Winkelgeschwindigkeit

physikalische Größe, definiert als die Änderungsrate der Winkelposition, deren Richtung (als Vektor betrachtet) die Drehachse ist

Die Winkelgeschwindigkeit ist in der Physik eine vektorielle Größe, die angibt, wie schnell sich ein Winkel mit der Zeit um eine Achse ändert. Ihr Formelzeichen ist (kleines Omega). Die SI-Einheit der Winkelgeschwindigkeit ist . Sie spielt insbesondere bei Rotationen eine Rolle und wird dann auch als Rotationsgeschwindigkeit oder Drehgeschwindigkeit bezeichnet. In vielen Fällen, bei denen sich die Richtung der Drehachse im Bezugssystem nicht ändert, reicht die skalare Verwendung als Betrag des Vektors aus.

Physikalische Größe
Name Winkelgeschwindigkeit, Rotationsgeschwindigkeit, Drehgeschwindigkeit
Formelzeichen
Abgeleitet von Winkel
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI rad·s−1 T−1

Definitionen

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Winkelgeschwindigkeit

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Winkelgeschwindigkeit   und Bahngeschwindigkeit   der Kreisbewegung

Die Winkelgeschwindigkeit   wird durch einen Pseudovektor dargestellt, der die Richtung der Drehachse und die Schnelligkeit der Rotationsbewegung angibt; sie gilt für jeden Punkt des rotierenden Systems, ihr Vektor ist nicht nur in der Rotationsachse platziert. Die Richtung des Pseudovektors ist so orientiert, dass sie gemäß der Korkenzieherregel die Rotationsrichtung angibt. Der Betrag der Winkelgeschwindigkeit   ist gleich der Ableitung des Rotationswinkels   nach der Zeit  :

 

Bei konstanter Winkelgeschwindigkeit gilt daher

 ,

denn in der Umlaufzeit   wird der Winkel 2  durchlaufen.

Bei einer ebenen Kreisbewegung ändert sich die Richtung der momentanen Bahngeschwindigkeit eines Punktes mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit wie der Radiusvektor des Punktes. Bei einer im Raum gekrümmten Bahnkurve gilt dies für den momentanen Krümmungskreis. Die Änderung der Richtung der Bahngeschwindigkeit kann man daher genauso gut zu einer Definition der Winkelgeschwindigkeit nutzen. Sie ergibt sich direkt aus den Daten der Bahn und erfordert keine Bestimmung einer Drehachse.

Der Betrag   der Winkelgeschwindigkeit wird meist bei Vorgängen verwendet, bei denen sich die Drehachse nicht ändert. Eine Änderung von Richtung und/oder Betrag der Winkelgeschwindigkeit ist Folge einer Winkelbeschleunigung.

Bahngeschwindigkeit

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Jeder Punkt des rotierenden Systems beschreibt eine Kreisbahn, deren Ebene senkrecht zur Drehachse liegt. Die Bahn- oder Umlaufgeschwindigkeit   des Punktes auf diesem Kreis ist dem Betrag nach

 ,

wobei   der Radius der Kreisbewegung ist. Denn zur infinitesimalen Zeitspanne   gehört der infinitesimale Weg  .

Liegt der Ursprung   des Koordinatensystems auf der Drehachse, dann ist die Bahngeschwindigkeit nach Richtung und Betrag gleich dem Kreuzprodukt aus Winkelgeschwindigkeit und Ortsvektor:

 ,

denn der Abstand von der Achse ist

 

mit dem Polarwinkel  , der den konstant bleibenden Winkelabstand zwischen der Drehachse und dem Ortsvektor zum betrachteten Punkt angibt.

Diese Betrachtung der Änderungsgeschwindigkeit des Ortsvektors gilt für jeden Vektor, der einer Drehung unterworfen ist, z. B. für die Basisvektoren   ( ) eines rotierenden Bezugssystems. Deren Änderungsgeschwindigkeit ist

 .

Abgrenzung zur Kreisfrequenz

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Obwohl die Kreisfrequenz und die Winkelgeschwindigkeit mit demselben Formelzeichen   bezeichnet werden und obwohl sie in derselben Einheit gemessen werden, handelt es sich um zwei verschiedene physikalische Größen.

Die Winkelgeschwindigkeit gibt die Änderungsrate eines geometrischen Winkels an und wird im Zusammenhang von Drehbewegungen verwendet.

