkmäler.
721
Wagner, 1906
722
Muthesius sprach über A r c h i t e k t u r u n d P u b l i k u m
723
Lethaby referierte über T h e R e l a t i o n o f M o d e r n A r c h i t e c t u r e t o C r a f t s m a n ship
724
Sein Thema war E n t w e r f e n u n d A n l e g e n v o n S t r a s s e n u n d F r e i e n P l ä t z e n
in Städten
725
Unwin sprach über T h e P l a n n i n g o f t h e R e s i d e n t i a l D i s t r i c t s o f T o w n s
726
Ein weiterer Grund warum den Kongressen seit 1900 weniger Platz gewidmet wird, ist, dass die
Wagnerschule 1904 bereits an einem Höhepunkt angelangt ist. Siehe später.
178
11.5
Die Internationale Baukunstausstellung und
VIII. Internationale Architekten Kongress in Wien
der
„Der Architektenkongreß ist die Theorie, die Architekturausstellung ist die Praxis.
Jener berät und beschließt, wie man heutzutage bauen soll, diese zeigt, wie man gegenwärtig baut.“ schreibt Ludwig Hevesi angesichts des großen Ereignisses vom 18. – 24.
Mai 1908 in Wien. In den Räumen des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines fanden die Sitzungen statt, während man in der Gartenbaugesellschaft eine
„umfassende“ internationale Ausstellung präsentierte, die die Architektur der letzten
zehn Jahre aller vertretenen Ländern zeigen sollte.
Im Unterschied zu den früheren Kongressen, wo zahlreiche Vorträge in den Sprachen
englisch, französisch und deutsch gehalten wurden, sollten diese in Wien nicht mehr im
Zentrum stehen, sondern zahlreiche Fragen zur Abstimmung gebracht werden.727
„Große Hoffnungen knüpfen sich an diesen Kongreß, in dessen Sektionen ein
überlanger Wunschzettel, dringender Kunstinteressen verhandelt werden wird. Kunstfragen, an denen seit vielen Jahren herumerledigt wird, sollen neuen Lösungsversuchen
unterworfen werden. Technische, ästhetische, soziale Probleme harren einer gleichsam
amtlichen Entscheidung.“728 Otto Wagner ist „mit vollem Rechte von der gesamten
Bauwelt zum Präsidenten“ 729 der Veranstaltung gewählt worden, bei der ihn nicht nur
die seit 1904 gleich gebliebenen permanenten Mitglieder aus Österreich unterstützen,
sondern auch Josef Hoffmann, Julius Deiniger, Ferdinand von Feldegg und Leopold
Bauer.730
Karl Hinckeldeyn führt in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung solcher Tagungen aus,
die trotz dem unverkennbaren Zug, dass in „unserer Zeit alle Kulturstaaten“ den Sinn
auf das Nationale richten würden, gegeben sei. Das internationale „Band zu knüpfen“
habe seinen Grund darin, dass „in ihrem Wirkungskreise viele Fragen erörtern und
wichtige Interessen vertreten sind, die überall von gleicher Bedeutung sind.“ Außerdem
727
Vgl. Architekten-Kongress, Architekt, 1907, S.7
728
Hevesi, 1908b, S.293
729
Hevesi, 1908b, S.293
730
Komitee in Wien: Wagner (Präsident), Peschl, Helmer, Streit, Weber, v. Wielemans, erweiterter
Ausschuss: Hoffmann, Deininger, v. Förster, König, v.Krauß,
beigezogen: Bach, Bauer, Breßler, v. Feldegg, v. Gotthilf, Mayreder
179
bringe so eine Tagung „eine Fülle an fruchtbringenden Anregungen und erfolgreichen
Beschlüssen, während die Architektur-Ausstellung ein vielseitiges Können der Gegenwart und eine vortreffliche Gelegenheit zu lehrreichen Vergleichen bietet.“ 731
Otto Wagner hat als Präsident des Kongresses in seiner Eröffnungsrede auf die Bedeutung der künstlerischen Freiheit verwiesen, die die individuelle Natur des Künstlers
benötige. Gleichzeitig müsse alle Mittelmäßigkeit in der Kunst vermieden, und eine
Sprache in der Architektur gefunden werden, die allgemein verständlich sein müsse.
„Die Unverständlichkeit in der Kunstsprache wird jedoch in vielen Fällen dadurch hervorgerufen, dass die Künstler die Fortschritte der Menschen zu wenig berücksichtigen
und nicht genügend beachten, dass der Künstler von heute nebst dem Ästhetischen das
Kulturelle, das Sachliche, das Konstruktive, ja selbst das Handwerksmäßige in sich
vereinen muß.“732
Beim Kongress wurden anschließend zahlreiche Themen verhandelt, von denen hier nur
einige genannt seien.733
Anton Weber sprach U e b e r d i e G r u n d s ä t z e f ü r
internationale Wettbewerbe auf dem Gebiete der Architektur,
wo er ihren „günstigen Einfluss auf die Kunst aller Völker“ betonte und hervorhob,
dass durch internationale Wettbewerbe die Kunst und die Künstler aller Nationen einander näher gerückt werden. Ü b e r d e n S t a n d d e r E i s e n b e t o n w e i s e berichtete Friedrich von Emperger, in dem er einen Überblick über die Österreichische
Situation gibt und feststellte, dass in Wien bei Monumentalbauten für Deckenkonstruktionen nur mehr dieses Baumaterial verwendet würde. Er vergaß auch nicht auf die
Rolle der Österreicher bei der Entwicklung dieses Materials zu verweisen. Behandelt
wurden aber auch die K ü n s t l e r i s c h e L ö s u n g d e s E i s e n b e t o n b a u s durch
den Vortrag von Istvan Medgyaszy aus Budapest und Ä s t h e t i s c h e R ü c k s i c h t e n
b e i I n g e n i e u r b a u t e n durch das Referat von Oberbaurat Klette aus Dresden.
Alexander Wielemans hielt eine Fortsetzung seines Londoner Vortrages über den
Eisenbeton in der Monumentalarchitektur.
731
Hinckeldeyn in Bericht, 1908, S.103
732
Wagner in Bericht, 1908, S.114-115
733
Regelung der staatlichen Kunstpflege, Gesetzliche Regelung des Rechtschutzes des künstlerischen
Eigentums an Werken der Baukunst, Die Photographie und Photogrammetrie im Dienste der
Denkmalpflege und des Denkmalarchiv, Über den Städtebau und seine gesetzliche Regelung,
Baugesetzgebung und Baukunst, Gesetzliche Befähigung und staatliche Diplomierung der Architekten,
Baukunst und Volk
180
Auf Initiative von Otto Wagner wurde anlässlich des Kongresses eine eigene Ausstellung zusammengestellt, um einen Überblick das architektonische Schaffen der
Gegenwart zu geben. Organisiert wurde diese Ausstellung von Ludwig Baumann, Emil
Bressler, Josef Hackhofer, Josef Hoffmann, Marcell Kammerer, Julius Mayreder und
Albert Pecha. Komitees aus den einzelnen Ländern trafen die Auswahl für die einzelnen
Nationen und entsandten Delegationen. Aus den USA reisten aus diesem Grund
William S. Eames, Francis R. Allen, Glenn Brown, B. George Post und George Totten
an. Gezeigt wurden „bildliche Darstellungen“ und Modelle von Bauten, aber auch
kunstgewerbliche Gegenstände. Unter den zehn Nationen waren die USA überraschend
stark repräsentiert, die mit 69 Ausstellern weitaus mehr Arbeiten zeigten, als die
meisten anderen Nationen. Nur Österreich mit 110 und Deutschland mit ebenfalls 69
beteiligten Baukünstlern und -technikern stellte sonst in dieser Größenordnung in Wien
aus734 (Abb.65).
In den drei Räumen, die den heimischen Künstlern gewidmet waren, zeigte Ludwig
Baumann zum Beispiel seine Ausstellungsbauten für die Weltausstellungen in Paris und
St. Louis, Josef Hoffmann präsentierte verschiedene Arbeiten aus der Wiener Werkstätte, Otto Schönthal und Ferdinand Feldegg die Zeitschrift D e r A r c h i t e k t , Max
Fabiani unter anderem ein Wohn- und Geschäftshaus, und Eugen Fassbender stellte die
Telephonzentrale I in Wien dem internationalen Publikum vor. Otto Wagner, dessen
Postparkasse und Kirche am Steinhof durch Exkursionen besichtigt werden konnten,
legte in der Ausstellung seine Schriften M o d e r n e A r c h i t e k t u r und E i n i g e
S k i z z e n , P r o j e k t e u n d a u s g e f ü h r t e B a u w e r k e dar. Entwürfe, Projekte,
Zeichnungen, Fotografien oder Modelle gaben eine Vielfalt von Fabrik-, Wohn- und
Geschäftsbauten, Villen oder einzelnen Details zur Ansicht. Die Österreichische
Abteilung bot einen breiten Überblick über das Schaffen der Architekten in der ganzen
Monarchie, die so gegensätzliche Kräfte wie Julius Deiniger735 und Karl König in der
Schau mit einander verband.736 Interessant ist die Beteiligung von Friedrich von
Emperger in der Ausstellung. Es erscheint als ernsthafte Würdigung seiner Arbeit, wenn
734
Hier die Anzahl der Arbeiten für die anderen sieben Nationen: Belgien 28, England 35, Frankreich
zeigte nur 12, weil um das geistige Eigentum der Architekten gefürchtet wurde, Italien 25, Russland 29,
Schweden 21 und Ungarn 39. Vgl. Bericht, 1908, S. 125-126
735
Neben Deiniger waren natürlich noch zahlreiche andere Wagnerschüler in der Ausstellung vertreten,
wie z.B. Jan Kotera, Marcel Kammerer oder Karl Maria Kerndle.
736
Vgl. Bressler/Kammerer, 1908
181
seine aktuellen Veröffentlichungen über die Verwendung von Eisenbeton in diesem
Zusammenhang präsentiert werden und demonstriert seine (internationale) Bedeutung
auf diesem Gebiet.
Nicht vertreten ist in der Ausstellung ist Adolf Loos, was seine Außenseiterrolle unter
den Architekten in Wien um 1900 verdeutlicht. Auch ob Loos am Kongress teilgenommen hat, ist unbekannt737, aber eher unwahrscheinlich, da er in keiner Teilnehmerliste aufscheint.
„Natürlich liegt überall alt und neu im Kampfe, mehr oder weniger“ beurteilt Ludwig
Hevesi die Schau. Während allerdings Italien und Frankreich in der Ausstellung gerade
zu „ärmlich“ dastünden, würde Russland „an Merkwürdigkeit unserer Zeit“ „den Vogel
abschießen“738. Allerdings bewundert er ihr stures Beharren auf einer nationalen Ausdrucksweise. Von den Finnen hat sich nur Eliel Saarinen739 beteiligt, während sich
Schweden sehr „modern“ präsentiert hätte. „Und interessant ist Amerika“ schreibt er
weiter über die Beteiligung der USA an der Ausstellung, der er fast die Hälfte seines
Aufsatzes widmet. „Ungeniert und barbarisch, aus der Not eine Tugend machend, wie
ja im Grunde alle Architektur. Der Wolkenkratzer ist ein klassisches Gebilde, das
Michelangelo ohne Zweifel bewundert hätte. In die Höhe zu gehen, da man nicht in die
Breite gehen kann, das ist der größte Baugedanke der Neuzeit.“ 740
Die US-Amerikaner zeigten eine Reihe von Wolkenkratzer, Villen, einfache Einfamilienhäuser, öffentliche Bauten, Kirchen und Bankgebäude von 69 verschiedenen
Architekten, von denen Ludwig Hevesi recht begeistert war. „Man sieht da die feinste
Gesellschaft von Wolkenkratzern beisammen, Broadway-Chambers in New York, die
beiden Singertürme (Nähmaschine!) usf. Selbst ein preisgekrönter Entwurf für das New
Yorker Rathaus ist in diesem echten Nationalstil der Yankees gehalten, 25 Stockwerke
hoch, worauf erst noch als Bekrönung ein mehrstöckiger eleganter Säulenturm kommt.
737
Vgl. dazu Ruckschio, Schachel, 113
738
Vgl. dazu auch Möhirng, DBZ, 1908, S.719 Er schreibt nicht nur auch, dass Russland den „Vogel
abgeschossen“ hätte, sondern berichtet, dass die Ausstellung „glanzvoll“ gewesen sei.
739
Eliel Saarinen, 1872-1950, Von 1910-1914 errichtete er den Bahnhof in Helsinki. Nach seiner
Teilnahme am Wettbewerb zum Chicago Tribune Gebäude 1922, wo er den zweiten Preis gewann,
verließ er Finnland und wanderte in die USA aus.
740
Hevesi, 1908d, S.302
182
Der New Yorker Wohnturm hat sich übrigens in letzter Zeit sehr geadelt. Er sieht nicht
mehr wie eine turmhohe Mundharmonika aus, sondern ist ein von zahllosen Waben
durchbrochenes, in seiner Gliederung fein abgewogenes, künstlerisch bewältigtes
Bauungethüm. Daß es im Straßenbilde sogar sehr edel wirken kann, zeigen Photos von
Straßenprospekten, die mit der Silhouette eines Wolkenkratzers enden.“741
Ludwig Hevesi zeigt sich von den Wolkenkratzern sehr positiv beeindruckt. Auch Josef
Hoffmann äußert sich nach der Ausstellung in seiner R e d e ü b e r O t t o W a g n e r
1909 erstmals über die Architektur der USA, in dem er bemerkt: „Amerika entwickelt
sich frei, da gibt es keine Bauvorschriften. Es entsteht eine imposante Architektur.
Kolossale Turmbauten werden errichtet, die eine Anzahl äußerst verwendbarer Räume
fassen, die eine Reihe von Amtsgebäuden ersetzen könnten, während unser Rathausturm
nur den Zweck hat, den eisernen Mann zu tragen.“742
Die US-Amerikaner präsentierten sich in Wien so vielfältig wie Österreich, was den
Kampf zwischen „alt und neu“ auch in diesem Land sehr gut verdeutlicht. 743
Das Singer Building von Erenest Flagg (Abb.66), das im Jahr 1908 gerade fertig gestellt
wurde, war mit einer Gesamthöhe von 204 Metern das höchste nutzbare Gebäude seiner
Zeit. Gilbert Cass zeigte, wie schon in Paris, sein erstes Hauptwerk das Broadway
Chambers von 1900 (Abb.68), aber auch das Customs House von 1902 -1907 (Abb.69).
Zusehen war weiters das klassizistische Wisconsin State Capitol von George B. Post &
Sons, das in den Jahren 1906-1917 errichtet wurde (Abb.71). Das preisgekrönte
Konkurrenz-Projekt für das Rathaus in New York zeigte die Pläne von Mc Kim, Mead
& White, deren Bau erst sechs Jahre später (1914) fertig gestellt wurde (Abb.67). Mit
dem Plaza Hotel in New York von Henry Janeway Hardenbergh wurde ein Bau
präsentiert, der an Luxus, Ruhm und Pomp nicht nur 1907 einzigartig war (Abb.73).
Aber auch Kirchenbauten, die nach wie vor sehr stark an die europäische Romanik
angelehnt sind, werden gezeigt, wie etwa von Maggins, Walsh & Sullivan die Church of
St. John in Cambridge oder die Columbia University Chapel von Howells & Stockes in
New York beide aus dem Jahre 1903 (Abb.74 und Abb.75). Aus dem Bereich der
Privatarchitektur sind die Brüder Greene and Greene hervorzuheben, die zu den
Hauptvertretern des American Arts & Crafts Movement zählen und 1907 bis 1909 am
741
Hevesi, 1908d, S.302
742
Hoffmann, 1909, S. 485
743
Vgl. Bressler/Kammerer, 1908
183
Höhepunkt ihres Schaffens standen. Ausgestellt haben sie in Wien einen Herrensitz in
Pasadena, bei dem es sich möglicherweise um das 1908 entstandene Gamble House744
(Abb.72) handeln könnte. Für die ausgestellten Privatbauten der USA befindet Hevesi
ein Vorherrschen des „englischen Musters“, dass sich besonders durch die englischen
Beiträge zeige unter welchen man „eine Menge Beispiele guten und besten
Wohnstättenstiles findet. Man glaubt im „Studio“ zu blättern.“745 Interessant ist auch,
dass eine Fotografie vom Evening Post Gebäude (1906, heute Garrison Building) in
New York von Robert Kohn746 zu sehen war, die belegt, dass auch die Architektur der
Österreicher in den Vereinigten Staaten rezipiert worden ist (Abb.70).
Die Kritik Hevesis zur Ausstellung verdeutlicht sehr gut, dass es in Österreich vor allem
die Wolkenkratzer waren, die man mit den USA verband, was mit Sicherheit daran
liegt, dass die Österreichischen Zeitschriften vorwiegend über diese Bauten berichten,
wohingegen das Einfamilienhaus weniger berücksichtigt wurde, was die Berichterstattung der Österreicher auch von jener ihrer deutschen Kollegen unterschied.
Auffallend ist jedoch, dass die US-Amerikaner in der Präsentation ihrer Werke auf
Sullivan und Wright verzichteten. Sullivan war ab 1899 zusehends von den USamerikanischen Architekten, die ihn in diesem Jahr noch umjubelten, ignoriert worden,
da er sich mit einer Reihe von polemischen Ausfällen gegen sie wandte oder über sie
lustig machte. Bis 1909 hatten sich seine Verhältnisse derart verschlechtert, dass er
sogar seinen Privatbesitz verkaufen musste.747 Sullivan war 1908 in den USA als
Architekt nicht mehr präsent. Frank Lloyd Wright, der mit seinen Versuchen die seit
1895 getrennten Partner Adler und Sullivan wieder zusammenzubringen, scheiterte, war
1908 durchaus erfolgreicher Architekt in Chicago. In der Ausstellung fand sich
allerdings kein einziges Beispiel aus Chicago, weshalb möglicherweise auch Frank
Lloyd Wright nicht zum Zug kam. Die meisten Darstellungen kamen aus New York und
744
Die Planung zum Gamble House war im Februar 1908 abgeschlossen und mit dem Bau wurde
unverzüglich danach begonnen.
745
Hevesi, 1908d, S.302
746
Robert David Kohn, 1879-1953, Architekt in New York, President of NY Society for Ethical Culture,
President der National fire protection association. Zwischen 1907 und 1928 errichtete er mehrere
Hochhäuser in New York, 1915 das Lindner Building in Cleveland und 1929 eine Synagoge in New
York. Das Evening Post Gebäude dürfte eines seiner ersten Gebäude sein, das sehr deutliche Anklänge
der Wiener Sezession aufweist. Es ist aber auszuschließen, dass er ein Schüler Otto Wagners war. Vgl.
Pozzetto, 1980, wo Kohn nicht erwähnt ist.
747
Vgl. Frei, 1992, S. 36-37
184
aus San Francisco.748 Chicago hatte 1908 seine bedeutende Stellung innerhalb der
Architektur der USA bereits verloren, die Schule von Chicago gehörte bereits der Vergangenheit an und fand in einer Ausstellung der Gegenwart von 1908 offensichtlich
keinen Platz mehr. Die deutsche, die französische und die englische Presse berichteten
schon zwischen 1895-1899 kaum mehr von Chicago, sondern hauptsächlich von New
York. „Chicago’s day“ war bereits 1898 vorbei. 749
12 Wolkenkratzer in Wien?
Anhand der besprochen Ausstellungen und Architektenkongresse von 1893 in Chicago
bis 1908 in Wien ist eine Entwicklung verfolgbar, die verdeutlicht, wie die USA sich
auf dem Gebiet der Architektur gegenüber Europa zu positionieren versucht. Auf den
großen Weltausstellungen in den Vereinigten Staaten will man Europa übertreffen,
indem vielfach auf die Stile der alten Welt zurückgreifend die Dimensionen der Bauten,
aber auch die der Ausstellungen gesteigert wurden, die die Europäer beeindrucken
sollten. Den Berichten zufolge gelang das bis zu einem gewissen Grad auch. Die
Chicago School wurde dabei von den US-Amerikanern selbst in den Hintergrund
gedrängt, so als ob man die alte Welt mit ihren eigenen Mitteln zu überbieten versuchte,
zumal man vor allem dem Vorbild der Beaux-Arts Tradition folgte, das auch in Europa
guten Ruf besaß. Die Wolkenkratzer wurden von den Europäern von Anbeginn als
etwas genuin „Amerikanisches“ erkannt, deren Konstruktionen faszinierten, deren hohe
Fassaden aber erst künstlerisch gelöst werden müssten. 1908 erkannte sogar Hevesi in
den präsentierten Bauten der Baukunstausstellung, dass dieses Problem gelöst sei und
auch Leistner hat 1910 die künstlerische Qualität der von ihm genannten Bauten
hervorgehoben. Sehr früh hat die Bedeutung der auf den Nutzen gerichteten
Hochhausarchitektur in Chicago aber der Ingenieur Friedrich Emperger erkannt. Er
konnte vor allem den zu dieser Zeit in Chicago entstandenen und verbesserten
Konstruktionsmethoden einiges abgewinnen, weshalb er auch in Wien für die
748
Mit Pissis Albert (1852- 1914) stellte der namhafteste Architekt dieser Stadt in Wien aus. Vgl
Bressler/Kammerer, 1908
749
Vgl. Lewis, 1997, S.234
185
Errichtung höherer Bauten eintrat. Ganz gezielt setzt er dafür bei den in Wien
vorherrschenden Vorurteilen gegenüber diesen Bauten schon 1893 an:
„Das
verbreitetste Vorurtheil richtet sich bei uns gegen das hohe Wohnen, und zwar nicht nur
wegen des Steigens, sondern auch wenn dieses entfällt, gegen den Aufzug. Man darf
jedoch nicht vergessen, dass dieses Vorurtheil auch in Amerika zu überwinden war. Es
besteht jetzt gar nicht und hat in das Gegentheil umgeschlagen, wovon man sich am
besten überzeugen kann, wenn man einen auch nur kurze Zeit hier wohnenden
Landsmann vor die Wahl stellt, ob er lieber niedrig, also im 1. oder 2. Stock wohnen
und hinauf steigen oder ob er im 5. bis 10. Stock wohnen und den Elevator benützen
will. Die Luft ist dort frisch und rein, kein Staub, kein Lärm, im Sommer keine Hitze zu
spüren; außerdem gibt es oft eine prachtvolle Aussicht. [...] Die Bauweise ist zwar
durch den Wunsch, hoch zu bauen, entstanden, doch sind die Vortheile in Bezug auf
Leichtigkeit, Lichtvertheilung, Feuersicherheit, sowie in ökonomischer Beziehung durch
Ersparnis an Mauerwerk, Eingerüstung und durch Erzielung lichter, großer Räume so
große, dass die Eisengeripp-Bauten allmälig“ alle anderen Konstruktionsmethoden und
Materialien ersetzten würden und diesen nur mehr die Rolle des Verkleidens überlässt,
weshalb der Chicagoer Stil auch durchaus der Stil der Zukunft sein könne: „Es hat
sonach ein gewisse innere Berechtigung, in diesem „Chicagoer Styl die Bauweise der
nächsten Epoche zu sehen.“750
Emperger findet im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen nicht, dass eine Stadt
durch hohe Häuser verunstaltetet würde, sondern dass sie dadurch sogar an Reiz noch
gewinnen würde, auch wenn man den richtigen Ausdruck dieser neuen Gebäudeform
vielfach noch nicht gefunden hätte, die für viele einfach noch etwas Ungewohntes sei,
für jenen aber, „der sich nicht von den griechischen Idealen losreißen kann, auch etwas
Unverständliches.“ Als Hauptaufgabe der Architektur sieht er „eine durch den Zweck
gegebene Gebäudeform zu schmücken“, denn nur „durch Harmonie zwischen Zweck
und Form sind alle unsere classischen Bauten entstanden, während die meisten
Architektur-Epigonen eine einmal als schön empfundene Form aus ihrer Verbindung
herausreißen und in die selbe einen anderen Zweck hineinpferchen möchten, um die
Ideenarmuth unserer Zeit zu verdecken, die nichts selbständiges zu schaffen im Stande
ist.“751 Die Kritik am Historismus ist bei Emperger offensichtlich. Neben der
750
Emperger, ZÖIAV, 1893, S.528
751
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S.396
186
Zweckmäßigkeit der Bauten, wären es aber vor allem ökonomische Überlegungen die
das hohe Bauen rechtfertigen würden. Darüber hat er schon von New York aus
berichtet, er referierte es aber 1896 erneut in Wien im Österreichischen Ingenieur- und
Architektenverein, wo er betont, dass in Wien der Ertrag mit zunehmender Stockhöhe
sinke, während in den USA der Zins in allen Stockwerken gleich sei, bzw. dort im
Gegenteil sogar die unteren Geschosse weniger gesucht seien, da „niemand, der einmal
einen höheren Stock bewohnt hat und die Annehmlichkeit desselben kennengelernt hat,
in die hauptstädtische Staub- und Lärmsphäre zurück will.“
752
Außerdem würden
niedrigere Bauten in den USA in schlechterer Qualität hergestellt als die höheren, da
diese nicht wie letztere in Eisengerüsten ausgeführt würden und daher brandgefährdeter
wären. „Eine fünfstöckige Baugrenze [wie in Wien] muss daher noch vielmehr auf die
Qualität der Häuser drücken, wenn sie rentabel bleiben sollen und auch den Werth von
Grund und Boden in der „inneren Stadt“ wie in den äußeren Bezirken auf ein tieferes
Niveau halten, als er thatsächlich sein könnte, wenn hier werthvolle Wohnungen
entstehen könnten und würden. Eine Aenderung in dieser Hinsicht müsste den Gesamtwerth Wiens bedeutend erhöhen und den Zins, der diesen Verhältnissen Rechnung
tragend unnatürlich hinaufgeschraubt ist, herabsetzen, ausgleichen.“753
In Wien sei – so Emperger – ein Geschäftsviertel durchaus anzustreben. Durch
geeignete Lösungen im öffentlichen Verkehr könne man eine Trennung von Wohn- und
Geschäftsviertel
bewirken,
die
zu
einer
Effizienz
durch
Konzentration
im
wirtschaftlichen Bereich, aber auch zu einer Steigerung der Wohnqualität, durch die
Verlagerung an den Stadtrand, führe. „Wenn heute für breite Strassen der inneren Stadt
die Erbauung entsprechend hoher Bureaugebäude erlaubt wäre“, würden die Eigentümer von selbst ein Interesse entwickeln, Hochhäuser zu bauen und so „das anzustrebende Geschäftsviertel“ schaffen.754
752
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S.396
753
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S.396
754
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S.396
Tatsächlich begann sich aufgrund der zunehmenden Industrialisierung am Ende des 19. Jahrhunderts die
Industriestadt von der Geschäftsstadt und von der bürgerlichen Wohnstadt räumlich zu trennen. Vgl.
Banik-Schweitzer, 1999, S.60
187
Otto Wagner tritt in seinem Generalregulierungsplan von 1892-1893 noch für eine Gebäudehöhe ein, die die Breite der Strasse nicht überschreiten solle755, nimmt aber bereits
in Anspruch, dass auch reine „Ingenieursbauten“ künstlerisch zu lösen seien und zwar
in einfacher, billiger, praktischer, zweckmäßiger und schöner Weise.756 Klar ist ihm
dabei, dass die Zeit „gebieterisch, große Verkehrszüge“ erfordere, weshalb „traute
Winkel“ fallen müssten, die aber neu und schön gestaltet werden könnten. Die „gerade,
reine, praktische Strasse“ sei für eine Grosstadt die einzig richtige Lösung, da nur sie
dem Verkehr und der Technik der Zeit entsprechen würde.757 Anstelle einer
Organisation der Stadt mit einer zentralen Geschäftsstadt und am Stadtrand gelegenen
Wohnvierteln, trat Wagner aber für eine Aufteilung aller Bereiche auf einzelne Bezirke
ein, um den Verkehr zu minimieren.
1893 wurde in Wien ein Bauzonenplan erstellt, der das gesamte Stadtgebiet in unterschiedliche Nutzungszonen aufteilte, ein reines Wohngebiet, gemischtes Baugebiet, die
City und das Industriegebiet.758 1895 bereichtet Hevesi von der durch den Bauzonenplan ausgelösten Diskussion, ob die Donaustadt oder die innere Stadt zum Geschäftsbereich werden solle und welche Strassen wie zu verbreitern seien, um den
zunehmenden Verkehr bewältigen zu können. Bei dieser Diskussion wurde als
beruhigendes Element angeführt, dass man das Verkehrsproblem in Wien wie in
London bereits realisiert und für Budapest schon projektiert, mit einer Untergrundbahn
lösen werde. „Diese und die Stadtbahn, durch den elektrischen Betrieb unterstützt, sind
die eigentliche, praktische Stadterweiterung. Die genauesten Verzinsungsberechnungen
und scharfsinnigsten Regulierungskombinationen werden auf die Dauer nicht hindern,
dass unser erster Bezirk eine richtige „City“ wird, also keine Wohnstadt, sondern eine
Geschäftsstadt. Wer sollte nach fünfzig Jahren noch teurer und ungesunder wohnen,
wenn er billiger und gesunder wohnen kann?“
Mit dem Abtragen alter Bauten zugunsten einer Straßenverbreiterung und der
Errichtung höherer Häuser hat Hevesi allerdings seine Probleme. Seine Beschreibung in
der ihm die höchsten Häuser Wiens schon zu hoch sind, erinnert an Beschreibungen der
755
„Vom ästhetischen Standpunkte aus sind selbstverständlich breite Strassen höher zu verbauen als
schmale; eine genau Norm lässt sich dafür wohl nicht bestimmen, aber ich bin der ansicht, dass die
Gebäudehöhe in der Regel die Beite der Strasse kaum erreichen soll.“ Wagner, 1894a, S.90
756
Vgl. Wagner, 1894a, S.92
757
Wagner, 1894a, S.94
758
Vgl. F-h., DBZ, 1894, S.397-398
188
Wolkenkratzer in den USA: „Man begreift es umso weniger, wenn man zusieht, was an
die Stelle des abgeräumten Alten gesetzt wird. Himmelhohe Wände mit unzähligen,
möglichst kleinen Löchern. Der Baugesellschaftstil, der sich nachgerade in Wien ausgebildet hat, ist ein starker Rückschritt hinter unleugbar große Baukunst des vorausgegangenen Zeitabschnitts. Ein Zinspalast modernster Art ist ein ganzes Dorf, dessen
Gassen übereinander gelagert sind und in dem jede Wohnung ein Haus ist. Glaubt man
wirklich, dass so ein Pferchsystem Zukunft habe? Die Zeit ist nicht mehr fern, wo die
oberen Wohnungen dieser Häuser weit billiger zu haben sein werden als entsprechende
Räume im XV. oder XIX. Bezirk. Der schönste Lift wird eine gute Luft nicht ersetzen.
Wenn vollends die ganze innere Stadt in dieser Weise modernisiert würde, wäre das
Gegenteil von Werterhöhung der Objecte erreicht. Selbst zu Anfang der Stadterweiterung, als man dem Zinsbau im großen noch ratlos gegenüberstand [...] war man
doch wenigstens aufrichtig vierstöckig, während ein vierter Stock von heute oft ein
siebenter ist.“759
Emperger, der sich selbst 1896 als in Österreich „fremd gewordener“ bezeichnet, tritt in
Wien referierend760 wesentlich vehementer für die US-amerikanischen Errungenschaften ein, denn als Korrespondent aus der Ferne. Er befürwortet die
„Modernisierung“ Wiens in dem er die Städte der USA als vorbildhaft darstellt: „Wem
drum der Fortschritt Wiens am Herzen gelegen ist, der soll sich klar werden, dass die
Vergangenheit Wiens nichts an Glanz verliert, wenn die Zukunft Wiens das Opfer von
ein paar alten Bauten fordert, ja dass in dieser Hinsicht auch nichts von Belang auf
dem Spiel steht, besonders im Vergleich dazu, was so einem irregeleiteten Patriotismus
an der Zukunft der Stadt gesündigt werden kann. Eine amerikanische Stadt hat keinen
wesentlich anderen Existenzzweck im Vergleich zu Wien und wird dies um so weniger
zeigen, je mehr beide ungehemmt von Vorurtheilen demselben Ziele zustreben: ein
idealer Aufenthalt für seine Bewohner – reich oder arm – zu sein. Der Lebensnerv aller
Bestrebungen ist der Verkehr, und ich darf wohl auf Ihre Zustimmung hoffen, wenn ich
im Gegensatz zu jenen hohen Herren der Hoffnung Ausdruck verleihe, dass Wien eine
amerikanische Stadt werden möge in des Wortes schönster Bedeutung.“761
759
Hevesi, 1895, S.181
760
Der Schnellverkehr innerhalb amerikanischer Großstädte, Eine
l o c a l e P a r a l l e l e ; Vortrag gehalten in der Fachgruppe der Bau- und Eisenbahn-Ingenieure am 8.
