Gino Bartali

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Gino Bartali bei der Tour de France (19. Juli 1938)
Geburtshaus Bartalis in Ponte a Ema

Gino Bartali (* 18. Juli 1914 in Ponte a Ema (Bagno a Ripoli) bei Florenz; † 5. Mai 2000 ebenda) war einer der erfolgreichsten und populärsten Radrennfahrer Italiens. Er gewann zweimal die Tour de France und dreimal den Giro d’Italia. Für seine Beteiligung an der Rettung verfolgter Juden während des Zweiten Weltkriegs erhielt er postum 2013 die Ehrung eines Gerechten unter den Völkern.

Radsportlaufbahn

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Seinen ersten Sieg errang Bartali als Sechzehnjähriger im Finale des Großen Preises der Debütanten in Florenz.[1] Seine Bilanz als Junior und Amateur waren 44 Siege in 92 Rennen sowie diverse Podiumsplätze.[2]

Gino Bartali, Radprofi von 1935 (1935 startete er noch als Unabhängiger, jedoch mit festem Vertrag[2]) bis 1953, galt als der beste Bergfahrer seiner Zeit. So gewann er insgesamt siebenmal die Bergwertung des Giro d’Italia. Dreimal (1936, 1937 und 1946) triumphierte er auch in der Gesamtwertung der Italienrundfahrt. 1938 konnte Bartali erstmals die Tour de France für sich entscheiden. Im besten Rennfahreralter musste er seine Karriere wegen des Zweiten Weltkriegs für mehrere Jahre unterbrechen. 1948 trat er wieder bei der Frankreichrundfahrt an und gewann die „Große Schleife“ nach zehn Jahren ein zweites Mal mit fast einer halben Stunde Vorsprung vor dem Zweitplatzierten Briek Schotte.

Bartalis Laufbahn war geprägt von der Konkurrenz zu dem fünf Jahre jüngeren „Campionissimo“ Fausto Coppi: Diese berühmteste Rivalität der Radsportgeschichte teilte die riesige italienische Fangemeinde in die unversöhnlichen Lager der „Bartalisten“ und der „Coppisten“. 1946 gewann Bartali den Giro d’Italia noch vor Coppi. Bei der Tour de France 1949 wurde der mittlerweile 35-jährige Bartali Zweiter; Coppi gewann nach 4.810 km mit 10 Minuten 55 Sekunden Vorsprung. Bei der Tour de France 1951 wurde er Vierter; ebenso bei der Tour de France 1952.

In diesem Jahr, 1952, fotografierte der Reporter Carlo Martini ein legendär gewordenes Bild: Fausto Coppi fährt im Gelben Trikot voraus durch die alpine Steinwüste am Galibier, hinter ihm Gino Bartali. Das Bild zeigt die Übergabe einer Trinkflasche zwischen den Rivalen und wurde eine Ikone der Fairness und Versöhnung. Später kam durch Martinis Fotoagentur heraus, dass die Szene für den Fotografen nachgestellt worden war; tatsächlich hatte sie einen Tag vorher stattgefunden.[3]

Ein Jahr später hätte Bartali nach einem Sturz beinahe ein Bein durch Amputation verloren; der Sturz beendete seine Karriere.

Bartali dominierte die beiden wichtigsten italienischen Klassiker: Viermal siegte er bei Mailand–Sanremo, dreimal gewann er den Giro di Lombardia. Ein Sieg bei der Straßen-Weltmeisterschaft gelang ihm nie. Am Ende seiner langen Laufbahn hatte er 124 Siege aufzuweisen.[4]

Bartali blieb dem Radsport viele Jahre als Kommentator für das italienische Fernsehen und den Rundfunk eng verbunden.[5] Seit dem Tod von Roger Lapébie im Oktober 1996 war Bartali bis zu seinem Tod der älteste noch lebende Tour-de-France-Sieger.

Bartali wurde auch „der radelnde Mönch“ (nach einem Buchtitel von Vico Rigassi) genannt, denn er war Laienbruder der Karmeliten.[6] Nach seiner Karriere als Radprofi betrieb Bartali eine Fahrradfabrik unter seinem Namen. 1949 überreichte er dem Papst Pius XII. die ersten drei Fahrräder aus seiner Produktion.[7]

Piazza Gino Bartali in Florenz

Gino Bartali war nach dem Waffenstillstand von Cassibile am 8. September 1943 und der Besetzung Italiens durch deutsche Truppen als Fahrradkurier für die Untergrundbewegung DELASEM tätig, die sich für die Rettung von Juden einsetzte. Er versteckte Mitglieder der Familie Goldenberg vor der Verfolgung durch deutsche und italienische Faschisten. Insgesamt sollen seine Handlungen 800 verfolgte Juden vor der Deportation bewahrt haben.[8] Im Jahr 2005 verlieh ihm der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi posthum die goldene Ehrenmedaille (Medaglia d’oro al merito civile) für seinen humanitären Einsatz.[8] Yad Vashem, die israelische „Gedenkstätte der Märtyrer und Helden des Staates Israel im Holocaust“, verlieh Bartali im September 2013 den Titel Gerechter unter den Völkern.[9]

Bereits 1985 hatte der Spielfilm Der Assisi Untergrund Bartali ein Denkmal gesetzt.[10][11][12] Im Abspann des Films wird seine spätere sportliche Laufbahn erwähnt.