Die Kreisfrequenz dagegen ist eine abstrakte Größe im Kontext von Schwingungen.[1] Eine Schwingung kann mathematisch durch einen rotierenden Zeiger dargestellt werden (siehe Zeigermodell). Der Winkel des Zeigers wird als Phase oder Phasenwinkel bezeichnet.[2] Die Änderungsgeschwindigkeit dieses Phasenwinkels ist die Kreisfrequenz. Sie ist also – wie auch die Frequenz – ein Maß dafür, wie schnell eine Schwingung abläuft und hat – abgesehen von der Rotation des gedachten Zeigers – nichts mit einer Drehbewegung zu tun.

Winkelgeschwindigkeit des Sehstrahls

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Ebene Bewegung

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Die Winkelgeschwindigkeit des Sehstrahls vom Ursprung O zum Teilchen P wird bestimmt durch die Tangentialgeschwindigkeit des Geschwindigkeitsvektors v.

Der Geschwindigkeitsvektor v eines Teilchens P relativ zu einem Beobachter O kann in Polarkoordinaten zerlegt werden. Die radiale Komponente des Geschwindigkeitsvektors ändert die Richtung des Sehstrahls nicht. Zwischen der tangentialen Komponente und der Winkelgeschwindigkeit des Sehstrahls besteht die Beziehung:

 

Es ist anzumerken, dass die Winkelgeschwindigkeit des Sehstrahls vom (willkürlich) gewählten Ort des Beobachters abhängt.

Räumliche Bewegung

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In drei Dimensionen ist die Winkelgeschwindigkeit durch ihren Betrag und ihre Richtung gekennzeichnet.

Wie im zweidimensionalen Fall hat das Teilchen eine Komponente seines Geschwindigkeitsvektors in Richtung des Radiusvektors und eine weitere senkrecht dazu. Die Ebene mit Stützvektor   (Ort des Beobachters) und Richtungsvektoren   und   definiert eine Rotationsebene, in der das Verhalten des Teilchens für einen Augenblick wie im zweidimensionalen Fall erscheint. Die Rotationsachse ist dann senkrecht zu dieser Ebene und definiert die Richtung des Vektors der momentanen Winkelgeschwindigkeit. Radius- und Geschwindigkeitsvektor werden als bekannt vorausgesetzt. Es gilt dann:

 

Auch hier gilt, dass die so berechnete Winkelgeschwindigkeit vom (willkürlich) gewählten Ort des Beobachters abhängt. Zum Beispiel ergibt sich in Zylinderkoordinaten (ρ, φ, z) mit   und daraus berechnetem  :

 

Dabei sind   die Basisvektoren zu Zylinderkoordinaten.

In Kugelkoordinaten (r, θ, φ) folgt analog  

Eine Anwendung ist die Relativbewegung von Objekten in der Astronomie (siehe Eigenbewegung (Astronomie)).

Winkelgeschwindigkeit bei speziellen Bewegungsansätzen

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Bei der Rotation von Körpern können Winkel zur Parametrisierung der Bewegung eingesetzt werden. Im Folgenden wird eine Auswahl häufig genutzter Ansätze beschrieben.

Euler-Winkel in der z-y′-x″-Konvention

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Lagewinkel-Drehung vom erdfesten Koordinatensystem (englisch world frame, Index g) ins körperfeste Koordinatensystem (englisch body frame, Index f)

Im Fahrzeug- oder Flugzeugbau wird die Orientierung des fahrzeugfesten Systems relativ zum erdfesten System in Euler-Winkeln angegeben. Genormt sind drei aufeinander folgende Drehungen. Zuerst um die z-Achse des Systems g (Gierwinkel), dann um die y-Achse des gedrehten Systems (Nickwinkel) und schließlich um die x-Achse des körperfesten Koordinatensystems (Wank/Rollwinkel).

Die Winkelgeschwindigkeit des körperfesten Systems ergibt sich aus den Winkelgeschwindigkeiten um diese Achsen:

 

Der aufgesetzte Punkt bezeichnet die Zeitableitung. Diese Basis ist nicht orthonormal. Die Einheitsvektoren können jedoch mit Hilfe von Elementardrehungen berechnet werden.

Euler-Winkel in der z-x′-z″-Konvention

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Das eulersche Basissystem (grün) gibt die Achsen an, um die die Euler-Winkel α, β und γ drehen.

In der Standard-x-Konvention (z, x′, z″), siehe Bild, wird zunächst mit dem Winkel α um die raumfeste z-Achse gedreht, dann mit dem Winkel β um die x-Achse in ihrer Lage nach der ersten Drehung (x′-Achse, im Bild die N-Achse) und schließlich mit dem Winkel γ um die z-Achse in deren Lage nach den beiden vorherigen Drehungen (Kurzzeichen z″, im Bild die Z-Achse).