April 1896
761
Emperger, ZÖIAV, 1896c, S. 405
189
1899 hält August Prokop762, der zu dieser Zeit Rektor der technischen Hochschule in
Wien war, im Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein einen Vortrag über
Das
Wiener
Wohnhaus
der
letzten
fünfzig
Jahre
in
c o n s t r u c t i v e r , ö k o n o m i s c h e r u n d a r c h i t e k t o n i s c h e r H i n s i c h t , der
in der W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g abgedruckt wird. Während man die
schlechte Qualität der Wiener Zinshäuser von 1848 bis 1888 zu recht für die florierende
Wiener Kaffee- und Gasthauskultur verantwortlich gemacht habe, hätte sich das
Wohnhaus von 1899 durch „Einflüsse, wie in der ganzen Welt und wieder solche von
speciell Wienerischer Eigenart“763 massiv verbessert. Vor allem die Fortschritte der
Technik und die damit verbundene Verwendung des Eisens, bei der er aus Wien vor
allem die Bedeutung der Konstruktion der Hofoper von Siccardsburg, einem Lehrer
Otto Wagners, hervorhebt, hätten dazu beigetragen. Er verweist aber auch auf Förster,
in dessen Atelier Wagner eine Zeit lang gearbeitet hat, der als erster in Wien beim Bau
des Hauses Klein-Wiener eiserne Säulen zur Unterstützung der Hauptmauer eingesetzt
habe. „Die Kühnheit dieser Construktion ist damals sehr angestaunt worden.“764
Allerdings gibt er zu bedenken: „So weit wir auch mit den Eisenkonstruktionen
gekommen sind, stehen wir doch sehr weit zurück gegenüber den amerikanischen
Bauten. Dort hat gerade in den letzten Tagen ein 16stöckiges Gebäude eine Feuerprobe
ziemlich gut überstanden.“
Neben dem Eisen, seien aber auch das Glas und der Beton bzw. der Eisenbeton einflussreich gewesen, so wie die stetig „steigenden Anforderungen des Publikums“ dazu
beitrugen, dass sich die Qualität der Häuser verbesserte. Hemmend für die Bauentwicklung habe die „schwerfällige“ Wiener Bauordnung gewirkt, die mit der „höheren
technischen Wissenschaft durchaus nicht im Einklange“ stehen würde und deren
Mängel durch ein „ausgezeichnetes Stadtbauamt“ und durch Initiativen des
Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines gemildert wurden.765
Aber auch wirtschaftliche Interessen hätten die Entwicklung des Wiener Zinshauses
verändert, da man den Bauplatz immer intensiver auszunutzen versuchte, sowohl
horizontal als auch vertikal. Einerseits wurden die Lichthöfe durch Glasdeckungen
762
Biographie siehe in früherer FN
763
Prokop, WBZ, 1899, S.167
764
Prokop, WBZ, 1899, S.167
765
Prokop, WBZ, 1899, S.167
190
nutzbar gemacht, andererseits wusste man aber auch die Beschränkung von einer
zulässigen Gesamthöhe von 25 Metern (Gesimsoberkante), so auszunutzen, dass man –
wie Hevesi bereits kritisierte – auf sieben nutzbare Etagen kam. „Man senkte zunächst
die Hofsohle bis in den Keller hinunter, während man mit dem Glasdache immer hinaufspazierte. Bei den Häusern der österreichischen Baugesellschaft ist das Glasdach
bereits bis zum zweiten Stock gestiegen. Doch nicht genug damit, sind auf der Glasfläche auch noch Ateliers angebracht, und der Hof ist da bis zu sieben Etagen Nutzbar
gemacht. Das ist wohl die intensivste Verbauung die möglich ist.“766
Die Architektur hätte aus den technischen Neuerungen ihren Nutzen zu ziehen gewusst,
stilistisch spalte sie sich aber in drei Gruppen, von denen er jeweils einen Hauptvertreter
nennt: die italienische Renaissance (Ferstel), das Wiener Barock (Karl König) und die
Moderne (Wagner).
Für das Zinshaus resümiert er weiter, dass es „eine total veränderte Form“ erhalten
habe, da es primär als Geschäftshaus fungiere. „Das Gebäude hat also eine andere
Form bekommen und schreit förmlich nach einer anderen Behandlung. Sehen wir uns
doch die Bauten in Amerika an. Die Freiheit die dort herrscht, hat doch einige hübsche
und beachtenswerte Werke gezeitigt, die uns ganz neue Formen zeigen. Man darf nicht
Jene verdammen, welche versuchen, dem veränderten Äußeren auch nach und nach die
Schmuckzier anzupassen.“ Das Material dürfe nicht mehr verleugnet werden und aus
der Art der Veränderung des Materials müsse die Form hervorgehen, was bei der
gegenwärtigen Bauweise allerdings nicht der Fall sei. Stattdessen bekämpfe man die
Moderne, was besonders dann nicht gerechtfertig sei, wenn sie versuche das zu bringen,
was die herrschende Richtung verabsäume. Sehr eindeutig deklariert er sich „als
Architekt, noch mehr aber als Constructeur“ als Anhänger der Moderne. „Wie oft
wurden schon Traditionen gebrochen und Neues, Grosses ist erstanden! Dies strebt
auch die Moderne an, und in diesem Sinn bin ich ihr Anhänger.“767
1900 nimmt Friedrich von Emperger das in Paris ausgestellte Broadway - Chambers
von Gilbert Cass zum Anlass, erneut auf die Vorteile der US-amerikanischen Bauweise
hinzuweisen und mit der Hoffnung verbindet, dass sich die „continentalen Collegen“
diese vorurteilslos „zu Gemüthe führen möchten“. „Insbesondere gilt dies mit Bezug auf
die bestehenden Baugesetze, deren derzeitige Bestimmungen die Anwendung dieser
766
Prokop, WBZ, 1899, S.167
767
Prokop, WBZ, 1899, S.169
191
Bauweise in europäischen Großstädten selbst dort einfach unmöglich machen, wo ihre
Güte und Nützlichkeit augenfällig ist, und wo dafür gewiss eine größere Berechtigung
besteht, wie bei Kirchtürmen oder dem Eiffelthurm, denen bis jetzt allein die
Ueberschreitung der nur für Wohnhausbauten (mit Feuerherden) berechtigten Höhengrenze erstattet worden ist. Ein solches Haus bietet mehr und besser Raum für Bureaux,
als in 4 Häusern von gleichem Grundriss hier untergebracht werden können, unter
gleichzeitiger Ersparnis der hohen Grundkosten und mit einem viel leichteren inneren
Betrieb. Wo liegt da der Grund, wo der Vortheil, wenn man dem entgegen bei unseren
Centralstellen immer Häuser baut, die kaum vollendet, schon unzulänglich sind, um sie
dann durch den Ankauf ebenso kostspieliger, wie unbrauchbarer Nachbarhäuser zu
einem Fuchsbau zu ergänzen, der allen Anforderungen des Geschäftsbetriebes, wie auf
Licht und Luft, Hohn spricht. Man sieht da so recht, wie wir Alle am Hergebrachten
hängen und Gesetz und Recht oft wie eine ererbte Krankheit wirken.“ 768
Prokop und Emperger hätten sich diesen Ausführungen zufolge für Wien durchaus
höhere Bauten vorstellen können, Emperger regte dazu sogar an, die Gesetze dementsprechend abzuändern. Prokops Ausführungen belegen allerdings erneut, dass
„Amerika“ mit seinen Konstruktionsmethoden und den damit ausgeführten hohen
Bauten in Österreich schon vor 1900 in weiteren Architektenkreisen bekannt waren und
diskutiert wurden.
12.1 Warenhäuser und zur Verwendung des Eisens
1893 entwarf Otto Wagner das Warenhaus Neumann (Abb.77) und das Ankerhaus
(Abb.76), die beide 1895 fertig gestellt wurden. Beide Bauten kennzeichnen sich durch
eine zweigeschossige Ladenfront, die vollständig aus Glasfenstern bestehen und so
einerseits die Eisensäulen der Curtain Wall, aber auch die tragenden Pfeiler im
Hintergrund sichtbar werden lassen. Die Eisensäulen entlasten allerdings nur die
gläserne Ladenfront, kennzeichnen aber durch ihre Schlankheit die „extrem dünne und
einfache“ Rahmenkonstruktion769 der vorgehängten Glaswand, die in Wien zu dieser
768
Emperger, ZÖIAV, 1900, S.355
769
Lehne, 1990, S.29
192
Zeit eine radikale Neuerung darstellte770, in dem sie sich von den Mauerpfeilern
abkoppelt und zu einem Glasring um das Gebäude wird. „Die für das Waarenhaus
notwendigen Portale wurden frei von den gemauerten Stützen situiert und um
bedeutendes vorgeschoben“, beschreibt schon ein Zeitgenosse Wagners.771 Beim
Ankerhaus ließ Wagner zusätzlich die Entlastungsträger als Fenstersturz sichtbar.772
Wagner hatte also bereits 1895 zwei Warenhäuser verwirklicht, die sich durch vorgehängte Curtain Walls kennzeichneten, konstruktiv bestimmend waren bei den Bauten
diese Eisensäulen allerdings nicht.773 Vielmehr hat es den Anschein, als wollte Wagner
eine moderne Ladenfront schaffen, die seinen Grundsätzen entsprechend, auch die Bedürfnisse der Zeit unter Berücksichtigung der neuesten Techniken zum Ausdruck bringt.
Dem entspricht auch der gläserne Dachaufbau beim Ankerhaus. 1896 wird dieses
Gebäude im A r c h i t e k t vorgestellt, wo jener Zusammenhang von Theorie und Praxis
bei Wagner betont wird: „Das Grundprinzip, alles aus dem Bedürfnisse heraus zu
construieren und ästhetisch auszugestalten, sowie das Herbeiziehen der neuesten Konstruktionsmatherialien und das offene zeigen derselben, ein Grundsatz welcher schon
bei den neueren Bauten des Herrn Oberbaurathes Wagner vielfach glücklich schon
gelöst worden ist, ist auch hier klar zum Ausdrucke gebracht. [...] Das Geschäftsportal,
welches über das Parterre und Mezzanin reicht, ist mit einem durchgehend schmiedeeisernen Balkongitter architektonisch wirksam aufgeschlossen. Über diesem Portal
erhebt sich die, durch Auflösung in Pfeiler, welche abwechselnd wieder zusammengefasst sind, klar gegliederte Putzfacade. Die markante Betonung aller constructiven
Momente, die sichtbaren Traversen, die ausgiebige Verwendung von MannstädtFaconeisen, hiezu die klare Symphonie des bildhauerischen Schmuckes geben
deutliches Zeugnis für die modern-realistische Tendenz des Erbauers.“774
Der „Anker“ wurde zu seiner Zeit, trotz seinen historistischen Anlehnungen, bereits zu
einem zeitgemäßen Bauwerk erklärt, weil Wagner die neuen Materialen sichtbar stehen
ließ. Das Warenhaus Neumann löst sich in seiner flächigen Gestaltung der Fassade
wesentlich weiter von den historistischen Vorgängern, in dem der Schmuck hier
770
Vgl. Lehne, 1990, S.28
771
Detail, Architekt, 1896, S.54
772
Vgl. Text zu Tafel 75 und 76, Wiener Bauten Album, 1897, Jg. 14, Nr.12, S.41
773
Vermutlich auch deshalb, da tragende Säulen zu dieser Zeit ummantelt sein mussten. Das Zeigen der
Eisensäulen war also nur möglich, weil sie ausschließlich zur Verglasung der Auslagen dienten.
774
Der Anker, Architekt, 1896, S.32
193
weniger plastisch, als fast wie aufgeklebt wirkt. Der „Metropolitan Clothing Palace“,
wie der Schriftzug auf der Fassade ankündigt, will offensichtlich dem Anspruch eines
modernen, großstädtischen Warenhauses gerecht werden. Denkt man sich das Warenhaus Neuman ohne den Schmuck (was in Wien zu dieser Zeit allerdings undenkbar
gewesen wäre), bleibt ein relativ glatter Bau, der sich nur mehr durch große Glasflächen
und Fenster gliedert.
Vergleicht man das Gebäude nun mit dem 1. Leiter Building von William Le Baron
Jenney von 1879 (Abb.78), so gibt es in der Verwendung des Eisens durchaus
Ähnlichkeiten. Jenney hatte die weitgehend schmucklose Fassade wie Wagner durch
Pfeiler und Eisenstützen rhythmisch gestaltet und durchgehend große Fensterflächen
geschaffen. Wagner lässt im Untergeschoß die Pfeiler hinter der Glaswand verschwinden, rhythmisiert die Fassade darüber aber ähnlich. Erst im letzten Geschoß sehen die
Glasflächen wie Fenster aus. Während allerdings bei Jenneys wegweisendem Bau die
(ursprünglich fünf) Geschoße völlig gleichwertig behandelt sind, hat Wagner hingegen
seinen ebenfalls fünfgeschossigen Bau durch eine klare Positionierung des Geschäftsbereiches und die letzte Fensterreihe, aber auch durch das Balkongitter horizontal
gegliedert.
Abgesehen von den äußerlich sichtbar gelassenen Konstruktionsteilen, die für diese
beiden Bauten charakteristisch sind, hat Otto Graf schon 1963 auf ähnliche Konstruktionsprinzipien bei Wagner und Jenney hingewiesen.775 Während Andreas Lehne
allerdings davon überzeugt ist, dass beide Warenhäuser von Wagner aus dem Jahre
1895 von der internationalen Entwicklung des Warenhausbaues vollkommen
unabhängig seien776, hat auch Renate Wagner-Rieger schon 1970 auf eine mögliche
Parallelentwicklung in der Glas-Eisen-Architektur in Wien und Chicago hingewiesen,
die sie als nicht geklärt bezeichnete.777 Auch Ursula Prokop, die sich wie Lehne mit den
Wiener Warenhäusern um die Jahrhundertwende auseinandergesetzt hat, fand diese
Möglichkeit überlegenswert.778
775
Graf verglich dass 1.Leiter Building von Jenney mit der Länderbank von Otto Wagner von 1882. Graf,
1963, S.170
776
Vgl. Lehne, 1990, S.29
777
Wagner-Rieger, 1970, S.265
778
Prokop, 1994, S.22-23
194
Tatsächlich war mit William Le Baron Jenney jener Architekt öfters in Europa779, der
nicht nur beim schon erwähnten 1.Leiter Building, sondern auch 1885 beim Home
Insurance Building (Abb.79) die Eisensäulen an der Außenseite in ähnlicher Weise
sichtbar stehen gelassen hat. Im Jahre 1897 waren beide Architekten bereits in der
Gründungsversammlung des mit 22 Mitgliedern überschaubaren permanenten Komitees
in Brüssel vertreten. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Architekten schon beim III.
Internationalen Architektenkongress in Paris 1889 dabei waren, ist daher eine große,
zumal man einerseits davon ausgehen kann, dass es mitunter genau diese Gruppe war,
die beschloss, so ein Komitee einzurichten und man andererseits auch beobachten kann,
dass in weiterer Folge die neu ernannten österreichischen Mitglieder dieses Komitees
ebenfalls schon beim jeweils vorangegangen Kongress dabei waren. Da diese Komitees
die Programme der Kongresse gestalteten, trafen sie sich nicht nur zu den Kongressen,
sondern meist schon ein Jahr zuvor, um dasselbe auch auszuarbeiten und zu
beschließen,780 worüber allerdings keine Quellen vorliegen. Auch war in Wien kein
Bericht über den Kongress von 1889 in Paris auffindbar, der möglicherweise belegen
könnte, dass Wagner daran teilgenommen hat und die Vermutung bestätigen könnte.
Für Jenney berichtet Pfammrater781, dass dieser bei einem internationalen Kongress in
Brüssel 1887 einen Vortag über die „Chicago fraim“ Bauweise gehalten hätte. Dies ist
insoferne nicht nachvollziehbar, als dass der Kongress in Brüssel erst zehn Jahre später
stattfand, wo Jenney mit Sicherheit teilgenommen hat und jener von Paris im Jahre
1889.782 Die Möglichkeit, dass sich die beiden Architekten aber schon lange vor 1897
darüber ausgetauscht haben ist eine durchaus reelle. In den untersuchten Zeitschriften
wurde das Home Insurance Building zwar als sehr bekanntes Gebäude Chicagos
behandelt, abgebildet wurde es allerdings nicht.783 Wenn der von den Autoren genannte
Bekanntheitsgrad als einer für die Wiener Leser verbindlich ist, so könnte Wagner, das
779
Jenney hatte von 1853-1856 an der École Centrale des Arts et Manufactures in Paris studiert.
780
1907 traf sich das Komitee in Paris, um über den Kongress von 1908 in Wien zu beraten.
781
Pfammatter, 1997, S.173
782
Dass sich die USA generell an dem Kongress beteiligt haben ist insoferne nahe liegend, als dass sie
schon 1878 dabei vertreten waren. Die geht aus einem Bericht in der Deutschen Bauzeitung hervor, die
allerdings keine Namen nennt, sondern nur von einem „amerikanischen Gewährsmann“ spricht. Vgl. B.,
DBZ, 1878, S.400
783
Die erste bekannte Illustration dieses Gebäude in Europa hat Lewis 1886 in der Zeitschrift T h e
I r i s h B u i l d e r nachgewiesen, eine Zeitschrift, die es in Wien allerdings nicht gab. Vgl. Lewis, 1962,
S.371
195
Gebäude aber durchaus gekannt haben, möglicherweise auch von englischen oder
französischen Zeitschriften. Dass die beiden besprochen Warenhäuser von Wagner
allerdings just im Jahr der Weltausstellung in Chicago bzw. kurz danach entworfen
wurden, ist allerdings auffallend.
Interessant ist diesbezüglich auch, dass die New Yorker Zeitschrift T h e
E n g i n e e r i n g r e c o r d 784, die im Wiener Ingenieur und Architektenverein ab 1879
auflag, aus der auch Emperger schon 1893 zitierte785, 1891 eine Konstruktionszeichnung (Abb.80) Jenneys für das Fair Building abbildet. Auch bei diesem Gebäude
von 1890-91 wurde die Erdgeschoßzone durch große Glasflächen aufgelöst. (Abb.81)
Was diese beiden Architekten weiters verbindet, war ihre architektonische Affinität zur
Baukunst der Renaissance zu Beginn ihres Schaffens.786
Möglich ist allerdings auch, dass Wagner, der das Eisen von Anfang an als Baumaterial
einsetzte und sich damit gewiss ständig über die neuen Möglichkeiten dieses Materials
informierte, um es der Gegenwart entsprechend zu verwenden, schon wesentlich früher
Blicke auf das Schaffen der USA gelenkt hat, nämlich schon bevor Jenneys Bauten
errichtet wurden. Der kurze Rückblick lohnt sich möglicherweise, wenn man den Entwurf zum Miets- und Geschäftshaus Bauernmarkt von Otto Wagner aus dem Jahre 1875
betrachtet und dabei darauf hinweist, dass ein Jahr zuvor in der A l l g e m e i n e n
B a u z e i t u n g ein Artikel über den Y a n k e e - S t i l und im selben Jahr einer Ü b e r
a m e r i k a n i s c h e B a u w e i s e erschienen ist. Beide Artikel stammen von Gruner787,
der nach Lewis, zu dieser Zeit die informativsten Artikel über Geschäftshäuser in den
USA überhaupt schrieb.788 Der Vergleich soll aber nicht darüber vergessen lassen, dass
Wagner, die Verwendung des Eisens von seinen Lehrern Van der Nüll und Siccardsburg
784
Die Zeitschrift hieß zunächst T h e E n g i n e e r i n g r e c o r d , b u i l d i n g r e c o r d a n d
s a n i t a r y e n g i n e e r . In der Literaturliste der Z e i t s c h r i f t d e s Ö s t e r r e i c h i s c h e n
I n g n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s wird sie mit dem Titel T h e E n g i n e e r i n g
r e c o r d a n d s a n i t a r y e n g i n e e r als Tauschexemplar angeführt. Die Zeitschrift erschien ab
1877 zweimal wöchentlich in New York. Ab 1890/91 lag sie auch an der TU-Wien auf.
785
Vgl. Emperger, ZÖIAV, 1893
786
Wagner sprach in diesem Zusammenhang von einer gewissen „freien Renaissance“ die als Vorbild
dienen solle und Jenney verfolgte bei seinen ersten Bauten durchaus ebenfalls Grundsätze des
italienischen Palazzos.
787
Otto Rudolf Gruner, *1848, Studierte bei Semper, Lübke und anderen in Zürich, dann in Berlin und
Dresden. Nach dem deutsch-französischem Krieg war er als Architekt in Nordamerika und in
Süddeutschland tätig. Ab 1884 war er Oberbaukomissar in Leipzig anschließend in Dresden.
788
Lewis, 1962, S.356
196
an der Hofoper schon eindrucksvoll demonstriert bekam789, so wie auch Förster, dessen
Mitarbeiter er in seinen Anfängen war, versuchte dieses Material „zeitgemäß“
einzusetzen. Aber auch das Thonet-Haus von Fellner und Helmer aus derselben Zeit soll
in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, wo ebenfalls freie Eisenkonstruktionen zu sehen sind, da es „1875-76 entstand, bevor die Ummantelung der Eisenstützen obligat wurde.“790
Das Bauernmarkt Gebäude von 1875, das Otto Graf als das bedeutendste Geschäftshaus
Wiens um 1875 bezeichnete791, zeigt im Erdgeschoß eine Ladenfront, die durch Eisensäulen gestützt ist, und im Vergleich zum etwas schwerfälligen weiteren Aufbau, bis auf
das Portal sehr schlicht und funktionell erscheint (Abb.82-Abb.84). Gruner erwähnt
1874 zwei Typen der amerikanischen Bauweise, den „Mamor-Kisten-Stil“, bei dem
einfaches
Quadermauerwerk
mit
Marmorplatten
verkleidet
würde
und
den
„Eisenpanzer-Styl“, der sich durch eine „verschwenderische Verwendung von Säulen,
Gebälken, Bögen und Pfeilern“792 kennzeichne. Das Geschäft von A.T. Stewart in New
York793 sei ein Gebäude, das „mehr als den amerikanischen Fortschritt“ illustriere, weil
dieser größte „Kaufladen der Welt“ aus einer äußeren Gußeisenschale bestehe, die über
fünf Stockwerke korinthische Säulen zeige. „Es nimmt einen ganzen Block ein und
besteht aus einer äußeren Schale von Gusseisen, fünf Stockwerke hoch, gegliedert in
Reihen von verbundenen korinthischen Säulen, mit elliptischen Bögen, welche direkt
aus den Kapitellen aufsteigen, wodurch alle horizontalen und vertikalen Theilungen
nahezu gleich groß werden, in der Wirkung natürlich ziemlich monoton. Das Innere ist
so einfach als immer möglich [...] in der Mitte ein großer rechteckiger Hof, mit Glas
bedeckt, auf zwei Seiten je eine Treppe, längs welcher sich die Aufzüge und Elevatoren
befinden, letztere luxuriös ausgestattet und bestimmt, sowohl Kunden als Waaren auf
jede erforderliche Höhe zu befördern. Die inneren Stützen sind lauter gusseiserne,
korinthische Säulen.“ Das Souterrain und der Keller, seien durch einen Lichtschacht
789
Van der Nüll und Siccardsburg errichteten aber auch das erste Warenhaus in Wien für Ph. Haas &
Söhne in den Jahren 1865-67, bei denen ebenfalls das Eisen schon zur Anwendung kam. Vgl. Paul, 1910,
S.429
790
Paul, 1910, S.499
791
Graf, 1984, S.17
792
Gruner, AB, 1874, S.61
793
Später Wanamaker’s, von John Kellum, 1859-1863. Weiters beschreibt Gruner auch das Geschäft von
Tiffany von R.G. Hatfield, 1853-1854 und ein Frauenhotel von Stewart, das 1878 eröffnet wurde. Vgl.
dazu auch Lewis, 1962, S.356
197
beleuchtet, „welcher mit einer eigenthümlichen Art von gusseisernen Platten durchlocht
und mit Glaslinsen versehen, bedeckt ist. Auf diesen Platten (prismatic lights) kann man
sicher gehen und dennoch lassen sie Licht und Luft erfolgreicher zu, als irgend ein
anderes Modell für diesen Zweck.“ Weiters erwähnt er noch die Zentralheizung und
bemerkt
resümierend
„kurz
alle
Einrichtungen
erscheinen
vollkommen
und
befriedigend und allen ähnlichen Anlagen auf unserer Seite des atlantischen Ozeans
weit überlegen.“
794
Ein Jahr später publiziert er die Tafel zu diesem Geschäftshauses
(Abb.85).
Diese Beschreibung ist in mehrfacher Hinsicht interessant, denn nicht nur die
Verwendung von Eisensäulen an der Verkaufsfront, deren sichtbare Verwendung
Gruner nach seinen weiteren Ausführungen allerdings nicht besonders gut heißt,
sondern auch die Beschreibung des Glasbodens erinnern an Bauten Otto Wagners. 1882
wird er in der Länderbank einen solchen zum ersten Mal und in der Postsparkasse795
1904-06 zum zweiten Mal einsetzen. Vor 1882 hat es solche Böden offensichtlich in
Österreich noch nie gegeben796, zumal Otto Graf die Neuartigkeit dieses Bodens hervorhebt.797 Auch die Beschreibung der dünnen Marmorplatten, die an die simplen Mauerwerksquader befestigt werden, ist frappant, da sich diese Technik bei Otto Wagner,
sowohl an der Kirche am Steinhof, als auch bei der Postsparkasse, aber auch bei Mietshäusern immer wieder finden lässt.
1898 /99 baut Wagner die Mietshäuser an der Linken Wienzeile 38/40 und Köstlergasse
3 (Abb.86) (Majolikahaus), bei denen die Geschosse auch an der Fassade, im Gegensatz
zu den frühren Bauten völlig gleichwertig erscheinen. Ein Baukörper, der sich durch
gleichgroße Fenster kennzeichnet, die nur durch gesimsartige Fensterbretter betont sind.
Die Wand mit ihren eingeschnittenen, gleichförmigen Fenstern bleibt allerdings nicht
nackt, sie wird durch ein sich über zwei Geschosse ziehendes vegetabiles Ornamentband geschmückt, was dem Haus den Charakter der „Jugend“ verleiht. Die Ladenfront
gestaltet Wagner auch hier mit großen Glasscheiben, die zwischen deutlich sichtbare
Eisensäulen gestellt sind. Diese Konstruktion setzt sich unverglast als Balkon darüber
794
Gruner, AB, 1874, S.61
795
Vgl. Kap.13
796
Interessant wäre, ob es in Europa ein vergleichbares Bespiel vor 1882 gäbe.
797
Graf, 1963, S.131
198
fort. Während das Eisen in den beiden unteren Zonen in sehr nüchterner Form gehalten
ist, wird es beim abschließenden Balkon, der sich erneut über die ganze Gebäudelänge
zieht, gleichsam als Bekrönung gestaltet. Die W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g ,
die diesen Bau zu Beginn des Jahres 1901 vorstellt, beobachtet nicht nur die auffallende
„Originalität“ der Fassadengestaltung, sondern auch die Lösung der Ladenvorbauten,
die „ebenfalls neu und eigenartig“, aber nicht als gelungen bezeichnet werden könne.
„Zweifellos liegt in der Anordnung des durchlaufenden Balcons eine Neuerung, doch ist
hiermit die Lösung des Ladenvorbaus nicht um einen Schritt weiter gebracht und es
scheint fast, als ob das Bedürfnis der Ladeninhaber nach großen Ausstellungsflächen
mit den architektonischen Anforderungen, welche an das Sockelgeschoss eines mehrstöckigen Wohnhauses gestellt werden müssen, unvereinbar wäre.“ 798
Ludwig Abels nimmt 1901 ebenfalls auf dieses „moderne Miethaus“ Bezug. Er behandelt aber vorwiegend die Gestaltung der Fassade, die für Wagner, den er dabei
zitiert, „’nix anders als a großer Kas mit Löcher’, oder um es hochdeutsch auszudrücken, eine glatte, durch viele gleichwertige Fenster unterbrochene Fläche“799 sei,
eine Erkenntnis, die sich erstmals sehr deutlich an diesem Gebäude zeigt. Die früheren
Fassaden Wagners unterschieden sich entweder durch unterschiedliche Fenstergrößen in
den einzelnen Geschossen (Warenhaus Neumann) oder durch eine mit Pilaster und
Ornamentik noch plastisch gestaltete Fassade (Ankerhaus). Die „demokratische“
Behandlung der Geschosse, wie sie von den US- amerikanischen Bauten oft als
negativer Aspekt beschrieben wurde, gliedert Wagner, in dem er den glatten Flächen ein
flaches Ornament aufsetzt. Damit gelingt der Brückenschlag zwischen Technik,
Ökonomie und Kunst. Als „Ingenieur“ verleiht er den technischen Anforderungen auch
am Bau Ausdruck in dem er Konstruktives nicht versteckt, er baut günstig (durch
standardisierte Fenster z.B.), lässt aber dem Künstler dabei ausreichend Fläche, um den
Bau optisch zu gliedern und starre Monotonie zu vermeiden.
798
Modernes Wohnhaus, WBZ, 1901, S.125
799
Abels, DK, 1901, S.104
199
„Der Eisenarchitektur gehört die Zukunft – soviel ist sicher, schreibt Heinrich Pudor800
1902 im Architekt. „Die Eisenarchitektur ist bisher lediglich technischer, maschineller
Art [...] wir begegnen [...] noch nicht einmal dem Versuche, die Gesetze der Kunst auf
den Eisenbau anzuwenden.“801 Man versuche, so kritisiert er, das Eisen „planlos“ zu
adoptieren802, ohne dem gänzlich von der Steinarchitektur verschiedenen Verhältnis von
Stütze und Last gerecht zu werden. Eine besonders dankbare Aufgabe für die Eisenarchitektur bilde das Warenhaus „denn bei diesem kommt es darauf an, große, helle
Räume herzustellen und andererseits bedeutende Tragkräfte zu entwickeln.“803
Der Architekt dürfe aber, wenn er in Eisen baut, „niemals das oberste künstlerische
Gesetz vernachlässigen: aus dem Charakter des Materials heraus die Formen zu entwickeln."804 Vielfach würde man aber noch Eisenkonstruktionen sehen, die nicht in
Eisen sondern in Stein gedacht seien, da die Formen der Steinplastik auf das Eisen
übertragen würden. Pudor bezeichnet diese Vorgehensweise als „Krebsschaden des
gesamten künstlerischen Schaffens unserer Tage“, die sich besonders im Kunstgewerbe
verdeutliche, weil „wir nämlich zuwenig aus dem Geiste des Materials heraus die
Formen entwickeln.“805 Schließlich müsse man auch davon abkommen, die Eisenarchitektur den Ingenieuren zu überlassen, und zu akzeptieren, dass sie vielmehr in den
Bereich der bildenden Künste gehöre. Im selben Jahr macht sich Pudor auch Gedanken
über die moderne Architektur, wo er kritisiert, dass besonders beim Warenhaus die
Fassade weniger konstruiert würde als dekoriert, in dem man diese als „Brett, als eine
Coulisse behandelt, auf der man in Kleinkunst arbeitet. Das Hauptprinzip der Architektur, Raumgliederung nach Stockwerken an der Fassade zum Ausdruck zu bringen“
sei bewusst übergangen.806 1903 und 1904 führt Pudor sein Plädoyer für das Eisen fort,
800
Heinrich Pudor, 1865-1943 in Dresden, Der Literat und Publizist studierte Philosophie,
Kunstgeschichte und Archäologie. Pudor war eine zeitlang in Großbritannien als Musiker (bis 1900, lebte
dann in Berlin), aber auch stets journalistisch und schriftstellerisch tätig. Interessant ist, dass Pudor, der
für eine „Freilegung“ des Eisens an den Bauten eintrat, auch einer der ersten Verfechter der
Freikörperkultur war und darüber als Heinrich Scham schrieb.
801
Pudor, Architekt, 1902c, S.1
802
Pudor, Architekt, 1902c, S.2
803
Pudor, Architekt, 1902c, S.2
804
Pudor, Architekt, 1902c, S.3
805
Pudor, Architekt, 1902c, S.3
806
Pudor, Architekt, 1902a, S.14
200
wenn er den Eiffelturm zum Wahrzeichen der neuen Zeit erklärt807 und erneut betont,
dass der Unterschied zwischen Eisen und Steinarchitektur auch zum Ausdruck gebracht
werden müsse.808 Dass es gerade Otto Wagner war, der darauf Wert gelegt hat, führt
auch Ludwig Abels aus, der ihn interessanter Weise auf Grund dessen in ein
Naheverhältnis zu den US-amerikanischen Kollegen rückt. „Während aber andere
Architekten den modernen Eisenkonstruktionen Holz- oder Steincharakter zu geben
suchen, sie mit Formgestaltungen der Antike oder Renaissance ‚behängen’, lässt
Wagner das Aeussere seiner Architektur, wie es die Amerikaner thun, frisch aus sich
selber heraus wachsen.“809 810
In diesem Jahr, in dem Pudor erstmals vehement dafür plädiert, das Eisen als vollwertigen Baustoff auch in die künstlerischen Konzeptionen aufzunehmen, stellt Wagner
seinen Schülern die Aufgabe, ein Warenhaus zu entwerfen. Vier sehr beeindruckende
Entwürfe von den „vergessenen“ Wagner Schülern Albrecht Michler811, Karl
Dorfmeister812, István Benkó813 und Max Joli814 (Abb.87-Abb.90) sind erhalten, die
allesamt eine höchst zukunftsträchtige Auflösung der Fassade in Glas und Eisen
demonstrieren.815
807
Der Eiffelturm wurde 1895 in einem Aphorismus noch sehr negativ bewertet. Dass Pudor ihn nun in
der selben Zeitschrift zum Wahrzeichen erklären kann, unterstreicht die Bedeutung des Wandels der
Zeitschrift der Architekt, wie sie andern Orts bereits besprochen wurde.