Teile seiner damaligen Ausrüstung sind beim Wallfahrtsort der Radrennfahrer, der Kirche Madonna del Ghisallo, und im Museo del Ciclismo in Magreglio ausgestellt. In Magreglio wurde eine Straße Via Gino Bartali benannt.

Am 4. Mai 2018 startete der Giro d’Italia erstmals in seiner 101-jährigen Geschichte außerhalb Europas: Die erste Etappe des Giro d’Italia 2018 fand in Jerusalem statt und war Bartali gewidmet.[13] Anlässlich dieser Veranstaltung wurde Bartali postum die israelische Staatsbürgerschaft verliehen. 15 Teilnehmer der Rundfahrt nahmen an einer Gedenkfahrt zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem teil.[14][15][16]

  • Gino Bartali, Pino Ricci: Tutto sbagliato, tutto da rifare: con 33 illustrazioni fuori testi. Mondadori, Mailand 1979.
  • Alberto Toscano: Gino Bartali. Una bici contro il fascismo. Baldini + Castoldi, Mailand 2019, ISBN 978-88-938816-5-4.
  • Gian Paolo Ormezzano, Marina Coppi, Andrea Bartali: Coppi & Bartali. Due amici che l’Italia voleva rivali raccontati dai figli. San Paolo, Cinisello Balsamo 2009, ISBN 978-88-215-6501-4.
  • Jean-Pierre Ollivier: Le Lion de Toscane. La véridique histoire de Gino Bartali. Editiones de l’Aurore, Grenoble 1991, ISBN 2-903950-57-1.
  • Marco Pivato, Stefano Pivato: L’ossessione della memoria: Bartali e il salvataggio degli ebrei: una storia inventata. Castelvecchi, Rom 2021, ISBN 978-88-329-0261-7.
Commons: Gino Bartali – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Jean-Paul Ollivier: Le Lion de Toscane. Les Editiones de l’Aurore, Grenoble 1991, S. 221 (französisch).
  2. a b Interessengemeinschaft Radsport (Hrsg.): Der Radsport. Nr. 7/1950. Sportdienst Verlag Zademack und Noster, Köln 1950, S. 2.
  3. Peter Hartmann: Gestalten einer untergegangenen Welt: Coppi, Bartali und Pantani, Doping, Blut und Benzin. Italien liebt die Mythen und Geschichten um seine Radrennfahrer. In: Neue Zürcher Zeitung, Internationale Ausgabe, Montag, 22. Mai 2017, S. 32.
  4. Luciano Boccaccini, Giovanni Tarello: Annuario Storico Del Ciclismo Italiano. Publialfa Edizion, Mailand 1994, S. 48 (italienisch).
  5. Bund Deutscher Radfahrer (Hrsg.): Radsport. Nr. 5/1962. Deutscher Sportverlag Kurt Stoof, Köln 1962, S. 20.
  6. Stefan Osterhaus: Gino der Gerechte. In: NZZ .ch. 28. September 2013, abgerufen am 12. Juli 2024.
  7. Der Radsport. Nr. 9/1949. Sportdienst Verlag Zademack und Noster, Köln 1949, S. 5.
  8. a b Klaus Blume: 800 Juden vor der Deportation bewahrt. In: NZZ.ch. 1. Februar 2012, archiviert vom Original am 13. Dezember 2013; abgerufen am 12. Juli 2024.
  9. Bartali als „Gerechter unter den Völkern“. In: kicker.de. 23. September 2013, abgerufen am 12. Juli 2024.
  10. Stefan Osterhaus: Der Champion, der Juden rettete. In: Deutschlandfunk-Kultur-Sendung „Religionen“. 9. November 2013, abgerufen am 12. Juli 2024.
  11. Der Assisi Untergrund. In: cinema. Abgerufen am 29. März 2022.
  12. Der Assisi Untergrund. In: Moviepilot. Abgerufen am 12. Juli 2024.
  13. Julian Graeber: Italienische Radsportlegende: Der stille Held Gino Bartali. In: tagesspiegel.de. 9. Januar 2018, abgerufen am 13. Juli 2024.
  14. Isabell Knief: Gino Bartali – Ein Tour de France Gewinner radelt, um Juden zu retten. In: YadVashem.org. 13. Juli 2023, abgerufen am 12. Juli 2024.
  15. Gino Bartali. In: YadVashem.org. Abgerufen am 12. Juli 2024 (englisch).
  16. Gino Bartali erhält posthum die israelische Staatsbürgerschaft. In: radsport-news.com. 2. Mai 2018, archiviert vom Original am 4. Mai 2018; abgerufen am 12. Juli 2024.