Bezeichnen die Einheitsvektoren   die raumfeste Standardbasis (blau im Bild), dann lautet die Winkelgeschwindigkeit bezüglich der raumfesten Basis

 

In der bewegten Basis   (rot im Bild) ergibt sich gleichbedeutend:

 

siehe Bewegungsfunktion des symmetrischen Kreisels.

Zylinderkoordinaten

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Im Zylinderkoordinatensystem   lauten die Basisvektoren

 

Ändert sich der Winkel φ, dann entsteht die Winkelgeschwindigkeit  . Mit ihr berechnen sich die Raten der Basisvektoren, beispielsweise  

Dies ergibt sich aus den Euler-Winkeln in der z-x′-z″-Konvention mit

  • α = φ und β = γ ≡ 0 oder
  • γ = φ und α = β ≡ 0.

Kugelkoordinaten

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In Kugelkoordinaten (r, φ, θ) können die Basisvektoren

 

benutzt werden. Bei einer gemeinsamen Rotation dieser Basisvektoren mit variablen Winkeln φ und θ entsteht die Winkelgeschwindigkeit

 

Mit ihr berechnen sich die Raten der Basisvektoren, beispielsweise gemäß  

Dies ergibt sich aus den Euler-Winkeln in der z-x′-z″-Konvention mit α ≡ 0, β = φ und γ = θ sowie der zyklischen Vertauschung der Koordinatenrichtungen 123Euler → 312Kugel.

Winkelgeschwindigkeitstensoren

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Drehung eines Vektors   um die Drehachse   mit Winkel   durch einen orthogonalen Tensor  .

Definition des Winkelgeschwindigkeitstensors

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Das Kreuzprodukt der Winkelgeschwindigkeit mit dem Ortsvektor kann als Vektortransformation des Ortsvektors durch den Winkelgeschwindigkeitstensor angesehen werden.

Denn eine reine Drehung von Vektoren wird durch orthogonale Tensoren, das sind orthogonale Abbildungen von Vektoren auf Vektoren, dargestellt:  , siehe Bild. Darin ist Q der orthogonale Tensor mit der Eigenschaft   (1 ist der Einheitstensor, das hochgestellte T bezeichnet die Transposition) und   ist der Vektor, auf den der feste Vektor   abgebildet wird. Zeitableitung ergibt:

 

Der hier auftretende Winkelgeschwindigkeitstensor Ω ist schiefsymmetrisch (Ω=−Ω) wegen

 

Winkelgeschwindigkeitstensor und Winkelgeschwindigkeit

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Jeder schiefsymmetrische Tensor W besitzt einen dualen Vektor   mit der Eigenschaft   für alle  . Dieser duale Vektor ist beim Winkelgeschwindigkeitstensor die Winkelgeschwindigkeit:

 

Der duale Vektor

 

ist die negative Hälfte der Vektorinvariante des Tensors und als solche ein axialer Vektor. Die Koordinaten Ωij des Tensors Ω gehören zur Standardbasis  

Umgekehrt kann der Winkelgeschwindigkeitstensor aus der Winkelgeschwindigkeit gewonnen werden:

 

vgl. Kreuzproduktmatrix. Das Rechenzeichen „ “ bildet das dyadische Produkt.

Winkelgeschwindigkeitstensor bei rotierenden Vektorraumbasen

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Aus den Raten von Vektoren   einer Vektorraumbasis, die eine Starrkörperrotation ausführt, kann der Winkelgeschwindigkeitstensor direkt berechnet werden.

Denn der Tensor  , in dem die Basisvektoren spaltenweise eingetragen sind, ist nach Voraussetzung invertierbar:

 

Darin stehen die senkrechten Striche für die Determinante, deren Nichtverschwinden die Invertierbarkeit garantiert. Im Fall einer gemeinsamen Starrkörperrotation der Basisvektoren folgt:

 

Umgekehrt gilt: Wenn die Zeitableitung eines Tensors G, multipliziert mit seiner Inversen G−1, schiefsymmetrisch ist, dann können die Spaltenvektoren des Tensors als rotierende Basis aufgefasst werden. Im Fall, dass die Vektoren   eine Orthonormalbasis bilden, ist der Tensor G orthogonal und es ergibt sich die schon erwähnte Beziehung  