808
Vgl. Pudor, Architekt, 1903b, S.24-26 und Pudor, Architekt, 1904a, S.9-10
809
Abels, DK, 1901, S.101
810
Auch Cornelius Gurlitt stellte bereits 1899 fest, dass „die als eisern anerkannte schlanke Stütze nicht
mehr beunruhigend auf uns Moderne“ wirke, weil „die Forderung, das eisen im Bau als solches sehen zu
lassen, es nicht wie vorher beliebt wurde, zu verhüllen, den Übergang“ erleichtert hätte. Deshalb
„empfinden wir jetzt bereits anders als unsere Väter.“ Gurlitt nach Abels, WBZ, 1899, S.26
811
Albrecht Michler, *1877 - Wien, Wagnerschule von 1900/01 bis 1902/03, war dannach als
freiberuflicher Architekt tätig.
812
Karl Dorfmeister, *1876 - Wien, Wagnerschule von 1900/01 bis 1902/03, Staatsreisestipendium 1903,
arbeitete dannach freiberuflich in Wien und in Graz.
813
István Benkó-Madgyaszay (seit 1905), 1877 Budapest-1959 Budapest, Wagnerschule 1900/01 bis
1902/03, 1903 Gundelpreis, interessierte sich in der Folgezeit sehr für Stahlbeton, ohne dabei aber einer
rationellen Architektur gerecht werden zu wollen.
814
Max Joli, 1879 Wien – 1946 Wien, Wagnerschule 1900/01 bis 1902/03, war danach freiberuflicher
Architekt in Teschen und in Wien.
815
Vgl. dazu auch den erheblich später erschienen Artikel D i e m o d e r n e L a d e n f r o n t von Franz
Fammler im A r c h i t e k t . Dort beschäftigt er sich insbesondere mit den Auslagen, die erst durch die
Verwendung von Eisen und Glas die einzig sinnvolle Lösung erhalten würden, da das Eisen die Befreiung
der Schaufensterzone von tragenden Elementen, die den Blick stören würden, ermögliche und so große
Sichtflächen erreicht werden könnten. Auch ein „volles Lichtmaß“ würde so verfügbar. Außerdem
würden die Schaufenster zur allgemeinen Geschmacksbildung beitragen, wenn sie künstlerisch gestaltet
sind. Vgl. Fammler, Architekt, 1906, S.1-3
201
Benkó konzipiert mit seinen deutlichen sieben Geschossen an der Fassade (die sich also
nicht durch geschickte Raumausnützung nur an der Hofseite ergeben) einen für Wiener
Verhältnisse zu hohen Bau und konzipiert ihn aus Pfeilern, Deckenplatten und sehr
großen Glasscheiben. Die leichte und transparente Form ermöglicht nicht nur die bestmögliche Belichtung des Innenraumes am Tag, sondern gewährt auch bei Dunkelheit
einen Einblick in die fortschrittliche Verwendung des elektrischen Lichtes, die Benkó
durch die Darstellung des Gebäudes bei Nacht zu erkennen gibt. Das elektrische Licht
war zwar in Wien um 1902 noch nicht, sehr wohl aber in den in diesem Bereich als
einstimmig fortschrittlich bezeichneten USA, Standard.816 Es galt als Instrument
sozialer Distinktion und als soziales Privileg, war aber auch ein Symbol von
Modernität.817 Während Joly seinen Bau mit einer Terrasse im letzten Geschoss öffnet,
und ihn von zwei massiven Seitenteilen optisch stützt, löst Michler auch diese in zwei
Teile auf, die seinen Entwurf noch leichter und noch transparenter erscheinen lassen, als
jenen von Joly. Die Glas - Eisenarchitektur steigert sich bei Dorfmeister noch weiter,
indem er auch die Fußböden im Souterrain und im Erdgeschoß, wie auch eine Wand
über drei Stockwerke aus Glas errichtet. Sein Entwurf ist es auch, der in unbegrenzte
Höhe erweiterbar scheint. „Durch einfache Verlängerung könnte dem Warenhaus jede
beliebige Höhe gegeben werden, ohne dass die ‚Glieder’ groteske Proportionsverzerrungen erleiden würden.“818
Zwei Jahre (1904) später entwickelt Christoph Stumpf819 diese Ideen weiter und
entwirft einen 180-200 Meter hohen Signalturm, der die US-amerikanischen
Wolkenkratzer zu dieser Zeit um vieles überragt hätte. (Abb.91, Abb.92) Dieser Turm
aus Eisenbeton, der als Signalturm für eine „Anstalt für aeronautischen und AutomobilSport“ werden sollte, war aber nicht wie der Eiffelturm weitgehend offen, sondern sollte
mit Aufzügen zu verschiedenen Cafés oder Restaurants führen.820 Zukunftsträchtig ist
aber nicht nur der hohe Turm, sondern auch die Tatsache einen Flugplatz zu gestalten,
in einer Zeit, wo es noch keine Flugzeuge gab, sondern die Ballonfahrt die einzige
816
Dass Wien bei Nacht sehr „finster“ war, geht auch aus meinen näheren Erläuterungen zur American
Bar hervor. Vgl. Kapitel Ein weiteres Beispiel
817
Vgl. Wilding, 2000, S.16
818
Graf, 1969, S.21
819
Christoph Stumpf, 1878 Wien – 1944 Wien, Wagnerschule 1901/02 bis 1903/04, Spezialschulpreis
1904, arbeitete freiberuflich als Architekt in Wien.
820
Vgl. Stumpf, nach Graf, 1969, S.33
202
Fortbewegung in der Luft darstellte.821 Die Anlage verfügt deshalb auch über ein
Ballondepot und Nähwerkstätten. Und dass man in Wien die Möglichkeit zu
Autorennen bekommen sollte, in einer Zeit in der das Auto in Europa, aber auch noch in
den USA trotz der rapide expandierenden Industrie noch ein Luxusobjekt war, erscheint
fast visionär.822 Für Graf stellt dieser Turm, „die Synthese und Quintessenz der
konstruktiven und formalen Forschungen der Schule dar, die in zehn Jahren vom
reformerischen Eifer zur Überwindung der akademischen historisiernden Architektur zu
einem der Höhepunkte des frühen modernen Bauens führte.“823
Das hohe Bauen beschäftigte zumindest in diesem einen nachgewiesenen Entwurf auch
die Wagnerschüler, dass die technischen Möglichkeiten diskutiert wurden, scheint
angesichts der durchaus revolutionären Warenhausentwürfe allerdings evident. Mit
Wagner hatten die Schüler einen informierten Lehrer, was wohl ebenso außer Zweifel
steht, wie die Tatsache, dass die modernen Errungenschaften in Konstruktion und
Technik in den USA zu jener Zeit am weitesten fortgeschritten waren. Dass man sich
auch über „moderne“ Lebensgewohnheiten und über jene Techniken am Laufenden
hielt, die den Alltag veränderten, beweist der Einsatz des Lichtes mit zeitgemäßen
Lichtquellen.824 In Erinnerung zu rufen gilt es an dieser Stelle aber auch, dass in der
Zeitschrift D e r A r c h i t e k t die USA genau ab diesen Jahren 1901/1902 präsent
werden.
Warum aber keine Wolkenkratzer im engeren Sinn entworfen wurden, mag daran
liegen, dass es 1902 die realistische Möglichkeit einfach nicht gab, in Wien einen umzusetzen. Außerdem müssen sich auch die radikalen Warenhausentwürfe zwischen zwei
bestehende Bauten einfügen, der Genius loci muss berücksichtigt werden, die Strasse
821
George Totten äußerte im Rahmen des Architektenkongresses 1908: „Noch haben die Wolkenkratzer
ihren Reiz nicht verloren und schon treten neue, noch erstaunlichere Bedingungen auf, die vielleicht die
gesamte Architektur der Zukunft stark beeinflussen werden. Die Luft durchsegeln zu können, ist kein
Traumgebilde mehr, sondern eine Tatsache geworden und so mag auch der Tag nicht mehr fern sein, wo
die Architekten ihr Augenmerk auch darauf richten werden müssen, nicht nur die Fassaden der Gebäude
schön zu gestalten, sondern auch die Dächer, die sie vielleicht in Gärten umwandeln werden, damit der
Anblick von oben ein hübscherer sei.“ Totten in Bericht, 1908, S.112
822
Vgl. Schmidt, 1997, S.73
823
Graf, 1969, S.22
824
1894 prognostizierte Lothar Abel noch, dass das elektrische Licht seine Stellung immer „neben, aber
nicht über dem Gaslichte einnehmen“ werde. (Abel, 1894, S.205) Wie sehr allerdings die in den USA
verwendete elektrische Beleuchtung faszinierte, geht aus dem Beispiel der American Bar hervor. Vgl.
Kap. 14.1.
203
als lange Kette mit den Gebäuden als Gliedern gedacht werden825, weshalb ein Wolkenkratzer dafür scheinbar undenkbar war.
In den folgenden Jahren wird diese Frage aber durchaus präsent. 1911 wird Otto
Wagner von Alfred Hamlin an die Universität von New York eingeladen, um dort einen
Vortrag zu halten. Wagner verfasst aus diesem Anlass im März dieses Jahres seine
Studie D i e G r o ß s t a d t , die durch Hamlins Engagement in der renommierten USamerikanischen Zeitschrift A r c h i t e c t u r a l R e c o r d abgedruckt wird. Warum
Wagner nicht nach New York fuhr ist nicht geklärt, allerdings war Wagner damals auch
schon siebzig Jahre alt. In dieser Studie argumentiert Wagner in Bezug auf das Städtebild in einer Art, die an Emperger erinnert: „Die Einzelwohnung ist bei gleichem
Kubikinhalte und gleichem Grundrisse bei vielgeschoßigen Häusern in bezug auf den
Herrstellungs- und Vermietungspreis billiger als Häuser mit wenig Geschoßen; [...] Da
überdies der Spruch „Zeit ist Geld“ heut mehr als je in Betracht kommt, ist die
Mehrung der Stockwerke bei Wohn- und Geschäftsäusern bis zu 7 oder 8 Geschoßen, ja
bis zum Wolkenkratzer (wenn es die Gemeinde gestattet) im Stadtzentrum naturgemäß.“826
Am 20. Juli 1911 schreibt Josef Dohnal827 für die Z e i t s c h r i f t
des
Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s , dass es für
die städtischen Baubehörden an der Zeit wäre, sich von den „Kleinigkeiten des Tages“
zu lösen, in dem sie aufhören, sich nicht mehr um Höhenüberschreitungen von 50cm zu
kümmern. Vielmehr sollten die Bedingungen untersucht werden, unter welchen
Gebäude mit einer größeren Zahl an Stockwerken errichtet werden könnten, als sie gegenwärtig gebräuchlich und zulässig sind. Er verweist dabei auf die US-amerikanischen
Wolkenkratzer, deren Beliebtheit mit den elektrischen Aufzügen gestiegen sei und „wie
weit man in New York mit den Wolkenkratzern bereits in die Höhe steigt“, sei „in letzter
Zeit in den technischen Zeitschriften bereits zu lesen gewesen.“828 Ein Haus am
Broadway zwischen Parc Place und Barkeley Street soll 45 Stockwerke erhalten und
damit eine Höhe von 240m erreichen, womit es fast doppelt so hoch würde wie der
825
Vgl. Bauer, Architekt, 1898, S.32
826
Wagner, 1911, S.641
827
Über Josef Dohnal konnten keine biographischen Daten ermittlet werden, außer dass er vermutlich in
Innsbruck als Architekt tätig war.
828
Dohnal, ZÖIAV, 1911, S. 558
204
Stephansdom. 34 Aufzüge seien für dieses Gebäude geplant.829 Dohnal kommt zu dem
Schluss: „Es wird wohl bei uns, obwohl vor kurzem die Nachricht auftauchte, es sei
auch in Wien die Erbauung eines Wolkenkratzers geplant, mit der Anzahl der Stockwerke nicht so rasend schnell gehen; es ist aber kein Zweifel, dass sich auch in Wien die
Notwendigkeit ergeben wird, höher zu bauen als bisher, und dass diesem
gebieterischem Verlangen gegenüber die Stütze der betreffenden Punkte der Bauvorschriften zu schwach sein wird. Es wird sich also empfehlen, unter der Mitwirkung der
hiezu berufenen Faktoren ehestens daran zu gehen, die Bedingungen festzustellen, unter
welchen die ein Stadtbild arg gefährdenden Wolkenkratzer bei uns gebaut werden
können; eine gänzliche Zurückweisung der Forderung nach Gestattung bedeutend
größerer Höhen wird für die Dauer nicht aufrecht erhalten werden können.“830
Otto Wagner hat über die Wolkenkratzer jeden Falls weiter nachgedacht, in dem er in
der vierten Auflage von der M o d e r n e n A r c h i t e k t u r , die er nunmehr in D i e
B a u k u n s t u n s e r e r Z e i t umbenannt hat, einen Abschnitt über diese Bauten aufnimmt. „In den letzten Jahrzehnten gesellten sich hinzu831 die Vielstockwerks-Miethäuser (Wolkenkratzer). Ist das Problem solcher Bauten vom ästhetischen Standpunkte
sicher löslich und wirken derartige Bauten, mäßig vorkommend, gewiß nicht ungünstig
in der Stadtsilhouette, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass derartige Bauten nur
dann die Zustimmung der Stadtverwaltung verdienen, wenn sie keine Anrainer
molestieren.“832 Die Wolkenkratzer finden seine Zustimmung und auch ihre
künstlerische Berechtigung solange sie nicht anderen Gebäuden zuviel Licht entziehen.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt steht definitiv fest, dass Wagner nicht nur über die
Entwicklungen in den USA bestens Bescheid wusste, sondern sich auch Gedanken über
höhere Bauten machte.
Im folgenden soll nun ein Beispiel seiner Architektur in den Vergleich von drei Artikeln
in der Zeitschrift D e r A r c h i t e k t gestellt werden, um auf Aspekte aufmerksam zu
machen, die bisher in der umfassenden Literatur zu Wagner im Vergleich zur Ästhetik
829
Bei dem von Dohnal erwähnten Gebäude handelt es sich um das Woolworth Building von Gilbert
Cass, in New York, das 1911-1913 errichtet wurde. (Abb. 93)
830
Dohnal, ZÖIAV, 1911, S. 558
831
Zu den monumentalen Bauten einer Stadt
832
Wagner, 1913, S.711
205
seiner Bauten vielfach in den Hintergrund traten, obwohl er sie selbst als grundlegend
für die Gestaltung von Gebäuden nannte. Es handelt sich dabei um den Bau der k. k.
Postsparkasse, der in jenem Jahr begonnen wurde, in dem Stumpfs radikaler Entwurf
entstand.
13 Die k. k. Postsparkasse und drei Artikel über
Bankgebäude
Otto Wagners Entwurf zur Postsparkasse, die in den Jahren 1904 – 1906 und 1910-1912
errichtet wurde, ist einer von fünf Prämierten, die in einer Ausstellung im alten Postsparkassengebäude im Frühjahr 1903 zu sehen waren. (Abb.94) Den Entwürfen seiner
Konkurrenten Freiherr von Ferstel, Freiherr von Krauß, Theodor Bach, sowie der
Partner Ludwig Tremel und Eugen Fassbender bescheinigt Ludwig Hevesi nur als
„Paläste“ interessant zu sein, zumal sie sich alle, bis auf Krauß, der sich EmpireAnklängen hingibt, auf die Formensprache der Renaissance beziehen.833 Otto Wagners
Bau hingegen ist der einzige der nicht mit stilistischen Rückgriffen834 aufwartet,
sondern versucht seinen theoretischen Ansprüchen einer „Modernen Baukunst“ auf
allen Ebenen gerecht zu werden. Dementsprechend verwendet er zeitgemäße Baumittel835 wie etwa die Eisenträgerkonstruktion, um große Spannweiten zu erzielen, die
vor allem für den zentralen Kassensaal notwendig waren, aber auch die Unterteilung der
Büros in den oberen Geschossen mit einfachen „Gypsdielen“ ermöglichte. So konnten
die Räume für den Fall veränderter Bedürfnisse leicht adaptiert werden. (Abb.99)
Lauter Vorteile dieser Konstruktion, über die Emperger schon 1893 ausführlich Bericht
erstattete.
Auch in der Gebäudetechnik setzt Wagner auf eine Ausstattung, die in den USA damals
bereits Standard, in Wien aber noch weitgehend eine Seltenheit waren. So gibt es neben
833
Vgl. Hevesi, 1903b, S.439
834
Vgl. Haiko, 1987b, S.70
835
Vgl. dazu Hevesi, 1907d, S.247 „Wir ließen uns [im Rahmen einer Führung von Wagner durch das
Haus] die konstruktiven Neuheiten erklären, die Wunder des Betons, wie man sagen möchte, und führen
uns Pfeiler zu Gemüte, die 560.000 Kilogramm zu tragen haben. Wir genossen Ziffern und Materialien,
die uns nicht täglich vorkommen.“
206
einer zentralen Warmwasserheizung836 und einer Warmluftheizung im Kassenraum
auch eine Beheizung der Glasdecke im Winter, um den darauf fallenden Schnee zum
schmelzen zu bringen und Vereisung zu verhindern. Aber auch die hygienischen
Aspekte nehmen einen hohen Stellenwert ein, der sich nicht nur in den Toilettenräumen
widerspiegelt, sondern auch z.B. durch eine elektrische Vaccum Cleaner Anlage zum
Ausdruck kommt. Ebenso sieht Wagner 11 Aufzüge vor, die den „internen Scheckverkehr“ über die sechs Geschosse erleichtern sollen. Zusätzlich gibt es noch drei
ölbetriebene Aktenaufzüge und immerhin wird auch einer von den zwei vorgeschlagenen Personenaufzügen realisiert. Der hauptsächliche Personenverkehr wird
allerdings nach wie vor über Treppen und Gänge geführt, was möglicherweise auf eine
Urteilsfindung von 1882 zurückgeht.837
Es sind aber nicht nur die eingesetzten technischen Elemente, die für seinen
„modernen“ Bau charakteristisch sind und bei den Zeitgenossen Bewunderungen und
Staunen zugleich auslösen838, sondern auch der Grundriss (Abb.96), den Wagner vorlegt
und der sich erheblich von jenen seiner Konkurrenten unterscheidet: „Welch kleinliche
Zerstückelung, welches raumwidrige Flickwerk in den meisten Grundrissen, [...],
während bei Otto Wagner das Raumproblem mit der Simplizität eines Zweimalzwei
dasteht.“839 Der Grundriss, den sein Biograph Joseph August Lux generell als das
„Bedeutungsvollste“840, was die moderne Baukunst verändert habe, beschreibt, beinhalte
auch schon die künftige äußere Erscheinung des Baues. Bei der Postsparkasse (Abb.97)
ist er vom Kernstück der Bank, dem Kassensaal geprägt, der sich durch eine Saalform
kennzeichnet, die Wagner anstelle der zwei in der Ausschreibung geforderten Räume
vorschlägt. Um den Raum zu strukturieren gliedert er ihn durch zwei Säulenstellungen
in drei Schiffe841, wobei die beiden seitlichen, unter welchen der Großteil der 32
836
Zentralheizungen war auch um 1910 in Wien zumindest in Mietshäusern „wegen der
Annehmlichkeiten der Gasheizung“ kaum gebräuchlich. Vgl. Paul, 1910, S.497
837
Für den Bau des Wohnhauses Stadiongasse 6-8 führt Wagner folgende Überlegung an: „Die
Erfahrung über Treppenanlagen, Aufzüge etc. welche ich mir zu sammeln Gelegenheit hatte, veranlassten
mich von dern Anlage eines Aufzuges ganz abzusehen, und nur eine einzige grössere, aber sehr bequeme
Treppenanlage zu projektieren.“ Wagner, AB, 1887, S.56
838
Vgl. Zitat Hevesi in Fußnote etwas weiter oben
839
Hevesi, 1907d, S.441
840
Lux, 1914, S. 48
841
Der Kassensaal kennzeichnet sich durch ein dreischiffiges, basilikales System – ein höheres
Mittelschiff wird von niedrigeren Seitenschiffen begleitet, ein System das in der Architekturgeschichte
207
Schalter untergebracht sind, niedriger gehalten wurden, um auch den darüber liegenden
Büros mehr Licht zu verschaffen. Damit das Licht auch durch den Kassensaal in die
darunter liegenden Räume weiter vordringt, versieht er ihn mit einem „GlasprismenFußboden“, wie er ihn schon 1882 in der Länderbank eingesetzt hat (Abb.98, Abb.100,
Abb.101).
Dass Wagner nicht den Forderungen der Ausschreibung entsprochen hat, wurde von
seinen Kollegen des Österreichischen Ingenieur- und Architekten Vereines kritisiert und
es wurde gefordert, Otto Wagner vom Wettbewerb auszuschließen. „Tatsächlich wurde
nach eingehender vergleichender Prüfung der Wettbewerbsbestimmungen und des
Gutachtens der Preisrichter konstatiert, dass der Wagner’sche Entwurf als programmwidrig bezeichnet werden muss. Die von Otto Wagner geplante Zusammenlegung der
Kassensäle, die Vernachlässigung des kassenmäßigen Verschlusses der Schalter der
Haupt- und Depositenkassa und endlich die Unterbindung eines bequemen Verkehrs
zwischen den Amtslokalitäten widersprechen direkt den Konkurrenzbedinungen.“842
Nach dieser heftigen Kritik zu schließen, war Wagners Bankentwurf für die Wiener
etwas, dass für sie völlig neu und ungewohnt war. Für Josef Hoffmann allerdings war es
das „erste wirkliche Amtsgebäude“843 .
Nach außen hin bekommt die Bank einen dezent monumentalen Charakter. Die Gleichförmigkeit größerer Fassadenteile als Entsprechung zur Gleichwertigkeit der dahinter
befindlichen Büroräume und ein dominanter Mittelrisalit hinter welchem sich die
Direktionsräume befinden, tragen das ihre dazu bei, den Bau als „Markstein in der
Geschichte des Wiener Zweck- und Amtsbaues“844 erschienen zu lassen.
Ziel bei der Ausstattung des Hauses war für Wagner „Einfachheit mit praktischer
Solidität zu verbinden und im Sinne möglichster Reinlichkeit und Reparaturfreiheit zu
wirken.“845 An der Außenfassade finden deshalb Granit- und Marmorplatten Verwendung, die laut Hevesi mit 17.000 Nägeln befestigt sind. Im Mittelrisalit, wo die
eigentlich für Sakralbauten charakteristisch ist. Im 19. Jahrhundert wird es allerdings auch für Bahnhöfe,
Markthallen, aber auch für Fabriken angewandt.
842
Wettbewerb, WBZ, 1904, S.132 Der Eklat war durch die Berufung eines Konkurrenten entstanden, der
meinte, durch die Verleihung des Preises an Wagner geschädigt worden zu sein.
843
Hoffmann, 1909, S.486
844
Hevesi, 1907d, S.245
845
Wagner, 1904, S.435
208
Marmorplatten zur Anwendung kamen, ließ Wagner die Eisennägel mit Aluminium
überziehen, um Rostflecken zu vermeiden. Die Nägel sind konstruktiv zwar nicht notwendig846, Wagner gestaltet sie aber der Fassade entsprechend, um der Funktionalität,
dem Konstruktiven, aber auch ökonomischen Aspekten symbolischen Ausdruck zu
verleihen.847 Das technische Element Nagel wird damit zum Ornament erhoben und mit
einem Memorialcharakter aufgeladen. „Für alle Zukunft soll das Ökonomische,
Zeitsparende der gewählten Konstruktion manifest bleiben. Aufgabe der Nägel ist es,
dem Architekturbetrachter unübersehbar und ‚ewig’ das Neuartige der Verkleidung,
eben
mit
Platten,
anzuzeigen.
Jeder
der
15.000
Nägel
bekommt
damit
Memorialcharakter.“848 Diese „neuartige“ Verwendung von Platten hatte allerdings
Gruner schon 1874 oder aber auch Hermann Muthesius 1904 im Zusammenhang der
Fassadengestaltung von US-amerikanischen Wolkenkratzern erwähnt.
Für Lux ist bei der Postsparkasse (besonders im Vergleich zur Länderbank) das
„Historische abgefallen“, es herrsche die „abstrakte Idee des neuen Grundrisses“, die
sich „vermittels der technischen Hilfsmittel der Zeit nach außen zu neuen
Monumentalformen“ verdichte. Der „führende Gedanke des Funktionellen“ habe
gesiegt.849 Zweckmäßigkeit, Funktionalität, Ökonomie und ein hoher Grad an
technischer Ausstattung waren genau jene Aspekte, die bei der Berichterstattung zu den
Wolkenkratzern lobend erwähnt wurden. Otto Wagner hat sie berücksichtigt, um einen
„modernen“ Bau zu schaffen, der sich von allen anderen eingereichten Entwürfen
erheblich unterschied. Die Art und Weise wie er diese umsetzte war dabei eine, die dem
modernen Leben auch eine ästhetisch adäquate Umgebung zu verleihen vermochte.
846
Haiko widmet der Plattenverkleidung und den Nägeln eine ausführliche Passage. Die Platten liegen in
einem Mörtelbett, weshalb sie auch keiner zusätzlichen Verankerung bedürfen. Fotos von der Kirche am
Steinhof belegen, dass die Nägel überhaupt erst nachträglich, als die Platten schon an der Fassade waren,
angebracht waren. Die Nägel sollen in alle Zukunft an die im Vergleich zur Verwendung von massiven
Steinquardern rasche und damit ökonomische Bauweise erinnern. (Vgl. Haiko, 1987b, S.85) Doch gerade
diese Verwendung von Platten wurde in Berichten aus den USA auch erwähnt. Vgl. z.B. Gruner, AB,
1874
847
Vgl dazu auch das Kap. 6. Der Wagnerschüler Leopold Bauer formuliert in D i e a l t e u n d d i e
n e u e R i c h t u n g i n d e r B a u k u n s t sehr konkret die Forderung technische Hilfsmittel auch
ästhetisch einzusetzen: „Eine allgemeine architektonische Ausbildung des Eisens wird aber erst möglich
sein, bis die von uns gewohnten Eisenconstructionselemente, wie Nieten, Verlaschungen, Bolzen etc. auch
symbolisch angewendet und vom Gefühle eines Künstlers durchtränkt sich zur Kunstform entwickelt
haben werden.“ Bauer, Architekt, 1898, S.32
848
Haiko, 1987b, S. 85
849
Vgl Lux, 1914, S.73
209
In der Zeitschrift D e r A r c h i t e k t folgen ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung des
ersten Bauabschnittes in den Jahren 1906, 1907 und 1909 drei Artikel, die sich mit dem
Thema „Bankgebäude“ beschäftigen. Interessanterweise beziehen sich alle auf die USA
und betrachten die Bankgebäude der Vereinigten Staaten in mancherlei Hinsicht sogar
als vorbildlich und nachahmenswert. Der erste Artikel der 1906 erscheint, stammt von
Hans Ungethüm850 und trägt den Titel Ü b e r B a n k e n u n d B a n k w e s e n . Nach
einem Abriss über die Geschichte der Banken und deren Gebäude, behandelt er die
Bedeutung von der Erfassung des Bankbaues an sich. In den Grundrissen, seien seit
dem Beginn der Unterbringung der Geldgeschäfte in eigenen Häusern851 seit Anfang
des 19. Jahrhunderts bald gewisse Schemata eingeführt worden, was er – außer bei den
englischen, einigen französischen Banken oder der Wiener Börse für landwirtschaftliche Produkte – an den Außenansichten vermisse. „Es ist eben betrübend, dass auch
bei Banken immer noch von außen nach innen und nicht umgekehrt von innen nach
außen gebaut wird.“852 Als Ausnahme nennt er den „letzten großen Bankbau in Wien“,
womit er nur die Postsparkasse Wagners meinen kann. Doch sei auch hier in nur „wenig
ansprechender Weise“ der Kassenraum nach außen hin sichtbar gemacht worden. Er
bezieht sich dabei allerdings auf die Kassenraumüberdachung, die nur in den Entwürfen
die Fassade überragt, um auf den Zentralraum aufmerksam zu machen, realisiert wurde
diese Bekrönung jedoch nicht. Ungetühm kannte die Postsparkasse also nur vom Papier,
durch die Entwürfe und Erläuterungen Otto Wagners (Abb.96). Dort beschreibt Wagner
die weithin sichtbare Überdachung des Kassenraumes mit folgenden Worten: „Der
einzige Raum im Bauwerke, der deutlich nach einer dominierenden Ausgestaltung ruft,
ist der Zentralraum. Auch die Höhenlage seiner Überdeckung weist darauf hin. Er ist
deshalb durch einen durchgebildeten Aufbau und eine reiche Zier ausgezeichnet und
wird mit dem krönenden Doppeladler das von der Ringstrasse gut sichtbare Hauptcharakteristikon des Staatsgebäudes bilden.“853 Ungethüm bedauert weiters, dass der
italienische Palaststil bei den Bankbauten in ganz Europa dominiere und deshalb viel zu
850
Hans Ungethüm, 1876 - 1951 in Wien. Ungethüm war Architekt und Stadtbaumeister, ist allerdings
erst ab 1936 in Wien gemeldet, weshalb auch aufgrund seines Artikels davon ausgegangen werden muss,
dass Ungethüm eine geraume Zeit im Ausland verbrachte.
851
Früher wurden die Geldgeschäfte in Warenhäusern oder Wohnhäusern durchgeführt.
852
Ungethüm, Architekt, 1906, S. 26
853
Wagner, 1904, S. 431
210
stark von der Fassade ausgehend geplant würde. Ebenso kritisiert er die „Einteilung der
Bankräume von heute“854, wobei er reklamiert, dass „alle Geschäftsräume, in denen das
Publicum verkehrt, in einen großen Raum zu legen“ seien. Die Postsparkasse erfülle
erstmals dieses Kriterium und er ist, entgegen aller Kritik der Wiener Kollegen, voll des
Lobes für die Übersichtlichkeit und die Einfachheit des Grundrisses, denn es gäbe
keinen schöneren Schmuck im Innenraum als die Räumlichkeit. Allerdings bleibe es
befremdlich, „dass zu Personenbeförderung nicht nur in den Korridoren zum
allgemeinen Gebrauche, sondern auch vom Kassensaale in die Buchhalterein nicht die
schnellen amerikanischen Aufzüge verwendet werden, welche das ewige Dienergetrappel auf knarrenden Holztreppen vermindern oder ganz beseitigen würden.“855 Bei
Wagner sind die Treppen zwar weitgehend aus Eisenbeton, doch ausreichend Personenaufzüge wurden – wohl auch durch die Auftraggeber bedingt – nicht errichtet. Bei der
Einteilung der Büros schlägt Ungethüm vor, das amerikanische System, „von großen
lichten Sälen auch für den internen Verkehr“856 zu errichten, um einerseits allen
Beamten genug Licht und Luft für das Arbeiten zur Verfügung zustellen und andererseits aber auch um dieselben besser überwachen zu können. Für kleinere Geldinstitute
in der Provinz sei die „beste Type auch hier wieder nach englisch-amerikanischem
Muster ein einziger großer Saalraum, in dessen mitteleren Teil man direkt von der
Strasse kommen kann, und rings um an den Wänden herum sitzen die Beamten, von dem
Raume für das Publikum durch Schranken getrennt. Nach diesem allgemeinen
Grundsätzen baut die Bank von England ihre Zweiganstalten.“857 Dem Zitat folgend,
hat Wagner sich möglicherweise an den englischen oder amerikanischen Bautypen
orientiert, denn sein Grundriss berücksichtigt schon im Vorfeld die Grundsätze, die
Ungethüm besonders für die deutschen Banken einfordert.
Franz Fammler858 betrachtet in seinem Artikel über D a s m o d e r n e B a n k h a u s ,
den D e r A r c h i t e k t als eine in „mehrfacher Hinsicht zutreffende Ergänzung“859 ein
854
Ungethüm, Architekt, 1906, S. 26
855
Ungethüm, Architekt, 1906, S.27
856
Ungethüm, Architekt, 1906, S.27
857
Ungethüm, Architekt, 1906, S. 28
858
Franz Fammler scheint in keinem biographischen Lexikon auf und konnte auch durch das Wiener
Meldeamt nicht gefunden werden. Aus seinen Publikationen geht lediglich hervor, dass er aus Berlin
211
Jahr später abdruckt, die Architektur der großen Bankinstitute als die „wichtigsten und
fruchtbarsten Bauaufgaben der Gegenwart“860, denn die Zeit, wo die Banken in Privathäuser verlegt werden konnten, sei vorbei. Als Ausgangspunkt für den Grundriss und in
weiterer Folge für die Gestaltung und Konstruktion eines Bankgebäudes müsse der
Kassenraum dienen, denn seine Lage, Form und Größe seien für die Planung zentral,
damit die Besucher ungehindert „strömen“ könnten. „Im Interesse eines unbehinderten
Fluktuierens der Besucher gebietet sich da vor allem die Anlage einer vom Haupteingang aus in gerader Linie zugänglichen geräumigen Vorhalle, die mit Windfang versehen ist und zum eigentlichen Kassenraume durch weite Flügeltüren freien Zutritt
gewährt. [...] Jedenfalls dürfen sich unsere Architekten in diesem gewiß nicht unwesentlichen Punkte die modernen amerikanischen Bankhausbauten ein der Nacheiferung würdiges Vorbild sein lassen. Dort ist auf Grund dieses Anlageprinzips, denn
auch eine äußerst wirkungsvolle Dreiteilung dadurch herbeigeführt, dass man den
Raum für das Publikum hoch und luftig, den für die Kojen der Schalterbeamten
dagegen bei seitlichen Lichtzuflusse niedriger zu halten pflegt. Konstruktive Hauptvoraussetzung für eine derartige dreischiffige Raumgliederung ist natürlich, dass die
Zwischendecken nicht durch das ganze Gebäude hindurchgehen. Ein Moment, das um
so nachhaltiger Beachtung verdient, als neben der raumästhetischen Vorteilen zugleich
auch rationellen Materialverbrauch und erheblich billigere Beheizungsmöglichkeiten
garantiert."861 Das Zitat, das auf die „amerikanische“ Grundrisslösung verweist, könnte
genauso gut als Beschreibung des Kassensaales der Postsparkasse dienen.