Exponential des Winkelgeschwindigkeitstensors

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Bei konstanter Winkelgeschwindigkeit ist der Winkelgeschwindigkeitstensor ebenfalls konstant. Dann kann   bei gegebenen Anfangswert G(t=0) über die Zeit integriert werden mit dem Ergebnis:

 

Denn die ersten vier Potenzen von Ω berechnen sich mit der BAC-CAB-Formel zu

 

Oben ist die Einsteinsche Summenkonvention anzuwenden, der zufolge über in einem Produkt doppelt vorkommende Indizes von eins bis drei zu summieren ist. Nach vollständiger Induktion ergeben sich die Potenzen

 

für k = 1, 2, 3, … (keine Summen) Mit der Definition Ω0 := 1 kann das Exponential exp des Winkelgeschwindigkeitstensors mit der Taylorreihe ermittelt werden:

 

Die letzte Gleichung stellt einen orthogonalen Tensor dar. Wenn Ω nur als schiefsymmetrischer Tensor ohne das Kreuzprodukt definiert wird, lässt sich das auf Drehungen in n Dimensionen verallgemeinern.

Winkelgeschwindigkeit des starren Körpers

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Die Winkelgeschwindigkeit eines rotierenden starren Körpers oder Bezugssystems ist eine eindeutige Größe, unabhängig von der Wahl eines Bezugspunktes oder einer Drehachse, denn an allen Punkten dreht sich die Richtung der Bahngeschwindigkeit in derselben Umlaufzeit einmal um  . Jeder Punkt eines starren Körpers hat den gleichen Winkelgeschwindigkeitsvektor.

Eindeutigkeit

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Beweis der Unabhängigkeit der Winkelgeschwindigkeit von der Wahl des Bezugspunkts

Der starre Körper möge um eine beliebige Achse rotieren. Es wird gezeigt, dass die Winkelgeschwindigkeit unabhängig ist von der Wahl des Bezugspunkts, durch den die Achse führt. Dies bedeutet, dass die Winkelgeschwindigkeit eine unabhängige Eigenschaft des rotierenden starren Körpers ist.

Der Ursprung des Laborsystems ist in O, während O1 und O2 zwei Punkte auf dem starren Körper mit den Geschwindigkeiten   bzw.   sind. Angenommen, die Winkelgeschwindigkeit relativ zu O1 bzw. O2 sei   bzw.   Da Punkt P und O2 jeweils nur eine Geschwindigkeit haben, gilt:

 
 

Einsetzen der unteren Gleichung für   in die obere ergibt:

 

Da der Punkt P (und damit  ) beliebig wählbar ist, folgt daraus:

 

Die Winkelgeschwindigkeit des starren Körpers ist somit unabhängig von der Wahl des Bezugspunkts der Drehachse. Somit ist beispielsweise die Messung der Gierrate in einem Fahrzeug unabhängig vom Einbauort des Gierratensensors.

Kommutative Addition von Winkelgeschwindigkeiten

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Mit kleiner werdendem Zeitintervall konvergiert das Kugelviereck (schwarz) gegen ein ebenes Parallelogramm, und die Differenz der beiden Geschwindigkeiten   strebt gegen Null.

Obwohl Drehungen im Allgemeinen in ihrer Reihenfolge nicht vertauscht werden dürfen, ist bei der Winkelgeschwindigkeit die Kommutativität der Addition gegeben. Es spielt keine Rolle, in welcher Reihenfolge die Komponenten der Winkelgeschwindigkeit oder ganze Winkelgeschwindigkeitsvektoren addiert werden (anders als bei endlichen Drehungen, siehe Bild).

Mathematisch kann das durch Drehungen mit zwei Winkelgeschwindigkeiten in einem (infinitesimal) kleinen Zeitintervall   gezeigt werden.[3] Im Zeitintervall   bewegt sich ein Partikel am Ort   nach  . Eine weitere Drehung mit der Winkelgeschwindigkeit   liefert die Endposition   und die Verschiebung

 

Der Grenzwert   kann berechnet werden:

 

Diese Geschwindigkeit entspricht einer Drehung mit der Winkelgeschwindigkeit  . Bei umgekehrter Reihenfolge der infinitesimalen Drehungen leitet sich ein identisches Ergebnis für die Geschwindigkeit   ab. Deswegen addieren sich Winkelgeschwindigkeiten wie Vektoren und infinitesimal kleine Drehungen sind – anders als große Drehungen – in ihrer Reihenfolge vertauschbar.