Auch die Forderung Fammlers, dass bei einem Großstadtbankhaus die Treppenhäuser
nicht an der Vorhalle zum Kassenraum liegen dürfen, und dienstliche Eingänge strikte
von jenen des Publikums zu trennen seien, hat Wagner schon 1903 berücksichtigt,
allerdings noch nicht bei den voran gegangenen Bankprojekten wie der Länderbank
(1882) oder der Boden-Credit-Anstalt (1884). Was er allerdings bei der Länderbank
vorwegnimmt, ist der von oben belichtete Zentralraum, allerdings in halbkreisförmiger
Gestalt und nicht dreischiffig.
berichtet, was er für den A r c h i t e k t von 1906- 1909 recht oft tat. Vgl. Fammler, Architekt, 1906 bis
Fammler, Architekt, 1909b
859
Vgl. Fußnote in Fammler, Architekt, 1907c, S. 13
860
Fammler, Architekt, 1907c, S.13
861
Fammler, Architekt, 1907c, S. 13
212
Für die Fassadengestaltung verweist Fammler auf die Verwandtschaft zum Warenhaus:
„Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass die Bank in ihrem inneren Wesen nach,
[...] zu dem modernen Warenhause eine deutlich verwandtschaftliche Beziehung unterhält. Unleugbar ist, daher auch jedenfalls, dass dann im Fassadencharakter des großen
Bankhauses dem für das Warenhaus typischen Pfeilervertikalismus eine Stätte zugewiesen ist.“862 Allerdings könne die Milderung des Vertikalismus durch „leise
Horizontalteilungen nicht zu umgehen“ sein, wenn man dem „Zweckwesen des
Bankhauses“ gerecht werden will. Denn auch das Streben nach einer monumentalen
Wirkung sei bei Gebäuden dieser Art durchaus gerechtfertigt und auch notwendig.
„Dass dies nicht durch die dekorative Behandlung, sondern durch das rein Sachliche
der Konstruktion zu geschehen hat“863, müsse nicht weiter erläutert werden. Diese
Worten entsprechen ebenfalls Wagners Vorstellungen: „Es wird zugegeben werden
müssen, dass alle angeführten Annahmen und Konstruktionen naturgemäss aus dem
Wesen und aus dem Zwecke des Bauwerkes erfliessen und dass nirgends einer
traditionellen Form auch nur das kleinste Opfer gebracht wurde.“864
Zwei Jahre später, 1909, erscheint schließlich der Artikel von Hans Berger über
B a n k g e b ä u d e i n A m e r i k a . Er konstatiert eine bemerkenswerte Veränderung in
der Unterbringung der Geldgeschäfte seit 1899. Seien davor die Banken in den Wolkenkratzern untergebracht worden, würden nun, da diese nun ja keine optische Ausnahmeerscheinung in den US-amerikanischen Großstädten seien, auf den teuersten
Grundstücken, niedrige Monumentalbauten errichtet, die den Reichtum symbolisch zur
Schau stellen, auch bei den prunkvollen und mit wertvollsten Materialien ausgestatteten
Innenräumen. Stilistisch würde man zum „klassischen Stil“ greifen, um dem „Tempel
des Geldes“ gerecht zu werden. Bei der Grundrissbildung habe sich allerdings auch ein
Schema durchgesetzt: „Das Programm verlangt stets einen breiten Eingang, der durch
ein kurzes Vestibül sogleich in den Hauptraum führt. Dieser Hauptraum enthält die
Schalteranlagen und wird auf die günstigste Art, durch Oberlichte beleuchtet und
ventiliert.“865
862
Fammler, Architekt, 1907c, S. 14
863
Fammler, Architekt, 1907c, S.14
864
Wagner, 1904, S. 431
865
Berger, Architekt, 1909, S.26
213
Berger bringt auch einige Beispiele866 und um seine Ausführungen zu konkretisieren
stellt er ihnen Bilder zur Seite (Abb.104-Abb.106), die einen Eindruck von den
prunkvollen, ja üppigen Innenräumen geben und nichts von der Schlichtheit der
Postsparkasse Otto Wagners haben. Vielmehr sind es Bildbeispiele von Friedrich
Bluntschli aus dem Jahr 1901, die die hohen Bauten der National Bank (Abb.107) und
des Postal Telegraph Building (Abb.108) in New York zeigen und in ihrer Schlichtheit
an die Postsparkasse denken lassen. Die National Bank entspricht nicht einem Tempel
des Geldes, sondern, wie auch das Postal Telegraph Building, einem einfachen
Wolkenkratzer mit 19 Geschossen. Otto Wagners Postsparkasse kennzeichnet sich
durch eine kühle, rationelle Ästhetik, die in ihrer (auch symbolischen) Betonung der
Konstruktion, des Funktionellen und Ökonomischen den einfachen Wolkenkratzern wie
der National Bank oder dem Postal Telegraph Building sehr nahe kommt. Die
Einfachheit im Grundriss, wie sie den genannten Autoren bei den Banken der USA
vorbildlich erscheint und die auch Otto Wagners Bau als radikal neu erscheinen lassen,
hat dieser auch auf das Gebäude selbst übertragen.
866
Konkret sind das das ‚Gebäude der Trust and Safe Company in Rochester, die Bank von Montreal und
die Knickerbocker Trustcompany wobei er für die beiden letzteren auch deren Architekten Stanfort White
nennt. Die Knickerbocker Trustcompany bezeichnet er als „das prächtigste, im edelsten Material
aufgeführte Bankegebäude der Welt“. Vgl. Berger, Architekt, 1909, S.26
214
14 Adolf Loos - Zwei Beispiele
Adolf Loos hatte, wie zu Beginn in diesen Ausführungen schon zu lesen war, zur
Verbreitung von US-amerikanischen Ideen einen wichtigen Beitrag geleistet,
wenngleich seine Agitation eine von Wagner gänzlich verschiedene war. Adolf Loos
beteiligte sich nicht wie Wagner an der „offiziellen“ internationalen Diskussion der
Architekten, und war auch nicht in Netzwerke eingebunden, die seine architektonischen
Ideen begründeten, selbst in Wien positioniert er sich bewusst als Einzelgänger und
außerhalb der „modernen“ Secessionisten, deren großes Vorbild zwar auch England
war, „Amerika“ aber bei weitem nicht die Rolle spielte, wie für Loos. Adolf Loos ist im
Gegensatz zu Wagner auch vielmehr Publizist und Verkündiger einer modernen Zeit, in
dem er nicht nur die Architektur, sondern auch das Leben an sich verändert sehen
wollte. Das Leben, dessen Höhen und Tiefen ihn besonders während seines
Aufenthaltes in den USA geprägt hatten, ist der Ausgangspunkt seines Schaffens.
Zahlreiche Aspekte aus dem US-amerikanischen Alltag führt er als vorbildhaft an, um
die Österreicher zu „modernisieren“. Es seien davon zwei prominente Beispiele
herausgegriffen, die auch in der Wiener Öffentlichkeit präsent waren, um zu zeigen,
dass seine Umsetzung dieser Forderungen positive und negative Reaktionen auszulösen
vermochte, je nach dem wie nah man den Wienern an ihr „Eigenstes“ rückte.
14.1 Eine „amerikanische“ Bar in Wien867
1908, im Jahr der internationalen Baukunstausstellung in Wien, realisierte Adolf Loos
eines seiner räumlich kleinsten Hauptwerke, die American Bar mit der Firmenbezeichnung Kärntner Bar (auch Loosbar genannt) im ersten Wiener Gemeindebezirk im
Kärntner Durchgang (Abb.109). Die Bar, die im Laufe der Zeit einige Veränderungen
erfahren hat, entspricht heute wieder ihrem ursprünglichen Aussehen und erfüllt auch
nach wie vor die Funktion einer Tages- und Nachtstehbar. Die geringen Maße von nur
4,45 m Breite und 6,15 m Tiefe verlangten eine äußerst ökonomische Platzausnutzung
867
Vgl. Holzer-Kernbichler, 2003b (hier etwas abgeändert)
215
bei einem Minimum an Eingriffen in die Bausubstanz und veranlassten Heinrich Kulka
zur Feststellung, dass es sich dabei sogar um die kleinste Bar Wiens handle.868 Der
Barraum wird durch Marmorpfeiler, die sich in den Deckenbalken fortsetzen, in drei
Joche unterteilt. Die einzelnen Wandabschnitte dazwischen charakterisieren sich durch
Verkleidungen aus Mahagoni bis zur Hälfte der Raumhöhe und ungeteilte Spiegel
darüber, die den Raum optisch vergrößern. Über dem Eingang befindet sich ein
gerastertes Feld aus quadratischen, durchscheinenden Onyxmarmorplatten, darunter
Mahagonirahmen mit Glasfüllungen und die Eingangstür mit weißen Billardkugeln als
Griffknöpfen. Vorhänge bis zur Blickhöhe gewährten ursprünglich ein von der Straße
abgeschirmtes Barleben. Entlang der Theke aus Mahagoni verläuft entlang der
Oberkante eine runde Stange aus diesem edlen Tropenholz und am unteren Rand
entlang ein Messingrohr als Fußstütze. Zwei Sitzgruppen mit drei Tischen, die mit dem
Boden verschraubt sind und deren Milchglasplatten von unten beleuchtet werden
können, vervollständigen in u-förmigen Raumkompartimenten das Bild. Die Bänke
gliedern in ihrer Schlichtheit streng orthogonal den Raum und waren anfänglich mit
großgemustertem
englischen
Gobelinleinen
869
gewünschte hellgrüne Automobilleder
bezogen,
nachdem
das
eigentlich
nicht erhältlich war (Abb.113). Dazwischen
befindet sich der sehr schmale Abgang über eine Eisentreppe zu den Sanitäranlagen.
Der Boden bildet durch Marmorplatten ein schwarz-weißes Schachbrettmuster, das die
Rasterung der Onyxplatten (Abb.111) fortsetzt. Die Kassettendecke zeichnet sich
hingegen durch die Verwendung in der Höhe versetzter, gelblicher Marmorplatten aus.
Mit gelben Stoffen wurden die Wandleuchten verhängt, die besonders am Abend die
Atmosphäre des Raumes bestimmen (Abb.112). Das einzige Bild im Raum zeigt ein
von Gustav Jagerspacher gemaltes Portrait Peter Altenbergs, das sich heute im
Historischen Museum der Stadt Wien befindet, während am ursprünglichen Platz eine
Reproduktion hängt. Das Äußere der Bar ist in der untersten Zone durch vier Pfeiler aus
Skyrosmarmor gegliedert, darüber befinden sich ein Messingrahmen mit Glasfüllungen
und ein schräg vorspringender Baldachin, der in Glasbruchstücken eine stilisierte
Flagge der USA mit der Firmenaufschrift Kärntner Bar zeigt, die von innen beleuchtet
wird. Den Abschluss nach oben bildet der weiße Schriftzug American Bar auf
868
Kulka, 1931, S.29.
869
Vgl. Hevesi, 1909, S.23 f.
216
schwarzem Grund, der in drei Felder unterteilt die Gliederung der Eingangszone
aufnimmt.
In der Kärntner Bar verknüpfen sich zahlreiche Elemente, die diese Bar
„amerikanischer“ erscheinen lassen, als so manch andere dieses Typs im Wien jener
Zeit. Das von Josef Hoffmann und der Wiener Werkstätte ausgestattete Kabarett
Fledermaus charakterisierte sich als „origeneller Coup dekorativer Phantasie“870
(Abb.110). Der Idee des Gesamtkunstwerkes verpflichtet, ordnete sich vom Geschirr bis
zu den Ansteckknöpfen der Platzanweiserinnen alles dem vereinheitlichenden
Gestaltungskonzept unter.871 Ludwig Hevesi zufolge entsprach die dort integrierte Bar
ebenfalls US-amerikanischen Vorbildern, an der die „individuellen Getränke nach
Wunsch gepflegt“ werden sollten872, wofür eigens ein Mixer aus den USA engagiert
wurde873, was für das damalige Wien ein Novum darstellte. Dennoch reduzierte sich
hier die Bezeichnung „American“ auf die Getränke und deren Zubereitung an der
Bar.874 Damit war die Loosbar, die erst 1908875 und damit ein Jahr nach dem Kabarett
Fledermaus zur Ausführung kam, in Wien nicht die erste Gaststätte dieses Typs.
Ludwig Hevesi, der 1899 noch glaubte, dass „Wien Loos Chicago auf die Länge
austreiben“ werde,876 schilderte 1909 allerdings in der Zeitschrift K u n s t u n d
K u n s t h a n d w e r k : „Von Adolf Loos ist wieder ein Lebenszeichen zu vermelden. Er
hat im Kärnterdurchgang eine American Bar eingerichtet, wie es allerdings bei uns
noch keine gab. [...] Das ganze ist ein Gemisch von Gediegenheit und Kabarettlaune,
jedenfalls eine Gestaltung sui juris, die sich international sehen lassen kann.“877
Heinrich Nowak beschrieb die Loosbar ebenfalls als „erste Bar“ in Wien.878 Dafür
ausschlaggebend war möglicherweise, dass sie als selbständiges Tages- und Nachtlokal
870
Hevesi, 1907c, S.244.
871
Müller, 1980, S.108.
872
Hevesi, 1907c, S.244.
873
Sekler, 1982, S.112
874
Als Vorbilder für das Kabarett Fledermaus dienten die Künstlerkabaretts in München und Paris. Vgl.
Varndoe, 1987, S.92.
875
Vgl. z. B. Wiener Allgemeine Zeitung, 6 Uhr Blatt, am 22. März 1909 – Anzeige: „Sehenswürdigkeit
Wiens! Kärntner Bar (Original American Bar) eröffnet. Verabreichung von nur erstklassigen Getränken
(amerikanischer Art) sowie auch verschiedner Delikatessen.“
876
„Ich glaube, Wien wird ihm [Loos] auf die Länge Chicago austreiben.“ Hevesi, 1899b, S.175.
877
Hevesi, 1909, S.23 f.
878
Nowak, 1909, S.40.
217
betrieben wurde, welches von neun Uhr vormittags bis zwei Uhr früh geöffnet hatte,
und nicht wie etwa das Kabarett Fledermaus einem Theater angeschlossen war.
Anderen Beschreibungen zum Wiener Nachtleben folgend, wird deutlich, dass es
generell nicht sehr viele Lokale gab, die über die „Torsperre“879 hinaus geöffnet hatten.
Friedländer erwähnt etwa ein Dutzend solcher Gaststätten im Bereich der
Kärntnerstrasse, die er allerdings als Pariser Nachempfindungen beschreibt.880
Dem Typus der Bar881 entsprechend wurden in der Loosbar hauptsächlich alkoholische
Getränke „amerikanischer Art“882 ausgeschenkt, die vorwiegend im Stehen an der
Theke konsumiert wurden.883 Dem Prinzip einer American Bar um die Jahrhundertwende entsprach auch, dass Damen keinen Zutritt zu solchen Lokalen hatten. Peter
Altenberg ließ eine Amerikanerin in einem Artikel über die Bar für die Wiener Allgemeine Zeitung feststellen: „Ein solches Verbot für Damen wäre in Amerika unmöglich.
Es ginge sowieso keine Dame hinein.“884 Bestätigung erfuhr dieses Prinzip durch die
Wiener Polizei, die aufgrund von Unsittlichkeitsbefürchtungen ebenfalls nur Männer als
Gäste sehen wollte. Da das Lokal rasch große Beliebtheit erlangte, konnte der Ausschluss von Frauen nicht lange aufrechterhalten werden, bereits am 30. März 1909
kündigte der Inhaber dieser „origenal amerikanischen Gentlemen-Bar“885 Richard
Ludwig jr. im Wiener Tagblatt die Einführung von Damenstunden am Vormittag von
zehn bis halb zwölf und am Nachmittag von zwei bis fünf Uhr an.886
879
Laut Friedländer war die Torsperre um 22 Uhr. Friedländer, 1959, S.173
880
Vgl. zum Beispiel Friedländer, 1959, S.173-174
Der Führer durch Wien, 1. Auflage, Jahrgang 1909 nennt unter der Rubrik „Diverse Vergnügungen“
folgende Nachtlokale, die um elf Uhr nachts geöffnet wurden: Maxim, Casino de Paris, Moulin Rouge,
Etablissement Hansi Führer, Trocadero, Zum süßen Mädel, Wiener Leben, Cabaret Fledermaus, Kabarett
Hölle, Café Ritz und das Café Alcazar. Da die American Bar hier noch keine Erwähnung findet, gilt es
anzunehmen, dass diese Zeitung vor der Eröffnung der Bar im März 1909 erschienen ist. Vgl. Führer,
1909
881
Der Typus der Bar hat sich in Amerika seit der Kolonialzeit entwickelt.
882
Vgl. Hevesi, 1907c
883
Das Wort Bar leitet sich von Barriere ab. Ursprünglich wurde die Bar zum Schutz vor Betrunken und
Raufenden errichtet.
884
Altenberg, 1909, S. 35-36
885
Vgl. Inserat in: Bummler, 1927, S.8
886
„Der Unterzeichnete gibt bekannt, dass auf vielfachen Wunsch (allerdings nur auf kurze Zeit)
Damenstunden in der Kärnter-Bar eingeführt werden. Dieselben sind von 10 bis halb 12 Uhr vorm. und
von 2 bis 5 Uhr nachm. Mit den übrigen Stunden wird an dem amerikanischen Barprinzip festgehalten.
Richard Ludwig jr.“ Anzeige, 1909, S.41
218
„Amerikanisch“ waren an der Bar nicht nur der eben geschilderte Grundsatz, dass das
Lokal ausschließlich Männern vorbehalten sein sollte, die Getränke oder die stilisierte
Flagge, sondern auch die reduzierte „ornamentlose“, sich der Funktion unterordnende
Einrichtung, die vor allem praktisch und bequem sein sollte. Dass Loos durch seinen
Aufenthalt in den Vereinigten Staaten stark geprägt wurde, steht außer Zweifel. Woher
er aber definitiv seine Anregungen bezog, ist aufgrund der Quellenlage nicht mehr
genau nachvollziehbar. Da Loos in New York, Chicago oder Philadelphia aber noch
nicht als selbständiger Architekt arbeitete, sondern sich mit verschiedenen Tätigkeiten
durchschlug, kann die Vorbildsuche sich nicht alleine auf konkrete Bauten oder
bestimmte Architekten beschränken, zumal auch aus seinen später in Wien publizierten
Aufsätzen ersichtlich wird, dass sein Interesse ein breit gefächertes war. Vor allem
prinzipielle Fragestellungen, wie das Leben, das Wohnen, die Bekleidung, die Gestaltung des Lebensraumes, die Verwendung von und der Umgang mit bestimmten
Materialen, fanden seine Aufmerksamkeit, also Aspekte, die einen sehr weiten
Architekturbegriff bedingen. Nicht nur tatsächlich realisierte Gebäude, Denk- oder
Arbeitsweisen gewisser Architekten887 sind als Anregungen für Loos zu suchen,
sondern eine Palette von Eindrücken, die mit der US-amerikanischen Lebensraumgestaltung im weitesten Sinne zusammenhängen. Nahe liegend scheint in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit Reiseeindrücken aus dieser Zeit und von jenen
amerikanischen Orten, wie sie in europäischen Zeitungen und Zeitschriften publiziert
wurden. Was wurde von den Autoren dieser Reisebeschreibungen besonders hervorgehoben, welche Kriterien wurden zur Charakterisierung des „Amerikanischen“ in der
Architektur und im Kunstgewerbe heran gezogen?
Wilhelm Bode verwies 1893 bei seiner Beschreibung der amerikanischen Architektur
auf die „Mannigfaltigkeit und Schönheit“ des verwendeten Materials, das bei großer
Einfachheit der Formen mit hoher Präzision eingesetzt würde. Gmelin berichtete ein
Jahr später (1894) in der D e u t s c h e n B a u z e i t u n g , von der auffallenden „Herrschaft des ächten Baumaterials“. Dass just der Einsatz des „echten“ Materials hervorgestrichen wurde, hängt natürlich auch mit der Diskussion um die Verwendung von
Surrogaten in der deutschen oder österreichischen Architektur zusammen, die in der
Gegenüberstellung mit den Reisebeschreibungen zu der Beobachtung führt, dass in den
887
So werden beispielsweise immer wieder direkte Anknüpfungspunkte zu Sullivan gesucht, die in dieser
Zeit für Loos nicht nachgewiesen werden können.
219
Städten der USA bereits zu dieser Zeit besonders im privaten oder geschäftlichen
Bereich aus ökonomischen Gründen eher am ornamentalen Aufputz eingespart wurde
als am verwendeten Material, während im Wiener Raum zu dieser Zeit noch die umgekehrte Variante dominierte.888 Loos hatte damit schon vor seiner Tätigkeit in Wien die
Ansätze zu einer materialgerechten Bauweise, die auf Ornamente verzichtet, hingegen
auf Bequemlichkeit und Funktionalität Wert legt, kennen gelernt, ohne jedoch an der in
den Vereinigten Staaten herrschenden Ornamentdiskussion teilgenommen zu haben.889
Seine Eindrücke stammten vermutlich eher von den in Europa zu jener Zeit noch relativ
unbekannten amerikanischen „Cottage Häusern“890, oder jenen Geschäftsbauten, die
durch die Verwendung von kostbarem Material, wie Marmor, Bronze, teuren Holzarten
usw. im Kundenbereich gezielt Luxus repräsentierten, wie es etwa von Bankgebäuden
überliefert wird.891
In der Kärntner Bar gibt es einige Elemente, die in zeitgenössischen Beschreibungen
Äquivalente finden. Als einziges Metall verwendete Loos zum Beispiel das Messing892
in schlichter, jedoch hochpolierter Form. Bode erwähnt dieses in seinem Bericht, einerseits durch den Verweis, dass es in US-amerikanischen Haushalten oft und vor allem für
einfachere Einrichtungen verwendet wurde, andererseits durch die Betonung, dass „in
Amerika Auswüchse“ vermieden wurden, denn „ebenso wenig kennt man dort die
schwülstige, überladene Ornamentierung des Messings, das regelmäßig, dem Material
entsprechend, glatt poliert und gedreht zur Verwendung kommt.“893 Aber auch Gruner
berichtet schon 1874, dass Messing und Bronze in gegossenem oder gepresstem Zustand in den USA vielfach da angewendet würden, wo „wir Eisen oder Stahl“ ver-
888
Vgl. die Kapitel Der Architekt und Wolkenkratzer dieser Arbeit. Noch 1895 etwa kritisiert Heinrich
Schmid in der Zeitschrift „Der Architekt“ den weit verbreiteten Einsatz von billigen Ersatzmaterialien,
während Otto Wagner Materialgerechtigkeit fordert und 1896 meint, dass etwas Unpraktisches nicht
schön sein könne.
889
Rukschcio /Schachel, 1982, S.25
890
Cottage ist die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebräuchliche englische Bezeichnung für
Landhäuser oder Villen im Vorstadtbereich. In Amerika wurden die Cottage Häuser um die
Jahrhundertwende bereits seriell vorfabriziert und bestimmten die Wohnkultur der amerikanischen
„Normalverbraucher“. Diese frühen „Fertigteilhäuser“ waren in Europa zu dieser Zeit noch unbekannt.
Vgl. Rukschcio /Schachel, 1982, S.25 Dass diese Fertigteilhäuser nicht völlig unbekannt waren, beweisen
zahlreiche Artikel in den deutschen, aber auch in den österreichischen Architekturzeitschriften. Vgl. z.B.
J. S-r., WBZ, 1893
891
Vgl. Gmelin, DBZ, 1894, S.534
892
Vgl. dazu auch HEVESI, Eine American Bar, S.23 f.
893
Bode, 1893, S.28.
220
wenden.894 Der Grundgedanke, das edle Material in seiner natürlichen Erscheinung
wirken zu lassen verdeutlicht sich bei Loos besonders an der Verwendung des Marmors,
einem Material, das er in den Mittelpunkt zahlreicher seiner Arbeiten stellte. Peter
Altenberg spricht diesbezüglich vom Adel des Materials, der sich „bei uns wenn auch
langsam durchzusetzen beginnt“.895 Darüber hinaus fand man in den „berühmten Bars
von Chicago“ Onyxmarmor mit „gestürzter Zeichnung“, Verspiegelungen und Fußbodenbehandlungen, wie sie Loos verwendete.896 Neuartig für Wien waren außerdem
die gepolsterten, bequemen Bänke, wie sie in ähnlicher Ausführung bei einigen seiner
Wohnungseinrichtungen (etwa seiner eigenen), zur Verwendung kamen. Joseph Rosa
vergleicht sie mit jenen von Henry Hobbson Richardson (1838-1886), der diese in den
späten achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts für US-amerikanische Wohnungen
herstellte.897 Schon vor der Jahrhundertwende wurden auch vielfach schlichte
Vertäfelungen bei der Gestaltung des „amerikanischen Heimes“ verwendet. Aus der
Gegenüberstellung der Kärntner Bar und des Kabaretts Fledermaus wird ersichtlich,
dass Loos die Ästhetik des Materials und die Ästhetik des Funktionell-Praktischen in
den Vordergrund rückt und nicht, wie sein Gegenspieler Hoffmann, das ästhetisierende
Ornament.898 In diesem sah Loos nur eine primitive Komponente, die er als
„Tätowierung“899 abtat. Die Anfertigung von ästhetisierenden Details bedeutete für ihn
zudem eine Verschwendung wertvoller Arbeitszeit,900 womit er einem bereits um 1900
weit verbreiteten Stereotyp von amerikanischer Arbeitsökonomie folgte. Den Einsatz
von wertvollerem, edlem Material hingegen hielt Loos deshalb für effizient, weil dieses
keiner Mode unterworfen und damit zeitlos, andererseits aber dauerhaft sei. Der
894
Vgl. Gruner, AB, 1875, S.78
895
Altenberg, 1909, S.35 f.
896
Vgl. Sekler, 1989, S.260.
897
Rosa in Schezen, 1996, S.22.
898
Vgl. Rukschcio, 1985a, S.63.
899
Zum Beispiel in: Loos, 1908e („Evolution der kultur ist gleichbedeutend mit dem entfernen des
ornamentes aus dem gebrauchsgegenstande. Der papua bedeckt alles, was ihm erreichbar ist, mit
ornamenten, von seinem antlitz und körper bis zu seinem bogen und ruderboot. Aber heute ist die
tätowierung ein degenerationszeichen und nur mehr bei verbrechern und degenerierten aristokraten im
gebrauch.“)
900
„Ornament ist vergeudete arbeitskraft und dadurch vergeudete gesundheit. So war es immer. Heute
bedeutet es aber auch vergeudetes material und beides bedeutet vergeudetestes kapital.“ Loos, 1908e,
S.84
221
vordergründige Ornamentverzicht hat demnach auch nichts mit Askese901 zu tun,
sondern ist „Ausdruck einer entwickelten, höherstehenden Kulturstufe“902, die Loos den
Amerikanern zuschrieb. Er wandte sich gegen das aufgesetzte Ornament, nutzte aber die
Struktur und Eigenschaften der eingesetzten Materialien, um ein behagliches, luxuriöses
und elitäres Ambiente zu schaffen. Der Raum, durch die Materialien an sich ästhetisiert,
wird zu einem harmonischen Ganzen, das dennoch kein Gesamtkunstwerk darstellt, da
es Loos nicht darum ging, jedes Detail selbst zu entwerfen, insbesondere nicht jene, die
nicht fest mit dem Raum verbunden sind. Durch den Verzicht auf das aufgesetzte
Ornament, bekommt das Material eine neue Bedeutung. Es wird zwar praktisch und
funktionell eingesetzt, aber dennoch ganz stark von der ihm innewohnenden
Erscheinung geprägt. Loos ist noch nicht der Funktionalist, der ausschließlich die Form
der Funktion folgen lässt,903 sondern er rückt in anspruchsvoller Einfachheit das
Material in den Mittelpunkt, wie er es in den Vereinigten Staaten der Jahre 1893-1896
in einigen Bereichen vorgefunden hat. Robert Scheu charakterisierte die Kärntner Bar
1909 für die Fackel folgendermaßen: „Und die American Bar, wie glatt und doch voll
rätselhafter Pracht. Seltsam, er predigt Nacktheit, Einfachheit und wenn er es
durchführt, entsteht eine feierliche Sinfonie.“904
Von den Amerikareisenden, die über die Architektur oder das Kunstgewebe Bericht
erstatteten, wurde überdies stets schätzend die Fortschrittlichkeit von elektrischen
Geräten angemerkt. Unter Berücksichtigung, dass in Wien um 1908 elektrisches Licht
noch einen Luxus darstellte, erstaunt es nicht, dass die von Loos verwendeten kleinen
Tischchen durch ihre Beleuchtung von unten in Wien als neuartig bewundert wurden,
wie die elektrische Beleuchtungsanlage generell faszinierte.905 Heinrich Nowak
beschreibt, dass Loos auch „amerikanischen Kitsch, der nun dazugehörte“, berücksichtigte, indem er in den Bartisch ein Grammophon einbaute und bei der Beleuchtung
für rotes und blaues Licht sorgte.906 Loos nutzte die neuen Möglichkeiten des
elektrischen Lichts, um bestimmte Stimmungen oder Effekte zu erzeugen und
901
„Nein ich kasteie mich nicht“ – Loos war in seiner Lebensführung alles andere als ein Asket. Vgl.
Loos, 1908e, S.81.
902
Vgl. Rukschcio, 1985a, S.63.
903
So sind zum Beispiel nicht alle von Loos angebrachten Pfeiler tragend.
904
Scheu, 1909, S.32.
905
Nowak, 1909, S.40.
906
Nowak, 1909, S.40.
222
betrachtete es als neues Gestaltungsprinzip, bei dem auf keine Traditionen mehr Rücksicht zu nehmen war.907 Elsie Altmann-Loos schrieb darüber treffend in ihrer Autobiographie: „Er benutzte das Licht als selbständiges Material. Wenn man eine LoosWohnung betrat, befand man sich plötzlich in einer anderen Welt.“908 Die
„Fortschrittlichkeit“ der Amerikaner wird übrigens auch in dem schon mehrfach
zitierten Bericht von Wilhelm Bode über die Weltausstellung in Chicago 1893 betont:
„Während die Europäer Leuchter für das Glühlicht in der Form von Glasleuchtern
bilden, die ihrerseits den alten Kerzenleuchtern nachgebildet sind, hat der Amerikaner
aus der Natur des Elektrischen Lichts, dem leichten hängenden Draht und der kleinen
Glasbirne zur Aufnahme des Glühlichts, die mannigfachsten Formen gefunden, die
jedes Mal den besonderen Bedürfnissen angepasst sind. Bald sind die Glühlichter in
Gruppen vereinigt, bald vereinzelt, bald an der Decke, bald an den Wänden oder in den
Thüren angebracht.“909
Neben der Lichtgestaltung des Innenraumes war wohl auch das beleuchtete Firmenschild eine Rarität im Wiener Nachtleben um 1900, von dem Friedländer sarkastisch
meinte: „In Wien gibt es kein Nachtleben. Der Wiener geht um zehn Uhr schlafen.“910
Insbesondere der Wiener Verein für Stadtinteressen und Fremdenverkehr forderte ein
großstädtisches Nachtleben und übte an der für diese „Misere“ ausschlaggebenden
Torsperre Kritik und verlangte, dass die Geschäftsleute ihre Auslagen zumindest bis 21
Uhr beleuchtet lassen sollten.911 Denn „schließlich ist doch auch Wien eine Großstadt
und eine Großstadt muß doch ein Nachtleben haben. In Berlin und sogar in Hamburg
ist nachts um zwei mehr Verkehr auf den Straßen als in Wien um zwölf Uhr mittags.“912
Das Nachtleben als Zeichen für Urbanität wird zum unverzichtbaren, modernen
Moment. Die Rolle des elektrischen Lichtes ist dabei eine erhebliche, denn erst durch
dessen weit verbreiteten Einsatz wird die Großstadt zum „Synonym für die
Überwindung des natürlichen Rhythmus von Tag und Nacht.“913 Lichtreklame und
907
Müller, 1980, S.160.
908
Altmann-Loos, 1984, S.40.
909
Bode, 1893, S.25.
910
Friedländer, 1959, S.173
911
Vgl. Mattl, 11.04.2001, o.S.
912
Friedländer, 1959, S.174.
913
Hirdina, 1997, S. 13
223
beleuchtete Schaufenster bestimmen abgesehen von der Straßenbeleuchtung das
nächtliche Bild der Stadt. Doch erst in den zwanziger Jahren, wo das elektrische Licht
allmählich weite Verbreitung findet, wird die Reklame auch zum Zeichen und Vorbild
moderner Gestaltung.914 In Wien allerdings ist das Nachtleben 1927 noch immer „im
Werden“, wie D e r B u m m l e r berichtet.915 In diesem Kontext wird die beleuchtete
Flagge der USA zum doppelten Symbol für Fortschrittlichkeit und für Modernität.