Beweis mit Tensorrechnung 
Drehungen können mit orthogonalen Tensoren beschrieben werden, von denen zwei, Q1,2, gegeben seinen. Mit den Definitionen
 

für k = 1, 2 berechnet sich die Geschwindigkeit eines Vektors  , der durch Drehung aus dem festen Vektor   hervorgeht, zu:

 

Bei umgekehrter Reihenfolge der Rotationen,   ergibt sich analog die im Allgemeinen andere Geschwindigkeit

 

Diese Identitäten gelten bei beliebig großen Rotationen. Berechnung der Geschwindigkeiten im Zustand Q1,2 = 1 liefert die Winkelgeschwindigkeiten am Ort   Dann ist   und die obigen Gleichungen spezialisieren sich zu

 

siehe Winkelgeschwindigkeitstensor und Winkelgeschwindigkeit. Weil die Addition von Tensoren kommutativ ist, stimmen die Geschwindigkeiten überein:

 

Somit ist die Kommutativität der Addition der Winkelgeschwindigkeiten erwiesen.

Anwendungen und Beispiele

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Die Winkelgeschwindigkeit tritt in vielen Gleichungen und Anwendungsfällen der Physik, der Astronomie oder der Technik auf.

  • Ein Himmelskörper, der sich in einer Entfernung R von der Erde mit Geschwindigkeit   senkrecht zur Sehlinie bewegt, zeigt am Himmel eine scheinbare Winkelgeschwindigkeit  . Bei Meteoren (Sternschnuppen) kann sie bis zu 90° pro Sekunde ausmachen, sehr nahe Kleinplaneten oder Kometen können sich am Himmel einige Grad pro Stunde bewegen. Bei Sternen wird die Winkelgeschwindigkeit in Winkelsekunden pro Jahr angegeben und Eigenbewegung genannt.
  • Nach dem dritten Kepler’schen Gesetz verhalten sich die Quadrate der Umlaufzeiten T der Planeten wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen a ihrer Bahnen. Die Winkelgeschwindigkeiten verhalten sich demnach wie   („Kepler-Rotation“). Gemäß dem zweiten Kepler’schen Gesetz ist die Winkelgeschwindigkeit eines Planeten auf einer elliptischen Umlaufbahn in Bezug auf die Sonne vom jeweiligen Abstand abhängig und variiert somit längs der Bahn. Sie ist am größten, wenn der Planet sich im Perihel befindet, und am kleinsten, wenn er sich im Aphel befindet.
  • Bei der Rotation eines starren Körpers um eine ortsfeste Achse ist die Winkelgeschwindigkeit ω im Gegensatz zur Geschwindigkeit v vom Radius unabhängig. Seine Rotationsenergie und sein Drehimpuls sind Funktionen seiner Winkelgeschwindigkeit.
  • Die Winkelgeschwindigkeit eines Rotors in einem Elektromotor, der sich konstant mit 3.000 Umdrehungen pro Minute dreht, beträgt
 
Bei solchen Angaben von Drehzahlen werden häufig Einheiten wie   und   verwendet, siehe dazu den Artikel Drehzahl.
  • Sei   die Kreisfrequenz der harmonischen Schwingung eines Pendels mit der Amplitude  . Dann berechnet sich die Winkelgeschwindigkeit des Pendels als Funktion der Zeit:
 
  • Bei Flugzeugen oder Pkw werden die Winkelgeschwindigkeiten in Komponenten des fahrzeugfesten Koordinatensystems angegeben. Entsprechend den x-, y-, z-Komponenten spricht man von Roll/Wankgeschwindigkeit, Nickgeschwindigkeit, Giergeschwindigkeit. Näheres dazu findet sich

Literatur

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Die Winkelgeschwindigkeit wird in vielen Lehrbüchern und Formelsammlungen der Natur- und Ingenieurwissenschaften behandelt.

Einzelnachweise

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  1. Manfred Knaebel, Helmut Jäger, Roland Mastel: Technische Schwingungslehre. Springer-Verlag, 2009, ISBN 978-3-8351-0180-7, S. 8 ff. (books.google.com.).
  2. Jürgen Eichler: Physik. Grundlagen für das Ingenieurstudium – kurz und prägnant. Springer DE, 2011, ISBN 978-3-8348-9942-2, S. 112, urn:nbn:de:1111-20110310734 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Institut für Physik an der Universität Rostock (Hrsg.): Theoretische Physik II – Theoretische Mechanik. Kapitel 5 – Starrer Körper und Kreiseltheorie. S. 109 (Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar. (Suche in Webarchiven.) @1@2Vorlage:Toter Link/www.qms.uni-rostock.de online [abgerufen am 6. Juni 2017]).
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