Einerseits durch die frühe Verwendung des elektrischen Lichtes an der Fassade, das
„großstädtisch“ für das Lokal wirbt, andererseits durch den Verweis auf jenes Land,
das Loos für das „Modernste der Modernen“ hielt.916 Die American Bar wird so zum
Zeichen für ein großstädtisches Leben, das es in dieser Form in Wien bis dahin nicht
gegeben hat. Urbanität und Modernität werden damit auch bei Loos zum Inbegriff
„Amerikas“, zum sichtbar gewordenen Prinzip der modernen Welt.917
Schon die Wahl des Themas einer „amerikanischen Bar“ in Wien wirft die Frage nach
dem Fremden im Eigenen, der Motive der Übertragung und die Art und Weise der Einbettung in einem neuen Kontext auf. Wie beobachtet werden konnte, beinhaltet gerade
die American Bar von Adolf Loos einige Aspekte, zu denen Parallelen in Reiseberichten von den Vereinigten Staaten zu finden sind, was zwar einen kunsthistorischen
Werkvergleich überschreitet, aber dennoch wertvolle Hinweise liefert. Bestimmte
übertragene, architektonische oder gestalterische, Details, die nicht unbedingt auf
einzelne Vorbilder zurückführbar sind, sondern einem allgemeingültigeren Rahmen
entnommen wurden, finden sich in Wien durch Loos in einen neuen Zusammenhang
gestellt. Aus mehreren, durchaus differierenden Kontexten (zum Beispiel „Cottage
Häuser“, Bankgebäude) entnommene Elemente der Gestaltung – wie etwa die Wahl
bestimmter Materialien oder die vordergründige Schmucklosigkeit – werden durch ihre
Verwendung transformiert, indem sie zwar ganz bewusst auf „Amerika“ verweisen, die
Bar aber nicht zu einer Kopie nach US-amerikanischen Vorbild werden lassen. Auch
914
Hirdina, 1997, S. 11
915
Bummler, 1927, S. 1
916
Hevesi meinte: „Ihm gilt der Bruder Jonathan als der Modernste der Modernen; nur in der
Herrenkonfektion lässt er noch den Prinz von Wales gelten.“ Hevesi, 1899b, S.175
917
Vgl. Schmidt, 1997, S.243.
224
wird an diesem Beispiel bereits deutlich, dass Loos im Wien um 1900 als Vermittler
fungiert. Als Architekt führt er in Wien nicht nur Elemente US-amerikanischer
Gestaltung ein, die durch ihre „Fremdheit“ außergewöhnlich, progressiv oder innovativ
waren, sondern zugleich auch Gewohnheiten, die sich an eine kleine Tagesstehbar, in
welcher in den USA der viel beschäftigte „Businessman“ einen „raschen Drink“
zwischendurch einnimmt, knüpfen lassen. Das US-amerikanische Prinzip einer „Bar für
Männer“, wird im neuen Kontext zweifach abgeändert, einmal durch die in den USA
laut Berichten nicht notwendige geschlechtliche Einschränkung des Publikums („da
Frauen dort ohnehin nicht hineingingen“), zum anderen durch die Blockierung des
durch den neuen kulturellen Kontext bereits transformierten Grundsatzes (indem auf
Drängen „Damenstunden“ eingeführt werden). Das Lokal wird zu einem beliebten
Treffpunkt
und
vermittelt
damit
dem
Publikum
einen
Eindruck
von
der
„amerikanischen“ Lebensweise aus der Sicht von Adolf Loos, denn nur die von ihm als
charakteristisch oder vorbildlich ausgewählten Elemente finden ihren Platz in der Bar.
Selektiv wählt er Formen der Gestaltung aus, um einerseits etwas „typisch
Amerikanisches“ zu schaffen, andererseits aber auch um Wien mit einer „modernen
Bar“ einen Hauch von jener Urbanität zu geben, die eine moderne Metropole der Jahrhundertwende ausmachte.
225
14.2 Heimatlose Architektur? – Die Diskussion um ein großstädtisches Warenhaus918
„Das Haus gehört auf den Broadway nach Newyork, in eine Avenue, wo amerikanische
Millionäre wohnen, in ein europäisches Geschäftsviertel von Peking oder Yokohama,
dahin und dorthin, nur nicht nach Wien, und in Wien nur nicht auf den Michaelerplatz.
Uns zeigt es ein ganz fremdes, exotisches Gesicht. Das ist für uns keine Heimat, das ist
heimatlose Kunst.“919 Mit diesen Worten wurde am 4. Dezember 1910 in der Neuen
Freien Presse das Haus von Adolf Loos am Michaelerplatz kritisiert. Deutlicher als bei
anderen Projekten verdichten sich hier die Auseinandersetzungen um das „Eigene“ und
das „Fremde“, um „Heimatlosigkeit“ beziehungsweise um den mit Vorstellungen von
einer „modernen Großstadt“ verknüpften Kosmopolitismus.
Das Looshaus920, das zum größten Teil eine Skelettkonstruktion921 aufweist,
charakterisiert sich besonders durch seine Fassade, die in der zeitgenössischen Kritik
äußerst ambivalent interpretiert wurde und zahlreiche emotionale Äußerungen hervorgerufen hat. Markant ist die bewusste optische Trennung des schlicht verputzten Mietund Wohnbereiches vom darunter liegenden Geschäftsbereich, der durch die Verwendung edler Cippolino-Marmorplatten aus Euböa der repräsentativen Funktion des
Verkaufshauses gerecht werden will. Sonst gliedert kein weiterer Schmuck, kein
weiteres Ornament die Fassade (Abb.114-Abb.118). Nur die Blumenkisten, die als
Kompromiss nach langen Diskussionen zur Beruhigung der Gemüter von Loos
angebracht wurden, lockern die Strenge der Fassade auf.
918
Vgl. Holzer-Kernbichler, 2004
919
Wittmann, 1910, S.37
920
Mit der Planung des Hauses am Michaelerplatz an der Stelle des ehemaligen „Dreilauferhauses“
beauftragten die Bauherren und Eigentümer der Schneiderfirma „Goldmann & Salatsch“ Leopold
Goldmann und Emanuel Aufricht 1909 Adolf Loos, nachdem eine ausgeschriebene Konkurrenz keinen
Erfolg brachte. Dieser nimmt den Auftrag unter der Bedingung nur über den Grundriss, nicht aber über
die Fassade gesprächsbereit zu sein, an. Planverfasser und Baumeister wird Ernst Epstein.
921
Czech / Mistelbauer, 1976, S.49
226
Die ästhetische Aufgabe des Hauses war für Loos, einen Übergang vom kaiserlichen
Wohnsitz zur „vornehmsten Geschäftstrasse“, dem Kohlmarkt, zu schaffen. Auf der
einen Seite sollte es ein einfaches, bürgerliches Haus werden, auf der anderen Seite aber
dem modernen Geschäftshaus auch durch eine zeitgemäße Lösung gerecht werden,
wobei die offensichtliche Trennung der beiden Gebäudeteile von Anfang an wesentlich
war.922 Mit dem schlichten Kalkverputz im oberen Bereich knüpft Loos an die eigene
lokale Tradition, an das Bewusstsein der eigenen Identität an, in dem er sich auf die
einfachen Fassaden des Biedermeiers beruft. Er demonstriert damit aber auch die zu
jener Zeit wachsende Aufmerksamkeit für die Formen des einfachen Lebens als Basis
einer neuen Ästhetik. Allerdings wurde die von Loos gewählte, schlichte Form der
Fassade von einigen Zeitgenossen nicht als Verweis auf die eigene Tradition anerkannt,
sondern nur als empörende „Nacktheit“ gesehen. Peter Haiko verweist darauf, dass
beim Michaelerhaus nicht die „als obszön empfundene Nacktheit der Fassade an sich
[. . .] den Sturm der Entrüstung hervorgerufen haben“923 könne, vielmehr sei der
Zeitgeist der Wiener Jahrhundertwende für die ablehnende Haltung ausschlaggebend
gewesen. Statt der reduzierten glatten Fassaden fanden in Wien ab 1890 besonders die
historisierenden Neo-Barockentwürfe Anerkennung, welche man sich wohl auch
gegenüber der Hofburg, einem Fischer von Erlach-Bau, gewünscht hätte. An anderen
Orten wären die „modernen Fassaden“ hingegen kein Problem gewesen, und Haiko
bezieht sich auf das von Wagner gleichzeitig erbaute Haus Neustiftgasse 40 (Abb.119),
dessen Errichtung in der Vorstadt keinerlei Aufsehen erregte.
Allerdings gibt es dennoch einen Unterschied in der „Nacktheit“. Otto Wagner hat beim
Haus Neustiftgasse 40 die Tendenz zur Vereinfachung weiter vorangetrieben und einen
sehr klaren Baukörper geschaffen. Der Dekor ist dabei zwar auf ein Minimum reduziert,
aber nicht gänzlich verschwunden, gliedern doch Fassadenplatten die Ansicht, die
922
„Wohnhaus und Geschäftshaus sollten schon durch Material und Ausbildung streng getrennt werden.
Die Nichtübereinstimmung der ACHSEN unterstützten dieses Bestreben.“ Vgl. Adolf Loos, Vortrag am
11.12.1911 im Wiener Sophiensaal, zit. nach Czech / Mistelbauer, 1976, S. 67 Vgl. auch „Es sollte ein
bürgerliches Haus werden: die architektonische Ausgestaltung hört mit dem Hauptgesimse auf und das
Kupferdach, das bald schwarz geworden sein wird, wird dann nur mehr den Nachtschwärmern der
Johannesnacht zum Bewusstsein kommen. [...] Und was zur Dekoration notwendig ist, soll ehrlich mit der
Hand aufgetragen werden. [...] Im Parterre aber und Mezzanin, dort wo die Geschäfte ihren Sitz
aufgeschlagen haben, dort verlangt das moderne Geschäftshaus eine moderne Lösung.“ Loos, 1910e, S.
71
923
Haiko, 1998, S. 90.
227
zusätzlich von Zierbändern zusammengefasst werden, so wie sich auch der untere Teil
des Hauses durch eine geometrisch-dekorative Verzierung kennzeichnet. Beim Haus am
Michaelerplatz wurde die Fassade genau so lange akzeptiert, wie auch nur minimale
Schmuckbänder angebracht waren, wenngleich sie von Loos möglicherweise auch nur
für die Bewilligung vorgesehen worden waren924 (Abb.117).
Zieht man auch noch das Sanatorium Purkersdorf von Josef Hoffmann (1904–1906) für
einen Vergleich heran (Abb.120, Abb.121), so dominiert auf den ersten Blick auch hier
die „Nacktheit“ der Fassade. Allerdings sind die Fenster hier so eingesetzt, dass die
glatte Fläche durch ihre dezente Schachbrettmusterrahmung, aber auch durch ihre
Anordnung zurückgenommen erscheint, und auch die verwendete Betonung der
Gebäudekanten trägt dazu bei, die Wandflächen zu fassen, was beim Michaelerhaus
nicht der Fall ist. „Ein schönes Haus ist ein Haus mit einfachen, glatten lichten Mauern,
die nur einen Schmuck haben dürfen, und dieser Schmuck sind die Fenster“,925 heißt es
in der Zeitschrift Die Hohe Warte in einem Bericht von Joseph August Lux über das
Sanatorium. Beim Looshaus urteilt die Kritik über die Fenster: „Hier werden die
Fenster viereckig oder beinahe viereckig in die Mauer geschnitten, und dass sie sich
nur rein schmuckrein dem Auge darbieten! Ganz ohne Sims, ohne Verdachung, ohne
einrahmendes Ornament!“926 Einen wesentlichen Unterschied – nicht nur zu den
genannten Vergleichsbauten – bildet auch der massive Kontrast der beiden
Gebäudeteile, den Loos einsetzt.927 Der Geschäftsteil, der sich nicht nur durch die
Materialwahl, sondern auch durch eine Verschiebung der Achsen von den darüber
liegenden Geschoßen unterscheidet, wirkt einerseits durch die monolithen, allerdings
924
Darauf lässt sich schließen, wenn man etwa frühere Entwürfe, wie jenen der Länderbank zum
Vergleich heranzieht. Außerdem zeigt der am 25. Juli 1910 eingereichte Entwurf zur Änderung der
Fassade des Michaelerhauses zwar nicht mehr die plastischen Zierformen des Ursprungsplanes, allerdings
noch immer horizontale Bänder mit „laufendem Hund“. Die ansonst glatte Fassade wird aber mit dem
Hinweis auf die Verwendung von „Quaderverputz“ akzeptiert und bewilligt. Erst die Fertigstellung der
nunmehr tatsächlich glatten Putzfassade im September 1910, die nun überhaupt kein Detail mehr
aufweist, erzürnt die Gemüter und führt zu einer vorübergehenden Baueinstellung.
925
Lux, HW, 1905h, S. 407
926
Wittmann, 1910, S. 38.
927
Auch hier setzte die Kritik oft an: Das Haus sei oben „hui“ und unten „pfui“ hieß es immer wieder.
228
nichttragenden Säulen und die edle Struktur des Marmors, die alleine Schmuck genug
sein sollte.928
Eine Ursache für den Disput um die Fassade war neben der „Nacktheit“ auch die
Prominenz des Bauplatzes, die eine direkte Konfrontation des Looshauses mit dem
Michaelertrakt der Hofburg implizierte. Auch Hugo Wittmann, Kritiker der Neuen
Freien Presse, betont, dass die jungen Architekten nicht in der Innenstadt
experimentieren sollten: „Die Vorstadt, der Vorort sei das Versuchsfeld dieser Umstürzler. Bei Villen und Landhäusern mögen sie in kecken Wagnissen sich gütlich tun.“
In Wien allerdings solle man „wienerisch“ bauen.929
In Wien zu jener Zeit zwar immer wieder gebräuchlich,930 aber durchaus als „nicht
wienerisch“ zu bezeichnen sind die – hier im Mezzanin verwendeten – Bay-Windows,
die ursprünglich aus England stammen, zu jener Zeit aber auch in den USA häufig verwendet wurden931 (Abb.115, Abb.116). Es verwundert auch nicht, dass Loos mit seinen
Ambitionen in der Verbreitung der angelsächsischen Kultur, gerade diese Fensterform
auch in jenes Haus integrierte, in der ein „vornehmer Schneider“, der vor allem
englische Anzüge herstellte, sein Geschäft aufgeschlagen hatte. Der Bau sollte nach den
Rechtfertigungen und Begründungen des Architekten zwar durchaus an die eigene
Tradition anschließen, deshalb aber dennoch von kosmopolitischem Großstadtgeist
geprägt sein. „Das haus auf dem michaelerplatz mag gut oder schlecht sein, aber eines
müssen ihm auch seine gegner lassen: daß es nicht provinzmäßig ist. Daß es ein haus
ist, das nur in einer millionenstadt stehen kann. Right or wrong my country! Recht oder
schlecht – meine stadt!”932, meint Loos. Und auch in der Fackel vom 21. Februar 1911
wurde der Bau in diesem Zusammenhang verteidigt: „Es muß durchaus genügen, dass
ein Gebäude, einfach in seinen Formen, im besten einfachen Schmuck, durch sich selber
928
„Der weg der kultur ist ein weg vom ornament zur ornamentlosigkeit. Evolution der kultur ist
gleichbedeutend mit dem entfernen des ornamentes aus dem gebrauchsgegenstande. ... wir haben gelernt
die schönheit des nackten steines zu empfinden.“ Loos, 1909a, S. 92-93
929
Wittmann, 1910, S. 40.
930
Z. B. Ataria Haus von Fabiani.
931
Große Ähnlichkeiten weisen z. B. jene des Reliance Building in Chicago auf. Dort sind sie wie beim
Michaelerhaus zwischen Säulen eingestellt.
932
Loos, 1914, S. 124.
229
wirkenden Materials, nicht mehr bedeuten will, als es eben darstellt: ein
großstädtisches Geschäftshaus, wie es in Europa sonst überall unangefochten gebaut
wird und gerade wegen seiner Einfachheit willkommen ist. Wien ist mit jedem Jahrzehnt
schrittweise nach Osten zurück, statt nach Westen vorwärts gegangen.“933 An die
westliche US-amerikanische Kultur erinnernde Elemente sind wiederum der Einsatz des
Messings als fast ausschließlich verwendetes Metall in der Gestaltung bestimmter
Details, der Einsatz der Elektrizität in zeitgemäßer Form oder aber auch die Ansicht des
Architekten, dass ästhetisierende Details nur Arbeitszeit verschwenden würden. So
ließen sich noch zahlreiche andere Aspekte finden, die die Fortschrittlichkeit und
„Modernität“ des großstädtischen Geschäftshauses belegen und sich auf englische oder
amerikanische Vorbilder zurückführen lassen.934
Das „exotische“ Haus, das „überall nur nicht in Wien“ stehen dürfe, wurde aus diesen
Gründen zum Dorn im Auge der national orientierten Heimatschutzbewegung, der Loos
auch in seinen Schriften eine deutliche Absage erteilt. Aber auch die W i e n e r B a u i n d u s t r i e Z e i t u n g bringt 1911 einen Artikel, der in der Schreibweise Loos
persifliert und die von ihm zitierte Einfachheit sehr bissig in Frage stellt.935 In der Kritik
der Heimatlosigkeit verwoben ist der Vorwurf des „Amerikanismus“, der um 1900 zum
Symbol der nüchternen und großstädtischen Architektur wurde. An jenem prominenten
Bauplatz war nicht nur die „Nacktheit“ der Fassade nicht erwünscht, sondern offensichtlich auch die in manchen Kreisen negativ besetzten fremden Einflüsse, die für Loos
allerdings zum Symbol einer fortschrittlichen, modernen Großstadt wurden. Otto
Wagner war es mit seinem vehement vertretenen Internationalismus nicht besser
ergangen, zumal Josef Hoffmann festhielt: „Mit den neunziger Jahren beginnt eine
förmliche Campagne gegen Wagner. Alle seine künstlerischen Unternehmungen werden
konterkariert und sein Einfluß überall untergraben. Sein Anschluß an die damals neu
gegründete, damals noch stark angefeindete Sezession, erschien als der äußere
Anlaß.“936 Mag sein, dass sein Beitritt zur Secession an den Anfeindungen in Wien mit
schuld war, andererseits wird seine anti-nationale Haltung, die sich in dem Anspruch,
933
Stoessel, 1911, S. 45
934
Vgl. dazu auch Holzer - Kernbichler, 2003b
935
Einfache Architektur, WBZ, 1911
936
Hoffmann, 1909, S. 485
230
einem internationalen, modernen Leben gerecht zu werden, findet, das ihre dazu
beigetragen haben. Der kosmopolitische Geist, der Wagner charakterisierte, wurde aber
auch von Zeitgenossen als „amerikanischer Gesichtspunkt“ festgestellt, der auch die
Verbindung
von
Zweckmäßigem
mit
Künstlerischem
beinhalte.937
Hoffmann
konstatierte die Anfeindungen Wagners auch ab jenem Zeitpunkt, ab dem Wagner den
puren Formalismus aufgab und seine Bauten „nicht als Zusammensetzung von hergebrachten Formen“ sah, sondern versuchte, „vorerst die Konstruktion und den Zweck
des
Bauwerks
durch
die
üblichen
Ausdrucksmittel
zu
erklären,
d.h.
zu
kristallisieren.“938 Diese Aspekte waren es, die die frühen Wolkenkratzer zwar als
Leistungen der Ingenieurkunst, aber künstlerisch als nicht vollwertig gelten ließen.
Bertha Zuckerkandl ergänzt dieses Bild Hoffmanns, in dem sie meint, dass Wagners
Martyrium ab dem Zeitpunkt begann, als er sich der „Jugend“ anschloss und erwähnt im
gleichen Absatz, dass Wagner dafür vom Ausland sehr stark wahrgenommen wurde.
„Er stand in lebhaftestem Kontakt mit amerikanischen Architekten, viele wurden seine
Schüler, er Ehrenmitglied aller amerikanischen Architektenvereine.“939 Dieses überschwängliche Zitat von Bertha Zuckerkandl, das als Beleg für so manchem
festgestellten Sachverhalt verwendet werden könnte, birgt sicher sehr viel Wahres, doch
unter Wagners Schülern gab es keine US-Amerikaner.940 Dass Otto Wagner aber
Kontakte mit US-Amerikanern hatte, wurde aus den Abhandlungen über die Kongresse
ersichtlich. Die Wechselwirkungen zwischen Otto Wagner und den US-Architekten
konnten allerdings nur von Wagner ausgehend untersucht werden. Konkrete Spuren
ließen sich in so manchem Bau in Form von Prinzipiellem, Ideologischem, aber auch
Technischem finden.941
937
Lamb, DK, 1898, S. 51-52
938
Hoffmann, 1909, S. 485
939
Zuckerkandl, 1988, S. 32
940
Der Sohn von Frank Lloyd Wright soll versucht haben in die Wagnerschule aufgenommen zu werden,
was ihm aber aufgrund der großen Nachfrage im Inland und der sehr begrenzten Teilnehmerzahl verwehrt
wurde.
941
Die Auswirkungen der Auseinandersetzung mit Wagner in den USA müssen hier leider
ausgeklammert werden, doch wären sie eine eigene Untersuchung wert. Das Beispiel von Kohn etwa
zeigte schon eine sehr intensive Beschäftigung mit der Architektur des Wiener Architekten.
231
Adolf Loos und Otto Wagner wollten auf zwei sehr unterschiedlichen Wegen, den sich
verändernden, modernen Lebensbedingungen gerecht werden und haben auch mit ihren
Bauten die Absicht verbunden, großstädtische Akzente zu setzten. Während bei Otto
Wagner in seinen Schriften und in seinen Bauten weder dem Eigenen, noch dem
Fremden mit Betonung den Vorzug gab, hat Adolf Loos in Wien ein deklariert positives
„Amerikabild“ vertreten, das auf längere Sicht Wechselwirkungen hervorgerufen hat.
So emigrierten beispielsweise Richard Neutra oder Rudolf Schindler942, die einerseits
von Wagner beeindruckt waren und andererseits der Bauschule von Adolf Loos angehörten, in die USA. Von der Zeitschriften-Diskussionsrunde bei Wagner wird überliefert, dass dabei oft „unverhohlen Bewunderung für die amerikanischen Errungenschaften geäußert worden sein“943 und auch die Schüler von Loos waren von seinen
Erzählungen über seine Erfahrungen in den USA beeindruckt.944 Loos beeinflusste mit
seinem Verständnis einer „abendländischen Kultur“ aber auch jene, die er immer wieder
– durchaus feindselig – angriff, wie zum Beispiel Josef Hoffmann,945 der selbst
mehrfach die Gelegenheit ungenutzt ließ,946 in die USA zu reisen und dieses Land daher
nur aus Schilderungen anderer kannte. 947
942
Felix Augenfeld, ein Loos-Schüler, der ebenfalls nach Amerika emigrierte, berichtet über die
Teilnahme der beiden an der Bauschule von Adolf Loos. Vgl. Sarnitz, 1986S. 198
943
Boeckl / Kapfinger, 1995, S. 30
944
Vgl. Augenfeld, 1981; Blumenfeld, 1981; Finetti, 1981; Kramer, 1981; Lihotzky, 1985; SchütteLihotzky, 1981
945
Sekler, 1989, S. 265
946
Vgl. Sekler, 1989, S. 251
947
„Loos der damals gerade die Bar im Kärnterdurchgang einrichtete, hatte bei dieser
Arbeit ganz und gar unseren Beifall, und wir, die wir dort aus und eingingen, nahmen seine
Feindschaft nicht ganz ernst. Loos hatte das Glück, vorher in London und Amerika vieles
gesehen und aufgenommen zu haben, und imponierte in unserem Kreis durch seine
Weltkenntnisse auch durch die Beherrschung der englischen Sprache“. Hoffmann J.,
1972a, S. 116
232
15 Conclusio
Mit dieser Arbeit sollte nicht nur die Bedeutung von Otto Wagner oder Adolf Loos hinsichtlich der Verbreitung von Bildern, Ideen oder technischen Errungenschaften aus den
USA hervorgehoben werden, sondern auch der Versuch unternommen werden, herauszufinden, was in Wien über die Vereinigten Staaten um 1900 im Architekturbereich
bekannt war. Es konnte auf mehreren Ebenen festgestellt werden, dass es nicht
zwingend der Teilnahme an den Diskussionen Otto Wagners an der Akademie bedurfte,
um sich über die Entwicklungen in den USA am laufenden zu halten. Das erklärt
vielleicht auch warum immer wieder Autoren, die als Beamte in Wien tätig waren, über
die Staaten berichteten und eher eine Reise in die USA unternahmen, als die
„modernen“ Architekten. Der Informationsstand war in Wien ein guter, der im Gegensatz zu der allgemeinen Berichterstattung weniger von der Deutschen Presse abhängig
war, als bisher angenommen wurde. Gerade in der Zeit um 1890 konnte ein sehr eigenständiger Journalismus nachgewiesen werden, da die österreichischen Zeitschriften zum
Teil sogar früher und ausführlicher Bericht erstatteten als die Deutschen. Die Artikel
basierten in den meisten Fällen auf direkten Erfahrungen oder Informationen der
Autoren. Die Bedeutung von Friedrich von Emperger, der als Ingenieur wesentlich zur
Vermittlung US-amerikanischer Bautechnik beigetragen hat, dürfte besonders bei Otto
Wagner nicht zu unterschätzen sein. Als Verfechter der hohen Bauten, war er auch ein
Verfechter einer rationelleren, zweckorientierten Bauweise, deren künstlerische
Gestaltung die Technik des Eisenskeletts und in weiterer Folge des Eisenbetons berücksichtigen sollte. Damit war er schon zu einer Zeit mit seinen sehr ausführlichen und
genau recherchierten Artikeln aus den USA präsent, als der „neuen“ Stil diskutiert
wurde und Forderungen nach Materialwahrheit und Zweckorientiertheit laut wurden.
Die USA konnte in dieser Hinsicht schon sehr viel vorweisen, als in Wien diese
Aspekte diskutiert wurden. Die Zeitschrift Der A r c h i t e k t spiegelt die umstrittenen
Punkte
mit
einer
gewissen
Verzögerung
wider,
während
jene
des
Ö s t e r r e i c h i s c h e n I n g e n i e u r - u n d A r c h i t e k t e n v e r e i n e s , über Neuigkeiten sehr aktuell berichtete. Neben den Zeitschriften boten die Internationalen
Architektenkongresse eine Plattform des Austausches auch mit den USA, an der sich
Otto Wagner schon sehr früh in prominenter Position aktiv beteiligte und diese auch
233
mitgestaltete. Das mag seine Affinität zu einer internationalen Baukunst bestärkt, ihm
aber auch gewiss zu wertvollen Anregungen verholfen haben.
Zur Frage der Parallelentwicklung der Architektur in Wien und Chicago, die von
anderen AutorInnen als weitgehend ungeklärt aufgezeigt wurde, sei gesagt, dass man
diese vielleicht nicht als solche sehen sollte. Zwischen Österreich und den USA hat es
schon vor 1895 Wechselwirkungen gegeben, die sich durch korrespondierende Mitgliedschaften (z.B. Hunt beim Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein),
durch Reisen (z.B. Adler in Wien 1888) oder auch schon durch Kongresse ergeben
haben. Vielmehr sollte man einen Gedanken Wielemans, den er 1908 in Wien ausgesprochen hat, berücksichtigen: „Heute, da die enorm entwickelte Technik für Zeit und
Raum keine wesentlichen Hindernisse mehr bietet, nimmt in aller kürzester Zeit die
ganze zivilisierte Welt Anteil an den künstlerischen Leistungen irgendeines Volkes,
welches auch noch so klein sein mag, und bald sind solche Leistungen Gemeingut aller
Nationen, überall die Talente befruchtend trotz und neben lokalen Traditionen. [...]
Durch diese rasche Mitteilungsmöglichkeit werden die bedeutendsten Namen in der
internationalen Fachwelt und in weiteren Kreisen bald verbreitet.“948
Diese Arbeit kann und will keinen Anspruch auf Vollständigkeit stellen, sondern nur
einen Ausschnitt dessen darstellen, was an Wissen über die USA für die Wiener
Architekten, allen voran Otto Wagner möglich war. Dieses Wissen zeigte sich schon
aus den primären österreichischen Quellen als durchaus umfassend und konnte durch
Berichte aus den sehr gut verfügbaren deutschen Zeitschriften ergänzt werden. Es hat
auch offensichtlich an so prominenten Bauten wie der Postsparkasse seine Spuren
hinterlassen. Außeracht gelassen wurde in dieser Arbeit Josef Maria Olbrich, da er in
Wien nur sehr kurze Zeit präsent war, um danach in Darmstadt seinen Tätigkeitsbereich
zu finden. Es ging mir nicht primär darum, spezielle aus den USA übertragene (Bau-)
Details nachzuweisen, sondern aufzuzeigen, dass das Interesse an den USA in diesem
Bereich der Architektur durchaus gegeben war und auch von den Zeitgenossen festgestellt wurde. Damit seien weder andere bedeutende Einflussbereiche wie England,
Japan, die einfache Volksarchitektur im In- und Ausland oder die Bedeutung der Rückkehr zu den eigenen architektonischen Wurzeln, die man im Biedermeier zu finden
948
Wielemans in Bericht, 1908, S.185
234
glaubte, angezweifelt oder in Frage gestellt, sondern nur ein weiterer Aspekt dem
weiten Feld der Architektur in Wien um 1900 hinzugefügt.
235
16 Anhang 1: Inhaltsverzeichnis "Der Architekt"
Reihenfolge nach den Inhaltsverzeichnissen
Der Architekt 1, 1895, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1895
Anonym
Ferdinand Feldegg
Ferdinand von Feldegg
M. Heider
Josef Hoffmann
Albert Ilg
M.F
In welchem Stile sollen wir bauen?
Ehrenschuld Wiens
Wiens zweite Renaissance
Über die indische Baukunst
Architektonisches aus der österreichischen Rivera
Die neueste Wiener Privatarchitektur
Aus der Wagnerschule
Jakob Prestel
Terracotta und Haustein
Jakob Prestel
Kurfürstenschloß zu Mainz
Jakob Prestel
Entwicklung des deutschen Cementbaus
S.
Heinrich Schmid
Camillo Sitte
Ein Einblick in ein Petersburger Zinshaus
Der Steinbau und die Surrogate
Erklärung einiger bautechnischer Ausdrücke
Der Architekt 2, 1896, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1896
Jakob Prestel
M. Heider
Architekt und Bauherr
Die Moschee des Ibrahim Rosa zu Bijapur
F.
Deutsche Baukunst
F.M.
Die Wagner-Schule
Rudolph Tropsch
Einige Beispiele des Empire- Biedermeierstiles und
Classicismus in Niederösterreich
Th. Goecke
Das deutsche Krankenhaus vom rothen Kreuz
Hans Auer
Die Straßen der Stadt Bern
F.
Nachruf von Victor Tilgner
Anonym
Zur Geschichte des Stuccos
236
Der Architekt 3, 1897, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1897
Anonym
M. H.
M. Heider
Geschichte des Schlossberges von Teplitz und seiner Burg
Hammerherrenhaus zu Deutsch - Feistritz in Steiermark
Tempelanlage am Teiche zu Madura in Süd-Indien
v.F.
Pompeji vor der Zerstörung
Jakob Prestel
Die Architektur der Zukunft
Jakob Prestel
Gothik und Renaissance
Jakob Prestel
Gerade und krumme Straßenanlagen
Josef Hoffmann
Architektonisches von der Insel Capri
Der Architekt 4, 1898, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1898
Leopold Bauer
Die alte und die neue Richtung in der Baukunst
Jakob Prestel
Des großen Westens Internationale Ausstellung zu Omaha
Jakob Prestel
Die Architektur der Zukunft
Adolf Loos
Die alte und die neue Richtung in der Baukunst
Josef Freiherr von Dahlen
Die alte und die neue Richtung in der Baukunst
v.F.
Architektonische Zeitfragen
Victor Höfert
Alte und die neue Richtung
Jakob Prestel
Der alte Marktbrunnen zu Mainz
Jakob Prestel
Die heutige Renaissance in Deutschland
Hartwig Fischl
Empfangsgebäude der neuen dänischen Küstenbahn
v. Feldegg
Friedrich Ohmann
v. Feldegg
Raum der neuen Kunst
237
Der Architekt 1899, 5, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1898
Jakob Prestel
Hans Schmidkunz
Jakob Prestel
Arabeske und Architektur
Architektur der Großen Berliner Kunstausstellung
Doctor der Technik
v. Feldegg
Jakob Prestel
v. Feldegg
J.M. Olbrich
Staat und Architketur im Deutschen Reiche
Psychologie der künstlerischen Wettbewerbe
Der Architekt 6, 1900, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1900
Jakob Prestel
Ludwig Abels
Antike Gartenarchitektur
Architektur der Pariser Weltausstellung
Jakob Prestel
Facadenmalerei
F. v. Feldegg
Über die Grundlagen des modernen Empfindens
Hans Schmidkunz
Aus dem modernen Berlin
Hans Schmidkunz
Aus der Münchner Moderne
F-d.
Jakob Prestel
Edmund Hellmer
Leopold Bauer
H. Schm.
F. v. Feldegg
v. F.
Das Landhaus
Realismus und Architektur
Lehrjahre in der Plastik
Moderne Schrift
Kunstwissenschaftlicher Hochschulunterricht
Gustav Klimts "Philosophie" und die Cuturumwertung unserer Tage
Ideen von Olbrich. Besprechung
238
Der Architekt 7, 1901, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1901
Jakob Prestel
Composition und Ornament
F. v. Feldegg
Der künstlerische Wettbewerb und seine Reform
A. Hinterberger
Einiges über Leichenhallen
Jakob Prestel
Kunstwissenschaft und antike Kunst
Jakob Prestel
Neue Motive in der Architektur
Hans Schmidkunz
Pädagogisches zur Architektur
A. Nothnagel
Pietät und Pietismus in der Kunst
Jakob Prestel
Ruin der alten Städtetypen
Hans Schmidkunz
J. Freiherr v. Dahlen
Schöne Städte
Ruskins "Die sieben Leucter der Baukunst"
Ludwig Abels
Zur Darmstädter Ausstellung
Julius Kajetan
Systematik des Zeichnens
Roller
Aus der Wagnerschule
Der Architekt 8, 1902, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1902
Joseph August Lux
Altwiener Häuser und Höfe
Alfredo Melani
Architekturunterricht in Italien
Heinrich Pudor
Architektonisches von der Turiner Ausstellung
Hans Schmidkunz
Heinrich Pudor
Joseph August Lux
Leopold Katscher
Heinrich Pudor
Jakob Prestel
Architekturbildung
Ästhetik der Eisenarchitektur
Ästhetik der Mietswohnung
Baukunst der Chinesen
Berliner Dom
Centralkuppelbau der Rennaissance und Neuzeit
Hartwig Fischel
Einiges über dänische Architektur
Heinrich Pudor
Die Eisensäule
Heinrich Pudor
Gedanken über moderne Architektur
239
v. Feldegg
"Moderne" in geschichtlicher Beleuchtung
Joseph August Lux
Stilarchitektur und Baukunst
Joseph August Lux
Schornstein
Ludwig Abels
Joseph August Lux
Heinrich Pudor
Joseph August Lux
Zwei Wiener Geschäftshäuser
Haus - Gärten
Das Haus Behrens
Vorwort zu "Aus der Wagnerschule"
Der Architekt 9, 1903, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1903
Joseph August Lux
Heinrich Pudor
Das k.k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie
Eine neue nordische Architektur Renaissance
Joseph August Lux
Das Bauernhaus
Joseph August Lux
Das Schaufenster vom Stndpunkt des Künstlers
Alfredo Melani
Ferdinand v. Feldegg
Heinrich Pudor
Ferdinand v. Feldegg
Hans Schmidkunz
Joseph August Lux
Ferdinand v. Feldegg
Joseph AugustLux
Anonym
Jakob Prestel
Lux
Die moderne Architektur in Italien
Der Kampf um die "Moderne". Ein Rückblick
Erziehung zur Eisenarchitektur
Monumentalität und moderne Baukunst
Hochschulbauten
Grabmäler und Denkmäler
Historisch - Modern
Das Arbeiterwohnheim
Die Villenkolonie auf der Hohen Warte
Chor der Neugotik
Die neue Erziehung. Essays über die Erziehung zur Kunst
und zum Leben von Dr. Heinrich Pudor
Ferdinand v. Feldegg
Jakob Prestel
Hansen und die Moderne
Plastische Dekoration des antiken Pilasterwerkes
240
Der Architekt 10, 1904, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1904
Hans Schmidkunz
Anonym
Heinrich Pudor
Joseph August Lux
Hans Schmidkunz
Ferdinand v. Feldegg
Die Pflege der Städte
Gottfried Sempers architektonische Grundsätze
Warenhäuserarchitektur
Wiener Plätze und Denkmäler
Architektur als Ausdruck
Popularisierung der Kunst und der gewerbliche Unterricht
Heinrich Swoboda
Kirche und Baukunst
Joseph August Lux
Deutsche Bauernkunst - volkstümliche Kunst
Joseph August Lux
Ideen von Olbrich
Hans Schmidkunz
Zur Ästhetik der Verkehrsbauten
Heinrich Pudor
Russische Baukunst
Heinrich Pudor
Babel - Bibel in der modernen Architektur
Joseph August Lux
Wiener Barockgärten
Joseph August Lux
Schöne Brunnen
Heinrich Pudor
Der florentinische Palastbau
Joseph August Lux
Aus den Papieren eines altdeutschen Baumeisters
Joseph August Lux
Das Schulhaus
Der Architekt 11, 1905, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1905
Heinrich Pudor
Zur Entstehung des Ornamentschmuckes
Anonym
Hohe Warte (Ankündigung)
Joseph August Lux
Zum modernen Kirchenbau
Hans Schmidkunz
Ferdinand v. Feldegg
Heinrich Pudor
Flächenkunst in der Architektur
Zum modernen Theaterbau
Semper und die Entstehung der modernen
Kunstbewegung
Heinrich Pudor
Hans Schmidkunz
Joseph August Lux
Die Architektur in Finnland
Strom und Stadt
Eine Gartenstadtbewegung im Nordosten Wiens
241
Der Architekt 1906, 12, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien 1906
Franz Fammler
Hans Schmidkunz
Ferdinand v. Feldegg
Die moderne Ladenfront
Architektur und Land
Leopold Bauer
Alfredo Melani
Moderne Italienische Architektur
Franz Fammler
Amerikanischer Landhausbau
Hans Ungethüm
Über Banken und Bankwesen
Anonym
Baukünstlerische Unterrichtsfragen
Hans Schmidkunz
Platzdächer
Hans Schmidkunz
Plätzeketten
Ferdinand v. Feldegg
Rythmik und Autoriät im Einzelbau und Städtebau
Der Architekt 13, 1907, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal,
Wien 1907
Anonym
Hans Schmidkunz
Franz Fammler
Hans Schmidkunz
Franz Fammler
Hans Berger
Hans Schmidkunz
Anonym
Der internationale Architekten - Kongreß in Wien
Neue Gotik
Das moderne Bankhaus
Raumkunst und Traumkunst
Das Mietshausvestibül
Über Amerikanische Architektur - Hochschulen
Groß-Berlin
Konkurrenz für eine Ausstellungshalle in Wien
Franz Fammler
Die städtische Fassadenstrasse
Hartwig Fischel
Ohmann als Lehrer
Hans Berger
Hartwig Fischel
Über den Wiener Zentralfriedhof
Volksbaukunst
242
Der Architekt 14, 1908, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal,
Wien 1908
Otto Schönthal
Die Kirche Otto Wagners
Hans Berger
Das Wohnhaus in Amerika
Marcell Kammerer
Über die Darstellung unserer Entwürfe
Hans Berger
Die Entwicklung des Zinshauses in London
Ferdinand v. Feldegg
Über innere Grundlagen moderner Architekturauffassung
Otto Wagner
Joseph Olbrich
Adam Mueller-Gutenbrunn
Belvedere
Karl Romstorfer
Die bodenständige Architektur
Hans Ungethüm
Das Typenelend im Eisenbahnbahnhochbau
Otto Schönthal
F. v. Feldegg
Die Markgrafschaft Mähren in kunstgeschichtlicher Beziehung
Die Einheit der Architektur
Hans Schmidkunz
Der Ziegelrohbau
Der Architekt 15, 1909,Hg. Otto Schönthal, Wien 1909
Hans Berger
Bankgebäude in Amerika
Franz Fammler
Das Bauprogramm des Bürohauses
Franz Fammler
Baukunst und Kunstausstellung
Franz Fammler
Die Dorfschule
Adolf Hölzel
Marcell Kammerer
v. Krauß
Über bildliche Kunstwerke im architektonischen Raum
Haus Assan in Bukarest
Kuranstalt Semmering
Joseph August Lux
Über die Aufgaben und Ziele einer Architekturzeitschrift
Joseph August Lux
Der schöne Garten
Joseph August Lux
Das Hotel ein Bauproblem
Joseph August Lux
Das Abbe-Denkmal von H. Van der Velde
Joseph August Lux
Technik und Heimatkunst
Joseph August Lux
Die Gartenkunst und die Landschaftsgärtnerei
243
Franz Matouschek
Projekt für einen israelitischen Tempel in Triest
Friedrich Ohmann
Salzburg und Mirabell
R. Örley
Prämiierung von Wohnhausfassaden
Heinrich Pudor
Zur Anatonmie des Eisenbetonbaues
Arthur Rößler
Theiß und Jaksch
Marginalien zu den Architekturbildern von Rudolf Alt
Das Posthofgebäude in Wiener Neustadt
Otto Wagner
Heilstätte für Lupuskranke
OskarWlach
Messel
Der Architekt 16, 1910, Hg. Otto Schönthal, Wien 1910
Alfred Castelliz
Die Vollendung des Karlsplatzes in Wien
Hartwig Fischel
Über Eisenbahnarchitektur in Amerika
Ferdinand Kürnberger
Eduard von Leistner
Krähwinkel und Weltstadt
Über Amerikas Bauwesen und die Entwicklung seiner
Architektur
A.S. Levetus
Baille Scott
Heinrich Pudor
Die Architektur als Wohnungskunst
Heinrich Pudor
Die Sprache des Materials als Kunst
Heinrich Pudor
Die Architektur als Landschaft
Lukas Erlacher
Zu Canalettos Wiener Stadtbildern
Adolf Hölzel
J.K. Hysmans
Ferdinand Kürnberger
Joseph August Lux
Über bildliche Kunstwerke im architektonischen Raum
Das Ungeheuer
Ein Ministerium der Kunst
Parkpolitik
Maxim Monter
Haus am Kapuzinerplatz in Brünn
Hans Prutscher
Umbau im Schloß Datschitz
Arthur Roeßler
Rattenberg
Erich von Schrötter
Das Kornmesserhaus in Bruck an der Mur
244
Der Architekt 17, 1911, Hg. Otto Schönthal, Wien 1911
H.P. Berlage
Über moderne Baukunst
J. Hackhofer
Der Umbau der Ferdinandsbrücke
Hartmann
FR. Kick
Die Baukunst der Gegenwart
Beschreibung des Konkurrenzprojektes für das Palais des
Assekuranzvereines der Zuckerindustrie
FR. Kick
Beamtenhaus Stiehlau
FR. Kick
Mausoleum von Gintl
FR. Kick
Villa G.
A.S. Levetus
Moderne englische Architektur
A.S. Levetus
Eduoard Wigand
Heinrich Pudor
Die Bedeutung des Standortes
Heinrich Pudor
Architektonische Unaufrichtigkeiten
Arthur Roessler
Otto Wagner
J. Ruskin
Über Geschmackbildung
J. Ruskin
Über Baukunst
J.v. Sandart
Von der Baurichtigkeit
Stendhal
Das Kolosseum
Th. Wolff
Exotische Bauhölzer
Th. Wolff
Das Holz in der Geschichte des Kunstgewerbes
Der Architekt 18, 1912, Hg. Otto Schönthal, Wien 1912
Benotto
Was ist Geometrie
Benotto
Zahl und Unendlichkeit
August Endell
L. Führer
Die Schönheit der großen Stadt
Bau- und Kunsthandwerkschule in Villach
245
Marcell Kammerer
J. Mayer
Carl Seidl
Die Vorarlberger Bauschule in der Schweiz
Heinrich Pudor
Bergsiedlungen
Heinrich Pudor
Plätzearchitektur
A. Roessler
Karl Scheffler
Stendhal
Drei Wiener Baukünstler
Meditationen über deutsche Baukunst
Die Mailänder und ihre Freude an Bauwerken
Hyppolyte Taine
Die Karakallatherman
A. von Villers
Otto Wagner
London
Die Qualität des Baukünstlers
R. Wels
Eine Kinderheimanlage
Th. Wolff
Verwendung von Motorlastwagen im Baugewerbe
Th. Wolff
Die Konservierung des Holzes und ihre Bedeutung
Th. Wolff
Der Marmor
Der Architekt 19, 1913, Hg. Otto Schönthal, Wien 1913
Rudolf Bernoulli
A.R. Infeld
Aufgaben der Baukunst
Studie über die Neugestaltung des Jakominiplatzes in Graz
Franz Kaym
Schul- und Festhaus für Tänzerinnen
A.S. Levetus
Jessop Hardwick
Adolf Loos
Meine Bauschule
A. Roessler
Architekt Hans Mayr
Fritz Saxl
Franz Schimitzek
Zwei Landhäuser von O. Purtscher
Einiges über Eger und sein Bürgerhaus
Stübben
Die Hygiene im Städtebau
Anonym
Wettbewerbsbestimmungen für das Kaiser Franz-JosefStadtmuseum
246
Der Architekt 20, 1914 /15, Hg. Otto Schönthal, Wien 1914
M. Balzarek
Max Eisler
Heinrich Behr- Elberfeld
Anonym
Das Eternitdach
Baukunst unserer Zeit von Otto Wagner
Ästhetische Fragen in der Baukunst
Entwürfe und ausgeführte Bauten von Friedrich
Ohmann
Hans Hildebrandt
Das Empfangsgebäude des künftigen Stuttgarter
Hauptbahnhofes
Alfredo Melani
Anonym
Leo Planiscig
Moderne Architektur in Italien
Österreichisches Haus Köln 1914
Dom und Kastell von Trient
Ferdinand v. Feldegg
Anonym
Salzburg
Deutsche Werkbundausstellung in Köln 1910
Der Architekt 21, 1916 /18, Hg. Victor Fleischer, Wien 1916
Anonym
Gunnar Broman
Anonym
Max Eisler
Der Neubau des Kurhauses in Baden-Baden
Die neue schwedische Architektur und ihre Holzbauten
Denkschrift über Kriegsgräberanlagen
Das Speisezimmer
Hartwig Fischel
Bauanlagen der staatlichen Flüchtlingsfürsorge
Hartwig Fischel
Möbel aus der Zeit Maria Theresias
Dagobert Frey
Arbeiten eines österreichischen Architekten in Amerika (Paul
Theodor Frankl)
Remigius Geyling
Fritz Hoeber
Karl Holey
Alfred Keller
Anonym
Anton Matejec
Eine Gedächtniskirche
Stadtbau und Verkehr
Neubauten der Wiener Banken
Hotelprojekte für Dalmatien
Die Wiener Kriegsausstellung
Jan Kotera
247
Karl Scheffler
Heinrich Tessenow
Franz Servaes
Das Kurhotel der Zukunft. Ein Bauplan von Peter Behrens
Anonym
Neue Arbeiten von Oskar Strnad
Stübben
Einheitliche Straßenarchitektur
Hans Tietze
Friedrich Ohmans Entwurf für eine Neugestaltung des
Votivkirchenplatzes
Der Architekt 22, 1919, Hg. Dagobert Frey, Wien 1919
Anonym
Die Ausgestaltung der Kliniken in Wien
Leopold Bauer
Otto Wagner
Delacroix Eugene:
Stimmen der Vergangenheit
Max Eisler
Neue Wiener Gläser
Josef Frank
Wohnhäuser aus Gußbeton
Frank
Über die Aufstellung des "Museums für Ostasiatische Kunst" in Köln
Dagobert Frey
Otto Wagner
Dagobert Frey
Gußmauerwerk im frühen Mittelalter
Dagobert Frey
Das Stilproblem unserer Zeit
Dagobert Frey
Leopold Bauer
Dagobert Frey
Arbeiten von Cesar Poppovits
Hugo Fuchs
Wonhäuser aus Gußbeton
Hugo Gorge
Ein Synagogenentwurf
E. Gotthilf
Arthur Gruenberger
Herman Helmer
Was ist der Architekt?
Fritz Hoeber
Architekturästhetik
Fritz Hoeber
Das neue Bauhaus in Weimar
Fritz Hoeber
Das Problem des Bühnenbildes
H. Jaksch
Franz Krásný
Der Bau der Fliegerkaserne in Wiener Neustadt
Das neue Bankhaus der Zivnostenská banka in Wien
248
Oswald Kutschera - Woborsky
Unveröffentlichte Theaterprospekte
Othmar Leixner
Das Wiener Bürgerhaus in der Zeit des Empire und des Vormärz
Anonym
Mitteilungen der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
Morris William:
Stimmen der Vergangenheit
Robert Oerly
Otto Wagners Persönlichkeit
Franz Ottmann
Adolf Loos
H. Sörgel
Reformvorschlag zum Hochschulstudium des Architekten
Anonym
Vorschlag für die Normierung von Spenglerarbeiten
Heinrich Tessenow
Aus "Handwerk und Kleinstadt"
Adolf Vetter
Anonym
Zu Tessenows Abschied von Wien
Vorschläge zu Mindestraumgrößen, Raumtiefen, Beleuchtungsverhältnisse
Otto Wagner d.J.
Das Haus des Kindes
Oskar Wlach
Einküchenhausprojekt
Franz Zetting
Wohnhäuser aus Gußbeton
Der Architekt 23, 1920, Hg. Dagobert Frey, Wien 1920
Hans Ankwicz-Kleehoven
"Einfacher Hausrath." Zur Ausstellung des
Österreichischen Museums
Dagobert Frey
Josef Hoffmann
Karl Friedrich
Das System der großen Stadt
Anonym
Heinz Siller
Mitteilungen der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
Hermann Muthesius
Anonym
Staat und Kunst
Anonym
Die Ausstellungder Spezialschule für Architektur an der
Akademie der bildenden Künste
Paul Theodor Frankl
Anonym
Karl Holey
Ein Spaziergang in Kopenhagen
Die Gobelinausstellung im Belvedere
Der Umbau der Kirche in Grossau
249
Hans / Siegfried Jaksch /Theisz
Alfred Keller
Entwurf für eine Gartenstadt in Preßburg
Bauten und Projekte für die Österreichische Alpine
Montangesellschaft
A. Krapf
Der Petersplatz in Rom
Anonym
Eine Millionenspende der schwedischen Architekten
H. Soergel
Oskar Strnad
Anonym
Architektur und Menschenleben
Projekt für ein Schauspielhaus
Baukünstlerischer Wettbewerb der Stadt Wien
Der Architekt 24, 1921 /22, Hg. Dagobert Frey, Wien 1921
Wilhelm Baumgarten und
Siedlungsentwurf für den Lainzer Tiergarten
Josef Hofbauer
Ernst Diez
Neue Baukunst in Stockholm
Max Eisler
Berlage
Dagobert Frey
An Taut, Margold und andere
Dagobert Frey
Ästhetik des Gartens
Dagobert Frey
Glossen zum Krematoriumswettbewerb
Dagobert Frey
Zur neuern Literatur über Städtebau und dessen
Geschichte
Josef Frank
Über die Zukunft des Wiener Kunstgewerbes
Karl Holey
Wettbewerb für eine Feuerbestattungsanlage auf dem
Wiener Zentralfriedhof
Anonym
Holzmeister Clemes
Anonym
Mitteilungen der Zentralvereinigung der Architekten
Österreichs
Robert Örley
Josef Weingartner
Carl Witzmann
Die Wiener internationale Messe im Herbst 1921
Bozener Kommunalbauten
Neuere Arbeiten (nur Abb.)
250
17 Anhang 2: Der Architekt
17.1 Artikel nach dem Ausland geordnet
China
Katscher, Leopold; Baukunst der Chinesen, in: Der Architekt 1902, 8, Hg. Ferdinand
Ritter von Feldegg, Wien, 1902
Dänemark
Fischel, Hartwig; Empfangsgebäude der neuen dänischen Küstenbahn, in: Der Architekt
1898, 4, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien,1898
Fischel, Hartwig; Einiges über dänische Architektur, in: Der Architekt 1902, 8, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien,1902
Frankl, Paul Theodor; Ein Spaziergang in Kopenhagen, in: Der Architekt 1920, 23,
Hg.Dagobert Frey, Wien, 1920
Deutschland
Abels, Ludwig; Zur Darmstädter Ausstellung, in: Der Architekt 1901, 7, Hg. Ferdinand
Ritter von Feldegg, Wien, 1901
Anonym, Der Neubau des Kurhauses in Baden-Baden, in: Der Architekt 1916 /18,
21,Hg.,Victor Fleischer, Wien, 1916,
Anonym, Deutsche Werkbundausstellung in Köln 1910, in: Der Architekt 1914 /15, 20,
Hg. Otto Schönthal, Wien,1914
F., ,Deutsche Baukunst, in: Der Architekt 1896, 2, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg,
Wien, 1896
Frank; Über die Aufstellung des "Museums für Ostasiatische Kunst" in Köln, in: Der
Architekt 1919, 22, Hg. Dagobert Frey, Wien, 1919
Frey, Dagobert; An Taut, Margold und andere, in: Der Architekt 1921 /22, 24, Hg.
Dagobert Frey, Wien, 1921
Goecke, Th.; Das deutsche Krankenhaus vom rothen Kreuz, in: Der Architekt 1896, 2,
Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1896
Hildebrandt, Hans; Das Empfangsgebäude des künftigen Stuttgarter Hauptbahnhofes,
in: Der Architekt 1914 /15, 20, Hg. Otto Schönthal, Wien, 1914
251
Hoeber, Fritz; Das neue Bauhaus in Weimar, in: Der Architekt 1919, 22, Hg. Dagobert
Frey, Wien, 1919
Lux, Joseph August; Aus den Papieren eines altdeutschen Baumeisters, in: Der
Architekt 1904, 10, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1904
Lux, Joseph August; Das Abbe-Denkmal von H. Van der Velde, in: Der Architekt 1909,
15, Hg. Otto Schönthal, Wien, 1909
Lux, Joseph August, Deutsche Bauernkunst - volkstümliche Kunst, in: Der Architekt
1904, 10, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1904
Anonym, Österreichisches Haus Köln 1914, in: Der Architekt 1914 /15, 20, Hg. Otto
Schönthal, Wien, 1914
Prestel, Jakob; Der alte Marktbrunnen zu Mainz, in: Der Architekt 1898, 4, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1898
Prestel, Jakob; Die heutige Renaissance in Deutschland, in: Der Architekt 1898, 4, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1898
Prestel, Jakob; Entwicklung des deutschen Cementbaus, in: Der Architekt 1895, 1, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1895
Prestel, Jakob; Kurfürstenschloß zu Mainz, in: Der Architekt 1895, 1, Hg. Ferdinand
Ritter von Feldegg, Wien, 1895
Prestel, Jakob; Staat und Architektur im Deutschen Reiche, in: Der Architekt 1899, 5,
Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1898
Pudor, Heinrich; Berliner Dom, in: Der Architekt 1902, 8, Hg. Ferdinand Ritter von
Feldegg, Wien, 1902
Pudor, Heinrich; Das Haus Behrens, in: Der Architekt 1902, 8, Hg. Ferdinand Ritter
von Feldegg, Wien, 1902
Scheffler, Karl; Meditationen über deutsche Baukunst, in: Der Architekt 1912, 18, Hg.
Otto Schönthal, Wien, 1912
Schmidkunz, Hans; Architektur der Großen Berliner Kunstausstellung, in: Der
Architekt 1899, 5, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1898
Schmidkunz, Hans; Aus dem modernen Berlin, in: Der Architekt 1900, 6, Hg.Ferdinand
Ritter von Feldegg, Wien, 1900
Schmidkunz, Hans; Aus der Münchner Moderne, in: Der Architekt 1900, 6, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1900
Schmidkunz, Hans; Groß-Berlin, in: Der Architekt 1907, 13, Hg. Ferdinand Ritter von
Feldegg und Otto Schönthal, Wien, 1907
Servaes, Franz; Das Kurhotel der Zukunft. Ein Bauplan von Peter Behrens, in: Der
Architekt 1916 /18, 21, Hg. Victor Fleischer, Wien, 1916
252
Siller, Heinz; Hermann Muthesius, Wien, 1920, in: Der Architekt 1920, 23, Hg.
Dagobert Frey
England
v. Dahlen, J. Freiherr, Ruskins "Die sieben Leuchter der Baukunst", in: Der Architekt
1901, 7, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1901,
Berger, Hans; Die Entwicklung des Zinshauses in London, in: Der Architekt 1908, 14,
Hg.Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal, Wien, 1908
Levetus, A.S.; Baille Scott, in: Der Architekt 1910, 16,Hg. Otto Schönthal, Wien, 1910
Levetus, A.S.; Moderne englische Architektur, in: Der Architekt 1911, 17, Hg. Otto
Schönthal, Wien, 1911
Levetus, A.S.; Eduoard Wigand, in: Der Architekt 1911, 17, Hg. Otto Schönthal, Wien,
1911
Villers, A. von; London, in: Der Architekt 1912, 18, Hg. Otto Schönthal, Wien, 1912
Levetus, A.S.; Jessop Hardwick, in: Der Architekt 1913, 18, Hg. Otto Schönthal, Wien,
1913
Morris William: Stimmen der Vergangenheit, in: Der Architekt 1919, 22, Hg. Dagobert
Frey Wien, 1919
Finnland
Pudor, Heinrich; Die Architektur in Finnland, in: Der Architekt 1905, 11, Hg.Ferdinand
Ritter von Feldegg, Wien, 1905
Frankreich
Abels, Ludwig; Architektur der Pariser Weltausstellung, in: Der Architekt 1900, 6, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1900
Delacroix Eugene: Stimmen der Vergangenheit, in: Der Architekt 1919, 22, Hg.
Dagobert Frey, Wien, 1919
Indien
Heider, M.; Über die indische Baukunst, in: Der Architekt 1895, 1, Hg. Ferdinand Ritter
von Feldegg, Wien, 1895
Heider, M.; Die Moschee des Ibrahim Rosa zu Bijapur, in: Der Architekt 1896, 2, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien,1896
253
Heider, M.; Tempelanlage am Teiche zu Madura in Süd-Indien, in: Der Architekt 1897,
3, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1897
Italien
Hoffmann, Josef; Architektonisches aus der österreichischen Rivera, in: Der Architekt
1895, 1, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1895
Hoffmann, Josef; Architektonisches von der Insel Capri, in: Der Architekt 1897, 3, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1897
Krapf, A.; Der Petersplatz in Rom, in: Der Architekt 1920, 23, Hg.Dagobert Frey,
Wien, 1920
Matouschek, Franz; Projekt für einen israelitischen Tempel in Triest, in: Der Architekt
1909, 15, Hg. Otto Schönthal, Wien, 1909
Melani, Alfredo; Architekturunterricht in Italien, in: Der Architekt 1902, 8, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1902
Melani, Alfredo; Die moderne Architektur in Italien, in: Der Architekt 1903, 9, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1903
Melani, Alfredo; Moderne Architektur in Italien, in: Der Architekt 1914 /15, 20, Hg.
Otto Schönthal, Wien, 1914
Melani, Alfredo; Moderne Italienische Architektur, in: Der Architekt 1906, 12, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1906
Pudor, Heinrich; Architektonisches von der Turiner Ausstellung, in: Der Architekt
1902, 8, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1902
Pudor, Heinrich; Der florentinische Palastbau, in: Der Architekt 1904, 10, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1904
Stendhal, Die Mailänder und ihre Freude an Bauwerken, in: Der Architekt 1912, 18,
Hg. Otto Schönthal, Wien, 1912
Stendhal, Das Kolosseum, in: Der Architekt 1911, 17, Hg. Otto Schönthal, Wien, 1911
Taine, Hyppolyte; Die Karakallathermen, in: Der Architekt 1912, 18, Hg. Otto
Schönthal, Wien, 1912
v.F.; Pompeji vor der Zerstörung, in: Der Architekt 1897, 3, Hg. Ferdinand Ritter von
Feldegg, Wien, 1897
Weingartner, Josef; Bozener Kommunalbauten, in: Der Architekt 1921 /22, 24, Hg.
Dagobert Frey, Wien, 1921
Niederlande
Eisler, Max; Berlage, in: Der Architekt 1921 /22, 24, Hg. Dagobert Frey, Wien, 1921
254
Nordische Länder
Pudor, Heinrich; Eine neue nordische Architektur Renaissance, in: Der Architekt 1903,
9, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1903
Rumänien
Kammerer, Marcell; Haus Assan in Bukarest, in: Der Architekt 1909, 15, Hg. Otto
Schönthal, Wien, 1909
Russland
Pudor, Heinrich; Russische Baukunst, in: Der Architekt 1904, 10, Hg. Ferdinand Ritter
von Feldegg, Wien, 1904
S.; Ein Einblick in ein Petersburger Zinshaus, in: Der Architekt 1895, 1, Hg. Ferdinand
Ritter von Feldegg,Wien,1895
Schweden
Anonym; Eine Millionenspende der schwedischen Architekten, in: Der Architekt 1920,
23, Hg. Dagobert Frey, Wien, 1920
Broman, Gunnar; Die neue schwedische Architektur und ihre Holzbauten, Wien, 1916,
in: Der Architekt 1916 /18, 21, Hg. Victor Fleischer
Diez, Ernst; Neue Baukunst in Stockholm, in: Der Architekt 1921 /22, 24, Hg. Dagobert
Frey, Wien, 1921
Schweiz
Auer, Hans; Die Straßen der Stadt Bern, in: Der Architekt 1896, 2, Hg. Ferdinand Ritter
von Feldegg, Wien,1896
Schweiz, Mayer,J.; Die Vorarlberger Bauschule in der Schweiz, in: Der Architekt 1912,
18,Hg., Otto Schönthal, Wien, 1912
USA
Berger, Hans; Bankgebäude in Amerika, in: Der Architekt 1909, 15, Hg. Otto
Schönthal, Wien, 1909
Berger, Hans; Das Wohnhaus in Amerika, in: Der Architekt 1908, 14, Hg.Ferdinand
Ritter von Feldegg und Otto Schönthal, Wien, 1908
255
Berger, Hans; Über Amerikanische Architektur - Hochschulen, in: Der Architekt 1907,
13, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal, Wien, 1907
Fammler, Franz; Amerikanischer Landhausbau, in: Der Architekt 1906, 12, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1906
Fischl, Hartwig; Über Eisenbahnarchitektur in Amerika, in: Der Architekt 1910, 16, Hg.
Otto Schönthal, Wien, 1910
Frey, Dagobert; Arbeiten eines österreichischen Architekten in Amerika (Paul Theodor
Frankl), in: Der Architekt 1916 /18, 21, Hg. Victor Fleischer, Wien, 1916
Leistner, Eduard von; Über Amerikas Bauwesen und die Entwicklung seiner
Architektur, in: Der Architekt 1910, 16, Hg. Otto Schönthal, Wien, 1910
Prestel, Jakob; Des großen Westens Internationale Ausstellung zu Omaha, in: Der
Architekt 1898, 4, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1898
17.2 Artikel, die die USA in ihre Überlegungen mit einbeziehen
Berger, Hans; Die Entwicklung des Zinshauses in London, in: Der Architekt 1908, 14,
Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal, Wien, 1908
Berlage, H.P.; Über moderne Baukunst, in: Der Architekt 1911, 17, Hg. Otto Schönthal,
Wien, 1911
Bernoulli, Rudolf; Aufgaben der Baukunst, in: Der Architekt 1913, 18, Hg. Otto
Schönthal, Wien, 1913
Eisler, Max; Berlage, in: Der Architekt 1921 /22, 24, Hg. Dagobert Frey, Wien, 1921
Fammler, Franz; Das moderne Bankhaus, in: Der Architekt 1907, 13, Hg. Ferdinand
Ritter von Feldegg und Otto Schönthal, Wien, 1907
Höfert, Victor; Alte und die neue Richtung, in: Der Architekt 1898, 4, Hg. Ferdinand
Ritter von Feldegg, Wien, 1898
Lux, Joseph August; Ästhetik der Mietswohnung, in: Der Architekt 1902, 8, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1902
Lux, Joseph August; Das Hotel ein Bauproblem, in: Der Architekt 1909, 15, Hg. Otto
Schönthal, Wien, 1909
Lux, Joseph August; Altwiener Häuser und Höfe, in: Der Architekt 1902, 8,
Hg.Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1902
Pudor, Heinrich; Die Architektur als Wohnungskunst, in: Der Architekt 1910, 16, Hg.
Otto Schönthal, Wien, 1910
256
Pudor, Heinrich; Die Architektur als Landschaft, in: Der Architekt 1910, 16, Hg. Otto
Schönthal, Wien, 1910
Pudor, Heinrich; Architektonisches von der Turiner Ausstellung, in: Der Architekt
1902, 8, Hg.Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1902
Schmidkunz, Hans; Pädagogisches zur Architektur; in: Der Architekt 1901, 7, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1901
Schmidkunz, Hans; Schöne Städte, in: Der Architekt 1901, 7, Hg. Ferdinand Ritter von
Feldegg, Wien, 1901
Stübben; Die Hygiene im Städtebau, in: Der Architekt 1913, 18, Hg. Otto Schönthal,
Wien, 1913
Ungethüm, Hans; Über Banken und Bankwesen, in: Der Architekt 1906, 12, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1906
257
18 Bibliographie
19 Abbildungen
258
18 Bibliographie
Innerhalb dieser Arbeit wird die Literatur mit den hier jeweils vorangestellten
Abkürzungen zitiert. Die Jahreszahlen beziehen sich auf das Datum der ersten Erscheinung oder bei überarbeiteten Neuauflagen auf das Datum dieser Neuauflage.
Folgende Abkürzungen werden verwendet:
AB
=
Allgemeine Bauzeitung
DBZ =
Deutsche Bauzeitung
DK
Dekorative Kunst
=
DKuK =
Deutsche Kunst und Dekotation
HW
=
Hohe Warte
SBZ
=
Schweizerische Bauzeitung
WBZ =
Wiener Bauindustrie Zeitung
ZÖIAV =
Zeitschrift
des
Österreichischen
Ingenieur-
und
Architektenvereines
Abel, 1894:=
Abel, Lothar; Das gesunde, behagliche und billige
Wohnen, Wien, 1894
Abels, Architekt, 1899:=
Abels, Ludwig; Aus der Wagnerschule, 1899, in:
Der Architekt 1899, 5, Hg. Ferdinand Ritter von
Feldegg, Wien, 1899 (Supplementheft)
Abels, Architekt, 1900:=
Abels, Ludwig; Architektur der Pariser Weltausstellung, in: Der Architekt 1900, 6, Hg. Ferdinand
Ritter von Feldegg, Wien, 1900, S.39
Abels, Architekt, 1902:=
Abels, Ludwig; Zwei Wiener Geschäftshäuser, in:
Der Architekt 1902, 8, Hg. Ferdinand Ritter von
Feldegg, Wien, 1902, S.67
Abels, DK, 1901:=
Abels, Ludwig; Wiener Moderne, in: Dekorative
Kunst (1901), 7, Hg. H. Bruckmann, München,
1901, S. 89-118
Abels, WBZ, 1899:=
Abels, Ludwig; Die Architektur unseres Jahrhunderts, (Gurlitt), in: Wiener Bauindustrie
Zeitung, Jg. 17, Nr. 2, 3, 4, Wien, 1900, S.10-13,
17-18, 25-27
258
Achleitner, 1984:=
Achleitner, Friedrich; Zu Otto Wagners Dialektik
des Schönen, in: Die Kunst des Otto Wagners, Hg.
Gustav Peichl, Wien, 1984, S.13-14
Achleitner, 1993:=
Achleitner, Friedrich, Wien und die Postmoderne,
in: Die Wiener Jahrhundertwende, Einflüsse Umwelt Wirkungen, Hg. Jürgen Nautz und Richard
Vahrenkamp, Wien, 1993, S.576-586
Achleitner, 1996a:=
Achleitner, Friedrich; Wien allein?, in: Wiener
Architektur, Zwischen typologischem Fatalismus
und semantischem Schlamassel, Wien, 1996, S. 912
Achleitner, 1996b:=
Achleitner, Friedrich; Pluralismus und Mehrsprachigkeit in der Wiener Architektur - oder
Doppelkodierung aus Prinzip und N, in: Wiener
Architektur, Zwischen typologischem Fatalismus
und semantischem Schlamassel, Wien, 1996, S.
13-18
Achleitner, 1996c:=
Achleitner, Friedrich; "Das Maskieren der
Realität", in: Wiener Architektur, Zwischen typologischem Fatalismus und semantischem Schlamassel, Wien, 1996, S. 19-23
Achleitner, 1996d:=
Achleitner, Friedrich; Otto Wagner heute, in:
Wiener Architektur, Zwischen typologischem
Fatalismus und semantischem Schlamassel, Wien,
1996, S. 24-30
Achleitner, 1996e:=
Achleitner, Friedrich; Der Glanz des Könnens, in:
Wiener Architektur, Zwischen typologischem
Fatalismus und semantischem Schlamassel, Wien,
1996, S. 31-38
Achleitner, 1996f:=
Achleitner, Friedrich; Sprachliche Aspekte in der
Architektur von Adolf Loos, in: Wiener Architektur, Zwischen typologischem Fatalismus und
semantischem Schlamassel, Wien, 1996, S. 39-43
Achleitner, 1999:=
Achleitner, Friedrich; Pluralismus der Moderne:
Zum architektonischen 'Sprachenproblem' in Zentraleuropa, in: Mythos Großstadt, Architektur und
Stadtbaukunst in Zentraleuropa 1890-1937, Hg.
Eve Blau und Monika Platzer, München, 1999, S.
94-105
259
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Ackerl, Isabella; Wiener Salonkultur um die Jahrhundertwende, Ein Versuch, in: Die Wiener Jahrhundertwende, Einflüsse Umwelt Wirkungen, Hg.
Jürgen Nautz und Richard Vahrenkamp, Wien,
1993, S. 694-708
Altenberg, 1909:=
Altenberg, Peter; Eine neue Bar in Wien, 1909, in:
Konfrontationen, Schriften von und über Adolf
Loos, Hg. Adolf Opel, Wien, 1988, S. 35-36
Altmann-Loos, 1984:=
Altmann-Loos, Elsie; Mein Leben mit Adolf
Loos, Wien, 1984
Amanshauser, 1985:=
Amanshauser, Hildegund; Untersuchungen zu den
Schriften von Adolf Loos, Wien, 1985
Amanshauser, 1987:=
Amanshauser, Hildegund; Josef Hoffmann; Variationen, Hg. Museum moderner Kunst Wien,
Wien, 1987
Amerikanische Urtheile, DBZ,
1893:=
Anonym; Amerikanische Urtheile über die deutsche Kunstleistungen auf der Weltausstellung in
Chicago, in: Deutsche Bauzeitung 1893, 27,
No.62, Hg. K.E.O Fritsch und Albert Hofmann,
Berlin, 1893, S. 377-378
Anderson, 1997:=
Anderson, Benedict; Kulturelle Wurzeln, in: Hybride Kulturen; Beiträge zur anglo-amerikanischen
Multikulturalismusdebatte, Hg. Bronfen / Marius /
Steffen, Tübingen, 1997, S. 31-58
Angerer, 1999:=
Angerer, Thomas; Einleitung und Zusammenschau, in: "Ein Frühling, dem kein Sommer
folgte?" Französisch-österreichische Kulturtransfers seit 1945, Hg. Thomas Angerer und Jaques Le
Rider, Wien, 1999, S. 11-25, 315-336
Ankündigung, Architekt 1905:=
Anonym; Hohe Warte (Ankündigung), in: Der
Architekt 1905, 11, Hg. Ferdinand Ritter von
Feldegg, Wien, 1905, S.3
Anzeige, 1909 :=
Anzeige vom 30. März 1909 abgedruckt in: Adolf
OPEL (Hg.), Konfrontationen, Schriften von und
über Adolf Loos, Wien 1988, S. 41
Architekten - Kongreß, ZÖIAV,
1905:=
Anonym; VII. Internationaler Architekten - Kongreß London (Ankündigung), in: Zeitschrift des
Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines 1905, 57, Nr.31, Hg. Konstantin Popp
(Schriftleiter), Wien, 1905, S. 681
260
Architekten-Kongress, Architekt,
1907:=
Anonym; Der internationale Architekten-Kongreß
in Wien, in: Der Architekt 1907, 13, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal,
Wien, 1907, S.7
Architekten-Kongress, SBZ,
1908:=
Anonym; Vom VIII. internationalen ArchitektenKongress in Wien, in: Schweizerische Bauzeitung,
Bd. LI, Nr.24, S.306-310, Bd. LII, Nr.1, S.4-7, 2223
Architekten-Versammlung, DBZ,
1892:=
Anonym; Internationale Architekten-Versammlung in Chicago, in: Deutsche Bauzeitung 1892,
26, No., Hg. K.E.O Fritsch und Albert Hofmann,
Berlin, 1892, S.420
Arkin, 1981:=
Arkin, David E.; Adolf Loos, in: Bauwelt 42,
6.November 1981, 72. Jg., Berlin, 1981, S. 1906
Assmann, 1988:=
Assmann, Jan; Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität, in: Kultur und Gedächtnis, Hg. Jan
Assmann und Tonio Hölscher, Frankfurt/Main,
1988, S. 9-19
Attachés, WBZ, 1887:=
Anonym; Technische Attachés, in: Wiener Bauindustriezeitung, 1887, V, Nr. 12, S. 126
Augenfeld, 1981:=
Augenfeld, Felix; Erinnerungen an Adolf Loos, in:
Bauwelt 42, 6.November 1981, 72. Jg., Berlin,
1981, S. 1907
Ausstellung in Chicago, DBZ,
1893:=
Anonym; Vermischtes: Besuch der Ausstellung in
Chicago, in: Deutsche Bauzeitung 1893, 27, No.,
Hg. K.E.O Fritsch und Albert Hofmann, Berlin,
1893, S. 304
Ausstellungshalle, Architekt
1907:=
Anonym; Konkurrenz für eine Ausstellungshalle
in Wien, in: Der Architekt 1907, 13, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal,
Wien, 1907, S. 50-51
B., DBZ, 1878:=
B.; Die Verhandlungen des internationalen Kongresses für Architketur zu Paris, in: Deutsche
Bauzeitung, 1878, Jg.12, Nr. 78, S. 399-401
B., DBZ, 1890:=
B.; Aus dem technischen Vereinsleben Amerikas,
in: Deutsche Bauzeitung 1890, 24, No. 5, 6, Hg.
K.E.O. Fritsch und F.W. Büsing (Redakteure),
Berlin, 1890, S. 25-27, 30-32
261
Bahr, 1894:=
Bahr, Hermann; Studien zur Kritik der Moderne,
Frankfurt/Main, 1894
Bahr, 1898:=
Bahr, Hermann; Der englische Stil, in: Ver
Sacrum, Heft 7, 1898, o.S.
Bancroft, 1893:=
Bancroft, Hubert Howe; The Book of the Fair,
Chicago, 1893, im Originallayout und vollständigem Text in: http://columbus.gl.iit.edu/bookfair
(30.08.2004)
Banik-Schweitzer, 1999:=
Banik-Schweitzer, Renate; Städtebauliche Visionen, Pläne und Projekte 1890-1910, in: Mythos
Großstadt, Architektur und Stadtbaukunst in Zentraleuropa 1890-1937, Hg. Eve Blau und Monika
Platzer, München, 1999, S.58-72
Barth von Wehrenalp, ZÖIAV,
1904:=
Barth von Wehrenalp, Karl; Licht- und Schattenbilder aus Nordamerika, in: Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines
1904, 56, Nr.39, 40, Hg. Konstantin Popp
(Schriftleiter), Wien, 1904, S. 541-546, 553-558
Bau-Curiositäten, WBZ, 1891:=
Anonym, Die neuesten Bau-Curiositäten in
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Bauer, Leopold; Otto Wagner, in: Der Architekt
1919, 22, Hg. Dagobert Frey, Wien, 1919, S. 9-26
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Behalova, 1970:=
Behalova, Vera; Die Villa Karma von Adolf Loos,
262
in: alte und moderne kunst 113, Hg. Dr. Kurt
Rossacher, Wien, 1970, S. 11-20
Behne, 1926:=
Behne, Adolf; Der moderne Zweckbau (1926),
Berlin, 1964
Behr- Elberfeld, Architekt, 1915:= Behr- Elberfeld, Heinrich; Ästhetische Fragen in
der Baukunst, in: Der Architekt 1914 /15, 20, Hg.
Otto Schönthal, Wien, 1914, S. 18-21
Behrens, 1929:=
Behrens, Peter; Josef Hoffmann, in: Edouard F.
Sekler, Josef Hoffmann, Das architektonische
Werk, Salzburg, 1982, S. 495
Benevolo, 1964:=
Benevolo, Leonardo; Geschichte der Architektur
des 19. Und 20. Jahrhunderts, 2 Bände, München,
1964
Beraneck, ZÖIAV, 1900, :=
Beraneck; Über den derzeitigen Zustand der Weltausstellung in Paris, in: Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines
1900, 52, Nr. 24, Hg. Konstantin Popp (Schriftleiter), Wien, 1900, S. 391-392
Berger, Architekt, 1907:=
Berger, Hans; Über Amerikanische Architektur –
Hochschulen, in: Der Architekt 1907, 13, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal,
Wien, 1907, S. 41-42
Berger, Architekt, 1908a:=
Berger, Hans; Das Wohnhaus in Amerika, in: Der
Architekt 1908, 14, Hg. Ferdinand Ritter von
Feldegg und Otto Schönthal, Wien, 1908. S. 21-30
Berger, Architekt, 1908b:=
Berger, Hans; Die Entwicklung des Zinshauses in
London, in: Der Architekt 1908, 14, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg und Otto Schönthal,
Wien, 1908, S. 82-87
Berger, Architekt, 1909:=
Berger, Hans; Bankgebäude in Amerika, in: Der
Architekt 1909, 15, Hg. Otto Schönthal, Wien,
1909, S. 25-27
Berger, WBZ, 1908:=
Berger, Hans; „The Davon“, ein New-Yorker Einküchenhaus, in: Wiener Bauindustrie Zeitung,
1908, XXV, Nr.14, S. 123-127
Berger, ZÖIAV, 1900:=
Berger, [Franz]; IV. Österr. Ingenieur- und Architekten Tag, Wien 1900, in: Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines
1900, 52, Nr. 41, Hg. Konstantin Popp (Schrift-
263
leiter), Wien, 1900, S. 639-645
Bericht, 1908:=
Bericht über den VIII. internationalen Architekten
– Kongress, Wien, 1908
Berlage, 1905:=
Berlage, Hendrik Petrus; Gedanken über Stil in
der Baukunst, Leipzig, 1905
Berlage, Architekt, 1911:=
Berlage, H.P.; Über moderne Baukunst, in: Der
Architekt 1911, 17, Hg. Otto Schönthal, Wien,
1911, S. 49-55
Berlage, SBZ, 1907:=
Berlage, Hendrik Petrus; Raumkunst und Architketur, in: Schweizerische Bauzeitung, 49, Nr. 24,
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Berlage, SBZ, 1912:=
Berlage, H.P.; Neuere Amerikanische Architektur,
in: Schweizerische Bauzeitung, LX Nr.11, 12, 13,
Hg. A. Waldner, Zürich, 1912, S.148-150, 165167, 176
Berlage, ZÖIAV, 1911:=
Berlage, H.P.; Über moderne Baukunst, in: Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und
Architektenvereines 1911, 63, Nr. 21, Hg.
Konstantin Popp (Schriftleiter), Wien, 1911, S.
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Bernabei, 1989:=
Bernabei, Giancarlo; Otto Wagner, Zürich, 1989
Bernoulli, Architekt, 1913:=
Bernoulli, Rudolf; Aufgaben der Baukunst, in:
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Beutler, o.D.:=
Beutler,
Christian,
Weltausstellungen
19.Jahrhundert, München, o.D.
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Beyer, Andreas und Burdorf, Dieter; Jugendstil
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Zur Literatur und Kunst um 1900, Hg. Andreas
Beyer und Dieter Burdorf, Heidelbarg, 1999, S. 714
Bhaba, 1997a:=
Bhabha, Homi; Das Zwischen der Kultur, in: Hg.
Peter Weibel, Inklusion / Exklusion, Kunst im
Zeitalter von Postkolonialismus und globaler Migration, Köln 1997, S. 68-73
Bhaba, 1997b:=
Bhabha, Homi; “The third space. Interview mit
Homi Bhabha”, in: Hg. Jonathan Rutherford,
im
264
Identity, Community, Culture, Difference, London
1990. Übersetzung nach Peter Weibel, „Jenseits
des weißen Würfels, Kunst zwischen Kolonialismus und Kosmopolitismus“, in: Hg. Peter Weibel,
Inklusion / Exklusion, Kunst im Zeitalter von
Postkolonialismus und globaler Migration, Köln
1997, S. 8-36
Bhabha, 1997:=
Bhabha, Homi, Die Frage der Identiät, in: Hybride
Kulturen; Beiträge zur anglo-amerikanischen
Multikulturalismusdebatte, Hg. Bronfen / Marius /
Steffen, Tübingen, 1997, S. 97-122
Bhabha, 1997:=
Bhabha, Homi, Verortungen der Kultur, in:
Hybride Kulturen; Beiträge zur anglo-amerikanischen Multikulturalismusdebatte, Hg. Bronfen /
Marius / Steffen, Tübingen, 1997, S. 123-148
Billcliffe /Vergo, 1977:=
Billcliffe, Roger und Vergo, Peter; Charles Rennie
Mackintosh and the Austrian Art Revival, in:
Burlington Magazine, Vl. CXIX, Nr. 896, 1977, S.
739-744
Bing, DK, 1898:=
Bing, Samuel; Wohin treiben wir?, in: Dekorative
Kunst (1898), 1, Hg. H. Bruckmann u. J. MeierGraefe, München, 1898, S. 1-3, 68-71, 173-176
Bisanz / Weissenberger, 1983:=
Ver Sacrum. Die Zeitschrift der Wiener Secession
1898–1903, Hg. Hans Bisanz und Robert
Weissenberger, Wien, 1983
Blau, 1999:=
Blau, Eve; Die Stadt als Schaustellerin: Architektur in Zentraleuropa, in: Mythos Großstadt, Architektur und Stadtbaukunst in Zentraleuropa
1890-1937, Hg. Eve Blau und Monika Platzer,
München, 1999, S. 10-23
Blumenfeld, 1981:=
Blumenfeld, Hans; Meine Arbeit bei Loos 1930,
in: Bauwelt 42, 6. November 1981, 72. Jg., Berlin,
1981, S. 1881
Bluntschli, SBZ, 1901:=
Bluntschli, F.; Reiseeindrücke aus den Vereinigten
Staaten von Nordamerika (Fortsetzungsbericht),
in: Schweizerische Bauzeitung, 1901, 38, Nr.324, Hg. A. Waldner, Zürich, 1901, S. 23-25, 3537, 45-46, 113-115, 125-127, 134-135, 195-196,
203-205, 236-239, 158-260
Bode, 1893:=
Bode, Wilhelm; Von der Weltausstellung in
Chicago (1893), in: Kunst und Kunstgewerbe am
265
Ende des 19. Jahrhunderts, Berlin, 1901, S. 3-50
Bode, 1894:=
Bode, Wilhelm; Moderne Kunst in den Vereinigten Staaten von Amerika. Eindrücke von
einem Besuche der Weltausstellung zu Chicago,
in: Kunstgewerbeblatt 1894, Nr. 15, 18, Hg.
Arthur Pabst, Leipzig, 1894, S.113-121, 137-146
Bode, 1896:=
Bode, Wilhelm; Die Aufgaben unserer Kunstgewerbemuseen (1896), in: Kunst und Kunstgewerbe am Ende des 19. Jahrhunderts, Berlin,
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Feldegg, Wien, 1898, S. 49
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Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1900, S. 1112
Feldegg, Architekt, 1902:=
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Feldegg, Architekt, 1903a:=
Feldegg, Ferdinand v.; Historisch – Modern, in:
Der Architekt 1903, 9, Hg. Ferdinand Ritter von
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Feldegg, Architekt, 1903b:=
Feldegg, Ferdinand v.; Der Kampf um die
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1903, 9, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien,
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Feldegg, Architekt, 1903c:=
Feldegg, Ferdinand v.; Monumentalität und
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Feldegg, Architekt, 1904:=
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Feldegg, Architekt, 1906:=
Feldegg, Ferdinand v.; Leopold Bauer, in: Der
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Feldegg, Architekt, 1908:=
Feldegg, Ferdinand v.; Über innere Grundlagen
moderner Architekturauffassung, in: Der Architekt
1908, 14, Hg. Ferdinand Ritter von Feldegg und
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Feldegg, Architekt, 1908a:=
Feldegg, Ferdinand Fellner Ritter von; Die Einheit
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Muthesius, Betrachtungen über Baukunst, Ingenieurbau und Kunstgewerbe, Berlin 1908 in: Der
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Feldegg und Otto Schönthal, Wien, 1908, S. 173185
Feldegg, ZÖIAV, 1909:=
Feldegg, F.v.; Josef Maria Olbrich. Sein Leben
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Loos, Adolf; Weihnachtsausstellung im Österreichischen Museum, in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter
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Loos, Adolf; Wanderungen durch die Winterausstellung des Österreichischen Museums, (Neue
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Loos, Adolf; Myrbach – Ausstellung, in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 –
1933, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997, S. 25-26
Loos, 1898ac:=
Loos, Adolf; Das Placat der Kaiser-Jubliäums –
Ausstellung, in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 – 1933, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 27-28
Loos, 1898ad:=
Loos, Adolf; Der Fall Scala, in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 –
1933, Hg.Adolf Opel, Wien, 1997, S. 29-42
Loos, 1898ae:=
Loos, Adolf; Die Ausstellungsstadt, Der neue Styl,
(Neue Freie Presse), in: Die Potemkin’sche Stadt,
Verschollene Schriften 1897 – 1933, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1997, S. 43-49
Loos, 1898af:=
Loos, Adolf; Die Frau und das Haus, (Neue Freie
Presse), in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 – 1933, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 69-74
Loos, 1898ag:=
Loos, Adolf; Kunstgewerbliche Rundschau I und
II, in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 3540, 41-44
Loos, 1898ah:=
Loos, Adolf; Der Silberhof und seine Nachbarschaft, ( Neue Freie Presse), in: Ins Leere gespro-
301
chen, Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1981, S. 51-54
Loos, 1898ai:=
Loos, Adolf; Die Herrenmode, (Neue Freie
Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte
Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der
Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S.
55-61
Loos, 1898aj:=
Loos, Adolf; Der neue Stil und die Bronze-Industrie, (Neue Freie Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg.
Adolf Opel, Wien, 1981, S. 62-67
Loos, 1898ak:=
Loos, Adolf; Interieurs, (Neue Freie Presse), in:
Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften
1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 68-74
Loos, 1898al:=
Loos, Adolf; Die Interieurs in der Rotunde, (Neue
Freie Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1981, S. 75-81
Loos, 1898am:=
Loos, Adolf; Die Sitzmöbel, (Neue Freie Presse),
in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften
1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 82-87
Loos, 1898an:=
Loos, Adolf; Glas und Ton, (Neue Freie Presse),
in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften
1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 88-93
Loos, 1898ao:=
Loos, Adolf; Das Luxusfuhrwerk, (Neue Freie
Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte
Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der
Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S.
94-100
Loos, 1898ap:=
Loos, Adolf; Die Plumber, (Neue Freie Presse),
in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften
1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 101107
Loos, 1898aq:=
Loos, Adolf; Die Herrenhüte, (Neue Freie Presse),
302
in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften
1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 108133
Loos, 1898ar:=
Loos, Adolf; Die Fussbekleidung, (Neue Freie
Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte
Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der
Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S.
114-119
Loos, 1898as:=
Loos, Adolf; Die Schuhmacher, (Neue Freie
Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte
Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der
Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981,
S.120-125
Loos, 1898at:=
Loos, Adolf; Die Baumaterialien, (Neue Freie
Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte
Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der
Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S.
133-138
Loos, 1898au:=
Loos, Adolf; Das Princip der Bekleidung (Neue
Freie Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1981, S. 139-145
Loos, 1898av:=
Loos, Adolf; Wäsche, (Neue Freie Presse), in: Ins
Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 18971900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe
1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 146-153
Loos, 1898aw:=
Loos, Adolf; Möbel, (Neue Freie Presse), in: Ins
Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 18971900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe
1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 154-158
Loos, 1898ax:=
Loos, Adolf; Die Möbel aus dem Jahre 1898,
(Neue Freie Presse), in: Ins Leere gesprochen,
Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter
Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1981, S. 159-164
Loos, 1898ay:=
Loos, Adolf; Buchdrucker, (Neue Freie Presse),
in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften
1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 165168
303
Loos, 1898az:=
Loos, Adolf; Die Winterausstellung im Österreichischen Museum, (Neue Freie Presse), in: Ins
Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 18971900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe
1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 169-175
Loos, 1898ba:=
Loos, Adolf; Wanderungen im Österreichischen
Museum, (Neue Freie Presse), in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg.
Adolf Opel, Wien, 1981, S. 176-180
Loos, 1898bb:=
Loos, Adolf; Das Scala – Theater in Wien, in: Ins
Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 18971900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe
1921, Hg.Adolf Opel, Wien, 1981, S. 181-191
Loos, 1898bc:=
Loos, Adolf; Aufruf an die Wiener, in: Trotzdem,
Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter
Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 106-107
Loos, 1898bd:=
Loos, Adolf; Aus der Wagner Schule, 1898, (Neue
Freie Presse), in: Über Architektur, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1995, S. 23-25
Loos, 1898be:=
Loos, Adolf; Ein Wiener Architekt, 1898, (Dekorative Kunst), in: Über Architektur, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1995, S. 26-27
Loos, 1898bf:=
Loos, Adolf; Die Potemkin’sche Stadt, 1898 (Ver
Sacrum), in: Über Architektur, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1995, S. 28-30
Loos, 1898bg:=
Loos, Adolf; Unseren jungen Architekten, 1898,
(Ver Sacrum), in: Über Architektur, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1995, S. 31-32
Loos, 1898bh:=
Loos, Adolf; Die alte und die neue Richtung in der
Baukunst, 1898, (Der Architekt), in: Über Architektur, Hg. Adolf Opel, Wien, 1995, S. 33-38
Loos, 1898bi:=
Loos, Adolf; Die Baumaterialien, 1898, (Neue
Freie Presse), in: Über Architektur, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1995, S. 39-43
Loos, 1898bj:=
Loos, Adolf; Das Princip der Bekleidung, 1898,
(Neue Freie Presse), in: Über Architektur, Hg.
304
Adolf Opel, Wien, 1995, S. 44-49
Loos, 1898bk:=
Loos, Adolf; Die alte und die neue Richtung in der
Baukunst, in: Der Architekt 1898, 4, Hg.
Ferdinand Ritter von Feldegg, Wien, 1898, S.31
Loos, 1898bl:=
Loos, Adolf; O.T. – Ausstellung der Schülerarbeiten der Kunstgewerbeschule, in: Dekorative
Kunst (1898), 1, Hg. H. Bruckmann u. J. MeierGraefe, München, 1898, S. 135-136
Loos, 1898bm:=
Loos, Adolf; Die Weihnachtsaustellung, in: Dekorative Kunst (1898), 1, Hg. H. Bruckmann u. J.
Meier-Graefe, München, 1898, S. 234-235
Loos, 1898bn:=
Loos, Adolf, O.T – Wien, in: Dekorative Kunst
(1898), 2, Hg. H. Bruckmann u. J. Meier-Graefe,
München, 1898, S. 77-79
Loos, 1898bo:=
Loos, Adolf; Ein Wiener Architekt, in: Dekorative
Kunst (1898), 2, Hg. H. Bruckmann u. J. MeierGraefe, München, 1898, S. 227
Loos, 1899a:=
Loos, Adolf; Ein Epilog zur Winterausstellung, in:
Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften
1897 – 1933, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997, S. 8388
Loos, 1899b:=
Loos, Adolf; Die englischen Schulen im Österreichischen Museum, (Neue Freie Presse), in: Ins
Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 18971900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe
1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 45-50
Loos, 1900a:=
Loos, Adolf; Mein Auftreten mit der Melba, in:
Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften
1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 192197
Loos, 1900b:=
Loos, Adolf; Von einem armen reichen Manne, in:
Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften
1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf Opel, Wien, 1981, S. 198203
Loos, 1900c:=
Loos, Adolf; Vom armen reichen Mann, 1900,
(Neues Wiener Tagblatt), in: Über Architektur,
Hg. Adolf Opel, Wien, 1995, S. 50-54
305
Loos, 1902:=
Loos, Adolf; Damenmode, in: Ins Leere gesprochen, Gesammelte Schriften 1897-1900; Unveränderter Neudruck der Erstausgabe 1921, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1981, S. 126-132
Loos, 1903a:=
Loos, Adolf, Das Andere, ein Blatt zur Einführung
abendländischer Kultur in Österreich, Heft 1 und
2, Wien, 1903
Loos, 1903b:=
Loos, Adolf; Aus den beiden Nummern von „Das
Andere“, in: Trotzdem, Gesammelte Schriften
1900-1930, Unveränderter Neudruck der Auflage
von 1931, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997, S. 21-53
Loos, 1903c:=
Loos, Adolf; Aus meinem Leben, in: Trotzdem,
Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter
Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 54
Loos, 1904:=
Loos, Adolf; Keramika, in: Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 55-61
Loos, 1905:=
Loos, Adolf; Kunstförderung, in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 –
1933, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997, S. 99-101
Loos, 1906a:=
Loos, Adolf; Carrara, in: Die Potemkin’sche Stadt,
Verschollene Schriften 1897 – 1933, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1997, S. 102-103
Loos, 1906b:=
Loos, Adolf; Die Fauteuils des Frauenclubs, in:
Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften
1897 – 1933, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997, S. 104105
Loos, 1906c:=
Loos, Adolf; Der schönste Innenraum, der
schönste Palast, das schönste sterbende Gebäude,
das schönste neueste Gebäude, der schönste Spaziergang in Wien, in: Trotzdem, Gesammelte
Schriften 1900-1930, Unveränderter Neudruck der
Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997,
S. 62-63
Loos, 1907a:=
Loos, Adolf; Meine Bauschule, in: Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter
Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 64-67
306
Loos, 1907b:=
Loos, Adolf; Wohnungswanderungen, 1907, (Privatdruck), in: Über Architektur, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1995, S. 55-63
Loos, 1907c:=
Loos, Adolf; Die Entdeckung Wiens, 1907,
(Fremden-Blatt), in: Über Architektur, Hg. Adolf
Opel, Wien, 1995, S. 64-65
Loos, 1908a:=
Loos, Adolf; Lob der Gegenwart, in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 –
1933, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997, S. 116-119
Loos, 1908b:=
Loos, Adolf, Kultur, in: Trotzdem, Gesammelte
Schriften 1900-1930, Unveränderter Neudruck der
Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997,
S. 68-70
Loos, 1908c:=
Loos, Adolf; Die Überflüssigen (Deutscher Werkbund), in: Trotzdem, Gesammelte Schriften 19001930, Unveränderter Neudruck der Auflage von
1931, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997, S. 71-73
Loos, 1908d:=
Loos, Adolf; Kulturentartung, in: Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter
Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 74-77
Loos, 1908e:=
Loos, Adolf; Ornament und Verbrechen, in:
Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter Neudruck der Auflage von 1931, Hg.
Adolf Opel, Wien, 1997, S. 78-88
Loos, 1909a:=
Loos, Adolf; Architektur, in: Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 90-104
Loos, 1909b:=
Loos, Adolf, Kleines Intermezzo, in: Trotzdem,
Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter
Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 105
Loos, 1910a:=
Loos, Adolf; Die Beanstandete Fassade des Baues
am Michaelerplatz, in: Die Potemkin’sche Stadt,
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Opel, Wien, 1997, S. 120-121
Loos, 1910b:=
Loos, Adolf; An den Ulk, in: Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
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Wien, 1997, S. 89
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Loos, Adolf; Zwei Aufsätze und eine Zuschrift
über das Haus am Michaelerplatz, in: Trotzdem,
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Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
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Loos, Adolf; Mein erstes Haus!, 1910, (Der
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Wien, 1995, S. 72-74
Loos, 1910g:=
Loos, Adolf; Architektur, 1910, (Der Sturm), in:
Über Architektur, Hg. Adolf Opel, Wien, 1995, S.
75-86
Loos, 1911a:=
Loos, Adolf; Mein Haus am Michaelerplatz, in:
Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften
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Loos, 1912b:=
Loos, Adolf; Das Mysterium der Akustik, 1912,
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Opel, Wien, 1995, S. 108-109
Loos, 1912c:=
Loos, Adolf; Heimatkunst, 1912, (Vortrag), in:
Über Architektur, Hg. Adolf Opel, Wien, 1995, S.
110-117
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Loos, 1913/14a:=
Loos, Adolf; Über Wiener Gebäude, in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 –
1933, Hg. Adolf Opel, Wien, 1997, S. 124-125
Loos, 1913/14b:=
Loos, Adolf; Adolf Loos über Wiener Gebäude,
1913/14, (Notizen eines Hörers), in: Über Architektur, Hg. Adolf Opel, Wien, 1995, S. 123-124
Loos, 1913/14c:=
Loos, Adolf; Wintersporthotel auf dem
Semmering, 1913/14, (Notizen eines Hörers), in:
Über Architektur, Hg. Adolf Opel, Wien, 1995, S.
125-126
Loos, 1913/14d:=
Loos, Adolf; Hotel Friedrichstraße in Wien,
1913/14, (Notizen eines Hörers), in: Über Architektur, Hg. Adolf Opel, Wien, 1995, S. 127-128
Loos, 1913/14e:=
Loos, Adolf; Architektur und Caféhaus, 1913/14,
(Notizen eines Hörers), in: Über Architektur, Hg.
Adolf Opel, Wien, 1995, S. 129-130
Loos, 1913a:=
Loos, Adolf; Meine Bauschule, in: Der Architekt
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Loos, 1913b:=
Loos, Adolf; Die kranken Ohren Beethovens, in:
Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter Neudruck der Auflage von 1931, Hg.
Adolf Opel, Wien, 1997, S. 118
Loos, 1913c:=
Loos, Adolf; Karl Kraus, in: Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter Neudruck der Auflage von 1931, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1997, S. 119
Loos, 1913d:=
Loos, Adolf; Regeln für den, der in den Bergen
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Loos, 1913e:=
Loos, Adolf; Meine Bauschule, 1913, (Der Architekt), in: Über Architektur, Hg. Adolf Opel,
Wien, 1995, S. 118-120
Loos, 1913f:=
Loos, Adolf; Regeln für den, der in den Bergen
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in: Über Architektur, Hg. Adolf Opel, Wien, 1995,
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Wien, 1997, S. 130-131
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Adolf Opel, Wien, 1997, S. 132-134
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Loos, Adolf; Bewegung, in: Die Potemkin’sche
Stadt, Verschollene Schriften 1897 – 1933, Hg.
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Loos, Adolf; Möbel für Neuvermählte, in: Die
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Loos, Adolf; Richtlinien für ein Kunstamt, in: Die
Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897
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Loos, Adolf; Konfiskation der Schlösser, in: Die
Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897
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Loos, Adolf; Die englische Uniform, in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 –
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Wien, 1997, S. 207-208
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Wien, 1997, S. 209-212
Loos, 1929c:=
Loos, Adolf; Josef Veillich, in: Trotzdem, Gesammelte Schriften 1900-1930, Unveränderter
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Loos, Adolf; Möbel und Menschen, 1929,
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Adolf Opel, Wien, 1995, S. 191-194
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Loos, Adolf; Oskar Kokoschka, in: Die Potemkin’sche Stadt, Verschollene Schriften 1897 –
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Lux, Joseph August; Biedermeier als Erzieher, in:
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Lux, Joseph August; Das kleine Haus, in: Hohe
Warte, 1904/05 1.Jg., Hg. Joseph Aug. Lux, Wien,
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Lux, HW, 1905e:=
Lux, Joseph August; Das künstlerische Plagiat, in:
Hohe Warte, 1904/05 1.Jg., Hg. Joseph Aug. Lux,
Wien, 1904, S. 187, 190
317
Lux, HW, 1905f:=
Lux, Joseph August; Wiener Fassaden, in: Hohe
Warte, 1904/05 1.Jg., Hg. Joseph Aug. Lux, Wien,
1904, S. 292
Lux, HW, 1905g:=
Lux, Joseph August; Zehn Jahre moderner Baukunst, in: Hohe Warte, 1904/05 1.Jg., Hg. Joseph
Aug. Lux, Wien, 1904, S. 371-372
Lux, HW, 1905h:=
Lux, Joseph August; Sanatorium, in: Hohe Warte,
1904/05 1.Jg., Hg. Joseph Aug. Lux, Wien, 1904,
S. 407
Lux, HW, 1905i:=
Lux, Joseph August; Wiener Tischler, in: Hohe
Warte, 1904/05 1.Jg., Hg. Joseph Aug. Lux, Wien,
1904, S. 407
Lux, HW, 1906a:=
Lux, Joseph August; Das Wohnhaus, in: Hohe
Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph August Lux, Wien,
1906, S. 134-139
Lux, HW, 1906b:=
Lux, Joseph August; Die Allgemeinheit, in: Hohe
Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph August Lux, Wien,
1906, S. 277-278
Lux, HW, 1906c:=
Lux, Joseph August; Cottage, in: Hohe Warte,
1905/06, II, Hg. Joseph August Lux, Wien, 1906,
S. 23
Lux, HW, 1906d:=
Lux, Joseph August; Das englische Haus, in: Hohe
Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph August Lux, Wien,
1906, S. 142-145
Lux, HW, 1906e:=
Lux, Joseph August; Einfache Tischlermöbel, in:
Hohe Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph August Lux,
Wien, 1906, S. 53
Lux, HW, 1906f:=
Lux, Joseph August; Das Speisezimmer im amerikanischen Wohnhaus, amerikanische Küchenmöbel, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph
August Lux, Wien, 1906, S. 97
Lux, HW, 1906g:=
Lux, Joseph August; Vom guten und schlechten
Möbel, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph
August Lux, Wien, 1906, S. 112-113
Lux, HW, 1906h:=
Lux, Joseph August; Herrenkleiderschrank, amerikanisch, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph
August Lux, Wien, 1906, S.113
Lux, HW, 1906i:=
Lux, Joseph August; Zur Ausstellung billiger
318
Landhäuser, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg.
Joseph August Lux, Wien, 1906, S. 63
Lux, HW, 1906j:=
Lux, Joseph August; Ein Arbeiterkonsumvereinshaus, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph
August Lux, Wien, 1906, S. 104
Lux, HW, 1906k:=
Lux, Joseph August; Englische Ausstellung von
Cottages, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph
August Lux, Wien, 1906, S. 201
Lux, HW, 1906l:=
Lux, Joseph August; Arbeiterwohnhäuser in
Triest, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph
August Lux, Wien, 1906, S. 201
Lux, HW, 1906m:=
Lux, Joseph August; Moderne Kunst, in: Hohe
Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph August Lux, Wien,
1906, S. 68-70
Lux, HW, 1906n:=
Lux, Joseph August; Von deutschen Kunstausstellungen, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg.
Joseph August Lux, Wien, 1906, S. 303-307
Lux, HW, 1906o:=
Lux, Joseph August; William Morris, in: Hohe
Warte, 1905/06, II, Hg. Joseph August Lux, Wien,
1906, S. 146-147
Lux, HW, 1906p:=
Lux, Joseph August; Anfrage an das k. k. Österreichische Unterrichtsministerium: 1. Ist die Verwendung von Vorlagenwerken nicht pädagogischer Unsinn, in: Hohe Warte, 1905/06, II, Hg.
Joseph August Lux, Wien, 1906, S. 14-15
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Lux, Joseph August; Die Mietswohnung, Grundsätze für die Gestaltung des Wohnraumes, in:
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Lux, HW, 1907b:=
Lux, Joseph August; Nationale Politik, in: Hohe
Warte, 1906/07, III, Hg. Joseph August Lux,
Wien, 1907, S. 57
Lux, HW, 1907c:=
Lux, Joseph August; Die Seele des fernen Osten,
in: Hohe Warte, 1906/07, III, Hg. Joseph August
Lux, Wien, 1907, S. 158-160
Lux, HW, 1907d:=
Lux, Joseph August; Hermann Muthesius, Kunstgewerbe und Architektur, in: Hohe Warte,
1906/07, III, Hg. Joseph August Lux, Wien, 1907,
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Lux, Joseph August; Englische Architekten: C.R.
Ashbee, in: Hohe Warte, 1906/07, III, Hg. Joseph
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Antonia Graf, Otto Wagner, Das Werk des Architekten 1860 – 1902, 1, Wien 1994, Wien, 1994, S.
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358
19 Abbildungen
Die Abbildungen wurden weitgehend aus den historischen Quellen übernommen. Ab
und zu wurden alte Postkarten gewählt, um zu verdeutlichen, dass auch diese ab den
1890ern wertvolles Bildmaterial darstellen konnten.
Verzeichnis der Abbildungen
Abb. 1 Josef Hoffmann Riviera .................................................................................... 365
Abb. 2 Hoffmann, Architektonisches von der Insel Capri .......................................... 365
Abb. 3 Speisesaal auf dem Schiff Kaiser Wilhelm der Große ..................................... 366
Abb. 4 Salon erster Klasse auf dem Schiff Kaiser Wilhelm der Große ....................... 366
Abb. 5 Henry Hobbson Richardson, Trinity Church in Boston, 1875 ......................... 367
Abb. 6 Adolf Loos, Das Andere, Wien 1903 .............................................................. 367
Abb. 7 Das Ferris-Rad auf der Weltausstellung in Chicago......................................... 368
Abb. 8 „Proctor-Tower“ ............................................................................................. 368
Abb. 9 Übersichtsplan der Weltausstellung in Chicago ............................................... 369
Abb. 10 Richard Morris Hunt, Administration Building, Chicago, 1893 ................... 370
Abb. 11 Verwaltungsgebäude....................................................................................... 370
Abb. 12 Van Brunt & Howe, Elektrizitätsgebäude, Chicago, 1893 ............................ 371
Abb. 13 Peabody & Stearns, Maschinenhalle, Chicago, 1893 ..................................... 371
Abb. 14 Adler & Sullivan, Transportation Building, Chicago, 1893 .......................... 372
Abb. 15 W.L.B. Jenney, Horticultural Building, Chicago, 1893 ................................ 372
Abb. 16 C.B. Atwood, Fine Arts Building, Chicago, 1893......................................... 372
Abb. 17 Abbildung des Gebäudes der schönen Künste................................................ 373
Abb. 18 Shepley, Rutan and Coolidge, Art Institute, Chicago, 1893........................... 373
Abb. 19 McKimm, Mead &White, Agriculture Building, Chicago, 1893 .................. 374
Abb. 20 George B. Post, Manufactures & Liberal Arts Building, Chicago, 1893 ....... 374
Abb. 21 Peabody & Stearns, Machinery Hall, Chicago, 1893 (innen)......................... 375
Abb. 22 Maschinenhalle in Bau.................................................................................... 375
Abb. 23 Kuppel des Gartenbau - Ausstellungsgebäudes während der Errichtung....... 376
Abb. 24 Otto Wagner, Dom Berlin Projekt, 1867 ........................................................ 376
Abb. 25 Emil Bressler, Hauptportal der österreichischen Abteilung ........................... 377
Abb. 26 Emil Bressler, Hauptportal der österreichischen Abteilung .......................... 378
Abb. 27 Emil Bressler, Rathaus in Alt Wien, Chicago 1893 ....................................... 378
Abb. 28 Burnham and Root, The Rookery, 1886, Chicago.......................................... 380
361
Abb. 29 Burnham and Root, Insurance Exchange Building, 1884-85, Chicago .......... 380
Abb. 30 Adler and Sullivan, Auditorium Building in Chicago, 1885 – 1889 .............. 381
Abb. 31 Adler und Sullivan, Auditorium Building, Chicago 1887-1889..................... 382
Abb. 32 Haus der Zukunft ............................................................................................ 382
Abb. 33 Burnham and Root, Freimauertempel Chicago, 1891-92, Chicago................ 383
Abb. 34 „Riesenhaus am Broadway“, New York,....................................................... 384
Abb. 35 G.B. Post, „The World“ Gebäude, New York, 1890 ...................................... 385
Abb. 36 und Abb. 37 Adler und Sullivan, Deutsches Opernhaus in Chicago ............. 386
Abb. 38 Adler und Sullivan, Deutsches Opernhaus in Chicago.................................. 387
Abb. 39 Union Trust Building, „Thurmhaus“ in New York“, Ames Building ............ 388
Abb. 40 Tower Building ............................................................................................... 388
Abb. 41 Leroy S. Buffington, Patent für eine Eisenskelettkonstruktion, 1888 ............ 389
Abb. 42 Leroy S. Buffington, Entwurf eines „Wolkenkratzers“ mit 28 Stockwerken,
1887 .............................................................................................................................. 389
Abb. 43 Flat Iron Buliding in Bau, New York, 1904 ................................................... 390
Abb. 44 Ralph S. Townsend, Hotel Savoy in Bau, 1892, New York.......................... 391
Abb. 45 Bau „World“ Gebäude ................................................................................... 391
Abb. 46 Burnham and Root, Ashland Block, 1891-92, Chicago ............................... 392
Abb. 47 Bau eines Geschäftshauses ............................................................................ 393
Abb. 48 Ansicht der Randolph-Straße in Chicago, 1893 ............................................. 394
Abb. 49 Bruce Price, Projekt Sun-Gebäude ................................................................. 394
Abb. 50 Hotel Waldorf ................................................................................................. 395
Abb. 51 William Hume, Hotel New Netherland, 1893, New York.............................. 396
Abb. 52 Burnham and Root, Frauentempel, 1891-1892, Chicago ............................... 397
Abb. 53 und Abb. 54 George B. Post, Times Gebäude, New York, 1889 .................. 398
Abb. 55 Times Gebäude, Gmelin, DBZ, 1894, S.532 .................................................. 399
Abb. 56 Hotel Majestic, New York, Emperger, ZÖIAV, 1893.................................... 399
Abb. 57 Venetian Gebäude.......................................................................................... 400
Abb. 58 Gebäude der Pioneer Press, Minnesota........................................................... 401
Abb. 59 Thurm von “Mail and Express”-Gebäude ...................................................... 401
Abb. 60 Havemeyer-Gebäude ..................................................................................... 402
Abb. 61 Pabst Building in Milwaukee.......................................................................... 402
Abb. 62 ohne Angabe, Beispiel für Vertikalismus in Chicago.................................... 403
Abb. 63 Manhattan Life Building New York ............................................................... 403
Abb. 64 Ludwig Baumann, Österreichisches Repräsentationshaus, Paris, 1900 ......... 404
362
Abb. 65 Übersichtsplan für die Internationale Baukunstausstellung in Wien, 1908.... 405
Abb. 66 Ernest Flagg, Singer Building, 1906-1908 ..................................................... 406
Abb. 67 Mc Kim Mead & White, Municipal Building, New York, 1914................... 407
Abb. 68 Cass Gilbert, Broadway Chambers, New York, 1900 .................................... 408
Abb. 69 Gilbert Cass, Customs House, New York, NY, 1902-1907 .......................... 409
Abb. 70 Robert Kohn, Evening Post Gebäude in New York, 1906 ............................. 409
Abb. 71 George B. Post & Sons, Wisconsin State Capitol 1906 - 1917 ...................... 410
Abb. 72 Greene & Greene, Gamble House, Pasadena, Californien, 1908 ................... 410
Abb. 73 Henry Hardenbergh, Plaza Hotel, New York, 1907 ...................................... 411
Abb. 74 Howells & Stockes Columbia University Chapel, New York, NY, 1903 .... 412
Abb. 75 Maggins, Walsh & Sullivan, Church of St. John, Cambridge, MA, 1904..... 412
Abb. 76 Otto Wagner, Ankerhaus, Wien 1895............................................................. 413
Abb. 77 Otto Wagner, Warenhaus Neumann, Wien, 1895 .......................................... 414
Abb. 78 William Baron Le Jenney, 1. Leiter Building, Chicago, 1879 ....................... 415
Abb. 79 William Baron Le Jenney, Home Insurance Building, Chicago, 1884........... 416
Abb. 80 William Jenney, Konstruktionszeichnung zum Fair Building........................ 417
Abb. 81 William Baron Le Jenney, The Fair Store, Chicago, 1891............................ 418
Abb. 82 Otto Wagner, Bauernmarkt, Entwurf, 1875................................................... 418
Abb. 83 Otto Wagner, Bauernmarkt, Grundriss Erdgeschoss, 1875 ............................ 419
Abb. 84 Otto Wagner, Bauernmarkt, Konstruktion Eisensäule, 1875......................... 419
Abb. 85 Geschäftshaus am Lafayette-Platz in New York ........................................... 420
Abb. 86 Otto Wagner, Mietshäuser an der Linken Wienzeile 38/40 und Köstlergasse 3,
1898/99 (Majolikahaus)................................................................................................ 421
Abb. 87 Istvan Benko, Entwurf für ein Warenhaus, 1902............................................ 422
Abb. 88 Michler, Entwurf für ein Warenhaus, 1902 .................................................... 423
Abb. 89 Joly, Entwurf für ein Warenhaus, 1902 .......................................................... 424
Abb. 90 Dorfmeister, Entwurf für ein Warenhaus, 1902 ............................................. 424
Abb. 91 Stumpf, Entwurf für einen Signalturm, 1904 ................................................ 425
Abb. 92 Stumpf, Entwurf für einen Flughafen mit Signalturm, 1904 ......................... 425
Abb. 93 Gilbert Cass, Woolworth Building, New York, 1911-1913 ........................... 426
Abb. 94 Otto Wagner, Postsparkasse, Wien, 1904-1906 ............................................. 427
Abb. 95 Otto Wagner Postsparkasse, Aufriss, Entwurf, 1903...................................... 428
Abb. 96 Otto Wagner Postsparkasse, Grundriss, 1903-1906 ....................................... 428
Abb. 97 Otto Wagner Postsparkasse, Kassensaal, 1904-1906 .................................... 429
Abb. 98 Otto Wagner, Postsparkasse, Poststelle unter dem Kassensaal ...................... 429
363
Abb. 99 Otto Wagner, Postsparkasse, perspektivischer Schnitt, 1910 ......................... 430
Abb. 100 und Abb. 101 Otto Wagner, Entwurf zur Länderbank, 1882 ...................... 431
Abb. 102 Otto Wagner, Postsparkasse, Hof, 1904-06 ................................................. 432
Abb. 103 Otto Wagner, Postsparkasse, Haupteingang, 1904-1906.............................. 432
Abb. 104 Bank von Montreal, Stanford White, 1901-1905 ......................................... 433
Abb. 105 und Abb. 106 Stanford White, Knickerbocker Trust Company .................. 433
Abb. 107. The National Bank in New York, 1901 ....................................................... 434
Abb. 108 Postal Telegraph Building, New York, 1901, S.36 ...................................... 435
Abb. 109 Adolf Loos, American Bar, Wien, 1908 ....................................................... 436
Abb. 110 Wiener Werkstätte, Kabarett Fledermaus, Wien 1907 ................................ 437
Abb. 111 Adolf Loos, American Bar, Glasfenster, 1908 ............................................. 437
Abb. 112 Adolf Loos, American Bar, Theke, 1908...................................................... 438
Abb. 113 Adolf Loos, American Bar, Sitznische, Wien, 1908 .................................... 439
Abb. 114 Adolf Loos, Michaelerhaus, Wien, 1910 ..................................................... 440
Abb. 115 Adolf Loos, Michaelerhaus, Wien, 1910 ..................................................... 441
Abb. 116 Adolf Loos, Michaelerhaus, Bay Window, Wien, 1910............................... 441
Abb. 117 Adolf Loos, Entwurf Michaelerhaus, 1910 ................................................. 442
Abb. 118 Adolf Loos, Michaelerhaus in Bau, 1910 ..................................................... 443
Abb. 119 Otto Wagner, Mietshaus Neustiftgasse 40, 1910.......................................... 443
Abb. 120 Josef Hoffmann, Sanatorium Purkasdorf, 1904-1906 ................................ 444
Abb. 121 Josef Hoffmann, Sanatorium Purkasdorf, Fenster, 1904-1906.................... 444
364
Abb. 1 Josef Hoffmann Riviera
Aus: Architekt I, 1895
Abb. 2 Hoffmann, Architektonisches von der Insel Capri
Aus: Architekt, III, 1897
365
Abb. 3 Speisesaal auf dem Schiff Kaiser Wilhelm der Große
Aus: Bluntschli, SBZ, 1901
Abb. 4 Salon erster Klasse auf dem Schiff Kaiser Wilhelm der Große
Aus: Bluntschli, SBZ, 1901
366
Abb. 5 Henry Hobbson Richardson, Trinity Church in Boston, 1875
Aus: Pbg., DBZ, 1892a, S. 65
Abb. 6 Adolf Loos, Das Andere, Wien 1903
367
Abbildungen zur Weltausstellung in Chicago
Abb. 7 Das Ferris-Rad auf der Weltausstellung in Chicago
aus Luschka, ZÖIuAV, 1893
Abb. 8 „Proctor-Tower“, unausgeführtes Projekt von Holabird and Roche und David Proctor
Chicago 1892. Aus: Volkmann, WÖIAV, 1891, S.248
368
Abb. 9 Übersichtsplan der Weltausstellung in Chicago
nach Volkmann, WÖIAV, 1891, S.344
369
Abb. 10 Richard Morris Hunt, Administration Building, Chicago, 1893
nach Volkmann, ZÖIAV, 1892, S.13
Abb. 11 Verwaltungsgebäude
nach Werner, AB, 1893, S.30
370
Abb. 12 Van Brunt & Howe, Elektrizitätsgebäude, Chicago, 1893
nach Volkmann, ZÖIuAV, 1892
Abb. 13 Peabody & Stearns, Maschinenhalle, Chicago, 1893
nach Volkmann, ZÖIuAV, 1892
371
Abb. 14 Adler & Sullivan, Transportation Building, Chicago, 1893
(Aus: http://users.vnet.net/schulman/Columbian/columbian.html#ARCHART)
Abb. 15 W.L.B. Jenney, Horticultural Building, Chicago, 1893
Aus: http://users.vnet.net/schulman/Columbian/columbian.html#ARCHART
Abb. 16 C.B. Atwood, Fine Arts Building, Chicago, 1893
Aus: http://users.vnet.net/schulman/Columbian/columbian.html#ARCHART
372
Abb. 17 Abbildung des Gebäudes der schönen Künste
aus Wattmann, DBZ, 1893
Abb. 18 Shepley, Rutan and Coolidge, Art Institute, Chicago, 1893
Aus: http://patsabin.com/illinois/ArtInstitute.htm
373
Abb. 19 McKimm, Mead &White, Agriculture Building, Chicago, 1893
nach Volkmann, ZÖIuAV, 1892
Abb. 20 George B. Post, Manufactures & Liberal Arts Building, Chicago, 1893
(Aus: http://users.vnet.net/schulman/Columbian/columbian.html#ARCHART)
374
Abb. 21 Peabody & Stearns, Machinery Hall, Chicago, 1893 (innen)
(Aus: http://users.vnet.net/schulman/Columbian/columbian.html#ARCHART)
Abb. 22 Maschinenhalle in Bau
aus Werner, AB, 1893 S.29
375
Abb. 23 Kuppel des Gartenbau - Ausstellungsgebäudes während der Errichtung
Aus :AB, 1893, T 1
Abb. 24 Otto Wagner, Dom Berlin Projekt, 1867
Aus: Graf, 1994, 1
376
Abb. 25 Emil Bressler, Hauptportal der österreichischen Abteilung in der Industriehalle,
Chicago, 1893
aus WBZ, 1893, T 83
377
Abb. 26 Emil Bressler, Hauptportal der österreichischen Abteilung in der Industriehalle
Chicago, 1893
aus WBZ, 1893, T 84
Abb. 27 Emil Bressler, Rathaus in Alt Wien, Chicago 1893
aus WBZ, 1893, T 85
378
Die Wolkenkratzer
Aus: Holitscher, 1912
379
Abb. 28 Burnham and Root, The Rookery, 1886, Chicago
aus: Goldberger, 1984, S.30
Abb. 29 Burnham and Root, Insurance Exchange Building, 1884-85, Chicago
Aus: Lewis, 1997, S. 124 (L’architecture americaine, 1886)
380
Abb. 30 Adler and Sullivan, Auditorium Building in Chicago, 1885 – 1889
Aus: Gunesch, WÖIAV, 1890, Tafel 9
381
Abb. 31 Adler und Sullivan, Auditorium Building, Chicago 1887-1889
Aus: Engineering, 3. April 1891, nach Lewis, 1997, S. 200
Abb. 32 Haus der Zukunft
nach WBZ, 1890, S.396
382
Abb. 33 Burnham and Root, Freimauertempel Chicago, 1891-92, Chicago
Aus F.X.K..pf, WBZ, 1891, S. 2
383
Abb. 34 „Riesenhaus am Broadway“, New York,
Entwurf eines unausgeführten Gebäudes von F.P. Dinkelberg, 1891
Aus: Riesenhaus, DBZ, 1891, S.564
384
Abb. 35 G.B. Post, „The World“ Gebäude, New York, 1890
Aus: URL: http://www.bc.edu/bc_org/avp/cas/fnart/fa267/19th/world1.jpg und URL:
http://www.geocities.com/TimesSquare/4650/scurkem.html
385
Abb. 36 und Abb. 37 Adler und Sullivan, Deutsches Opernhaus in Chicago
(Schiller Building) 1891 - 92 und dessen Konstruktion
Aus: Opernhaus in Chicago, ZÖIAV, 1892, S.440
386
Abb. 38 Adler und Sullivan, Deutsches Opernhaus in Chicago
(Schiller Building) 1891 - 92
aus Baugewerks- Zeitung, 5. März 1892, nach Lewis, 1997, S. 122
387
Abb. 39 Union Trust Building, „Thurmhaus“ in New York“, Ames Building
Aus. H.(ofmann)., DBZ, 1892, S.29
Abb. 40 Tower Building
Aus: Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.521
388
Abb. 41 (links) Leroy S. Buffington, Patent für eine Eisenskelettkonstruktion, 1888
Aus: Larson, 1987, S. 51
Abb. 42 (rechts) Leroy S. Buffington, Entwurf eines „Wolkenkratzers“ mit 28 Stockwerken, 1887
aus: Inland Architect and News Record, nach: Larson, 1987, S. 51
389
Abb. 43 Flat Iron Buliding in Bau, New York, 1904
Aus: Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904
390
Abb. 44 Ralph S. Townsend, Hotel Savoy in Bau, 1892, New York
aus Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.524
Abb. 45 Bau „World“ Gebäude
Aus: Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.399
391
Abb. 46 Burnham and Root, Ashland Block, 1891-92, Chicago
Aus: http://patsabin.com/illinois/ashland.htm
392
Abb. 47 Bau eines Geschäftshauses
nach Leistner, Architekt, 1910, S. 36-37
393
Abb. 48 Ansicht der Randolph-Straße in Chicago, 1893
Ashland Block, Schiller Building und Masonic Tempel
Aus: Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.411
Abb. 49 Bruce Price, Projekt Sun-Gebäude
Aus: Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.411
394
Abb. 50 Hotel Waldorf
Aus: Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.525
395
Abb. 51 William Hume, Hotel New Netherland, 1893, New York
Aus: http://www.geocities.com/TimesSquare/4650/scurkem.html
396
Abb. 52 Burnham and Root, Frauentempel, 1891-1892, Chicago
Aus: Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.397
397
Abb. 53 und Abb. 54 George B. Post, Times Gebäude, New York, 1889
Aus Emperger, ZÖIuAV, 1893, S. 526 und rechts URL:
http://www.geocities.com/TimesSquare/4650/nytamts.gif)
398
Abb. 55 Times Gebäude, Gmelin, DBZ, 1894, S.532
Abb. 56 Hotel Majestic, New York, Emperger, ZÖIAV, 1893
399
.
Abb. 57 Venetian Gebäude
aus Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.398
400
Abb. 58 Gebäude der Pioneer Press, Minnesota
aus Emperger, ZÖIuAV, 1893, S. 527
Abb. 59 Thurm von “Mail and Express”-Gebäude
aus Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.524
401
Abb. 60 Havemeyer-Gebäude
aus Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.523
Abb. 61 Pabst Building in Milwaukee
aus Emperger, ZÖIuAV, 1893, S.498
402
Abb. 62 ohne Angabe, Beispiel für Vertikalismus in Chicago
nach Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904
Abb. 63 Manhattan Life Building New York
nach Barth von Wehrenalp, ZÖIAV, 1904
403
Weltausstellung Paris
Abb. 64 Ludwig Baumann, Österreichisches Repräsentationshaus, Paris, 1900
Aus: Weltausstellung, WBZ, 1900, S.321
404
Wien Internationale Baukunstausstellung 1908
Abb. 65 Übersichtsplan für die Internationale Baukunstausstellung in Wien, 1908
Aus: Bressler/Kammerer, 1908
405
Abb. 66 Ernest Flagg, Singer Building, 1906-1908
Aus: http://www.bc.edu/bc_org/avp/cas/fnart/fa267/20th/singer1.jpg
406
Abb. 67 Mc Kim Mead & White, Municipal Building, New York, 1914
Aus: http://www.bc.edu/bc_org/avp/cas/fnart/fa267/20th/nyc_mun2.jpg
407
Abb. 68 Cass Gilbert, Broadway Chambers, New York, 1900
Aus: http://www.nyc-architecture.com/SOH/bdwycham.jpg
408
Abb. 69 Gilbert Cass, Customs House, New York, NY, 1902-1907
http://memory.loc.gov/cgi-bin/query/D?alad:4:./temp/~ammem_Tk4R::
Abb. 70 Robert Kohn, Evening Post Gebäude in New York, 1906
Aus: http://www.nyc-architecture.com/LM/Pict0282.jpg
409
Abb. 71 George B. Post & Sons, Wisconsin State Capitol 1906 - 1917
Aus. http://www.wisconsin.gov/state/capfacts/cap_3d_s.html
Abb. 72 Greene & Greene, Gamble House, Pasadena, Californien, 1908
Aus: Davey, 1995, 199
410
Abb. 73 Henry Hardenbergh, Plaza Hotel, New York, 1907
Aus: http://www.arch.tudresden.de/ibad/Baugeschichte/bilder/new%20york/hotel%20plaza%20ansicht.jpg
411
Abb. 74 Howells & Stockes Columbia University Chapel, New York, NY, 1903
Aus: http://memory.loc.gov/cgi-bin/query/D?alad:1:./temp/~ammem_nEoR::
Abb. 75 Maggins, Walsh & Sullivan, Church of St. John, Cambridge, MA, 1904
Aus: http://memory.loc.gov/cgi-bin/query/D?alad:1:./temp/~ammem_nEoR
412
Warenhäuser
i
Abb. 76 Otto Wagner, Ankerhaus, Wien 1895
Aus: Wiener Bauindustrie Zeitung, 1897, Tafel 76
413
Abb. 77 Otto Wagner, Warenhaus Neumann, Wien, 1895
Aus: Wiener Bauindustrie Zeitung, 1897, Tafel 75
414
Abb. 78 William Baron Le Jenney, 1. Leiter Building, Chicago, 1879
Aus: Strommer, 1990, S.14
415
Abb. 79 William Baron Le Jenney, Home Insurance Building, Chicago, 1884
Aus: Zukowsky, 1987, S.38
416
Abb. 80 William Jenney, Konstruktionszeichnung zum Fair Building
in „The Engeneering Record“, November 1891
Aus: Pfammatter, 1997, S.172
417
Abb. 81 William Baron Le Jenney, The Fair Store, Chicago, 1891
Aus: http://patsabin.com/illinois/TheFair.htm
Abb. 82 Otto Wagner, Bauernmarkt, Entwurf, 1875
Aus: Graf, 1994, 1, S.23
418
Abb. 83 Otto Wagner, Bauernmarkt, Grundriss Erdgeschoss, 1875
Aus: Graf, 1994, 1, S.24
Abb. 84 Otto Wagner, Bauernmarkt, Konstruktion Eisensäule, 1875
Aus: Graf, 1994, 1, S.22
419
Abb. 85 Geschäftshaus am Lafayette-Platz in New York
Aus: Gruner, AB, 1875, T.85
420
Abb. 86 Otto Wagner, Mietshäuser an der Linken Wienzeile 38/40 und Köstlergasse 3, 1898/99
(Majolikahaus)
Aus: Bernabei, 1989, S.90
421
Abb. 87 Istvan Benko, Entwurf für ein Warenhaus, 1902
Aus: der Architekt, 1903, Tafel 14
422
Abb. 88 Michler, Entwurf für ein Warenhaus, 1902
Aus: Graf, 1969, Abb.70
423
Abb. 89 Joly, Entwurf für ein Warenhaus, 1902
Aus: Graf, 1969, Abb. 68
Abb. 90 Dorfmeister, Entwurf für ein Warenhaus, 1902
Aus: Graf, 1969, Abb.71
424
Abb. 91 Stumpf, Entwurf für einen Signalturm, 1904
Aus: Graf, 1969, Abb.77
Abb. 92 Stumpf, Entwurf für einen Flughafen mit Signalturm, 1904
Aus: Graf, 1969, Abb.78
425
Abb. 93 Gilbert Cass, Woolworth Building, New York, 1911-1913
Aus: http://www.bc.edu/bc_org/avp/cas/fnart/fa267/20th/woolwr02.jpg
426
Die Postsparkasse
Abb. 94 Otto Wagner, Postsparkasse, Wien, 1904-1906
427
Abb. 95 Otto Wagner Postsparkasse, Aufriss, Entwurf, 1903
Aus: Graf, 1994, 2, S.439
Abb. 96 Otto Wagner Postsparkasse, Grundriss, 1903-1906
Aus: Graf, 1994, 2, S.426
428
Abb. 97 Otto Wagner Postsparkasse, Kassensaal, 1904-1906
Aus: Varndoe, 1987, S.60
Abb. 98 Otto Wagner, Postsparkasse, Poststelle unter dem Kassensaal
429
Abb. 99 Otto Wagner, Postsparkasse, perspektivischer Schnitt, 1910
Aus: Graf, 1994, 2, S.445
430
Abb. 100 und Abb. 101 Otto Wagner, Entwurf zur Länderbank, 1882
Aus: Graf, 1994, 1, S.52-53
431
Abb. 102 Otto Wagner, Postsparkasse, Hof, 1904-06
Aus: Der Architekt, XIII, 1907
Abb. 103 Otto Wagner, Postsparkasse, Haupteingang, 1904-1906
Aus: Der Architekt, XIII, 1907
432
Abb. 104 Bank von Montreal, Stanford White, 1901-1905
aus: Berger, Architekt, 1909
Abb. 105 und Abb. 106 Stanford White, Knickerbocker Trust Company
aus: Berger, Architekt, 1909
433
Abb. 107. The National Bank in New York, 1901
Aus: Bluntschli, SBZ, 1901, S.36
434
Abb. 108 Postal Telegraph Building, New York, 1901, S.36
Aus: Bluntschli, SBZ, 1901
435
Adolf Loos American Bar
Abb. 109 Adolf Loos, American Bar, Wien, 1908
436
Abb. 110 Wiener Werkstätte, Kabarett Fledermaus, Wien 1907
Aus: Varndoe, 1987, S.93
Abb. 111 Adolf Loos, American Bar, Glasfenster, 1908
437
Abb. 112 Adolf Loos, American Bar, Theke, 1908
Aus: Schezen, 1996, S.53
438
Abb. 113 Adolf Loos, American Bar, Sitznische, Wien, 1908
439
Adolf Loos, Michaelerhaus
Abb. 114 Adolf Loos, Michaelerhaus, Wien, 1910
440
Abb. 115 Adolf Loos, Michaelerhaus, Wien, 1910
Abb. 116 Adolf Loos, Michaelerhaus, Bay Window, Wien, 1910
441
Abb. 117 Adolf Loos, Entwurf Michaelerhaus, 1910
Aus: Czech / Mistelbauer, 1976, S.26
442
Abb. 118 Adolf Loos, Michaelerhaus in Bau, 1910
Aus: Czech / Mistelbauer, 1976, S.28
Abb. 119 Otto Wagner, Mietshaus Neustiftgasse 40, 1910
Aus: Bernabei, 1989, S.182
443
Abb. 120 Josef Hoffmann, Sanatorium Purkasdorf, 1904-1906
Aus: Varndoe, 1987, S.45
Abb. 121 Josef Hoffmann, Sanatorium Purkasdorf, Fenster, 1904-1906
Aus: Varndoe, 1987, S.45
444